ein Ursprungsvolk in Schweden - Samer.se
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natürliche Wei<strong>se</strong> weiter entwickeln. Ich<br />
entdeckte, dass ich die Sprache ungefähr<br />
wie <strong>e<strong>in</strong></strong> K<strong>in</strong>d beherrschte. Ich konnte alltägliche<br />
Situationen bemeistern, aber ich<br />
konnte zum Beispiel nicht an <strong>e<strong>in</strong></strong>er Diskussion<br />
teilnehmen. Als ich nicht mehr <strong>in</strong><br />
natürlichem täglichem Kontakt m<strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />
Sprache weiter entwickeln konnte, hätte<br />
die Schule <strong>e<strong>in</strong></strong>treten müs<strong>se</strong>n. Aber was hat<br />
die getan? Sie hat mir <strong>e<strong>in</strong></strong>e neue Muttersprache<br />
aufgezwungen. M<strong>e<strong>in</strong></strong>e eigene Sprache,<br />
m<strong>e<strong>in</strong></strong>e eigene Geschichte und m<strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />
eigene Kultur hat sie mir genommen und<br />
mit etwas er<strong>se</strong>tzt, das mir anfangs fremd<br />
war, aber mit dem ich nunmehr vertraut<br />
b<strong>in</strong>. Das was mir jetzt fremd war, das war<br />
m<strong>e<strong>in</strong></strong> altes ich.<br />
Ich fühlte mich beschämt und voller<br />
Schuldgefühle, denn ich fand ich hätte<br />
Verrat begangen. Ich hätte m<strong>e<strong>in</strong></strong> Volk und<br />
mich <strong>se</strong>lbst verraten. Es hat weh getan, das<br />
<strong>in</strong> der Er<strong>in</strong>nerung wieder aufleben zu las<strong>se</strong>n,<br />
und vor allem davon zu sprechen. Ich<br />
habe es trotzdem getan, das war für mich<br />
<strong>se</strong>lbst notwendig, und vielleicht könnte es<br />
anderen <strong>e<strong>in</strong></strong>e Hilfe zu Selbsthilfe s<strong>e<strong>in</strong></strong>,<br />
wenn sie ihre Identität suchen.<br />
Heute fühle ich mich nicht mehr<br />
beschämt, und ich wünschte, dass auch<br />
k<strong>e<strong>in</strong></strong>e anderen Sami das tun, auch wenn sie<br />
vielleicht auf Grund des Drucks von der<br />
Umgebung dazu getrieben worden s<strong>in</strong>d,<br />
sich <strong>se</strong>lbst zu verleugnen.<br />
Heute klage ich auch diejenigen nicht an,<br />
die mich mehr oder weniger verletzt haben<br />
und mich so allmählich dazu gebracht<br />
haben, das Schwedische zu wählen. Aber<br />
ich klage alle die an, die verantwortlich s<strong>in</strong>d<br />
für die Kulturpolitik, die man gegen uns<br />
Sami führt und die uns auf un<strong>se</strong>re eigene<br />
Sprache, un<strong>se</strong>re eigene Kultur, ja letztendlich<br />
uns <strong>se</strong>lbst herunterblicken lässt. Bereits<br />
<strong>in</strong> der Schule hat man uns un<strong>se</strong>re M<strong>in</strong>derwertigkeit<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>geprägt; un<strong>se</strong>re Sprache taugte<br />
nicht, sondern musste durch <strong>e<strong>in</strong></strong>e neue<br />
„Muttersprache“ er<strong>se</strong>tzt werden, und un<strong>se</strong>re<br />
Geschichte war nicht wert zu lernen.<br />
Wie hat jetzt die<strong>se</strong> E<strong>in</strong>sicht m<strong>e<strong>in</strong></strong><br />
Leben verändert? Ja, äußerlich ist es nicht<br />
besonders sichtbar. Ich b<strong>in</strong> nicht buchstäblich<br />
zurück gezogen, aber ich fühle trotz<br />
allem, dass ich zurück b<strong>in</strong>. Ich habe m<strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />
Identität gefunden und weiß jetzt, dass<br />
ich m<strong>e<strong>in</strong></strong>e eigene wertvolle Kultur und<br />
Geschichte als <strong>e<strong>in</strong></strong> Fundament habe.<br />
Ich b<strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> Sami unter <strong>Schweden</strong>, aber<br />
ich kenne die Zusammengehörigkeit mit<br />
ihnen nicht so stark wie mit Sami unter<br />
Norwegern und Sami unter F<strong>in</strong>nen. Un<strong>se</strong>r<br />
Sápmi wird zwar von Staatsgrenzen durchquert,<br />
aber das geht uns nichts an, sie s<strong>in</strong>d<br />
nicht auf un<strong>se</strong>ren „Karten“.<br />
Johannes Mara<strong>in</strong>en,<br />
Rektor und Vorsitzender <strong>in</strong> der<br />
Samiver<strong>e<strong>in</strong></strong>igung <strong>in</strong> Göteborg<br />
Von der Goahti-Schule zum Distanzunterricht<br />
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />
gab es k<strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>e<strong>in</strong></strong>heitliche Auffassung<br />
über den Unterricht von samischen<br />
K<strong>in</strong>dern. Verschiedene mehr<br />
oder weniger geglückte Schulformen<br />
lösten <strong>e<strong>in</strong></strong>ander ab bis gegen<br />
1880 das Lappenschulwe<strong>se</strong>n<br />
begann, der nicht-samischen Volksschule<br />
ähnlich zu werden.<br />
Von Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
bis <strong>in</strong> die 50er Jahre war der<br />
samische Unterricht <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er Reihe<br />
von Goahti-Schulen organisiert. Die<br />
Sami sollten zu die<strong>se</strong>r Zeit <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />
Goahti wohnen, wohnten sie <strong>in</strong><br />
Häu<strong>se</strong>rn bestünde die Gefahr dass<br />
sie verschwedet würden, m<strong>e<strong>in</strong></strong>te der<br />
schwedische Staat. Die<strong>se</strong> Schulen<br />
waren jedoch nur für die rentierzüchtenden<br />
Sami. Das bedeutet,<br />
dass ungefähr zwei Drittel der samischen<br />
K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> die kommunalen<br />
Schulen g<strong>in</strong>gen.<br />
Das Goahti-Schulsystem wurde<br />
schrittwei<strong>se</strong> bis 1952 abgewickelt<br />
und wurde durch Nomadenschulen<br />
mit Unterricht und E<strong>in</strong>quartierung <strong>in</strong><br />
Häu<strong>se</strong>rn er<strong>se</strong>tzt. Die ersten Versuche,<br />
Samisch <strong>in</strong> den Stundenplan<br />
aufzunehmen, wurden 1953/54<br />
gemacht.<br />
1962 beschloss der Reichstag,<br />
dass die Nomadenschule <strong>e<strong>in</strong></strong>e freiwillige<br />
Schule s<strong>e<strong>in</strong></strong> sollte für alle, die<br />
angaben Sami zu s<strong>e<strong>in</strong></strong>, und der<br />
Unterricht sollte <strong>in</strong> Umfang und<br />
Inhalt gleichwertig mit dem Unterricht<br />
<strong>in</strong> der Grundschule s<strong>e<strong>in</strong></strong>. Die<br />
allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>e Schulpflicht wurde<br />
damit auch für die K<strong>in</strong>der der rentierzüchtenden<br />
Sami auf neun<br />
Jahre erweitert. Der Unterricht <strong>in</strong><br />
der Nomadenschule wurde jedoch<br />
als unzureichend betrachtet, und<br />
die Schülerzahl g<strong>in</strong>g deshalb nach<br />
und nach zurück bis es schließlich<br />
Ende der 70er Jahre nur noch<br />
etwas über hundert waren.<br />
Heute gibt es <strong>se</strong>chs Samischulen<br />
(Schuljahr 1–6) <strong>in</strong> Karesuando,<br />
Lannavaara, Kiruna, Gällivare, Jokkmokk<br />
und Tärnaby und auch „gewöhnliche“<br />
Schulen mit samischer<br />
Integrierung. Außerdem gibt es<br />
mehrere samische Vorschulen. In<br />
Jokkmokk gibt es <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gymnasialbildung,<br />
die von dem Samischen<br />
ausgeht. Das Bildungszentrum der<br />
Sami <strong>in</strong> Jokkmokk hat die speziellen<br />
Bildungszweige Samihandwerk und<br />
samische Sprache und Kultur. Die<br />
Schule wird von den Sami <strong>se</strong>lbst<br />
betrieben.<br />
”Foto: Kiruna Fotobibliothek<br />
Man kann auch Samisch und<br />
samische Kultur an den Universitäten<br />
studieren. Mit Hilfe von EDV<br />
kann heute viel Unterricht per<br />
Distanz durchgeführt werden. Der<br />
Lehrer bef<strong>in</strong>det sich vielleicht <strong>in</strong><br />
Jokkmokk, auch wenn die Schüler<br />
<strong>in</strong> Malmö sitzen. Außer Distanzstudien<br />
erleichtert die gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same IT-<br />
Unterstützung für die samische<br />
Sprache die Datenkommunikation<br />
zwischen Sami <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Teilen von Sápmi.<br />
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