Skriptum VWA 2012 08 28.pdf, Seiten 1-19 - Gymnasium ...
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<strong>Gymnasium</strong><br />
Draschestraße<br />
Vienna Bilingual Schooling<br />
Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten<br />
und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
<strong>Skriptum</strong> zum Methodentraining Modul „(Vor)Wissenschaftliches Arbeiten“
2 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
INHALT<br />
1 Rahmenbedingungen für die vorwissenschaftliche Arbeit ..................................................................................... 4<br />
1.1 Vorwissenschaftliche Arbeit – wozu? .................................................................................................................. 4<br />
1.2 Kriterien für eine Vorwissenschaftliche Arbeit................................................................................................ 4<br />
1.3 Betreuung und Beurteilung der Vorwissenschaftlichen Arbeit.................................................................. 5<br />
1.4 Planung und Termine................................................................................................................................................ 6<br />
2 Wissenschaft ........................................................................................................................................................................... 9<br />
2.1 Forschung und Wissenschaftliche Arbeit ........................................................................................................... 9<br />
2.2 Die Einteilung der Wissenschaften....................................................................................................................... 9<br />
2.3 Kriterien der Wissenschaftlichkeit .................................................................................................................... 10<br />
3 Ein Thema finden und eingrenzen ................................................................................................................................ 12<br />
3.1 Ideenfindung ............................................................................................................................................................. 12<br />
3.2 Von der Idee zum Thema ...................................................................................................................................... 12<br />
3.3 Vom Thema zur Fragestellung ............................................................................................................................ 14<br />
3.4 Von der Frage zur Hypothese .............................................................................................................................. 16<br />
4 Recherche – Informationen finden und auswerten ................................................................................................ 17<br />
4.1 Wo kann man Informationen finden? ............................................................................................................... 17<br />
4.2 Übersicht über wissenschaftliche schriftliche Quellen ............................................................................... 17<br />
4.3 Alltags-Text oder wissenschaftlicher Text? .................................................................................................... 18<br />
4.4 (Virtuelles) Stöbern in Bibliotheken ................................................................................................................. 18<br />
4.5 Suche im Internet .................................................................................................................................................... 20<br />
4.6 Literatur und andere Quellen auswerten ........................................................................................................ 20<br />
5 Forschungsliteratur wiedergeben – Zitate und Zitieren ....................................................................................... 22<br />
5.1 Warum zitieren? ...................................................................................................................................................... 22<br />
5.2 Wörtlich oder indirekt zitieren? ......................................................................................................................... 22<br />
5.3 Technik des Zitierens ............................................................................................................................................. 23<br />
5.4 Das Plagiat ................................................................................................................................................................. 26<br />
6 Forschungsmethoden ....................................................................................................................................................... 27<br />
6.1 Wahl der geeigneten Forschungsmethode ..................................................................................................... 27<br />
6.2 Empirische Forschungsmethoden ..................................................................................................................... 28<br />
6.3 Aktionsforschung .................................................................................................................................................... 31<br />
6.4 Historiographische und biographische Methoden ....................................................................................... 31<br />
6.5 Methoden der Auslegung – Interpretation ..................................................................................................... 32<br />
7 Mit Daten umgehen ............................................................................................................................................................ 33<br />
7.1 Die Variabilität von Merkmalen ......................................................................................................................... 33<br />
7.2 Signifikanzgrenzen.................................................................................................................................................. 34<br />
7.3 Korrelation ................................................................................................................................................................ 34<br />
8 Wissenschaftliche Texte ................................................................................................................................................... 35<br />
8.1 Textsorten .................................................................................................................................................................. 35<br />
8.2 Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten ................................................................................................................. 36
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
3<br />
9 Schreibwerkstatt................................................................................................................................................................. 41<br />
9.1 Wie erstellt man eine Gliederung? ..................................................................................................................... 41<br />
9.2 Wann schreibt man was? ...................................................................................................................................... 41<br />
9.3 Checklisten für die Überarbeitung ..................................................................................................................... 43<br />
10 Gestaltung der Arbeit ........................................................................................................................................................ 45<br />
10.1 Sprache und Stil ....................................................................................................................................................... 45<br />
10.2 Layout: Text- und <strong>Seiten</strong>gestaltung................................................................................................................... 46<br />
11 Beurteilung des Prüfungsgebietes Vorwissenschaftliche Arbeit ....................................................................... 50<br />
11.1 Erstellung des Gesamtkalküls ............................................................................................................................. 50<br />
11.2 Beschreibung der schriftlichen und mündlichen Teilkompetenzen ...................................................... 51<br />
Literaturverzeichnis ................................................................................................................................................................... 53<br />
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................................................... 54<br />
Anhang ............................................................................................................................................................................................. 55<br />
Zahlen, Grössen, Bezeichnungen und weitere Tipps ............................................................................................. 55<br />
Textverarbeitung mit WORD (2007-2010)............................................................................................................... 56
4 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
1 RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE VORWISSENSCHAFTLICHE ARBEIT<br />
1.1 VORWISSENSCHAFTLICHE ARBEIT – WOZU?<br />
Schreiben muss jedeR – und effizient und gut schreiben können lohnt sich: Unabhängig von wissenschaftlichem<br />
Schreiben an der Universität sind schriftliche Auseinandersetzungen wie Analysen, Projekt-<br />
Anträge, Berichte, Präsentationen, Gutachten, … in vielen Berufen eine Standardtätigkeit (Kremer, 2006).<br />
Schreiben schafft und sichert Wissen. JedeR SchülerIn hat viele Textsorten<br />
produziert – von Mitschriften und Aufsätzen über Handouts und Portfolios<br />
zu Projektarbeiten etc. (Vor)wissenschaftliches Schreiben als Höhepunkt<br />
dieser schulischen Schreibpraxis hilft zur Aneignung von spezifischem<br />
Wissen, zu methodischer Erfahrung und besseren Kommunikationsfähigkeiten (z.B. Heesen, 2009).<br />
Die Vorwissenschaftliche Arbeit ist (neben Klausur und mündlicher Prüfung) eine „Säule“ der neuen Reifeprüfung<br />
als „abschließende Arbeit (einschließlich deren Präsentation und Diskussion), die selbständig und<br />
außerhalb der Unterrichtszeit zu erstellen ist…“ (§ 34 Abs. 3 Z 1 SchUG). Alle drei Aspekte – Verfassen der<br />
Arbeit, Präsentation und Diskussion werden in der Beurteilung berücksichtigt.<br />
Die Vorwissenschaftliche Arbeit entspricht in Aufbau und grundsätzlicher Vorgangsweise einer wissenschaftlichen<br />
Arbeit (nachvollziehbare Methodik und Argumentation, exaktes Belegen der Quellen). Allerdings<br />
umfasst die Forschungsfrage nur ein sehr kleines Gebiet und soll mit relativ einfachen Mitteln beantwortet<br />
werden können. Die Recherchen sind weniger umfangreich und können auch kaum zu ganz<br />
neuen Erkenntnissen führen (Liebscher, u.a., 2011). Wichtig ist die selbständige und eigenverantwortliche<br />
Vorgangsweise - von der Kontaktaufnahme mit betreuenden Lehrpersonen, der Formulierung des<br />
Themas bis zur Einhaltung von Terminen und Zielvereinbarungen. Die SchülerInnen sollen zeigen, dass<br />
sie in der Lage sind, eine größere Arbeit organisatorisch zu bewältigen; dass sie fähig sind, sachlich zu<br />
schreiben und zu argumentieren, Fragen zu formulieren und schlüssig zu beantworten; dass sie Informationen<br />
beschaffen und verwerten können und gegebenenfalls geeignete Untersuchungs-Methoden anwenden<br />
können..<br />
1.2 KRITERIEN FÜR EINE VORWISSENSCHAFTLICHE ARBEIT<br />
1.2.1 WOHER KOMMT DAS THEMA?<br />
Das Thema ist „…durch den Prüfer im Einvernehmen mit dem Prüfungskandidaten […] zu bestimmen“ (§ 37<br />
Abs. 2 Z 2 SchUG). Die SchülerInnen legen das Thema – basierend auf ihren Interessen - gemeinsam mit<br />
den LehrerInnen fest. Die Vorwissenschaftliche Arbeit ist anders als die frühere Fachbereichsarbeit keinem<br />
Unterrichtfach zugeordnet; die mündliche Reifeprüfung ist davon unabhängig. Die Themenstellung<br />
muss keinen unmittelbaren Lehrplanbezug haben, soll aber „zumindest einem Bildungsziel der Schulart<br />
entsprechen“ (Liebscher, u.a., 2011). Die Vorwissenschaftliche Arbeit kann auch fächerübergreifend sein;<br />
künstlerische und praktische Themenstellungen sind ebenfalls möglich. Mehrere SchülerInnen könnten<br />
auch (eigenständig) unter einem „Umbrella-Thema“ arbeiten. Zu spezielle oder „exotische“ Themen müssen<br />
bzw. sollten nicht akzeptiert werden.<br />
Im Rahmen der Themenstellung soll eine konkrete „Forschungsfrage“ beantwortet werden, die einen eigenen<br />
Zugang zum Thema aufzeigt (vgl. Kap. 3, Themenfindung). Die Themen dürfen daher nicht zu allgemein<br />
gehalten sein und müssen mit den vorhandenen Zeit- und Materialressourcen bewältigbar sein.<br />
1.2.2 UMFANG, FORM, SPRACHE<br />
Als Umfang wurden 40.000 bis 60.000 Zeichen vorgeschrieben (ohne Verzeichnisse und Vorwort, inklusive<br />
Abstract), also etwa 20-30 <strong>Seiten</strong> je nach Schriftart. „Das Produkt der Arbeit ist in eine Form zu brin-
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
5<br />
gen, die den formalen und ästhetischen Ansprüchen einer wissenschaftlichen Arbeit entspricht“ (Liebscher<br />
u.a., 2011), d.h. also, die Arbeit besteht aus Titelblatt, Inhaltsverzeichnis, Einleitung, Hauptteil, etc. (vgl.<br />
Kap. 8). Die Arbeit wird übersichtlich gegliedert und formatiert und in zwei gedruckten und gebundenen<br />
Exemplaren sowie digital abgegeben (samt Begleitprotokoll, in der 1. Woche des Sommersemesters).<br />
Die Vorwissenschaftliche Arbeit kann entweder in der Unterrichtssprache oder einer lebenden Fremdsprache<br />
verfasst werden, wenn der/die SchülerIn den entsprechenden Sprachunterricht besucht hat.<br />
Ausschlaggebend ist das Kompetenzniveau des/der SchülerIn in dieser Fremdsprache. Hingegen muss eine<br />
Arbeit z.B. zu einem Thema aus der Romanistik nicht unbedingt auf Französisch bzw. Spanisch verfasst<br />
werden.<br />
1.2.3 PRÄSENTATION UND DISKUSSION<br />
Die Vorwissenschaftliche Arbeit muss präsentiert werden. Der Termin<br />
wird von der Schulbehörde Erster Instanz festgelegt und liegt jedenfalls<br />
vor den Klausurprüfungen. Die Präsentation und eine anschließende<br />
Diskussion dauern gemeinsam ca. 15 Minuten. Die Prüfungskommission<br />
besteht aus Vorsitzenden, SchulleiterIn, Klassenvorstand und BetreuungslehrerIn,<br />
welche auch vorrangig die prüfungsrelevanten Fragen stellt;<br />
eventuell kommt dazu noch ein fachkundiger Beisitz. Auf die Präsentation<br />
selbst wird (außer im Hinblick auf die Beurteilung) in diesem <strong>Skriptum</strong><br />
nicht weiter eingegangen.<br />
1.3 BETREUUNG UND BEURTEILUNG DER VORWISSENSCHAFTLICHEN ARBEIT<br />
JedeR LehrerIn eines Faches, das zum gewählten Thema passt, kann bzw. darf eine Vorwissenschaftliche<br />
Arbeit betreuen. Es ist nicht erforderlich, selbst die betreffenden SchülerInnen zu unterrichten – Hauptsache,<br />
man ist fachlich kompetent, das Thema zu betreuen (Gegebenenfalls liegt die Entscheidung bei der<br />
Schulleitung.) Der/die LehrerIn kann zwar ein Thema ablehnen, aber nicht SchülerInnen; allerdings darf<br />
jedeR LehrerIn maximal fünf Arbeiten pro Jahrgang betreuen. Es gibt immer nur eine Betreuungsperson,<br />
auch bei fächerübergreifenden Themen.<br />
Was den Umfang der Betreuung betrifft, so sind derzeit zwei verpflichtende Betreuungsgespräche vorgeschrieben.<br />
Das erste findet zu Beginn im Zuge der Themenvereinbarung und Einreichung des „Erwartungshorizonts“<br />
statt, das zweite nach Abschluss und Beschreibung der Arbeit als „bilanzierendes Gespräch“<br />
zur Vorbereitung auf die Präsentation (s.u.).<br />
Bei der Erstellung der Arbeit in der 8. Klasse ist eine kontinuierliche Betreuung vorgesehen. Umfang und<br />
Art dieser Betreuung werden in der Reifeprüfungsvorordnung (RPVO) nicht näher konkretisiert, sie werden<br />
zwischen SchülerIn und LehrerIn vereinbart (s.u.).<br />
1.3.1 BETREUUNGSAUFGABEN<br />
Die Betreuung soll Unterstützung geben, aber die selbständige Leistung nicht beeinträchtigen. Sie bedeutet<br />
daher keinesfalls eine vorzeitige Korrektur! Die Betreuung erfolgt außerhalb der Unterrichtsstunden.<br />
Die Betreuungsaufgaben können und sollen beinhalten (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>; Liebscher u.a., 2011):<br />
- Schwerpunktsetzung (bei Themenentwicklung und Konkretisierung der Forschungsfragen beraten)<br />
- Anforderungen klären (über Aufbau der Arbeit, Präsentation, Beurteilungskriterien etc. informieren)<br />
- Organisatorisches (über Ziele, Fristen, Termine, Protokollführung etc. informieren; auf die Folgen<br />
der Benutzung unerlaubter Hilfsmittel hinweisen)<br />
- Planungsaspekte (bei der Projekt- und Zeitplanung und Einhaltung der Meilensteine unterstützen)<br />
- Fachliche Aspekte (fachlich-inhaltlich beraten und fachspezifisch methodisch unterstützen, Tipps<br />
für Materialien und Literatur geben –nicht aber diese bereitstellen!)
6 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Während des Schreibprozesses informieren die SchülerInnen die Betreuungsperson zu festgelegten Zeitpunkten<br />
über die Fortschritte der Arbeit und erhalten ihrerseits Feedback zu Zwischenergebnissen: inhaltlich,<br />
formal, sprachlich und orthografisch, zu Darstellung und Argumentation, etc.<br />
1.3.2 VEREINBARUNG UND PROTOKOLL<br />
In der 7. Klasse wird eine formale Vereinbarung zwischen SchülerIn und Lehrperson abgeschlossen: der<br />
Projekt- und Zeitplan wird abgestimmt und die Zuständigkeiten während des Betreuungsprozesses werden<br />
festgelegt. Dazu zählen Art und Häufigkeit der Kontakte, wie z.B. persönliche Treffen oder Mails, etc.,<br />
der Ablauf von Beratungsbesprechungen, Termine und Fristen für die Abgabe von Probekapiteln, Richtlinien<br />
für den Fall von Regelverletzungen (z.B. die Verwendung unerlaubter Hilfsmittel oder Plagiat) und<br />
Informationen über die Bewertungskriterien für das schriftliche Produkt und die Präsentation.<br />
Sowohl von SchülerInnenseite als auch von der betreuenden Lehrperson wird im Verlauf des Arbeitsprozesses<br />
ein Protokoll verfasst und mit der Arbeit abgegeben.<br />
Auf der LehrerInnenseite wird dieses Besprechungstermine, Hinweise und Hilfestellungen oder Beobachtungen<br />
zur Entwicklung der Arbeit enthalten. Das SchülerInnen-Protokoll enthält chronologisch richtig<br />
und vollständig alle wesentlichen Termine und Aktivitäten (Arbeitsschritte und Methoden, Kontakte, Interviews,<br />
Literaturbeschaffung, Arbeit an den einzelnen Kapiteln, Besprechungstermine usw.) sowie die<br />
Hilfestellungen und Hilfsmittel. Das Protokoll ist ein wichtiges Instrument zur Selbst-Kontrolle des Arbeitsfortschrittes<br />
– anderen zeigt es, ob die Zeit gut eingeteilt wurde (Henz, 2011, S. 37).<br />
Nach der Abgabe der Arbeit wird diese von der betreuenden Lehrperson beschrieben und die Beschreibung<br />
an VorsitzendeN und Schulbehörde weitergeleitet (s. Kap. 11). Danach wird ein ausführliches bilanzierendes<br />
Gespräch geführt, bei dem die Stärken und Schwächen der Arbeit beleuchtet werden, um die<br />
Vorbereitung der bevorstehenden Präsentation zu unterstützen.<br />
1.3.3 BEURTEILUNG<br />
In die Gesamtbeurteilung fließen die Beschreibung der schriftlichen Arbeit, sowie die Präsentation und<br />
Diskussion ein. Die Note wird erst nach der Präsentation festgelegt. Für die schriftliche Arbeit sind<br />
Selbstkompetenz und Arbeitsprozess, inhaltliche Kompetenz, Informationskompetenz, sprachliche Kompetenz<br />
und Gestaltungskompetenz ausschlaggebend. Die Beurteilung der Präsentation berücksichtigt<br />
Struktur, Inhalt, Gestaltung und die Angemessenheit der Medien, die Sprachverwendung und die Ausdrucksfähigkeit.<br />
In der Diskussion geht es darum auf Nachfragen eingehen können, Verständnisfragen zu<br />
beantworten etc. (vgl. Kap. 11).<br />
Fällt die Beurteilung negativ aus, muss ein neues Thema festgelegt werden. Der/die zuständige LehrerIn<br />
kann sich ändern; Anspruch auf Betreuung gibt es nicht mehr. Die anderen Prüfungen können zum Haupttermin<br />
abgelegt werden, die Vorwissenschaftliche Arbeit erst zum ersten Nebentermin. Bei einer negativen<br />
Beurteilung in anderen Säulen der Reifeprüfung bleibt aber eine positive Beurteilung der Vorwissenschaftlichen<br />
Arbeit erhalten.<br />
1.4 PLANUNG UND TERMINE<br />
1.4.1 PROJEKTPLANUNG<br />
Zunächst werden die Ziele und die Ergebnisse, die in der Arbeit erreicht werden sollen, definiert, dann alle<br />
Aufgaben, die zur Erreichung dieser Ziele erledigt werden müssen, möglichst vollständig aufgelistet<br />
und in eine Struktur gebracht („Projektstrukturplan“). Die verschiedenen Tätigkeiten (Recherchieren, Untersuchungen<br />
durchführen, Denk-, Strukturier- und Schreibarbeiten, etc.) müssen für die Erstellung dieses<br />
Plans in überschaubare und bewältigbare Schritte (=“Arbeitspakete“) zerlegt werden. Schließlich werden<br />
die Meilensteine definiert und ein Termin- und Zeitplan erstellt.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
7<br />
Eine Art „Umweltanalyse“ zeigt auf, welche Rahmenbedingungen<br />
und Personen (Familie, Freunde usw.) für das Entstehen und Bewältigen<br />
der Arbeit förderlich bzw. hemmend sein werden und<br />
wo daher noch Maßnahmen erforderlich sind, um die Arbeit erfolgreich<br />
durchführen zu können: Kann der Arbeitsplatz noch<br />
besser eingerichtet werden? Was ist das persönlich bevorzugte<br />
Ordnungssystem? Steht ein eigener Computer zur Verfügung?<br />
Woher kommen Papier und Druckerpatronen? Wie werden die<br />
Daten regelmäßig gesichert? u. ä.<br />
In ein <strong>VWA</strong>-Tagebuch könnten laufend Ideen und Einfälle, besondere<br />
Erfahrungen und Erlebnisse, Literaturtipps, Kontakte,<br />
usw. eingetragen werden.<br />
1.4.2 ZEITPLANUNG<br />
Um einen realistischen Arbeitsplan zu erstellen, muss man ermitteln, wie viel Zeit (nach erfolgter Bewilligung<br />
der Themenstellung) insgesamt zur Verfügung steht bzw. stehen soll. Was die Aufteilung der Arbeitszeit<br />
betrifft, gibt es die folgenden Erfahrungswerte (wobei der Aufwand für die Planungs- und die<br />
Überarbeitungsphase gelegentlich noch höher eingeschätzt wird):<br />
Planung (Grob- und Detailplanung)<br />
Recherche<br />
Bearbeitung der Ressourcen<br />
Datensammlung<br />
Texterstellung - Rohfassung<br />
25 - 30 %<br />
40 - 50 %<br />
Überarbeitung, Korrekturen, Layout 25 – 30 %<br />
Den Teilaufgaben muss man eine vermutliche Zeitdauer zuweisen, und überlegen, was wann im Rahmen<br />
der Gesamtlaufzeit gemacht werden soll. Der Zeitplan wird im Lauf der Arbeit immer wieder überprüft<br />
und adaptiert. Wenn man relativ rasch mit der Produktion von Textteilen beginnt, entwickelt man ein gutes<br />
Gefühl, wie lange man zum Schreiben braucht. Mehr als 4 Stunden pro Tag kann praktisch niemand effektiv<br />
schreiben; Erfahrungswerte mit studentischen Arbeiten zeigen einen durchschnittlichen Schreiboutput<br />
von 2 <strong>Seiten</strong> pro Tag. Wie viele „Schreibtage“ benötigt werden, wann man am besten schreibt usw.,<br />
muss ohnehin jedeR für sich selbst herausfinden.<br />
Ganz besondere Zeitfresser sind Materialbeschaffung, Einarbeitung in Methoden, schwierige Literatur<br />
oder statistische Auswertungen. Der Zeitbedarf für Überarbeitung, formale Gestaltung und Endausfertigung<br />
wird oft unterschätzt. Spielraum sollte man auch für „Katastrophen“ wie Grippe, Computerabsturz,<br />
Liebeskummer u. ä. lassen.<br />
Im Zeitplan sind außerdem eine Menge Termine zu berücksichtigen:<br />
- Termine mit Außenstehenden (z.B. Interviews mit Fachleuten oder ZeitzeugInnen) müssen rechtzeitig<br />
organisiert und gut vorbereitet werden<br />
- Termine mit Besprechungen mit BetreuungslehrerInnen<br />
- Termine für Zwischenberichte, einzelne Kapitel, Letztkontrolle und Abgabe<br />
- Öffnungszeiten der Bibliotheken, Ämter, Behörden, Kopierstellen etc.<br />
- andere schulische Verpflichtungen z.B. Schularbeiten, Schulveranstaltungen<br />
- Ferien, private Aktivitäten und Verpflichtungen einplanen
8 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Tabelle 1: Phasen eines Schreibprojekts und Terminplan für die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Kalender Meilensteine für die Vorwissenschaftliche Arbeit (Liebscher u.a., 2011)<br />
und Phasen des wissenschaftlichen Schreibens (Esselborn-Krumbiegel,<br />
2004; Kremer, 2006)<br />
WS 7. Klasse<br />
November<br />
Dezember - Jänner<br />
SS 7. Klasse<br />
Februar – März<br />
Ende April<br />
April - Juni<br />
WS 8. Klasse<br />
Themenfindung – Interessensbereich finden, erste Literatursuche, Themenvorschlag<br />
erstellen – Einvernehmen über Zusammenarbeit mit BetreuungslehrerIn<br />
Gespräch(e) mit BetreuerIn zur Beratung bei Themenwahl und –eingrenzung<br />
Contracting (verpflichtendes individuelles Beratungsgespräch zur Vereinbarung<br />
über Betreuung)<br />
Ausarbeitung der Einreichungsunterlagen für das gewählte Thema<br />
(Erwartungshorizont, Forschungsfrage, Grobgliederung, Methoden)<br />
Schriftliche Anmeldung - Übermittlung an die Schulleitung und Weiterleitung<br />
an Schulbehörde 1. Instanz zur Approbation<br />
Mitteilung der Genehmigung an SchülerIn<br />
Bei Ablehnung innerhalb von 2 Wochen neues Thema einreichen<br />
Vorarbeiten (zB Literaturrecherche – Einlesen und Exzerpieren, Methodik, Statistik,<br />
Vorstudien; erste Datensammlung als Grundlage für den Projektplan<br />
(Ziele, Arbeitsaufgaben, Meilensteine, Zeitplanung)<br />
Ressourcen festlegen: Materialbedarf, Betreuung, Arbeitsplatz, …<br />
Verfassen der Arbeit mit kontinuierlicher Betreuung<br />
Recherche - Primärtexte, Quellen, Materialien und Literatur beschaffen,<br />
sichten, auswerten<br />
Datensammlung – Empirische Erhebungen, Experimente, Interviews, Untersuchungen<br />
– (v. a. bei naturwissenschaftlichen, medizinischen und sozialwissenschaftlichen<br />
Arbeiten)<br />
Strukturieren - Material ordnen und gliedern, Abbildungen zusammenstellen<br />
Rohfassung - Hauptteil der Arbeit vorläufig schreiben, eine Grobkorrektur,<br />
Einleitung und Schluss zuletzt schreiben, Abstract<br />
Spätestens ab<br />
Weihnachten<br />
Layout festlegen, Illustrationen ausfertigen<br />
Überarbeiten: inhaltlich, sprachlich, formal<br />
Endausfertigung: Drucken, Kopieren<br />
1. Woche des<br />
2. Semesters<br />
Abgabe der <strong>VWA</strong> und des Protokolls: gedruckt und digital<br />
2. bis 4.<br />
Woche<br />
Korrektur und Beschreibung der Arbeit durch betreuende Lehrperson,<br />
Weiterleitung an Schulleitung und VorsitzendeN<br />
Bilanzierendes Gespräch – Grundlage für Vorbereitung der Präsentation<br />
Vor den Klausuren<br />
ca. April<br />
Präsentation und Diskussion der <strong>VWA</strong><br />
Festlegung der Gesamtbeurteilung
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
9<br />
2 WISSENSCHAFT<br />
Doch Forschung strebt und ringt, ermüdend nie,<br />
Nach dem Gesetz, dem Grund, Warum und Wie<br />
Johann Wolfgang von Goethe, 1749 – 1832<br />
2.1 FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTLICHE ARBEIT<br />
Wissenschaft ist ein System der Produktion, Sammlung und Ordnung von Wissen – sie umfasst die gesamten<br />
Erkenntnisse über die uns umgebende Welt.<br />
Erkenntnisse entstehen auf vielen Wegen, oft auch durch Zufälle. Das Ziel wissenschaftlicher Tätigkeit ist<br />
allerdings die absichtliche und geplante Gewinnung neuer Erkenntnisse. WissenschafterInnen stellen<br />
ausgehend von vorhandenem Wissen Fragen, suchen Antworten und ziehen Schlüsse. Das gefundene Wissen<br />
wird auch überprüft und infrage gestellt. WissenschafterInnen arbeiten systematisch und nachvollziehbar<br />
und gehen bei ihrer Tätigkeit nach anerkannten Methoden vor.<br />
Aus wissenschaftlichen Untersuchungen lassen sich Theorien begründen. Eine Theorie „….. stellt die derzeit<br />
beste Annäherung eines Faches an einen Ausschnitt der Wirklichkeit dar“ (Karmasin & Ribing, 2011, S.<br />
87). Aus Theorien lassen sich wiederum Vorhersagen ableiten und aus der Weiterentwicklung und Korrektur<br />
der Theorien ergibt sich der wissenschaftliche Fortschritt.<br />
Die wissenschaftliche Information entwickelt sich täglich weiter und das Wissen muss systematisch gesammelt,<br />
dokumentiert und (zeitlich und räumlich möglichst unbegrenzt) verfügbar gemacht werden,<br />
so dass alle, die auf diesen Erkenntnissen aufbauen möchten, die notwendigen Informationen finden können.<br />
D.h. ForscherInnen werden nur dann zu WissenschafterInnen, wenn sie die Ergebnisse ihrer Suche<br />
auch in schriftlicher Form als wissenschaftliche Arbeiten veröffentlichen.<br />
Diese Arbeiten werden vor einer Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal zuerst von FachkollegInnen<br />
kritisch überprüft (=Peer-Review). Darüber hinaus präsentieren die ForscherInnen ihre Arbeit<br />
auch bei wissenschaftlichen Fachtagungen und stellen sich der Auseinandersetzung mit ihren KollegInnen.<br />
An Universitäten, Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen erfolgt Wissensproduktion institutionalisiert:<br />
Forschung soll das verfügbare Wissen vermehren, Lehre den Bildungsstand anheben. Das<br />
vorhandene Wissen wird an die Studierenden weitervermittelt und diese werden in die Forschung allmählich<br />
eingebunden (Heesen, 2009, S. 9).<br />
2.2 DIE EINTEILUNG DER WISSENSCHAFTEN<br />
Die wissenschaftlichen Disziplinen werden unterschiedlich definiert und voneinander abgegrenzt, je<br />
nachdem, ob von ihrer Entstehung, von ihren Methoden oder ihrem Erkenntnisinteresse ausgegangen<br />
wird (Karmasin & Ribing, 2011, S. 78).<br />
Empirische Wissenschaften untersuchen Objekte und Sachverhalte<br />
der physischen, geistigen oder sozialen Welt; sie gehen<br />
von durch Wahrnehmung gewonnenen Erfahrungen bzw.<br />
feststellbaren Phänomenen aus. Ihre Behauptungen können<br />
bestätigt oder widerlegt werden. Dazu zählen z.B. Natur-, Ingenieurs-,<br />
Geistes-, Wirtschafts-, Sozial- oder Sprachwissenschaften<br />
(Empirie, wikipedia 2011; Heesen, 2009).<br />
Dagegen untersuchen die nicht empirischen bzw. die Formalwissenschaften nicht wahrnehmbare<br />
Strukturen. Erkenntnisse werden auch ohne direkte Beobachtung und sinnliche Erfahrung gewonnen. Dazu<br />
zählen Logik, Mathematik, Philosophie, Rechtswissenschaften oder Literatur.
10 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Tabelle 2: Einteilung der Wissenschaften (nach Karmasin & Ribing, 2011, S. 78)<br />
Logik<br />
Mathematik<br />
Informatik<br />
Theoretische<br />
Linguistik<br />
Interdisziplinäre<br />
Wissenschaften<br />
Formalwissenschaften<br />
Naturwissenschaften<br />
Physik<br />
Chemie<br />
Biologie<br />
Geologie<br />
Astronomie<br />
Realwissenschaften<br />
Kulturwissenschaften<br />
Kunst- und Kulturwissenschaften<br />
Sprachwissenschaften<br />
Theaterwissenschaften<br />
Literaturwissenschaften<br />
Philosophie<br />
Pädagogik<br />
Geschichte<br />
Religionswissenschaften<br />
Ingenieurwissenschaften, Materialwissenschaften<br />
Medizin, Pharmazie<br />
Geisteswissenschaften<br />
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />
Soziologie<br />
Rechtswissenschaften<br />
Politikwissenschaft<br />
Psychologie<br />
Ethnologie<br />
Kommunikationswissenschaften<br />
Betriebswirtschaftslehre<br />
Volkswirtschaftslehre<br />
Diese Einteilung (Tab. 2) beruht vorwiegend auf dem Gegenstand der jeweiligen Wissenschaften: Naturwissenschaften<br />
untersuchen die belebte oder unbelebte Natur, Erklärungen beruhen auf Beobachtungen<br />
(Astronomie, Biologie) oder können durch Experimente bestätigt werden (Physik, Chemie). Die Geisteswissenschaften<br />
beschäftigen sich mit den Erzeugnissen des menschlichen Geistes, wobei die Kulturwissenschaften<br />
Sinn und Wert menschlichen Handelns untersuchen und die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />
die Handlungen, Motive und Ziele von Mensch und Gesellschaft (Karmasin & Ribing, 2011, S. 79).<br />
Stehen die Methoden im Vordergrund, so können Naturwissenschaften plus Sozialwissenschaften als Erfahrungswissenschaften<br />
den Geisteswissenschaften gegenübergestellt werden (http://lexikon.freenet.de).<br />
All diesen Einteilungen kann man kritisch gegenüberstehen. Beispielsweise werden Medizin oder Naturwissenschaften<br />
immer auch kulturabhängig betrieben (Barta u.a., o.J.). Die Einteilung der Wissenschaften<br />
hat allerdings große praktische Bedeutung für die Universitäts-Organisation in Fachbereiche und für die<br />
systematische Ordnung von Veröffentlichungen.<br />
Im Englischen und Französischen gibt es keine genaue Entsprechung für den deutschen Dachbegriff Wissenschaft.<br />
Das dort gebrauchte Wort science bezeichnet nur die Naturwissenschaften. Unverbunden<br />
daneben stehen social sciences (Sozialwissenschaften), humanities (frz. lettres, Geisteswissenschaften) und<br />
technology oder engineering (Ingenieurwissenschaften).<br />
2.3 KRITERIEN DER WISSENSCHAFTLICHKEIT<br />
WissenschafterInnen wenden allgemein akzeptierte Regeln und Methoden an, um neue Erkenntnisse zu<br />
gewinnen (s.o.). Die Methoden und Wege des Erkenntnisgewinns richten sich nach dem jeweiligen Gegenstand<br />
(vgl. Kap. 6). Sozial-, natur-, oder sprachwissenschaftliche Untersuchungen folgen einem typischen<br />
Ablauf. Sie gehen zumeist von einer Vermutung (= Hypothese) aus, die es mit den entsprechenden<br />
empirischen Methoden (Beobachtung, Befragung, Experiment,....) zu beweisen oder zu widerlegen gilt<br />
(vgl. Abb. 1).<br />
Alltagswissen beruht oft auf persönlichen Erfahrungen und ist subjektiv – verschiedene Personen gelangen<br />
beim selben Sachverhalt zu unterschiedlichen Erkenntnissen (Karmasin & Ribing, 2011, S. 79) – und<br />
diese werden oft noch unzulässig verallgemeinert. Wissenschaftliche Aussagen müssen dagegen immer<br />
durch überprüfbare Tatsachen, autorisierte Daten und Zahlen bzw. Aussagen aus der Literatur gestützt<br />
werden (vgl. Karmasin & Ribing, 2011) und folgende Kriterien erfüllen:
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
11<br />
Beobachtungen – Ableitung von Problem<br />
und Fragestellung<br />
Überprüfung bestätigt<br />
Hypothese nicht – sie<br />
muss revidiert werden<br />
Theoretischer Ansatz – Modell und<br />
Hypothese – was testen?<br />
Forschungskonzept – Methodenwahl<br />
Untersuchung – Erhebung der Daten<br />
Überprüfung bestätigt<br />
die Hypothese, es können<br />
weitere Vorhersagen<br />
getroffen und überprüft<br />
werden.<br />
Datenanalyse und Auswertung<br />
Vergleich mit der Forschungsliteratur<br />
Schlussfolgerungen – Erklärung,<br />
Theorie und Forschungsbericht<br />
Abb. 1: Der Forschungsprozess (z.B. nach Campbell & Reece, 20<strong>08</strong>)<br />
- Beobachtbarkeit: Für Behauptungen muss es einen tatsächlich beobachteten Beleg geben.<br />
- Objektivität: Die Ergebnisse müssen unabhängig von den Personen sein, die die Untersuchung durchführen.<br />
(Dies wird durch die Zusammenarbeit von WissenschafterInnen in Projekten gefördert.)<br />
- Wiederholbarkeit und Überprüfbarkeit: Die Forschungsverfahren müssen so beschaffen und so<br />
zuverlässig sein, dass unter gleichen Bedingungen von anderen ForscherInnen dieselben Ergebnisse<br />
erzielt werden können. Alle Schritte des Zustandekommens wissenschaftlicher Erkenntnis wie Datengewinn,<br />
Methodik oder Quellen werden offen gelegt und über (mögliche) Fehler berichtet.<br />
- Allgemeingültigkeit: Wissenschaft strebt nach Aussagen, die über die speziellen Fragestellungen<br />
hinaus möglichst allgemein, jedenfalls aber mit einer angebbaren Wahrscheinlichkeit gültig sind<br />
(Unterricht Biologie Kompakt, 2006).<br />
In manchen Bereichen (z.B. den Kulturwissenschaften) ist die Forschung schwerer überprüfbar. Die Untersuchungsgegenstände<br />
selbst, wie etwa die soziale Realität oder ein literarisches oder Kunst-Werk, sind<br />
von vorneherein unwiederholbar. Man versucht daher, so viele Informationen wie möglich zu gewinnen<br />
und Manipulationen so weit als möglich auszuschließen. Die Untersuchungsabläufe, die Art der Erhebungen<br />
und die Interpretationsverfahren sind vollständig offen zu legen und so zu begründen, dass sie für andere<br />
Forscher „intersubjektiv“ nachvollziehbar sind und als Grundlage für weitere Forschungen dienen<br />
können. Nach Möglichkeit werden die Meinungen mehrerer Interpreten verglichen (Stangl, o.J.).<br />
- Um eine (vor)wissenschaftliche Arbeit zu schreiben, muss man aber keinE WissenschafterIn sein. Es geht<br />
darum, Methoden anzuwenden, die sich dem wissenschaftlichen Arbeiten „annähern“:<br />
- geplant vorgehen (mit einer konkreten, wenn auch kleinen Forschungsfrage)<br />
- an den Forschungsstand anknüpfen (auch wenn sich das Auswerten der Literatur auf das Lesen einiger<br />
Fachtexte zum Thema beschränken wird)<br />
- methodisch nachvollziehbar arbeiten (wenn auch das Kriterium Wiederholbarkeit selbst bei quantitativen<br />
Methoden wegen des kleinen Stichprobenumfangs kaum gegeben sein wird)<br />
- Aussagen argumentieren und immer belegen<br />
- im Rahmen der Möglichkeiten „eigenständige“ (Teil)-Ergebnisse beitragen: z.B. durch Original-Interviews,<br />
eigene Experimente, Beobachtungen, bzw. durch eigene Zusammenstellungen von Daten und Fakten<br />
im Hinblick auf die Fragestellung. Ein tatsächlicher „neuer“ Beitrag zum Stand der Wissenschaft<br />
kann nicht erwartet werden (Henz, 2011, S.6).
12 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
3 EIN THEMA FINDEN UND EINGRENZEN<br />
3.1 IDEENFINDUNG<br />
Während an den Universitäten durch die Forschungsschwerpunkte oder durch Projekte, für die Gelder<br />
vorhanden sind, Rahmenthemen für größere Arbeiten oft vorgegeben sind, muss man für die kleineren<br />
Arbeiten das Thema selbst vorschlagen. Bei der Vorwissenschaftlichen Arbeit ist ausdrücklich das Interesse<br />
der SchülerInnen ausschlaggebend. Eine Beratung bei der Themenentwicklung ist natürlich sinnvoll.<br />
Das Thema soll beiden <strong>Seiten</strong> „gefallen“ und interessant sein – d.h. nützlich, neu, überraschend oder<br />
kontroversiell, oder an übergeordnete Theorien anknüpfend (Lamprecht, <strong>19</strong>99). Das Thema darf weder<br />
zu allgemein noch zu umfangreich angelegt sein, so dass es glaubwürdig in der vorgesehenen Zeit und mit<br />
den zur Verfügung stehenden Mitteln bewältigt werden kann (vgl. Kap. 1). Man soll sich mit dem Thema<br />
identifizieren, jedoch nicht so intensiv und persönlich, dass die Arbeit selbst zu einer Belastung wird.<br />
„Die Befriedigung der Neugier ist eine der größten Quellen von Glück im Leben“<br />
Linus Pauling, Chemiker und Nobelpreisträger, <strong>19</strong>01-<strong>19</strong>94<br />
Am Anfang einer wissenschaftlichen Arbeit steht immer die Idee. Aus Eindrücken, Vorfällen, aus Filmen,<br />
Büchern, Gesprächen, aus dem Unterricht, aus Ereignissen aus dem familiären Umfeld oder Freundeskreis<br />
usw. können sich Interessensbereiche kristallisieren (Esselborn-Krumbiegel, 2004). Zum „Jagen und<br />
Sammeln“ von Ideen eignet sich z.B. das oben erwähnte <strong>VWA</strong>-Tagebuch. Geistesblitze – wann immer sie<br />
kommen – werden festgehalten und gleich mit Schlagworten und evt. Findstelle versehen (Kremer, 2006).<br />
Oder man geht systematisch vor: Welches Fach / Modul war in den letzten Jahren besonders interessant?<br />
Worüber wurde ein spannendes Referat gehalten? Kenne ich zu einem bestimmten Thema eineN ExpertIn?<br />
Was möchte ich studieren? Kann ich mir ein zukünftiges Arbeitsfeld vorstellen, mit dem ich mich jetzt<br />
schon näher beschäftigen möchte? Gibt es soziale, politische Themen, zu denen ich schon engagiert bin<br />
bzw. in die ich einsteigen möchte? (Henz, 2011).<br />
Recherchen auf den Websites der Universitäten können Inspirationen liefern: Welche Studienrichtungen,<br />
und Lehrgänge gibt es, welche Themen sind in der Forschung aktuell? Wissenschaftliche Zeitschriften<br />
(„Spektrum der Wissenschaft“, GEO, „Psychologie heute“, u.v.m.) könnten Ideen liefern (in der Schulbibliothek<br />
erhältlich).<br />
Wichtig ist, sich für die Themenfindung genug Zeit zu nehmen und das Thema erst nach einer gründlichen<br />
Recherche festzulegen. Wenn die Themenstellung einmal eingereicht wurde, kann sie nicht mehr geändert<br />
werden und die Ergebnisse der Arbeit werden am „Erwartungshorizont“ gemessen.<br />
3.2 VON DER IDEE ZUM THEMA<br />
Ein Entwurf ist ein Blatt oder ein Bogen, auf welchem ich mirs bequemer mache und mich gehen lasse,<br />
indem ich darauf meinen ganzen Kopf ausschüttele, um nachher das Fallobst zu sichten und zu säen“.<br />
Jean Paul, Universalgelehrter und Schriftsteller, 1763-1825<br />
Um von einem allgemeinen Interessensgebiet zu einem spezifischen Thema zu kommen, zu dem man<br />
schreiben kann, wird das „Wunschgebiet“ zunächst in möglichst vielen Aspekten und Facetten „entwickelt“<br />
und strukturiert. Davon ausgehend kann man sortieren, ordnen und verdichten, Ideen zusammenfassen,<br />
Schwerpunkte herausarbeiten und erste Fragestellungen zu formulieren.<br />
Beim Clustern notiert man ausgehend von einem tragenden Zentralbegriff alle Gedanken und begrifflichen<br />
und inhaltlichen Assoziationen. Dabei ergibt sich eine anschauliche Vorgliederung aus Abhängigkeiten,<br />
gedanklichen Hauptsträngen, Ebenen und Hierarchien. Zum Auswerten sucht man die interessantes-
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
13<br />
ten Aspekte heraus, stellt sie in den Kern eines neuen Clusters und strukturiert stärker und tiefer. So kann<br />
sich ein Bereich herauskristallisieren, der zu einer konkreten Themenstellung weiterentwickelt wird.<br />
Ein Mindmap strukturiert ein Thema hierarchisch und fokussiert so auf spezifischere Fragestellungen: es<br />
werden Kategorien gebildet, Zusammenhänge aufgezeigt und Unterbereiche des Themas sinnvoll voneinander<br />
abgegrenzt (vgl. Abb. 2). Im vorliegenden Beispiel ließe sich nach der Recherche und Fragen an das<br />
Thema als möglicher Titel „Feministisches Bewusstsein Christa Wolfs am Beispiel ihrer Erzählung ‚Kassandra’“<br />
herausarbeiten (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>, S. 33f.).<br />
Abb. 2: Mindmap zum Thema Feminismus (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>, S. 33)<br />
Ein Themenfächer dient zur Entfaltung der thematischen Möglichkeiten und anschließenden Selektion<br />
und Eingrenzung. Der Fächer wird von oben nach unten abgearbeitet. Man legt zunächst den Themenbereich<br />
fest, ordnet in Ebene I die zugehörigen Problemstellungen und entscheidet sich für einen Bereich. Zu<br />
diesem sucht man in der Ebene II Aspekte, die eine nähere Analyse lohnen. Auf der Ebene III stellt man<br />
dazu so viele Fragen wie möglich. Eine zentrale Frage wird herausgegriffen (vgl. Abb. 3).<br />
Abb. 3: Themenfächer zum Thema „ Lesen“ (Esselborn-Krumbiegel, 2004, S. 59)<br />
Im vorliegenden Beispiel könnte die Frage lauten: „In welcher Weise trägt Lesen zur Selbstfindung des Lesers<br />
bei?“. Diese Frage lässt immer noch ziemlich viel Spielraum. Soll es um die therapeutische Wirkung<br />
von Lesen gehen? Oder wertet man vor allem literarische Zeugnisse aus? Muss man diese zeitlich und<br />
sprachlich eingrenzen? Das Thema könnte schließlich lauten: „Lesen als Weg zur Selbstfindung? Eine Un-
14 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
tersuchung deutschsprachiger literarischer Selbstzeugnisse des frühen 20. Jahrhunderts.“ (Esselborn-<br />
Krumbiegel, 2004)<br />
Auf jeden Fall soll man sich von der Forschungsliteratur anregen lassen. In der Anfangsphase helfen<br />
Nachschlagwerke, das Thema einzugrenzen, einen Überblick über die theoretischen Grundlagen zu gewinnen<br />
und Fragen zu formulieren. Dann muss man Arbeiten zum spezifischen Thema finden, damit man<br />
an das bereits Erforschte sinnvoll anknüpfen kann (=“Literaturanbindung“). Aus der Fachliteratur werden<br />
auch die Methoden und der Rahmen für Interpretation und Verallgemeinerung der Ergebnisse abgeleitet.<br />
3.3 VOM THEMA ZUR FRAGESTELLUNG<br />
Das gewählte Thema sagt zunächst noch nicht viel darüber aus, was in der Arbeit genau untersucht werden<br />
soll. Das Thema muss eingegrenzt und Schwerpunkte müssen ausgewählt werden. Verschiedene Möglichkeiten<br />
dazu findet man in Tab. 3. Hilfreich ist auch sich zu überlegen, was man sicher nicht bearbeiten<br />
möchte. Der Untertitel kann die Eingrenzung verdeutlichen.<br />
Tabelle 3: Vorschläge zur Vorgangsweise bei der Eingrenzung von Themenbereichen (u.a. nach<br />
Pinter & Stefanits, 2003)<br />
fokussieren<br />
präzisieren<br />
reduzieren<br />
Fallbeispiel<br />
vergleichen<br />
fragen<br />
argumentieren<br />
Perspektiven wechseln<br />
festlegen, aus welchem Blickwinkel das Thema betrachtet wird (z.B. den Bereich<br />
Sucht und Drogen unter psychosozialen oder medizinischen Aspekten)<br />
auf einen bestimmten, überschaubaren Zeitraum, gesellschaftlichen Bereich,<br />
oder Schauplatz eingrenzen<br />
nur ausgewählte Thesen behandeln<br />
Thema an Hand eines konkreten (zugänglichen, eigenen, begründet ausgewählten<br />
…) Beispiels erörtern<br />
im Hinblick auf die gewählten Aspekt mehrere Texte / Zeitabschnitte / Habitate<br />
/ Vorkommen / etc. untersuchen und gegenüberstellen<br />
viele Fragen an das Thema stellen - was fasziniert mich, was irritiert mich,<br />
was ist der Nutzen…<br />
Pro- und Kontra-Argumente für die vorläufige Hypothese sammeln<br />
Verschiedene Perspektiven einnehmen („wie erkläre ich einem Kind mein<br />
Forschungsvorhaben“)<br />
3.3.1 DIE FORSCHUNGSFRAGE<br />
Der Ausgangspunkt einer guten Forschungsarbeit ist immer eine offene Frage, für die man eine Antwort<br />
sucht. Eine solche zentrale Frage leitet die Materialsuche und führt zu einer sinnvollen Gliederung. Die Untersuchungen<br />
laufen gezielt auf die auf die Beantwortung der Grundfrage zu. Meist lässt sich aus einer guten<br />
Frage schon ein erstes Inhaltsverzeichnis entwickeln. Die Kapitel entsprechen dann in etwa leitenden<br />
Unter- oder Teilfragen. Die Forschungsfrage ergibt also den roten Faden für AutorIn und LeserIn.<br />
Auch im Rahmen der vorwissenschaftlichen Arbeit soll eine (kleine) „Forschungsfrage“ zeigen, welcher<br />
Zugang zum Thema gewählt wurde.<br />
Wie entsteht eine Forschungsfrage? Man „…findet man sie vor oder man denkt sie sich aus“ (Lamprecht,<br />
<strong>19</strong>99). Entweder gibt es ein reales Problem; dann leitet man Fragen aus dessen Analyse ab. Oder man<br />
beobachtet einen Sachverhalt, der konkrete Fragen aufwirft; man entdeckt einen Widerspruch oder eine<br />
„Forschungslücke“ – oder man hat ein Thema und leitet daraus spezifische Probleme ab, die mit wissenschaftlichen<br />
Methoden untersucht werden können. Auch Theorien können zu Prognosen anregen, die<br />
man überprüfen möchte.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
15<br />
3.3.2 GRUNDTYPEN VON FRAGESTELLUNGEN<br />
Gute Fragen stellen ist immer ein Teil des wissenschaftlichen Prozesses – und keinesfalls leicht. Eine ausreichende<br />
Recherche und Klarheit über das Ziel der eigenen Studie sind die Voraussetzung – aus der Ausrichtung<br />
ergeben sich die Grundtypen von Fragen.<br />
Tabelle 4: Grundtypen von Fragestellungen (nach Karmasin & Ribing, 2011, S. 25, www.hent.org)<br />
Fragetyp Ziele und Ausrichtung Leitfragen, Beispiele<br />
beschreibend<br />
erklärend<br />
voraussagend<br />
gestaltend -<br />
bewertend<br />
Sachverhalte aufzeigen<br />
Kategorien definieren<br />
Vergleiche durchführen<br />
Muster und Abhängigkeiten identifizieren<br />
Verbindungen suchen<br />
Zusammenhänge feststellen<br />
Ursachen und Wirkungen klären<br />
Mechanismen und Prozesse herausarbeiten<br />
Analysen durchführen<br />
Modelle entwickeln<br />
Bedeutung und Zweck erforschen<br />
Wie sieht ein bestimmter Sachverhalt<br />
aus? Wie hat er sich entwickelt? Wie manifestiert<br />
sich ein Sachverhalt (z.B. eine<br />
bestimmte Krankheit)? Wie unterscheiden<br />
sich zwei oder mehrere Sachverhalte?<br />
Warum ist etwas der Fall? Welche Ursachen<br />
ziehen welche Wirkungen nach sich?<br />
Warum hat sich etwas in einer bestimmten<br />
Art entwickelt? Wie können bestimmte<br />
Symptome erklärt werden?<br />
Welche Veränderungen werden eintreten?<br />
Wie wird etwas in Zukunft aussehen?<br />
Welche Maßnahmen könnten eine bestimmte<br />
Entwicklung fördern?<br />
Wie ist ein bestimmter Zustand oder eine<br />
Maßnahme zu bewerten?<br />
Während an wissenschaftliche Arbeiten die Anforderung gestellt wird, nicht nur darzustellen, sondern<br />
auch zu analysieren, werden in der Vorwissenschaftlichen Arbeit die Fragestellungen überwiegend beschreibend<br />
und erklärend sein. Gestaltend-bewertende Fragen sind weit schwieriger zu erforschen.<br />
Der Fachbereich und die Forschungsfrage selbst bestimmen, ob die Frage ausschließlich mit Literaturbelegen<br />
beantwortet werden kann, oder ob (auch) empirische Beweise erbracht werden müssen (Karmasin<br />
& Ribing, 2011, S. 82). Eine Literaturarbeit (reproduktiver Ansatz, Henz, 2011, S. 8f.) stellt den aktuellen<br />
Wissensstand zu einem Thema dar. Der produktive Ansatz (empirische Arbeit) will Wissen erzeugen<br />
und stellt eine Frage, die mit einer geeigneten Forschungsmethode (vgl. Kap. 6) zu beantworten ist.<br />
Ein Beispiel für eine (beschreibende bzw. erklärende) Literaturarbeit wäre die Darstellung der Ursachen<br />
und Entwicklung einer bestimmten Krankheit. Empirisch müsste man dagegen erheben, wie Betroffene<br />
im Alltag mit der Krankheit umgehen oder wie wirksam eine bestimmte therapeutische Maßnahme ist.<br />
3.3.3 WEGE ZUR FORSCHUNGSFRAGE<br />
Ich habe nie Wertvolles zufällig getan.<br />
Auch meine Erfindungen sind nie zufällig entstanden.<br />
Thomas Alva Edison, Erfinder, 1847 – <strong>19</strong>31<br />
Die gesamte Arbeit sollte in einer einzigen klaren und konkreten Hauptfrage zu formulieren sein. Unterfragen<br />
dienen nur dazu, die zentrale Forschungsfrage (vollständig) zu beantworten. Um zu zeigen, was mit<br />
der Arbeit erreicht werden soll, reichen Formulierungen wie „ich will mich beschäftigen mit….“, es soll um<br />
…. gehen“ nicht aus. Tipps zum Ableiten einer Forschungsfrage findet man in Tab. 5. Eine gute Forschungsfrage<br />
(nach Henz, 2011, S. 53; Forschungsfrage finden: studycube – Univ. St. Gallen):<br />
- ist interessant für den/die Schreibenden und relevant im Fachkontext<br />
- grenzt das Thema ein (was will ich wissen?) und trennt von Unwichtigem (was will ich nicht wissen?)<br />
- ist offen (keine nein/ja Antwort möglich) und präzise formuliert
16 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
- macht es möglich ein Thema zu erörtern und argumentieren und Schlüsse zu ziehen<br />
- bezieht sich auf ein konkretes Problem oder einen spezifischen beobachteten Sachverhalt<br />
- besteht aus einer klaren Hauptfrage (die zu Unterfragen führen kann/soll)<br />
- ist nicht zu umfassend und kann (vollständig) beantwortet werden<br />
- ist nicht in sich widersprüchlich und ist keine Scheinfrage (verkleidete Behauptung)<br />
- und impliziert die Methodik<br />
Tabelle 5: Wege zur Forschungsfrage (nach Esselborn-Krumbiegel, 2004; Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>;<br />
Lamprecht, <strong>19</strong>99; Wissenschaftlich arbeiten: eva.kreisky.at, homepage.uibk.ac.at)<br />
W-Fragen<br />
Unterfragen<br />
Übereinstimmungen<br />
Unterschiede und<br />
Besonderheiten<br />
Behauptungen<br />
Ergebnisse<br />
Relevanz<br />
Möglichst viele Wer-, Was-, Wann-, Wo-, Wie- Warum- Fragen stellen<br />
Welche spezifischen Fragen müssen beantwortet werden, um die Hauptfrage<br />
zu klären?<br />
Wie wurden ähnliche Themen von anderen bearbeitet?<br />
Ausgehend von ähnlichen Themen den eigenen methodischen Ansatz gegenüberstellen:<br />
kann auf besondere Weise an das Thema herangegangen werden<br />
– mit unveröffentlichtem Archivmaterial, speziellen regionalen Aspekten o.ä.<br />
Thesen aufstellen, dann hinterfragen und zu beweisen suchen<br />
Welche Ergebnisse würden Antworten auf die jeweilige Frage liefern?<br />
Relevanz prüfen: individuelle Relevanz (warum arbeite ich an dem Thema?),<br />
gesellschaftliche Relevanz (Was und wem nützt es, wenn eine bestimmte Frage<br />
beantwortet ist?) und wissenschaftliche Relevanz (Wo gibt es Forschungslücken?<br />
Trägt die Arbeit zur Weiterentwicklung einer bestimmten Theorie bei?)<br />
Ein Beispiel aus der Physik wäre zum Thema „Segelfliegen“ die Forschungsfrage Wie verändert die<br />
Querschnittsfläche den Auftrieb von Segelflugzeugen; aus der Literatur zum Thema „Geschlechterrollen<br />
in Märchen“ die Forschungsfrage Welches Rollenbild nehmen Männer und Frauen in den Märchen<br />
der Gebrüder Grimm im Vergleich zu den Märchen von Andersen ein? (Prenner & Samac, 2011, S. 26f.)<br />
3.4 VON DER FRAGE ZUR HYPOTH ESE<br />
Gesetzmäßigkeiten werden oft intuitiv erkannt. Etwaige Vermutungen müssen in der Wissenschaft aber<br />
gezielt nachgewiesen und erklärt werden. Während in der Alltagssprache Hypothesen Meinungen über<br />
unsichere Sachverhalte sind, versteht man in der Wissenschaft unter Hypothesen theoretisch begründete<br />
Vermutungen. Sie leiten sich aus der Forschungsfrage ab, d.h. eine Hypothese wandelt die Forschungsfrage<br />
in eine Feststellung um, die das erwartete Ergebnis voraussagt. Sie vermutet eine Beziehung zwischen<br />
zwei oder mehreren Faktoren und wird als „wenn-dann“ oder „je-desto“ Beziehung formuliert.<br />
Die Forschungsarbeit überprüft die Hypothese, z. B. durch statistische Studien oder Experimente. Man<br />
formuliert dazu die Nullhypothese (= das Gegenteil der Vermutung), welche widerlegbar sein muss. Eine<br />
Aussage gilt als falsch, wenn sie widerlegt wurde. (Heesen, 2009). Was nicht widerlegt werden kann, gilt<br />
dann vorläufig – mit einer bestimmten geringeren oder höheren Wahrscheinlichkeit.<br />
Beispiel 1: Man möchte den Effekt von Luftverschmutzung mit Schwefeldioxid auf die Sojabohnenproduktion untersuchen.<br />
Es stellt sich die Frage, ob Schwefeldioxid die Fortpflanzung der Sojabohnen beeinflusst. Die Hypothese lautet:<br />
„Schwefeldioxid reduziert die Fortpflanzung der Sojabohnen“. Die Nullhypothese: „Schwefeldioxid beeinflusst<br />
die Fortpflanzung nicht.“<br />
Beispiel 2: „Sind Männer oder Frauen größer?“ wäre eine zweiseitige Frage. Die Null-Hypothese dazu lautet „Frauen<br />
und Männer sind gleich groß“. (Eine einseitige Hypothese vermutet bereits den Ausgang des Vergleichs: „Männer<br />
sind im Durchschnitt größer als Frauen.“) (aus Lamprecht, <strong>19</strong>99)<br />
Auch bei der vorwissenschaftlichen Arbeit sollten am Beginn die Vorannahmen dargestellt werden, um<br />
die Richtung der Arbeit abzuklären.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
17<br />
4 RECHERCHE – INFORMATIONEN FINDEN UND AUSWERTEN<br />
Ich was suchen<br />
Ich wissen was suchen<br />
Ich was wissen<br />
Ernst Jandl, Österreichischer Lyriker, <strong>19</strong>25-2000<br />
4.1 WO KANN MAN INFORMATIONEN FINDEN?<br />
Schriftliche Informationsquellen kann man an vielen Orten finden, aber nicht alle sind gleich zugänglich.<br />
In Fachbuchhandlungen, öffentlichen u/o wissenschaftlichen Bibliotheken, im Internet, in Archiven, Dokumentationszentren,<br />
Museen und Sammlungen, Forschungsstellen, in zoologischen und botanischen Gärten,<br />
bei historisch bedeutsamen Objekten vor Ort, usw. gibt es wissenschaftlich relevante Literatur. Auch<br />
Interessensvertretungen, Kammern und Behörden verfügen oft über gut ausgestattete fachspezifische<br />
Bibliotheken bzw. wichtige unveröffentlichte Datensammlungen, Messreihen o.ä. (Kremer, 2006).<br />
Bei manchen Themen wird man mit den offiziellen Informationsstellen auskommen. In der Biologie kann<br />
man z. B. bei molekularbiologischen Themen mit Bibliotheken und Datenbankabfragen die neueren Entwicklungen<br />
gut erfassen. Wer sich dagegen z.B. mit landschaftsökologischen Fragestellungen beschäftigen<br />
möchte, muss sich mit anderen Informationsquellen „plagen“, wie z.B. Datensammlungen von Naturschutzverbänden,<br />
Forstverwaltungen oder Privatpersonen (Kremer, 2006). Historische Recherchen erfordern<br />
oft die Benutzung von Archiven.<br />
Behörden, Organisationen, Verbände produzieren eine Fülle an Grauer Literatur, die in wissenschaftlichen<br />
Bibliotheken kaum vertreten ist. Das sind z.B. Skripten, unveröffentlichte Manuskripte, Broschüren,<br />
Flugblätter usw. „Grau“ bedeutet dabei, dass die Herkunft der meisten Informationen nicht nachvollziehbar<br />
ist. Ob sie jeweils als Quellen benützt werden können, ergibt sich aus Kontext und Ziel der Arbeit. Sehr<br />
viele Informationen aus dem Internet sind in diesem Sinn ebenfalls „grau“.<br />
Je nach Fach und Forschungsfrage können auch Materialien wie Fotos, Plakate, DVDs, TV-Sendungen,<br />
Filme, Zeitungen, Reportagen, Urkunden, Kunst- u. Alltags-Objekte, usw. zu Informationsquellen werden.<br />
Wichtig sind auch direkte Gespräche mit Fachleuten (ExpertInnen, ForscherInnen an Universitäten). Sie<br />
haben aber erst einen Sinn bzw. Erfolgsaussichten, wenn man sich mit dem Thema bereits redlich auseinandergesetzt<br />
hat, damit man konkrete und gezielte Anfragen stellen kann.<br />
4.2 ÜBERSICHT ÜBER WISSENSCHAFTLICHE SCHRIFTLICHE QUELLEN<br />
- Enzyklopädien: stellen den Wissensstoff vieler Fachgebiete in alphabetischer oder systematischer<br />
Anordnung umfassend dar (Beispiel: Lexikon der Biologie in 15 Bänden). Erscheinungsjahr beachten!<br />
- Lehr- und Fachbücher: geben einen systematischer Überblick über Wissensbestand, Methodik oder<br />
Geschichte einer wissenschaftlichen Fachdisziplin. Die Aktualität ist ebenfalls unterschiedlich hoch.<br />
- Fachzeitschriften: veröffentlichen die jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu jedem<br />
erdenkbaren Thema. Sie werden von professionellen Organisationen, Universitäten, Forschungsunternehmen<br />
oder Wissenschaftsverlagen herausgegeben, erscheinen laufend und sind daher die aktuellste<br />
und in der Forschung wichtigste Informationsquelle. (Beispiele: Nature, Science, The Lancet,<br />
Proceedings of the National Academy of Science usw.)<br />
- Universitätsschriften: Dissertationen, Diplomarbeiten und andere Monographien<br />
sind ebenfalls aktuell und speziell.<br />
Man kann die Literatur auch in Primär-, Sekundär-, und Tertiärliteratur einteilen,<br />
wobei sich die Definitionen je nach Wissenschaftsbereich leicht unterscheiden<br />
(Langer, <strong>2012</strong>). Die Einteilung spielt v.a. in den Geisteswissenschaften eine Rolle:
18 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
- Primärliteratur: Quellentexte, Literatur „von“ – d.h. Literatur, die noch nicht wissenschaftlich bearbeitet<br />
worden ist. Dazu gehören Befragungen, Erhebungen, amtliche Veröffentlichungen, Gerichtsakten,<br />
Firmenunterlagen, Dichtung, Einzelwerke, usw. Aufsätze in Fachjournalen oder Sammelbänden<br />
und monographische Werke zählen ebenfalls als Primärquellen.<br />
- Sekundärliteratur: Forschungsliteratur, Literatur „über“ – also Material, das benutzt wird, um primäre<br />
Quellen zu erschließen. Dazu zählen Lexika, Fachbücher, usw., die einen systematisch geordneten<br />
Überblick ermöglichen und zum Verstehen der Primärquellen beitragen sollen.<br />
Man kann die Recherche mit Lehrbüchern und Lexika beginnen, muss sich dann aber an die Forschungsliteratur<br />
heranarbeiten, um den „State of the Art“ zu ermitteln (Kremer, 2006). WissenschafterInnen müssen<br />
die Vorarbeiten zu ihrer Thematik möglichst vollständig berücksichtigen und genau abklären, ob und<br />
wie weit die Antwort auf die Forschungsfrage schon bekannt ist (Lamprecht, <strong>19</strong>99).<br />
- Für die vorwissenschaftliche Arbeit kann man nicht die gesamte Literatur zu einem Thema studieren.<br />
Man soll aber jedenfalls Fachliteratur (Sachbücher, Lehrbücher) lesen, wichtige Arbeiten zum gewählten<br />
Thema kennenlernen und wenigstens einige wissenschaftliche Werke (z.B. Fachartikel) bearbeiten.<br />
4.3 ALLTAGS-TEXT ODER WISSENSCHAFTLICHER TEXT?<br />
Nicht immer kann man auf den ersten Blick erkennen, ob ein Buch oder ein Artikel zur Auswertung für die<br />
(vor)wissenschaftliche Arbeit geeignet ist. Wissenschaftlichkeit und Niveau eines Textes können u. a. daran<br />
abgelesen werden, wann und in welchem Verlag u/o Sammelband (Herausgeber!) er erschienen ist,<br />
oder ob es eine Empfehlung durch eineN anerkannteN WissenschaftlerIn gibt.<br />
Bei Internetquellen müssen Autorenschaft, Quellenangaben, Sprach- und Schreibrichtigkeit und Sorgfalt<br />
der Aufbereitung jedenfalls überprüft werden (Vgl. Kap. 4.5). Welche Zielgruppe wird angesprochen, was<br />
ist die Absicht der Website? Ist sie gut gewartet? Gibt sie selbst Quellen an? Ist sie verlinkt? Wie ist der<br />
Stil? Wie groß ist der Anteil von Werbung? (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>).<br />
Tabelle 6: Unterscheidung von wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Literatur<br />
(zusammengefasst nach Prenner & Samac, 2011, S. 44)<br />
Wissenschaftliche Literatur<br />
an die Scientific Community gerichtet<br />
theoretische Hintergründe dargelegt<br />
komplexere Sprache, sachliche Argumentation<br />
hohe Zahl und Qualität der zitierten Quellen<br />
Fokus auf Erkenntnisgewinn, Begründungs- und<br />
Erklärungszusammenhänge<br />
Einhaltung methodischer Standards<br />
Populärwissenschaftlicher Text<br />
vor allem praxisorientiert<br />
theoretische Anforderungen weniger streng<br />
einfachere Sprache, Unschärfen, Übertreibungen…<br />
geringer Belegzwang<br />
Fokus auf unmittelbare Aktualität und Nützlichkeit,<br />
Lösungsvorschläge („self-help-literature“)<br />
anekdotische Evidenz überwiegt<br />
4.4 (VIRTUELLES) STÖBERN IN BIBLIOTHEKEN<br />
Ausgangspunkt für die Recherche sind die Bibliotheken. Die (neueren) Bestände der wichtigen Bibliotheken<br />
sind in online-Katalogen gelistet, für die Universitätsbibliothek Wien z.B. alle Werke ab <strong>19</strong>89.<br />
Diese Kataloge sind öffentlich (OPAC = Online Public Access Catalogue), d.h. man kann sie zur Recherche<br />
in nahezu allen Bibliotheken benutzen, auch ohne Entlehnausweis oder tatsächlichen physischen Zugang<br />
zur Bibliothek.<br />
Um eine möglichst breites Spektrum an Informationen zu erschließen und tatsächlich Werke zu finden,<br />
wendet man verschiedene Suchstrategien an, die unterschiedliche Vorteile bieten. Beim sogenannten<br />
Schneeballverfahren geht man von einem möglichst neuen Werk aus. Vermutlich findet man darin Hinweise<br />
auf weitere Arbeiten. In jedem Beitrag findet man wiederum einschlägige Literatur. Man soll sich
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
<strong>19</strong><br />
ruhig auf Literaturstellen konzentrieren, die immer wieder zitiert werden. Wenn man dann einige AutorInnen<br />
und wichtige Zeitschriften kennt, sucht man im Namenskatalog weiter. Mögliche Nachteile: man<br />
bleibt vielleicht an ForscherInnen hängen, die sich ausschließlich gegenseitig zitieren. Die gefundenen<br />
Stellen können auch sehr schnell älteren Datums sein.<br />
Alternativ dazu wird systematisch in den Bibliothekskatalogen und Organen (s.u.) gesucht. Zuerst müssen<br />
geeignete Suchbegriffe erarbeitet werden. Die Suchkriterien können außer den Schlagworten aber<br />
auch AutorIn, Titel, zur Verfeinerung auch Erscheinungsjahr, Erscheinungsort, Verlag usw. sein. Die Aufstellungsorte<br />
werden festgehalten und die Werke über die Ausleihe organisiert bzw. online reserviert. Die<br />
Bibliothekskataloge kleinerer Bibliotheken listen vielleicht nur, was im Bestand des Hauses zu finden ist -<br />
allerdings nehmen im Österreichischen Bibliothekenverbund immerhin rund 80 Bibliotheken teil.<br />
Für neue Informationen offen bleiben (meist wird zuerst Gefundenes als zu wichtig erachtet)<br />
Nicht nur auf leicht zugängliches Material fixieren: in anderen Bibliotheken weitersuchen, Suchbegriffe<br />
überprüfen und variieren, erweiterte Suchfunktionen nutzen!<br />
Das Fachpersonal der Bibliotheken um Rat fragen!<br />
Österreichischer Bibliothekenverbund: http://www.obvsg.at<br />
Karlsruher virtueller Katalog: www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html für den deutschen Sprachraum<br />
Suchmaschine für Bibliotheken weltweit: http://sunsite.berkeley.edu/libweb<br />
Referate-Organe tragen die Titel, Verfasser, Abstracts und Schlagwörter aller wissenschaftlichen Publikationen<br />
aus den erfassten Fach-Zeitschriften bestimmter Disziplinen zusammen und liefern so eine sehr<br />
gute Übersicht über die Literatur, z.B. Biological Abstracts, Index Medicus, Current Contents u.ä. (Kremer,<br />
2006). Literaturdatenbanken sammeln Titel, Findstellen und Zusammenfassungen aus den entsprechenden<br />
Wissenschaftsbereichen. Die (kostenpflichtige) Suche liefert umfangreiche Listen, die dementsprechend<br />
schwierig auszuwerten sind; auf den Universitätsbibliotheken gibt es kostenfreien Login (Beispiele:<br />
BIOSYS, MEDLINE).<br />
Eine große Hilfe bieten die zunehmend verbreiteten online-Bücher und online-Zeitschriften. Viele wissenschaftliche<br />
Zeitschriften veröffentlichen kostenfrei zumindest Inhaltsverzeichnisse oder Abstracts.<br />
In den online-Katalogen großer Buchhandlungen kann man Buchtitel zum Thema finden, die dann wiederum<br />
in Bibliotheken gesucht werden können. Vergriffene Bücher können oft über das Zentralverzeichnis<br />
antiquarischer Bücher (www.zvab.at) gefunden werden.<br />
4.4.1 WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEKEN IN ÖSTERREICH<br />
Informationen über Entlehnbestimmungen, Bibliotheksausweise, Öffnungszeiten etc. entnimmt man am<br />
besten den Websites der jeweiligen Bibliotheken.<br />
Österreichische Nationalbibliothek: Präsenzbibliothek. Zur Behebung der Bücher ist ein Lichtbildausweis<br />
zu hinterlegen. Zutritt ab 16 Jahren, Eintritt Erwachsene 3 €,<br />
Jahreskarte 10 €. Digitalfotografie verboten. Enthält alle in Österreich<br />
erschienenen Druckwerke (Ablieferungspflicht!): Literatur bis 1850<br />
am Josefsplatz (= Prunksaal), Literatur ab 1851 am Heldenplatz, zahlreiche<br />
angeschlossene Sammlungen. Schwerpunkt Geisteswissenschaften, slawische Literatur. Literatur-<br />
Suche: Informationsschalter am Heldenplatz.<br />
Universitätsbibliothek Wien: Ausleihbibliothek; online Bestellung möglich. Die Fachbibliotheken auf<br />
den Departments oder Instituten sind i.A. Präsenzbibliotheken, in den<br />
Freihandaufstellungen hat man dafür i.A. direkten Zugang zum Regal.<br />
SchülerInnen können sich an jeder österreichischen Universitätsbibliothek<br />
kostenlos einen Entlehnausweis lösen und damit Werke mehrere Wochen lang entlehnen.<br />
Weiter wichtige Bibliotheken im Raum Wien sind die Bibliothek der Technischen Universität Wien, die<br />
Bibliothek der Medizinischen Universität Wien, oder auch die Bibliothek der Österreichische Akade-
20 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
mie der Wissenschaften. Auch die Städtische Bücherei Wiens (www.buechereien.wien.at/) hat zu vielen<br />
Themen ein umfangreiches Angebot. Für regionale Themen kommt auch die Wien-Bibliothek im Rathaus<br />
in Frage:. Sollte sich der Standort der gesuchten Literatur nicht in Wien befinden, müsste man auf die<br />
Fernleihe zurückgreifen (kostenpflichtig, Wartezeiten). Für wichtige Bücher lohnt sich der Kauf.<br />
4.5 SUCHE IM INTERNET<br />
Eine online-Recherche hilft zu einem globalen Überblick über ein Thema, ist aber für das Verfassen einer<br />
(vor) wissenschaftlichen Arbeit alleine nicht ausreichend. Die Antworten sind auf jeden Fall immer nur so<br />
gut wie die Suchanfragen. Auch hier gilt es, sich nicht mit den erstbesten Treffern zufriedenzugeben. Voraussetzung<br />
für eine effiziente Suche und optimale Nutzung der Suchfunktionen ist die korrekte Bedienung<br />
der Suchwerkzeuge (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>).<br />
Eine Einstiegsmöglichkeit sind online-Lexika (www.britannica.com, www.brockhaus.de, kostenpflichtig,<br />
www.wikipedia.org – kostenfrei und sehr umfassend, zur Orientierung, aber nicht als wissenschaftliche<br />
Quelle). Probleme bei der Internetrecherche sind neben der Kurzlebigkeit natürlich die Überladung mit<br />
Datenmüll und viel unseriöser Information. Die Auswertung der Suchanfragen muss eine Menge Spreu<br />
von oft wenig Weizen trennen. Eher zitierfähig sind Bildungsserver, universitäre Adressen oder Wissensportale<br />
(z.B. www.wissenschaft-online.de); vgl. Kap. 4.3.<br />
Suchmaschinen sind nicht nur google sondern auch altavista, yahoo, fireball, lycos, alltheweb, excite, fireball<br />
usw. Bei einer google-Suche kann man die Einschränkung auf Suche in verschiedenen Verzeichnissen<br />
probieren (Registerkarte Mehr). Metasuchmaschinen fahnden zu einem bestimmten Begriff gleichzeitig<br />
in mehreren Suchsystemen (metager, metacawler, nlsearch, …). Spezialsuchmaschinen wie googlescholar<br />
durchsuchen ausschließlich wissenschaftliche Literatur (ähnlich scirus, vascoda, forschungsportal,<br />
findarticles, dmoz, u.a.)<br />
Fachdatenbanken und Fachbibliographien: Die Suche in solchen Datenbanken ist oft zielführender als<br />
das „freie“ Surfen. Einige Beispiele sind http://www.ub.fu-berlin.de/digibib_neu/datenbank/ oder<br />
www.sciencedirect.com, eprintweb.org/S/main, www.mcb.harvard.edu/Biolinks.html. Allerdings sind die<br />
Artikel oft kostenpflichtig.<br />
Mailinglists, Newsgroups, Foren ermöglichen die Kontaktierung von Fachleuten und Gleichgesinnten.<br />
4.6 LITERATUR UND ANDERE QUELLEN AUSWERTEN<br />
Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn.<br />
Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph, 1788-1860<br />
Wir wissen, wozu wir lesen – um das Thema zu verstehen, nichts Wichtiges zu übersehen, die eigene Position<br />
zu klären, Argumente zu sammeln, mit ähnlichen Forschungen zu vergleichen (Esselborn-Krumbiegel,<br />
2004). Wie entscheiden wir aber, was überhaupt genauer gelesen werden soll? Wie halten wir das Gelesene<br />
fest? Wie bringen wir Ordnung hinein?<br />
Das „Durchackern“ von Texten ist zeitintensiv und anstrengend – es muss also durch eine ordentliche<br />
Suchstrategie und konsequentes „speed reading“ gut vorbereitet werden. In der ersten Hauptphase werden<br />
große Textmengen rasch „überflogen“, um herauszufinden, ob ein Werk für die eigene Arbeit nützlich<br />
und relevant ist. Die Texte werden angelesen und quergelesen (Karmasin & Ribing, 2011). Man verschafft<br />
sich einen Überblick und versucht die Inhalte schon grob in die Fragestellungen der eigenen Arbeit<br />
einzuordnen.<br />
Die inhaltliche Auswertung der Literatur geschieht in der zweiten Phase: durch systematisches, intensives<br />
und genaues Lesen und Exzerpieren verschafft man sich Detailkenntnis und Verständnis (Rathmayr<br />
& Zillner, 20<strong>08</strong>; Karmasin & Ribing, 2011).
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
21<br />
Tabelle 7: Strategien und Phasen des Lesens und Exzerpierens (Esselborn-Krumbiegel, 2004, S. 74,<br />
Karmasin & Ribing, 2011)<br />
Überblick schaffen<br />
- Überfliegen<br />
Orientierung und<br />
Querlesen<br />
Auswählen und<br />
systematisches<br />
Lesen<br />
Intensives Lesen<br />
Exzerpieren<br />
Einen guten Überblick über Schwerpunkte des Autors und die Gewichtung der<br />
Kapitel gibt natürlich das Inhaltsverzeichnis, weitere Hinweise liefern Erscheinungsjahr,<br />
Verzeichnisse, Klappentexte oder Vorworte. Beim Durchblättern achtet<br />
man auf Zwischentitel und Abbildungen.<br />
Über die Zusammenfassung (Abstract) lässt sich oft schon prüfen, ob ein Werk<br />
möglicherweise geeignet ist oder gleich ausgeschieden werden soll. Die Auswertung<br />
der Einleitung zeigt, welches Material mit welcher Fragestellung und mit<br />
welchen Methoden bearbeitet wurde. Der erste Satz informiert oft bereits über<br />
den Inhalt eines Abschnitts. Zitate und Signalwörter können als Eye-Catcher dienen<br />
(erstens, schließlich, daher….).<br />
Vor dem Einstieg in die intensive Lektüre aktualisiert man sein Vorwissen und<br />
macht sich klar, welche Fragen der Text beantworten soll. Der Text wird zügig<br />
und zielgerichtet auf die Fragen hin gelesen („diagonal lesen“) und die „Antworten<br />
auf die Fragen“ und die Passagen, die die Hauptargumente enthalten, identifiziert.<br />
Andere Abschnitte werden nicht weiter beachtet.<br />
In einem schwierigen, komplexen Text markiert man Leitbegriffe und zentrale<br />
Textstellen. Sehr wichtige Arbeiten (aber nur solche) kann man zu diesem Zweck<br />
kopieren (Geld sparen – Umwelt schonen!). Die Leitbegriffe treten oft erst nach<br />
und nach hervor. Unterschiedliche Farben und Symbole verdeutlichen die Struktur,<br />
so dass man später nicht den ganzen Text noch einmal lesen muss.<br />
Die Gedankengänge werden kritisch nachvollzogen. Eigene Assoziationen, Unklarheiten,<br />
Kommentare, Ideen, Fragen, werden sofort festgehalten, z.B. als Anmerkungen<br />
am Textrand.<br />
Ein Exzerpt ist ein sinngemäßer Auszug (keine Zusammenfassung!) aus der verwendeten<br />
Literatur, u. z. der Teile und Gedanken, die für die eigene Arbeit wesentlich<br />
sind (lat „excipere“ = herausnehmen). Durch das Exzerpieren „eignet<br />
man sich das Material geistig an“. Zusammengefasst wird so knapp wie möglich,<br />
aber auch so präzise wie nötig, so dass Zusammenhänge auch noch später rekonstruiert<br />
werden können:<br />
- pro Textabschnitt eine zentrale Frage formulieren und die Antwort als Kernaussage<br />
in eigenen Worten ausdrücken<br />
- wichtige Gedanken grafisch in Beziehung setzen (Strukturexzerpt, Skizzen,<br />
Diagramme)<br />
- „Zitieren beginnt beim Lesen“: bibliographische Daten sofort – für das spätere<br />
Erstellen des Literaturverzeichnisses – in die entsprechenden Datenbanken<br />
aufnehmen<br />
- Textpassagen, die als direkte Zitate verwendet werden können / sollen, sorgfältig<br />
kopieren (in Anführungszeichen), <strong>Seiten</strong>zahlen!<br />
Die Exzerpte werden einem Unterthema oder Schlagwort bzw. möglichst rasch<br />
den geplanten Kapiteln zugeordnet und entsprechend abgelegt (virtuell oder real,<br />
in Datenbanken, Ordnern, Karteien, …), mit Datum und Quellenangaben.
22 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
5 FORSCHUNGSLITERATUR WIEDERGEBEN – ZITATE UND ZITIEREN<br />
5.1 WARUM ZITIEREN?<br />
WissenschafterInnen müssen ihre Ergebnisse veröffentlichen. So wird für andere - die vielleicht am gleichen<br />
Problem arbeiten - dargestellt, welche Forschungen mit welchen Methoden und mit welchem Ergebnis<br />
durchgeführt wurden.<br />
If I have been able to see further, it is because I have stood on the shoulders of giants<br />
Isaac Newton, englischer Physiker und Mathematiker (1643-1727)<br />
Umgekehrt gilt natürlich genauso, dass der Stand der Forschung für die eigene Darstellung zu berücksichtigen<br />
ist. Die eigene Arbeit baut auf früheren Arbeiten auf und wiederholt diese nicht unnötig. Durch Literaturzitate<br />
zeigt man, dass man die relevante Literatur kennt und verarbeitet hat und an die fachinterne<br />
Diskussion anknüpfen kann. Außerdem werden Thesen und Informationen durch die Zitate für die LeserInnen<br />
nachprüfbar. Die Zitate unterstützen die eigene Position und ermöglichen Vergleiche mit anderen.<br />
Zwischen eigener und fremder Leistung wird klar unterschieden. Diese Unterscheidung muss auch<br />
sprachlich immer klar zum Ausdruck kommen. (Kremer, 2006)<br />
Ein Zitat ist die wörtlich oder sinngemäß übernommene geistige Leistung Dritter. Der Verweis (Kurzbeleg)<br />
schafft die Verbindung zum Quellenverzeichnis. Die Quelle ist die Findstelle des Zitats (Langbeleg),<br />
d.h. die Originalveröffentlichung, aus der man Aussagen, Graphiken etc. entlehnt. (Kremer, 2006)<br />
Zitierte Quellen muss man im Original eingesehen haben. Was und wie viel belegt werden soll, lässt sich<br />
leider nicht allgemein beantworten. Grundsätzlich ist jeder Gedanke, der aus anderen Texten übernommen<br />
wurde, an Ort und Stelle im eigenen Text zu belegen; es genügt nicht, verwendete Quellen nur im Literaturverzeichnis<br />
anzuführen. Nur Allgemeinwissen muss nicht belegt werden. Die Definition kann natürlich<br />
strittig sein kann, Schulbuch- oder Lexikon-Wissen fällt wohl darunter.<br />
5.2 WÖRTLICH ODER INDIREKT ZITIEREN?<br />
Wörtliches = direktes Zitat: Die wörtliche Übernahme einer Textstelle ist dann sinnvoll / gerechtfertigt,<br />
wenn ein Textausschnitt anschließend interpretiert werden soll, wenn ein spezieller Begriff eingeführt<br />
wird, oder die Kernaussage des Autors die eigene Argumentation stützt (Esselborn-Krumbiegel, 2004).<br />
Quellengetreu übernommene Textausschnitte werden in Anführungszeichen und eventuell kursiv gesetzt,<br />
längere Passagen außerdem eingerückt und einzeilig gesetzt. Fehler oder veraltete Schreibweisen im Original<br />
werden übernommen und mit (!) gekennzeichnet. Zitate aus fremdsprachigen Quellen werden, soweit<br />
sie nicht englisch sind, übersetzt und der/die ÜbersetzerIn angegeben. Auslassungen werden durch<br />
[…] markiert (Kremer, 2006). Im Anschluss an das Zitat erfolgt der Verweis auf die Herkunft der Textstelle.<br />
Nicht nur Textpassagen können zitiert werden, auch die Übernahme von Abbildungen, Tabellen, etc. ist<br />
ein Zitat und ebenso zu belegen. Die Beispiele wurden vorwiegend aus Kremer (2006) entnommen.<br />
"Social psychologists, however, contend that people are less consistent than Isocrates or Rousseau might<br />
think." (Walster, Walster & Berscheid, <strong>19</strong>78, S. 211)<br />
„In globaler Perspektive gelten biologische Invasionen als zweitwichtigster Faktor der biologischen Vielfalt.“<br />
(Kowarik, 2003, S. 25) – oder:<br />
Nach Kowarik (2003, S. 25) gelten „in globaler Perspektive […] biologische Invasionen als zweitwichtigster<br />
Gefährdungsfaktor der biologischen Vielfalt.“<br />
Sinngemäßes = Indirektes Zitat: Zitate sollten als Teil der Argumentation und Diskussion syntaktisch in<br />
den fortlaufenden Text eingebaut werden, z.B. in der Form Nach Kowarik haben….; Die Befunde von Kowa-
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
23<br />
rik zeigen …; In seiner Untersuchung weist Kowarik nach, … u.v.m.). Je nachdem, wie nahe der Wortlaut des<br />
Zitats am Originaltext ist, kann die <strong>Seiten</strong>angabe im Kurzbeleg entfallen.<br />
Die biologische Vielfalt ist durch verschiedene Faktoren gefährdet. Ein bisher nicht so stark wahrgenommener<br />
Ursachenkomplex sind biologische Invasionen (vgl. Kowarik, 2003).<br />
5.3 TECHNIK DES ZITIERENS<br />
Der Begriff Zitieren wird nicht nur für den übernommenen Text bzw. die übernommenen Gedanken verwendet,<br />
sondern sehr oft auch für das Anführen der Kurzbelege (im laufenden Text) und Langbelege (im<br />
Literaturverzeichnis). Zitierregeln sind international in der Norm ISO 690 und 690-2, bzw. in Deutschland<br />
in der Norm DIN 1505 Teil 2 und 3 dargelegt, in Österreich in der ÖNORM A-2658-1 und A-2658-2.<br />
Die gewählte Zitierweise muss werkeinheitlich angewendet werden, eindeutig und nachvollziehbar sein<br />
und das Auffinden der Quellen möglichst leicht machen. Man kann verschiedene Zitiersysteme (Ebene 1)<br />
und unterschiedliche Zitierschemata (Ebene 2) unterscheiden und begründen (Baumgartner, 20<strong>08</strong>). Der<br />
Zitierstil (Ebene 3) regelt Interpunktion, Reihenfolge der bibliographischen Angaben, etc.<br />
5.3.1 KURZBELEGZITIERUNG<br />
5.3.1.1 KLAMMER-ZITIERSYSTEM<br />
Schema 1: das AutorIn-Jahr-System (Harvard-Notation, „amerikanische Zitierweise“) wird in den Naturwissenschaften<br />
und der Mehrheit der Sozialwissenschaften verwendet. Der Beleg steht in Klammern in<br />
der Form AutorIn(nen) Jahreszahl, ggf. <strong>Seiten</strong>angabe i. A. nach dem Bezugswort oder Satzteil am Ende des<br />
Satzes vor der Interpunktion (danach, wenn ein ganzer Satz zitiert wird). Man erhält so den Hinweis auf<br />
AutorInnen und Aktualität gleich im laufenden Text. Erstreckt sich die relevante Textpassage über mehr<br />
als eine Seite, wird nach der <strong>Seiten</strong>zahl f. bzw. ff. angegeben. Die folgenden Beispiele stammen wieder<br />
überwiegend aus Kremer (2006) bzw. Karmasin & Ribing (2011).<br />
„In globaler Perspektive gelten biologische Invasionen als zweitwichtigster Faktor der biologischen Vielfalt.“<br />
(Kowarik, 2003, S. 25)<br />
Nach Kowarik (2003, S. 25) gelten „in globaler Perspektive […] biologische Invasionen als zweitwichtigster<br />
Gefährdungsfaktor der biologischen Vielfalt.“<br />
Die biologische Vielfalt ist durch verschiedene Faktoren gefährdet. Ein bisher nicht so stark wahrgenommener<br />
Ursachenkomplex sind biologische Invasionen (vgl. Kowarik, 2003).<br />
Eco (2010) hat ein solches Vorgehen mit der Beweisführung in einem Prozess verglichen.<br />
Wurden Abbildungen übernommen, so ist in der Abbildungsunterschrift neben der Abbildungsnummer<br />
und Erläuterung auch der Beleg angeführt (je nach Bedarf mit dem Zusatz: nach…, übernommen aus…,<br />
verändert nach…. Nachname, Jahreszahl, <strong>Seiten</strong>angabe).<br />
Schema 2: in den Kultur- bzw. Geisteswissenschaften kommt auch das AutorIn-Titel-System in Frage.<br />
Bei Werken von Klassikern geht es mehr um den konkreten Text als um das Jahr der (Neu)-Ausgabe (Goethe,<br />
1832, ist vermutlich weniger sinnvoll als Goethe: Faust. Der Tragödie zweiter Teil.). Daher wird man<br />
hier das Werk selbst referenzieren (Baumgartner, 20<strong>08</strong>).<br />
5.3.1.2 FUSS- ODER ENDNOTEN-ZITIERSYSTEM<br />
Schema 1: Im Nummern-Endnoten-System (Vancouver Konvention) gibt eine Zahl in eckiger Klammer<br />
die Verbindung zum Vollbeleg. Sie wird bevorzugt in technischen Bereichen verwendet und ist geeignet,<br />
wenn über weite Bereiche ein einziges Werk zitiert wird.<br />
Die quantitative Bestimmung des Proteingehalts erfolgte nach [15].
24 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Schema 2: Immer weniger üblich, aber in einigen Bereichen (Rechtswissenschaften, Teil der Kulturwissenschaften)<br />
nach wie vor bevorzugt wird ein Nummern-Fußnotensystem („deutsche Zitierweise“), das<br />
mit hochgestellten Zahlen zur Quellenangabe als Fußnote auf der jeweiligen Seite verweist. Wenn Fußnoten<br />
zugleich auch für Anmerkungen verwendet werden, kann die Übersichtlichkeit verloren gehen. Die<br />
Klammerzitierung ist dann jedenfalls geeigneter.<br />
Man führt entweder den Vollbeleg an (alle relevanten bibliographischen Daten in der Fußnote, bei wiederholter<br />
Zitierung wird verkürzt) oder zunehmend üblich den Kurzbeleg im AutorIn-Jahr-System. Die<br />
vollständigen Daten finden sich ohnehin im Literaturverzeichnis.<br />
Hofmann, Klaus (<strong>19</strong>88): Bildungsmanagement im internationalen Vergleich. 2. Aufl. Berlin: Parey, S.7<br />
Hofmann, K., Bildungsmanagement, S. 34 oder Hoffmann <strong>19</strong>88, S. 34<br />
Ebd., S. 36<br />
Folgende Beispiele zeigen (unabhängig vom Zitiersystem), wie man ein Werk mehrerer AutorInnen bzw.<br />
mehrere Werke eines Autors/einer Autorin zitiert. Bei zwei AutorInnen werden beide genannt, bei mehr<br />
als zwei „Name u.a.“, mehrere Werke chronologisch; Werke aus demselben Jahr mit a, b, c… ergänzt.<br />
Kowarik und Soukopp, 2000<br />
Kowarik u.a., 2001<br />
Kowarik <strong>19</strong>99, 2003; Kowarik <strong>19</strong>96a, <strong>19</strong>96b<br />
Nicht veröffentlichte Befunde kann man folgendermaßen angeben:<br />
„….erstaunliche Atmungsraten, wie sie bisher ….“ (Mayer, persönliche Mitteilung)<br />
Lässt sich ein Sekundärzitat ausnahmsweise nicht vermeiden, so wird mit dem Hinweis „zit. nach oder<br />
in“ per Kurzbeleg auf die Quelle verwiesen, der „nachzitiert“ wird.<br />
(Schweitz, 2010, S.17 zit. in Prenner, 2011, S. 43)<br />
Internetquellen behandelt man analog zu den Printmedien nach dem AutorIn-Jahr-System. Ist keinE AutorIn<br />
angegeben, so stellt der/die HerausgeberIn die Institution der Titel die vollständige (!) URL<br />
den Bezug zum Literaturverzeichnis her. Fehlt das Datum der Veröffentlichung, kann man „o. J.“ angeben.<br />
5.3.2 VOLLBELEGE IM LITERATURVERZEICHNIS<br />
Im Literaturverzeichnis (= Quellenverzeichnis = Bibliographie) ist jede Quelle (aber auch nur solche), die<br />
zur Erstellung der Arbeit verwendet wurde, anzuführen. Bibliographische Bestandteile findet man bei<br />
Zeitschriften auf der Titelseite (evt. in jeder Kopfzeile), bei Büchern im Impressum, i. A. auf den vorderen<br />
<strong>Seiten</strong>, bei elektronischen Medien auf dem Cover. Die Angaben umfassen:<br />
1. Nachname(n) des Autors / der Autorin (der AutorInnen), bei mehreren durch Komma getrennt, ab<br />
drei nur einen nennen (Nachname u.a.); falls unbekannt: o. A.<br />
2. Vorname(n) des Autors / der Autorin (der AutorInnen), abgekürzt oder ausgeschrieben<br />
3. Erscheinungsjahr der Veröffentlichung, falls unbekannt: o. J.<br />
4. Titel der Veröffentlichung in voller Länge, mit Untertitel<br />
5. Findstelle der Veröffentlichung (Name der Zeitschrift, des Sammelwerks,..)<br />
6. Bandnummer, Ausgabe/Heftnummer bei Zeitschriften<br />
7. <strong>Seiten</strong>angabe (bei Zeitschriften)<br />
8. Verlagsstandort und Verlag (bei Büchern)<br />
Für die Anordnung der Angaben und die Interpunktion gibt es unterschiedliche „Stile“. Entsprechend dem<br />
AutorIn-Jahr-System wird auch im Vollbeleg das Erscheinungsjahr nach dem Namen angeführt. So findet<br />
man die Quellen in umfangreichen Literaturverzeichnissen am raschesten. Wichtig ist wieder die werkeinheitliche<br />
Durchführung. International viel verwendet wird der APA-Style (Zitierstandard der American<br />
Psychological Association), der im APA-Manual (www.apastyle.org) auch alle Spezialfälle klärt.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
25<br />
5.3.2.1 ZITIEREN GEDRUCKTER WERKE<br />
Zitate aus Zeitschriften: AutorIn, Vorname(n). (Erscheinungsjahr). Genauer Titel. Zeitschriftentitel<br />
im Wortlaut, Jahrgang/ Bandnummer (Heftnummer), <strong>Seiten</strong>angaben<br />
Sageder, J. (<strong>19</strong>85). Zur Beurteilung von Lehrerverhalten in Unterrichtssituationen. Erziehung und Unterricht,<br />
35, 368-375<br />
Mundry, M., Stützel, T. (2003). Morphogenesis of male sporangiophores of Zamia amlyphyllida D.W. Stev.<br />
Plant Biology, 5, 297-310<br />
Zitate aus Büchern u. a. selbständigen Werken : AutorIn, Vorname(n). (Erscheinungsjahr). Genauer<br />
Titel mit Beachtung der Schreibweise, ggf. Untertitel, Aufl[age], Verlagsort: Verlag. Ggf. Herausgeber<br />
anführen; ist der/die AutorIn unbekannt, wird die Institution bzw. der Haupttitel angegeben (s.o.).<br />
Larcher, W. (<strong>19</strong>94). Ökophysiologie der Pflanzen. Leben, Leistung und Stressbewältigung der Pflanzen in<br />
ihrer Umwelt. 5. Aufl., Stuttgart: Eugen Ulmer<br />
Dannigkeit, N., Köster, G. & Tuschen-Caffier, B. (2002). Prävention von Essstörungen – Ein Trainingsprogramm<br />
für Schulen. In: Röhrle, B. (Hrsg.). Prävention und Gesundheitsförderung Bd. II. Fortschritte<br />
der Gemeindepsychologie und Gesundheitsförderung, S. 123-152, Tübingen: dgvt-Verlag<br />
Lexikon der Biologie (2003). Stichwort „positional cloning“. Band 11, Heidelberg: Spektrum Akademischer<br />
Verlag<br />
Statistisches Jahrbuch 20<strong>08</strong> der Wirtschaftskammer Österreich (2009). Wien<br />
Unveröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten wie Dissertationen etc. zitiert man wie Bücher:<br />
Kanz, B. (<strong>19</strong>88). Konzipierung eines Bewertungsschlüssels zur ökologischen Flächenbewertung auf der<br />
Grundlage floristisch-vegetationskundlicher und faunistischer Erhebungen und seine Anwendung. Universität<br />
zu Köln: Dissertation an der Math.-Naturwiss. Fakultät.<br />
Bei grauer Literatur (Literatur ohne ISBN- / ISSN-Nummer), d.h. Broschüren, Katalogen, Pressemeldungen,<br />
etc. – ist die Zitierfähigkeit zu überprüfen. Sind sie selbst Untersuchungsgegenstand (z.B. Gesetzestexte,<br />
Gutachten, Patente), so behandelt man sie zitiertechnisch wie Zeitschriftenbeiträge oder Bücher.<br />
5.3.2.2 ZITIEREN AUS DEM INTERNET UND ANDEREN QUELLEN<br />
Die Dokumente sind prinzipiell genauso wie Printmedien zu behandeln. Zusätzlich zum Erstellungsdatum<br />
des Dokuments gibt man das Datum des eigenen Zugriffs an. Detaillierte Angaben finden sich z.B. in der<br />
Norm ISO 690-2. Sind die AutorInnen der Websites unbekannt, wird – falls überhaupt zitiert werden kann<br />
– nach den Titeln alphabetisch sortiert. Die Findstelle der Veröffentlichung ist das Zugriffsprotokoll (URL).<br />
Die Beispiele zeigen verschiedene Zitierstile - wichtig ist wieder die einheitliche Gestaltung.<br />
AutorIn, Vorname(n) (Erstellungsdatum bzw. -Jahr oder o.J.): Titel der Quelle. <br />
[Datum des eigenen Zugriffs in der Struktur TT.MM.JJJJ; andere Möglichkeiten s.u.]<br />
Harnack, A., Kleppinger, G. (<strong>19</strong>96, 25.11.). Beyond the MLA Handbook. Documenting electronic sources on<br />
the internet. [10.06.<strong>19</strong>98]<br />
Baumgartner, P. (20<strong>08</strong>, 29. <strong>08</strong>.). Zitieren - eine Geheimwissenschaft? — Initiationsrituale: Quellenangabe,<br />
Zitierschema und Zitierstil.Gedankensplitter. abgerufen am 16. 07. 2010, von http://www.peter.<br />
baumgartner.name/weblog/zitieren-eine-geheimwissenschaft<br />
Cornell Law School (o. J.). The Legal Information Institute. Supreme Court Collection. [2000-03-11]<br />
Statistisches Jahrbuch 20<strong>08</strong> der Wirtschaftskammer Österreich (2009). [4.3.2010]
26 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Speichermedien belegt man analog zu gedruckten Werken: AutorIn, Vorname(n) (Erscheinungs- bzw.<br />
Produktionsjahr): Titel, Medienart, ProduzentIn, Erscheinungs- / Produktionsort<br />
Microsoft Encarta 20<strong>08</strong> Lernen & Wissen (2007). DVD-ROM, Microsoft Corporation, Redmond u. a.<br />
Unveröffentlichte Quellen (Interviews, Mitschriften, mündliche Mitteilungen) werden grundsätzlich<br />
transkribiert und können ebenfalls belegt werden (vgl. Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>).<br />
Müller, F. (28.10.2009). Persönliches Interview, geführt vom Verfasser, Wien<br />
Deiser, R. (2010, März). Designing the Smart Organization. Vortrag an der Hauptuniversität Innsbruck<br />
5.3.3 SORTIERUNG IM LITERATURVERZEICHNIS<br />
Geistes- / Sprachwissenschaften trennen auch im Literaturverzeichnis öfters in Primär- und Sekundärliteratur<br />
bzw. in Buchzitate und Zeitschriftenbeiträge. In den Naturwissenschaften ist ein einheitliches Verzeichnis<br />
üblich. Sortiert wird jedenfalls alphabetisch; die Ordnungskriterien sind dabei:<br />
- Nachnamen, Vornameninitialen der AutorInnen <br />
- Chronologie der Veröffentlichungen (bei mehreren Werken desselben Autors im selben Jahr wie beim<br />
Kurzbeleg mit "a", "b", "c" unterscheiden)<br />
- Ist kein Verfasser, keine Verfasserin angegeben, gilt der Anfangsbuchstaben von HerausgeberIn Institution<br />
Titel.<br />
Zusammengesetzte Familiennamen sortiert man nach dem Ordnungskriterium, das in der jeweiligen<br />
Sprache gilt: Van Beule, O’Douglas, Goethe, J.W. von. Akademische Grade bei Namen oder Artikel im Sachtitel<br />
werden nicht berücksichtigt.<br />
5.4 DAS PLAGIAT<br />
Wenn ein Text Erkenntnisse oder Formulierungen (auch Abbildungen, Diagramme usw.) anderer AutorInnen<br />
verwendet, ohne diese anzugeben, ist dies „Diebstahl geistigen Eigentums“, also ein sogenanntes<br />
Plagiat (Langer, <strong>2012</strong>) – oder vereinfacht gesagt: Abschreiben oder „copy-paste“.<br />
Fremde Texte dürfen sehr wohl als Quellen verwendet werden – aber sie müssen sorgfältig belegt werden!<br />
Nicht nur wörtlich übernommener Text, auch ein sinngemäßes indirektes Zitat, das nicht belegt wird<br />
und als „eigener“ Text erscheint, ist ein Plagiat. Es hilft auch nichts, Wörter durch Synonyme auszutauschen<br />
oder die Reihenfolge der übernommenen Sätze etwas zu verändern. Ebenso ist die Übersetzung aus<br />
einem fremdsprachigen Werk ohne Quellenangabe ein Plagiat (Karmasin & Ribing, 2011).<br />
Die Quellen nur im Literaturverzeichnis anzuführen, reicht nicht aus! Auch „Zitatsplagiate“ sind nicht gestattet<br />
– das ist die Übernahme von Zitaten aus der Sekundärliteratur, wobei zwar die Zitate dokumentiert<br />
werden, aber nicht die Sekundärliteratur, aus der sie übernommen wurden.<br />
Natürlich ist die Übernahme längerer Textpassagen – auch wenn die Quelle angegeben wird – grundsätzlich<br />
nicht wissenschaftlich. (Karmasin & Ribing, 2011, S. 116)<br />
Abschreiben lässt sich aufdecken: es gibt entsprechende online-Textvergleichsdienste, mit denen man<br />
Übereinstimmungen suchen kann. Arbeiten müssen daher auch digital abgegeben werden, um diese<br />
Überprüfung zu erleichtern – auch die Vorwissenschaftliche Arbeit (Vorwissenschaftliche Arbeit, o.J.), in<br />
der man mit der „Erklärung“ ehrenwörtlich aussagt, alle verwendeten Quellen angegeben zu haben!<br />
Ein Plagiat ist kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug und ein krimineller Akt mit den entsprechenden Folgen<br />
(Kremer, 2006)! Um unbeabsichtigtes Plagiieren („Schlampigkeit“) zu vermeiden, muss beim Sammeln<br />
und Recherchieren von Anfang an sorgfältig gearbeitet und auf die korrekten Quellenangaben geachtet<br />
werden. Plagiierte Vorwissenschaftliche Arbeiten können nicht beurteilt werden (Vorwissenschaftliche<br />
Arbeit, o.J.). Man muss eine neue Arbeit schreiben.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
27<br />
6 FORSCHUNGSMETHODEN<br />
Verschiedene Wissenschaften wenden verschiedene Methoden an, um Erkenntnisse zu gewinnen: Empirische<br />
Methoden erzeugen bzw. sammeln Daten durch Beobachtungen, Umfragen, Messungen und Experimente<br />
und produzieren daraus neues Wissen und leiten empirische Theorien ab (vgl. Kap. 2). Sie werden<br />
vor allem in den Naturwissenschaften und der Sozialforschung angewandt (Heesen, 2009). Hypothesen<br />
werden gebildet und getestet. Die Daten werden dokumentiert, aufbereitet, ausgewertet und interpretiert.<br />
Alle am Wissenschaftsprozess Beteiligten („Scientific Community“) sollen das Zustandekommen der<br />
Ergebnisse der Forschung nachvollziehen können (Stangl, o.J.).<br />
Quantitative Forschungsmethoden befassen sich mit Daten, die quantitativ, d.h. messbar, mit standardisierten<br />
Methoden untersuchbar und statistisch auswertbar sind (vgl. Kap 7). Beispiele für quantitative<br />
Methoden sind Messung, Experiment oder standardisierter Fragebogen. Qualitative Forschung untersucht<br />
Bedeutungs- und Interpretationsfragen, ist kontextgebunden und schlecht messbar und wendet<br />
nicht standardisierbare Methoden an, z.B. offene Interviews (Hornecker, o.J.).<br />
Bei Methoden wie Experiment, Befragung, Beobachtung erzeugen ForscherInnen die Daten selbst. Wenn<br />
Daten ausgewertet werden, die die ohne Zutun der ForscherInnen entstanden sind (archäologische Funde,<br />
Filme, Wasserproben), kann man von nicht-reaktiven Methoden sprechen (Henz, 2011, S. 84).<br />
Tabelle 8: Kurzübersicht über wichtige Forschungsmethoden<br />
Beobachtung –<br />
Feldstudie<br />
Experiment<br />
Umfrage<br />
Interview<br />
Fallstudie<br />
Aktionsforschung<br />
Historiographische<br />
Methode<br />
Werk-Interpretation<br />
Planmäßiges Wahrnehmen von Vorgängen und Verhaltensweisen (in Abhängigkeit<br />
von einer bestimmten Situation), offen oder verdeckt, mit oder ohne<br />
Wissen der Beobachteten, im Labor oder in der natürlichen Umwelt<br />
Bestätigt oder widerlegt eine Hypothese, indem die gegenseitige Abhängigkeit<br />
von Variablen in einem wiederholbaren Set-up untersucht wird.<br />
Sammeln von Daten über Verhaltensweisen an Hand der Befragung einer geeigneten<br />
Zahl von ProbandInnen.<br />
Einstellungen von Personen oder Motive für Handlungen erforschen – durch strukturiertes<br />
oder nicht strukturiertes Interview - z. B. Expertenbefragung oder<br />
Zeitzeugengespräch.<br />
Ein besonderer Fall wird stellvertretend für ein Thema herangezogen und vor<br />
dem allgemeinen Hintergrund ausgewertet.<br />
Die Forschenden sind in die Problematik, um die es geht, eingebunden bzw.<br />
selbst Betroffene. Das Ziel ist eine Verbesserung der untersuchten Situation.<br />
Untersuchung und Analyse vergangener Ereignisse auf der Grundlage von<br />
Quellen, deren Verlässlichkeit und Authentizität geprüft werden muss.<br />
Verstehenden Interpretation von Texten und Werken (Hermeneutik)<br />
6.1 WAHL DER GEEIGNETEN FORSCHUNGSMETHODE<br />
Die Wahl der Forschungsmethode richtet sich einerseits nach der Problemstellung und dem theoretischen<br />
Hintergrund, aber natürlich auch nach dem Aufwand, den vorhandenen Ressourcen und dem eigenen<br />
Ausbildungsstand, der Möglichkeit eine bestimmte Methode in der verfügbaren Zeit zu erlernen usw.<br />
Forschungsmethoden müssen Standards befolgen, d.h. in der Literatur beschrieben und wiederholbar<br />
sein, korrekt durchgeführt und ausgewertet und nachvollziehbar dokumentiert werden (Henz, 2011). Am<br />
einfachsten durchzuführen sind Methoden, die anekdotische (punktuelle) Aussagen liefern, wie Fallberichte,<br />
(teilnehmende) Beobachtungen, oder qualitative Interviews; schwieriger sind kontrollierte Experimente<br />
oder statistische Analysen.
28 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Komplexe Zusammenhänge sind im Rahmen einer vorwissenschaftlichen Arbeit kaum zu untersuchen,<br />
da es zu aufwändig sein wird, ausreichende Datenmengen oder repräsentative Stichproben zu gewinnen;<br />
wichtiger werden Einzelfallgeschichten sein, um Thesen zu stützen. Dennoch kann auch eine „Probeforschung“<br />
Qualitätskriterien wie Wahl der passenden Methode, nachvollziehbare Beschreibung, Dokumentation<br />
aller Schritte und Daten usw. aufweisen (Henz, 2011).<br />
Aus einer guten Forschungsfrage ergibt sich bereits, welche Methoden am besten geeignet sein werden,<br />
Antworten zu finden. Die Forschungsfrage kann je nach Fragestellung und Möglichkeiten auch ausschließlich<br />
aus dem Literaturstudium heraus beantwortet werden.<br />
Bevor man mit dem Sammeln von Daten beginnt (egal mit welcher Methode), sollte man wissen, wie man<br />
nachher mit ihnen verfahren wird und wie man die Ergebnisse auswerten möchte. Man muss z.B. festlegen,<br />
für welche Grundgesamtheit oder Population die Ergebnisse gültig sein sollen; dementsprechend<br />
sind Anzahl und Größe der Stichproben zu planen und ein passendes Verfahren zur Auswahl repräsentativer<br />
Stichproben auszuarbeiten (Lamprecht, <strong>19</strong>99; vgl. Kap. 7).<br />
Wenn die Methode grundsätzlich feststeht, kann das Forschungsdesign ausgearbeitet werden:<br />
- Welche Literatur, welche Materialien und welche Ausrüstung werden benötigt?<br />
- Was ist davon verfügbar, was muss, was kann beschafft werden?<br />
Wie viel Zeit steht zur Verfügung, wie lange dauern bestimmte Experimente?<br />
- An welche Rahmenbedingungen ist die Untersuchung gebunden (Jahreszeiten etc.)?<br />
- Wann stehen InterviewpartnerInnen zur Verfügung?<br />
- Welche Art von Daten wird erfasst? Können die Daten tatsächlich eine Antwort auf die Forschungsfrage<br />
liefern? Benötigt man eine Pilotstudie?<br />
- Ist die Studie robust genug, d.h. kann es noch ein Ergebnis geben, wenn eine Phase nicht klappt?<br />
- Wie sollen die Variablen in einem Experiment kontrolliert werden?<br />
- Welche Fehlerquellen und Probleme könnten auftauchen?<br />
- Wie werden die Ergebnisse der Untersuchung gesichert und dokumentiert?<br />
6.2 EMPIRISCHE FORSCHUNGSMETHODEN<br />
6.2.1 WISSENSCHAFTLICHE BEOBACHTUNG – FELDSTUDIE<br />
Mit wissenschaftlicher Beobachtung meint man das planmäßige und zielgerechte Wahrnehmen von Vorgängen<br />
oder Verhaltensweisen von Lebewesen (Menschen und Tieren) in Abhängigkeit von bestimmten<br />
Situationen (Stangl, o.J.). Sie wird möglichst in der natürlichen Umgebung des Objektes (= Feld = Freiland<br />
oder soziale Realität) durchgeführt, wobei die Kontrolle über die Situationsbedingungen eingeschränkt ist.<br />
Fallweise können auch Beobachtungen unter kontrollierten Bedingungen im Labor durchgeführt werden.<br />
Beispiele wären: biologische Verhaltensstudien (z.B. Jane Godall’s Beobachtungen an Schimpansen),<br />
ökologische Untersuchungen (z.B. Verbreitung und Häufigkeit einer bestimmten Art) oder Marktforschung<br />
(z.B. Erfassung von User-Bedürfnissen, Kundenverhalten)<br />
Die Beobachtungen erfordern Geduld, Zeit und Genauigkeit. Die Rahmenbedingungen müssen vorher definiert<br />
werden: Wann (Zeitpunkt, -rahmen), Wo (Freiland - Labor), Was? (Verhaltenselemente, die man<br />
wahrnehmen kann, z.B. Nestbau, Verwendung bestimmter sprachlicher Wendungen…) und Wie? (kategorisierbare<br />
Elemente, wie Zählungen von Individuen, Häufigkeit oder Dauer bestimmter Handlungen).<br />
Die Beobachtungen (z.B. ein bestimmtes Geräusch) sind genauestens von der Interpretation zu trennen<br />
(z.B. Balzruf, Angstschrei). Jede Interpretation muss mit Beispielen belegt werden. Die Ergebnisse sind zuverlässig,<br />
wenn bei der Wiederholung der Untersuchung unter gleichen Bedingungen fast gleiche Ergebnisse<br />
erzielt werden.<br />
Eine Beobachtung kann verdeckt oder offen, d.h. ohne oder mit Wissen des Beobachteten stattfinden<br />
(Stangl, o.J.). Natürlich verhält sich jemand, der weiß, dass er beobachtet wird, oft nicht mehr authentisch
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
29<br />
(Braukmann, 2007). Je nachdem, ob ForscherInnen selbst in das Untersuchungsgeschehen eingebunden<br />
sind, wird nicht-teilnehmende von teilnehmender Beobachtung unterschieden. Durch Beobachtungen<br />
kann man Aspekte des Verhaltens erforschen, die man aus Interviews nicht erfahren würde (Braukmann,<br />
2007). Nachteil ist, dass ein entsprechender „Feldzugang“ möglich sein muss. (Henz, 2011). Die Beobachtungen<br />
werden als Notizen, Filme, Fotos, akustische Aufzeichnungen, usw. gesichert.<br />
6.2.2 EXPERIMENT<br />
Am Anfang steht ein Phänomen, das erklärt werden soll. Aus der Beobachtung ergeben sich „Fragen an<br />
die Natur“. Die vermuteten Antworten werden als Hypothesen formuliert und im Experiment bestätigt<br />
oder widerlegt. Bei einem psychologischen Experiment ist Objektivität weit schwieriger erreichbar als in<br />
der Naturwissenschaft: das Verhalten der Versuchsperson hängt auch davon ab, wie sie die vom Versuchsleiter<br />
manipulierten Bedingungen interpretiert (Stangl, o.J.).<br />
Experimente überprüfen die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Variablen (=Messgrößen). Als<br />
unabhängige Variable wird diejenige festgelegt, die vermutlich einen Einfluss auf den Vorgang hat. Sie<br />
wird im Versuch variiert. Die abhängige Variable ist diejenige, die im Versuch gemessen wird. Versuchsbedingungen,<br />
die einen störenden Einfluss haben könnten, bleiben bei allen Versuchsvarianten<br />
möglichst gleich (= kontrollierte Variablen). Der Einfluss von Zufallsvariablen<br />
wird minimiert.<br />
In einem Experiment zum Wachstum von Kaffeepflanzen könnten die Menge oder<br />
Art von Dünger, die Temperatur oder die Bewässerung die unabhängige Variablen<br />
darstellen – sie beeinflussen vermutlich das Pflanzenwachstum. Die abhängigen<br />
– beeinflussten - Variablen wären z.B. die Zahl der Bohnen je Pflanze, die<br />
Blattfläche, das Gewicht der Pflanzen, Stammhöhe o.ä. Wird der Einfluss des<br />
Düngers getestet, erhalten die Kontrollpflanzen keinen Dünger. Alle anderen<br />
Einflüsse werden konstant gehalten.<br />
Der Versuch muss wiederholbar geplant und exakt ausgeführt werden. Es muss klar sein,<br />
welche Art von Daten wie erhoben werden soll (Protokolle für Messungen und Beobachtungen vorbereiten),<br />
wie die Variablen kontrolliert bzw. manipuliert werden sollen, wie gemessen wird, wie die Ergebnisse<br />
dargestellt werden (Tabelle, Abbildung) und mit welchen Verfahren sie statistisch analysiert werden<br />
sollen. Einfache Versuchspläne enthalten nur eine unabhängige Variable. Man plant evt. Versuchsserien<br />
(Wiederholungszahl, Stichprobenumfang) und überlegt mögliche Fehlerquellen. Für eine Vorwissenschaftliche<br />
Arbeit ist zu klären, ob, wann und wie lang Labors und Betreuung zur Verfügung stehen.<br />
Das Versuchsergebnis bestätigt oder widerlegt die Vermutung. Die Deutung und Interpretation ist streng<br />
von den Ergebnissen selbst zu trennen (Lamprecht, <strong>19</strong>99).<br />
6.2.3 FRAGEBOGEN<br />
Mit Umfragen möchte man Daten über Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
bestimmter Personengruppen sammeln. Ein Fragebogen soll nicht zu lange<br />
sein und eine möglichst große Zahl von ProbandInnen erreichen. Die befragten<br />
Personen sollen eine repräsentative Stichprobe darstellen. Fragen können<br />
offen oder geschlossen sein (mit Auswahlmöglichkeit aus vorgegebenen Antworten).<br />
Offene Fragen sind viel schwieriger auszuwerten. Fragebögen sollten immer an Testpersonen<br />
erprobt werden. Weitere Tipps für Befragungen (z.T. nach Langer, <strong>2012</strong>):<br />
- gute Vorbereitung, aussagekräftige Fragen planen<br />
- Fragen einfach und verständlich formulieren - nur eine Sache pro Frage!<br />
- Antwortkategorien eindeutig erklären<br />
- Begleittext – Informationen über Sinn der Befragung, Erläuterungen, Dank; Anonymität gewährleisten<br />
- nur relevante Angaben zur Person abfragen (Alter, Geschlecht…); Anrede (Du oder Sie) überlegen<br />
- Kontrollfragen, um die Ehrlichkeit der Antworten zu überprüfen (können aber erkannt werden)
30 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
- nur befragen, wenn zuverlässige, vertrauenswürdige Antworten zu erwarten sind (Braukmann, 2007)<br />
- die wichtigsten Fragen in den Mittelteil (Aufmerksamkeit am höchsten)<br />
- Auswertung vorher überlegen, für die Auswertung Diagramme verwenden (Pinter & Stefanits, 2003)<br />
- graphische oder numerische Rating-Skalen zum Ankreuzen eher vermeiden – sie sind oft nicht aussagekräftig,<br />
weil die ProbandInnen Extremwerte meiden<br />
Online-Frage-Tools sind teilweise im Internet frei verfügbar und für kleinere Datenmengen geeignet.<br />
Wichtig ist natürlich wiederum der Zugang zu einer geeigneten Zielgruppe: im Falle der Vorwissenschaftlichen<br />
Arbeit müssten das MitschülerInnen, Bekannte, Familie,… sein.<br />
6.2.4 INTERVIEW<br />
Im Gegensatz zu Umfragen, die v.a. Fakten erheben, führt man Interviews durch, um Einstellungen und<br />
Sichtweisen von Personen oder Motive für Handlungen zu erforschen. Beispiele für die Anwendung:<br />
- ZeitzeugInnen-Gespräche als Grundlage der Geschichtsaufzeichnung in der Oral History Methode<br />
(Braukmann, 2007).<br />
- Expertenbefragung als relativ einfache Variante, um Aspekte des Themas direkt bei Fachleuten, Institutionen<br />
oder Verantwortlichen zu recherchieren<br />
- Mit Hilfe von Interviews könnte abgeklärt werden, was mit einem Fragebogen genau erhoben werden<br />
soll. Nach einer Umfrage kann man für vertiefende Informationen ausgewählte Befragte interviewen<br />
- Zum Nachforschen, wenn andere Verfahren nicht die erwarteten Ergebnisse liefern (Stangl, o, J.)<br />
Man unterscheidet verschiedene Arten von Interviews: ein standardisiertes, vollstrukturiertes Interview<br />
enthält festgelegte Fragen, die allen Befragten identisch gestellt werden; in einem halbstandardisierten,<br />
teilstrukturierten Interview gibt es einen Fragenkatalog und einen Gesprächsleitfaden, von dem<br />
nach Bedarf abgewichen wird. In einem unstrukturierten, offenen Interview sind die Themen festgelegt,<br />
Fragen und Ablauf des Interviews aber offen. Es wird nach Bedarf in die Breite und Tiefe gegangen, die Befragten<br />
sollen frei erzählen. Der Gesprächsverlauf ist am ehesten mit einem Alltagsgespräch vergleichbar.<br />
Die offenen Formen erfordern weit höhere Kompetenz und Erfahrung im Bezug auf Gesprächsführung<br />
und Kommunikationsstil als die standardisierten Formen (Stangl, o.J. ).<br />
Tabelle 9: Tipps für Interviews (nach Kundi, o.J., Pinter & Stefanits, 2003)<br />
Planung<br />
Vorbereitung<br />
Durchführung<br />
Nachbereitung<br />
Wozu soll wer wie befragt werden? Population und Stichproben entscheiden, Befragungstechnik,<br />
InterviewpartnerInnen rechtzeitig auswählen und kontaktieren, Zeit,<br />
Ort (Raum!), Termin, Gegenstand des Gesprächs und ausreichende Dauer vereinbaren<br />
Wann soll wo womit befragt werden? Technische Vorbereitung (Ausrüstung, Aufnahmegerät,<br />
Material für Notizen), Inhaltliche Vorbereitung (Fragen – grundsätzlich<br />
nur ein Thema, sachorientiert, ohne persönliche Kommentare; Alternativfragen vorbereiten)<br />
Aufzeichnungsgeräte überprüfen, in der Kennenlernphase Ziele und Absichten vorstellen,<br />
Gesprächsatmosphäre, Gesprächsablauf steuern, Suggestivfragen vermeiden,<br />
Aussagen nicht kommentieren oder bewerten, in der Schlussphase zusammenfassen,<br />
weitere Kontakte klären, Informationsmaterial hinterlassen<br />
Dokumentation als Gedächtnisprotokoll unmittelbar nach dem Interview, später<br />
Transkription (Abschrift) durchführen, Datenschutz beachten: Die Abschrift des Interviews<br />
muss autorisiert werden.<br />
In der Arbeit werden die Gespräche kommentiert, auf Widersprüchlichkeiten und Auffälligkeiten untersucht<br />
und schlüssig in den Text eingebaut. (Vollständige Transkriptionen kommen evt. in den Anhang.)<br />
6.2.5 FALLSTUDIE, EINZELFALLFORSCHUNG<br />
Nicht immer ist das Erheben großer Datenmengen zielführend oder möglich. Auch aus den Erfahrungen<br />
Einzelner oder dem Studium spezieller Situationen können wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
31<br />
Zwar deckt kein Einzelfall alle Aspekte einer Problematik ab, dafür kann er besonders gründlich untersucht<br />
werden (Braukmann, 2007, S. 61: „Wie eine Schülerin ihre Magersucht überwindet“). Der Einzelfall<br />
kann auf Grund der speziellen Verhältnisse gewählt werden (Beispiel: Die Arbeitsbedingungen an einer<br />
bestimmten Schule). Die Deutung des Spezialfalls im größeren Zusammenhang liefert dann jedenfalls einen<br />
Beitrag für das Gesamtbild.<br />
6.3 AKTIONSFORSCHUNG<br />
„Action Research“ (Handlungsforschung, Aktionsforschung) ist nicht eine bestimmte Methode, sondern<br />
zeichnet sich dadurch aus, dass die Fragestellungen aus den praktischen Problemen und Interessen einer<br />
sozialen Gruppe entstehen und für die Betroffenen von Bedeutung sind. Der Anstoß für die Forschung<br />
geht nicht primär von der Wissenschaft aus. Die Betroffenen sind nicht in erster Linie Objekte der Forschung,<br />
sondern beteiligen sich an Datenerhebung und Auswertung und werden selbst zu ForscherInnen.<br />
WissenschafterInnen unterstützen und beraten den Forschungsprozess.<br />
Man kann Aktionsforschung definieren als das „Studium der sozialen Situation um das Handeln zu verbessern“<br />
(Altrichter & Posch, <strong>19</strong>98), sie will also nicht nur Erkenntnisse gewinnen, sondern auch Entwicklungen<br />
in Gang setzen, um zur Lösung sozialer oder politischer Probleme beizutragen (Kundi, o.J.). Dabei will<br />
sie „sowohl die untersuchte Praxis als auch das Wissen über diese Praxis weiterentwickeln“ (Altrichter &<br />
Posch, <strong>19</strong>98).<br />
Einsatzmöglichkeiten für die Aktionsforschung liegen z. B. in der Sozial-, Erziehungs- und Bildungsarbeit<br />
(Stangl, o.J.). Einschränkungen werden in der mangelnden Generalisierbarkeit von Ergebnissen oder in<br />
der Gefahr, dass Wertvorstellungen einfließen, gesehen. In einer rein praxisorientierten Forschung erzeugtes<br />
Wissen könnte zu sehr nach Nützlichkeit und zu wenig nach dem wissenschaftlichen Anspruch<br />
bewertet werden (Stangl, o.J.). Spezifische Methoden der Aktionsforschung sind Beobachtung (Forschungstagebücher,<br />
Video-und Audiomitschnitte, Beobachtung durch kritische Freunde), Interviews &<br />
Fragebögen, Triangulation, SWOT-Analysen etc.<br />
6.4 HISTORIOGRAPHISCHE UND BIOGRAPHISCHE METHODEN<br />
Historiographie ist eine Methode zur Entschlüsselung vergangener Ereignisse auf Basis von Quellen, wie<br />
z.B. schriftliche Aufzeichnungen, Fotos, Filme und mündliche Schilderungen. Geschichtsaufzeichnung auf<br />
der Basis von ZeitzeugInnen-Aussagen bezeichnet man als Oral History (s. o.).<br />
Das Ziel ist nicht in erster Linie die chronologische Aneinanderreihung von Fakten, sondern die Untersuchung<br />
und Erklärung von Zusammenhängen und deren Bedeutung für und Wirkung auf die jeweilige oder<br />
spätere geschichtliche oder soziologische / psychologische Entwicklung. Mit biographischen Methoden<br />
wird die Wirkung historischer Ereignisse und Entwicklungen auf der individuellen lebensgeschichtlichen<br />
Ebene untersucht. Das Bild der Vergangenheit ist zunächst subjektiv und benötigt auch eine Auswertung.<br />
Quellen findet man z.B. in verschiedensten Archiven: Stadt- und Staatsarchive, Pressearchive usw. Für<br />
eine vorwissenschaftliche Arbeit könnten auch private Quellen (Familienstammbaum, alte Briefwechsel,<br />
alte Sammlungen) ausgewertet werden, wenn diese gesellschaftlich relevante Themen widerspiegeln.<br />
Primärquellen<br />
Schriftliche oder mündliche Schilderungen von<br />
Augenzeugen sowie originale Artefakte, Dokumente<br />
etc., die direkt mit dem Ereignis oder seinem<br />
Ergebnis verknüpft sind.<br />
Sekundärquellen<br />
Schilderungen von Menschen, die nicht unmittelbar<br />
Augenzeugen waren, sondern das Ereignis<br />
etc. nur vom Hörensagen oder auf Basis wissenschaftlicher<br />
Beschäftigung kennen.<br />
Quellen müssen das Kriterium der Validität erfüllen, d.h. richtig und authentisch sein. (Z.B. könnte der<br />
dokumentarische Charakter eines Filmes nur vorgetäuscht sein…). Weiters muss ihre Reliabilität, d.h. die<br />
Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Quelle im Kontext der Forschungsfrage untersucht werden. Was woll-
32 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
te der/die AutorIn (die befragte Person) sagen? Warum hat er/sie es gesagt? Welche Schlussfolgerungen<br />
können aus dem Dokument gezogen werden?<br />
Als Anwendungsbeispiele für historiographische Untersuchungen nennt Kundi (o.J.) „Die große Depression<br />
in den 30er Jahren“, „Die die familiale Sozialisation rechtsextremistischer junger Männer“ usw.<br />
6.5 METHODEN DER AUSLEGUNG – INTERPRETATION<br />
Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir!<br />
(Friedrich Schleiermacher, Theologe, Philosoph und Pädagoge, 1768-1834)<br />
Hermeneutik (gr. hermeneúein = aussagen) bedeutet zunächst: Kunst der Auslegung und Deutung, Technik<br />
des Verstehens und Verstehen-Könnens. Hermeneutik liefert keine objektiven, überprüfbaren, allgemein<br />
gültigen Erkenntnisse, sondern die Werkzeuge für die verstehende, sachgerechte Interpretation von<br />
Texten und Werken wie Gemälden, Musikstücken, Romanen, Filmen, historischen Quellen usw. Voraussetzungen<br />
dafür sind:<br />
- Sinn soll durch die Auseinandersetzung, die „Aus“legung aus dem zu interpretierendem Werk herausgeholt<br />
werden und nicht in das Werk hineingetragen werden<br />
- man macht sich sein Vorwissen bewusst macht und versucht sein Verständnis sachlich zu begründen<br />
andere Argumente, das Werkverständnis anderer AutorInnen werden beachtet – es wird versucht<br />
gemeinsame Zugänge und Auslegungen zu finden und willkürliche Subjektivität zu vermeiden<br />
- Jeder Baustein wird einzeln betrachtet, verglichen und wieder in der Gesamtheit angesehen<br />
- Jeder Interpretationsschritt wird dokumentiert<br />
Strukturiertes, planmäßiges Vorgehen heißt: Die Auslegung ist abhängig von der Sinnerwartung, unter<br />
der ein Text gelesen wird. Es wird daher zunächst eine Fragestellung formuliert, die vom Vorverständnis<br />
des zu untersuchenden Werkes ausgeht. Während der Arbeit ist aus dem Text heraus diese Fragestellung<br />
und das Vorverständnis immer wieder zu überprüfen, um zu einem fortschreitenden Verstehen zu gelangen,<br />
vom „Vor-Urteil“ zum Urteil: man nennt dies auch den "hermeneutischen Zirkel".<br />
Abb. 4: Der hermeneutische Zirkel (aus Stangl, o.J. d)<br />
V1: fortgeschrittenes Vorverständnis, T1: fortgeschrittenes Textverständnis,….<br />
Der kulturelle, geschichtliche und gesellschaftspolitische Zusammenhang eines Werkes ist zu berücksichtigen.<br />
Die Auffassungen, Zielsetzungen, Thesen, Argumentationen, die in einem Werk geäußert werden,<br />
können schließlich entscheidend durch die gesellschaftliche Situation oder Position der AutorInnen und<br />
(unbewusst) durch deren gesellschaftliche Interessen bestimmt sein (nach Stangl, o.J.).<br />
An das Beispiel „Pride and Prejudice“ von Jane Austen könnte man mit dem Vorverständnis „Für junge<br />
Frauen im <strong>19</strong>. Jh. war es wesentlich zu heiraten, um sozial anerkannt und abgesichert zu sein“ herangehen.<br />
Aus der Lektüre ist zu überprüfen, wie weit diese Annahme für die Protagonistin gilt. Diese lehnt einen<br />
verlockenden Antrag ab - also ist das Vorverständnis zu überprüfen und weiter nach Hintergründen<br />
und Ursachen zu fragen und nach Antworten zu suchen, die zu einem tieferen Textverständnis führen.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
33<br />
7 MIT DATEN UMGEHEN<br />
Das folgende Kapitel gibt nur kurze Hinweise, worauf im Umgang mit Daten zu achten ist. Einschlägige<br />
Kenntnisse, z.B. der statistischen Verfahren, muss man sich bei Bedarf rechtzeitig erarbeiten.<br />
Daten – das sind die (Mess-)Werte, die man erhebt: z.B. 10 cm, 500 g, 10 Angriffe pro min….. Die zugehörigen<br />
Messgrößen nennt man Variablen (Gewicht, Größe, Angriffsfrequenz). Man unterscheidet grundsätzlich<br />
zwischen qualitative und quantitative Daten (vgl. Kap. 6). Qualitative Daten können in beschreibende<br />
Kategorien eingeordnet werden: z.B. Geschlecht, Farbe, Nationalität, Vorhandensein eines Merkmals.<br />
Rangdaten wären bei Farben dunkel-, mittel-, blass-.., bei Häufigkeiten z.B. selten-mittel-häufig,<br />
erst- zweit-, drittgeboren,…. Quantitative Daten gewinnt man durch Messungen oder Zählungen z.B. Höhe,<br />
Gewicht, Anzahl,…<br />
Man gewinnt Informationen an einer kleinen Population (= Stichprobe, sample) und möchte damit Aussagen<br />
über eine größere Population (= genau definierte Grundgesamtheit) machen. Die Stichprobe muss<br />
groß genug sein und der Grundgesamtheit in allen Merkmalen entsprechen (d.h. repräsentativ sein) – also<br />
die gleiche Verteilung der Geschlechter, Schulbildung usw. aufweisen. (Lamprecht, <strong>19</strong>99).<br />
Will man wissen, wie groß Männer in Bayern sind, so sind alle Männer Bayerns die Grundgesamtheit.<br />
Man untersucht nur eine Stichprobe von z.B. 200 Männern (N = 200). Die Größen dieser 200 Männer<br />
sind die Daten. Wenn man dazu jeden zehnten Fußgänger der Münchner Fußgängerzone auswählt,<br />
dann sind Autofahrer und Alpenbewohner unterrepäsentiert. Wählt man einfach aus dem Telefonbuch,<br />
fehlen die, die nicht eingetragen sind, usw. (Lamprecht, <strong>19</strong>99).<br />
Zufallsstichproben (= random samples) sind eher repräsentativ und man muss die speziellen Merkmale<br />
der Grundgesamtheit nicht unbedingt kennen. Eine Zufallsstichprobe aus menschlichen Populationen, d.h.<br />
ein Auswahlverfahren, welches jedem Mitglied der Grundgesamtheit die gleiche Chance gibt, in die Stichprobe<br />
aufgenommen zu werden, ist aber praktisch nicht zu realisieren (Stangl, o.J.).<br />
7.1 DIE VARIABILITÄT VON MERKMALEN<br />
Die Messungen und Erhebungen liefern Daten, die jeweils mit einer bestimmten Häufigkeit auftreten (=<br />
Häufigkeitsverteilung). Um diese darzustellen, kann man die Werte in Klassen verschiedener Breite zusammenfassen.<br />
Die Größe der Klassen muss entsprechend den Messergebnissen sinnvoll gewählt werden.<br />
Wichtige Bestimmungsgrößen von Verteilungen sind sowohl die Maße für den Zentralwert als auch jene<br />
für die Variabilität, d.h. die Abweichung vom Mittelwert.<br />
Maße für den Zentralwert:<br />
- Das Dichtemittel (Mode) ist der höchste Wert in der Verteilung, also der häufigste Messwert oder die<br />
am stärksten besetzte Klasse von Messwerten.<br />
- Der Median ist der Wert, der die Anzahl der Messwerte exakt in eine obere und untere Hälfte einteilt;<br />
bei sehr schiefen Verteilungen ein besserer Indikator als der Mittelwert.<br />
- Der Mittelwert ist das arithmetische Mittel aller Einzelwerte.<br />
Maße für die Variabilität:<br />
- Die Spannweite = Range ist die Differenz zwischen dem kleinsten und größten Wert.<br />
- Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streuung der Werte einer Variablen um den Mittelwert.<br />
Sie beschreibt also, wie stark Werte vom Mittelwert abweichen. Sie ist zwar eine wichtige Größe zur<br />
Beschreibung von Verteilungen, genaugenommen aber nur für symmetrische Normalverteilungen<br />
brauchbar.<br />
Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Werte zwischen dem Mittelwert und dem Bereich einer<br />
Standardabweichung nach oben und unten (von µ - bis µ + ) ist 68,3%. Zwischen dem Mittelwert und<br />
dem Bereich von 2 Standardabweichungen nach oben und unten (von µ - 2 bis µ + 2) liegen 95% aller
34 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Werte. Die Standardabweichung selbst ist die Quadratwurzel der Varianz. Die Varianz = 2 erhält man,<br />
wiederum, indem man die Summe des Quadrates der Abweichung jedes Messwertes vom Mittelwert bildet<br />
und durch (Anzahl der Werte minus 1) dividiert.<br />
Abbildung 5: Normalverteilung, Mittelwert und Standardabweichung (http://home.schule.at)<br />
7.2 SIGNIFIKANZGRENZEN<br />
Aus Stichproben abgeleitete Aussagen über Grundgesamtheiten stimmen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit.<br />
Das (inverse) Maß ist die Irrtumswahrscheinlichkeit p (= Wahrscheinlichkeit, mit der<br />
man sich irrt, wenn man behauptet, die Aussage sei richtig). Zu einer verallgemeinernden Aussage muss<br />
man daher immer die Irrtumswahrscheinlichkeit angeben.<br />
Alle statistischen Tests dienen dazu, die Irrtumswahrscheinlichkeit zu ermitteln, mittels der eine Hypothese<br />
dann verworfen oder befürwortet wird. An Hand der Daten wird eine Prüfgröße ermittelt, aus deren<br />
Wert man die Irrtumswahrscheinlichkeit tabellarisch oder rechnerisch ermitteln kann. Für die Praxis ist<br />
entscheidend zu wissen, für welche Art von Fragen welche Tests geeignet sind und welche Voraussetzungen<br />
die Daten erfüllen müssen, um die Tests anzuwenden.<br />
Ab welchem p-Wert soll eine Hypothese verworfen oder akzeptiert werden? Es hat sich eingebürgert, Ergebnisse<br />
nur in Betracht zu ziehen, wenn sie durch eine Irrtumswahrscheinlichkeit von weniger als 5%<br />
(p
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
35<br />
8 WISSENSCHAFTLICHE TEXTE<br />
Weil Geist uns ja erst Freude macht, sobald er zu Papier gebracht.<br />
Eugen Roth, deutscher Lyriker, 1895-<strong>19</strong>76<br />
Eine wissenschaftliche Arbeit knüpft an wissenschaftliche Erkenntnisse an und leistet einen Beitrag zum<br />
wissenschaftlichen Diskurs. Sie hat einen thematischen Fokus, d.h. sie stellt einen begrenzten Sachverhalt<br />
für andere verständlich und nachvollziehbar dar. Alle wissenschaftlichen Textsorten unterliegen der<br />
Sorgfaltspflicht, d.h. dass die Inhalte korrekt und exakt und die Quellen vollständig angegeben sind. Besondere<br />
Anforderungen gibt es auch für den Aufbau von „wissenschaftlichen Arbeiten“ (s.u.). Wissenschaftliche<br />
Arbeiten werden im Normalfall auch publiziert.<br />
8.1 TEXTSORTEN<br />
Im Vor- und Umfeld wissenschaftlicher Tätigkeit entstehen Texte, die den Kriterien ebenfalls entsprechen<br />
müssen, aber nicht publiziert werden: Ein Referat informiert über einen Forschungsgegenstand oder Ereignisse,<br />
bzw. reproduziert den Gehalt von Sachtexten. Ein Thesenpapier fasst eine Untersuchung zusammen<br />
und dient als Diskussionsgrundlage oder Vorinformation für Seminare (Pinter & Stefanits, 2003).<br />
Ein Exposé (= Entwurf = Proposal) wird als Rohkonzept für eine wissenschaftliche Arbeit verfasst und ist<br />
die Grundlage, auf der über die Förderung von Forschungsprojekten entschieden wird (Henz, 2011, S.74).<br />
Ein Exposé wird bei Prüfungsarbeiten auch benötigt, um sich und Betreuungspersonen einen Überblick<br />
über die entstehende Arbeit geben (Thema, Forschungsstand, Forschungslücke und -frage, Zielsetzung,<br />
Methode, Arbeitsschritte, wichtige Quellen, geplanter Umfang, Zeit- und Projektplan) zu geben<br />
(Schreibtrainer, Univ. Duisburg; Exposé-Richtlinien, Univ. Wien, Henz, 2011)<br />
Bei der Einreichung der Vorwissenschaftlichen Arbeit wird „die Themenstellung der Arbeit, der ein<br />
Erwartungshorizont sowie die hauptsächlich verwendete Literatur und die angestrebten Methoden sowie<br />
eine ungefähre Gliederung der Arbeit beizulegen sind, […] vorgelegt“ (Liebscher, u.a. 2011, S. 9).<br />
8.1.1 PRÜFUNGS- UND ZULASSUNGSARBEITEN<br />
Die Vorwissenschaftliche Arbeit nimmt eine Art Übergangsstellung zur „Wissenschaftlichkeit“ ein. Infolge<br />
ihrer Rolle als Prüfungsarbeit gelten alle Anforderungen der Sorgfaltspflicht (exakte und korrekte Daten,<br />
Fakten, Zitate und Quellenangaben) und der Nachvollziehbarkeit (verständliche Darstellung und logische<br />
Argumentation, Aufbau nach den Kriterien für wissenschaftliche Arbeiten). Sie muss keinen neuen<br />
Beitrag liefern, das Thema muss für SchülerInnen selbständig zu bewältigen sein (S. Kap. 1), der angestrebte<br />
Umfang liegt bei 15 - 25 <strong>Seiten</strong>.<br />
Seminararbeiten werden im Rahmen von Lehrveranstaltungen an der Universität innerhalb eines Semesters<br />
verfasst. Die Anforderungen sind von Fach zu Fach verschieden. Die Arbeiten müssen formal und<br />
inhaltlich wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen, der Umfang liegt meist bei 10-30 <strong>Seiten</strong>.<br />
Bachelor- und Masterarbeiten sind schriftliche Arbeiten für den Abschluss von Studienabschnitten. Sie<br />
sollen den Umgang mit den wesentlichen Methoden und Begriffen des Fachgebietes und die Fähigkeit zur<br />
Materialerarbeitung und Problemdarstellung zeigen. Sie werden normalerweise nicht veröffentlicht.<br />
Die Bachelorarbeit(en) werden eigenständig, aber meist im Rahmen von Lehrveranstaltungen verfasst.<br />
Sie sind gelten strenggenommen nicht als wissenschaftliche Arbeiten, weil die BetreuerInnen nicht habilitiert<br />
sein müssen. Sie müssen auch noch keinen neuen Beitrag zur Wissenschaftsdisziplin leisten. Die<br />
Masterarbeit / Diplomarbeit wird am Ende des Studiums verfasst, erfordert die selbständige und umfassende<br />
Bearbeitung eines Problemkreises und darf nicht nur eine Zusammenstellung von schon Bekanntem<br />
sein. Es wird noch kein ganz neuen Forschungsbeitrag erwartet, aber eine Reflexion des Forschungsgegenstandes.<br />
Mit einer Dauer von einem Jahr kann gerechnet werden. Der Umfang beträgt mindestens<br />
70-150 <strong>Seiten</strong>.
Schlussteil<br />
Hauptteil – Zentraler Textteil<br />
Einführender<br />
Teil<br />
36 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
8.1.2 WISSENSCHAFTLICHE MONOGRAPHIEN UND FACHARTIKEL<br />
Dissertation: dient der Erlangung des Doktortitels und wird im Rahmen einer mündlichen Prüfung verteidigt.<br />
Sie ist auf Veröffentlichung angelegt (Universitätsbibliothek, Nationalbibliothek). Ihre Erstellung<br />
erfordert mehrere Jahre. Der Umfang kann mehrere 100 <strong>Seiten</strong> betragen. Sie muss einen selbständigen<br />
Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung leisten und zum Erkenntnisstand im Fachgebiet beitragen.<br />
Habilitation: dient zur Erlangung der Lehrbefähigung an Universität bzw. Hochschule und wird publiziert,<br />
muss umfangreich sein und zeigen, dass selbständig im Fachgebiet substanzielle Ergebnisse erzielt<br />
werden können.<br />
Die Ergebnisse wissenschaftlicher Tätigkeit werden am häufigsten in Artikeln in Fachzeitschriften oder<br />
online-Dokumenten bzw. in Handbüchern veröffentlicht.<br />
8.2 AUFBAU WISSENSCHAFTLICHER ARBEITEN<br />
Die Funktion eines Textes bedingt seine Form: Wissenschaftliche Arbeiten sollen den LeserInnen Ergebnisse<br />
und Argumente zugänglich und nachvollziehbar machen. Daraus ergibt sich ein vielfach erprobtes<br />
Schema des Aufbaus solcher Arbeiten, das von Fragestellung über die Ergebnisse zu durchschaubar abgeleiteten<br />
Schlussfolgerungen führt (Kremer, 2006; Lamprecht, <strong>19</strong>99).<br />
Tabelle 10: Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit (z.T. nach Karmasin & Ribing, 2011, S. 83, Skern,<br />
2009, S. 89)<br />
Titelblatt<br />
Art der Arbeit, Bezüge<br />
Zusammenfassung<br />
Vorwort (optional)<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung<br />
„Take home-Message“: Ziele und Erkenntnisse<br />
Anlass der Arbeit, Besonderheiten (Interessen, Erwartungen)<br />
Zeigt die Gliederung, den roten Faden<br />
Problemstellung, Bedeutung – Wozu?<br />
Forschungsfrage – Was und warum?<br />
Vorgangsweise – Wie?<br />
Grundlagen -<br />
Literaturanbindung<br />
Begriffe, Abgrenzungen, Stand der Forschung, Hypothesen<br />
Bestehende Theorien zur Forschungsfrage erläutern<br />
Ergebnisteil<br />
Abhandlung des Themas,<br />
in Kapitel gegliedert<br />
Empirische Arbeit<br />
Material und Methoden:<br />
Vorgangsweise<br />
Ergebnisse: zunächst ohne<br />
Interpretation<br />
Diskussion: logische „story“ -<br />
Lösungsansätze überprüfen<br />
Literaturarbeit<br />
Beschreibung des Problems /<br />
Darstellung der Quellen<br />
Beurteilung von Forschungsstand<br />
und Diskussion / Beantwortung<br />
spezifischer Fragestellungen<br />
/ Praxisbeispiele darstellen<br />
– Abgleich mit Theorie<br />
Schlussfolgerungen: was bedeuten die Ergebnisse? Ausblick, Empfehlungen<br />
Literaturverzeichnis<br />
Tabellen- und Abbildungsverzeichnisse, Abkürzungsverzeichnis<br />
Register – Index, Anhang (optional)<br />
Für die Vorwissenschaftliche Arbeit gelten im Prinzip die gleichen Richtlinien: verzichtbar sind je nach<br />
Thema und Fragestellung Vorwort / Nachwort, Anhang, Abkürzungsverzeichnis und Glossar. Zusätzlich<br />
muss eine Erklärung zur Authentizität und das Begleitprotokoll enthalten sein. Der Gesamtumfang der<br />
Textteile (Einleitung, Hauptteil, Schlussfolgerungen, Abstract) muss zwischen 40.000 und 60.000 Zeichen<br />
(inkl. Leerzeichen) betragen. Deckblatt, Vorwort, Verzeichnisse und Anhang werden nicht mitgerechnet.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
37<br />
8.2.1 EINFÜHRENDER TEIL<br />
Bereits mit der Wahl des Titels werden die Grundlagen für das Verständnis der Arbeit gelegt. Er soll präzise<br />
und einprägsam sein und eine möglichst konkrete Vorstellung über den zu erwartenden Inhalt vermitteln.<br />
Leitbegriffe sind entscheidend für die Verbreitung bzw. Auffindung im Internet. Griffige Formulierungen<br />
können verwendet werden, wenn der Untertitel die Fragestellung erklärt (z.B. Afrika in unseren<br />
Köpfen: Schein und Wirklichkeit westlicher Afrikabilder; Esselborn-Krumbiegel, 2004). Man kann aber auch<br />
den Untertitel benutzen, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen.<br />
Tabelle 11: Elemente des Titelblattes wissenschaftlicher Arbeiten<br />
Bausteine eines Titelblattes<br />
Titel der Arbeit<br />
Funktionsbezeichnung der Arbeit<br />
VerfasserIn<br />
Institution an der die Arbeit eingereicht wird<br />
BegutachterIn<br />
Jahr, Datum, Ort<br />
Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Vollständiger Titel ggf. inklusive Untertitel<br />
Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Vorname Name<br />
Korrekter Name der Schule<br />
BetreuungslehrerIn<br />
Abgabetermin, Schulstandort<br />
Die Zusammenfassung (= Abstract) soll knapp und thesenartig Fragestellung, Ziel, Untersuchungsgegenstand,<br />
Methoden und die wichtigsten Erkenntnisse und Schlüsse aus der Arbeit angeben (Kremer,<br />
2006). In Fachzeitschriften werden die Abstracts meist der Arbeit vorangestellt, so dass man sich gleich<br />
ein Bild über die wichtigsten Ergebnisse machen kann. Aufgrund der Abstracts in Referate-Zeitschriften<br />
und im Internet entscheidet man für gewöhnlich, ob man eine Arbeit bestellt oder nicht! In der Vorwissenschaftlichen<br />
Arbeit soll er maximal eine Seite lang sein (1.000 – 1.500 Zeichen) und auf Deutsch oder<br />
Englisch geschrieben werden.<br />
Im Vorwort können der Anlass und die Anregung zur Arbeit erläutert werden, oder man weist auf Besonderheiten<br />
der Themenfindung, etwaige Probleme oder besondere Interessen und Erwartungen hin. Danksagungen<br />
gehören eher in den Schlussteil (Kremer, 2006). Das Vorwort steht vor dem Inhaltsverzeichnis<br />
und wird dort nicht ausgewiesen. In der Vorwissenschaftlichen Arbeit ist es nicht unbedingt erforderlich.<br />
Das Inhaltsverzeichnis zeigt die Kapitelgliederung so übersichtlich wie möglich und liefert dadurch<br />
wichtige Informationen über den Gedankengang und Inhalt der Arbeit. Es muss sämtliche Gliederungsteile<br />
enthalten, die ihm folgen und die Gliederungspunkte und Überschriften müssen mit denen im Text identisch<br />
sein. Nur die Kapitel des Hauptteils sind numerisch gegliedert.<br />
8.2.2 HAUPTTEIL<br />
Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.<br />
William Faulkner, US Schriftsteller & Nobelpreisträger, 1897 - <strong>19</strong>62<br />
Die Einleitung zeigt, warum das Thema wichtig ist, und welche Frage wie beantwortet werden soll. Sie<br />
muss das Interesse der die LeserInnen gewinnen: man umreißt den Themenzusammenhang, skizziert<br />
grob den Stand des Wissens, zeigt das Problemfeld und die noch offenen Fragen und begründet, welche<br />
davon die Arbeit mit welchem Ziel behandeln soll (Kremer, 2006). Auf die fachlichen Grundlagen geht<br />
man nur so weit ein, als es für die Diskussion der Ergebnisse notwendig ist. Die Einleitung betrachtet auch<br />
Material und methodische Verfahren; in empirischen Arbeiten wird ein eigener Methodenteil verfasst, auf<br />
jeden Fall aber die Vorgangsweise deklariert und begründet.<br />
Die Literaturanbindung klärt die Grundlagen und Fachbegriffe (diese werden in der ganzen Arbeit im<br />
selben Sinn verwendet). Danach werden die Untersuchung und die Ergebnisse erörtert und die Fragen
38 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
mit Hilfe des bearbeiteten Materials beantwortet. Nur die Aspekte, die auch in der Einleitung genannt<br />
wurden, werden abgehandelt. Aufgestellte Thesen werden bestätigt oder widerlegt.<br />
Die Antworten müssen in einer vorwissenschaftlichen Arbeit natürlich keine bahnbrechenden neuen Erkenntnisse<br />
sein, die Leistung liegt in der Aufarbeitung und in der sinnvollen Auseinandersetzung mit dem<br />
Material, der entsprechenden Reihung und Gewichtung von Argumenten und ihrer logischen Verknüpfung<br />
im Hinblick auf die anfangs gestellten Fragen.<br />
Die Arbeit wird je nach Thema und Umfang in größere Kapitel und Unterkapitel gegliedert. Die Kapitelüberschriften<br />
sollen den logischen Aufbau der Arbeit in knappen, aussagekräftigen Worten (in Nominalform<br />
oder in kurzen Sätzen) dokumentieren (Kremer, 2006).. Sie können die Fragestellungen verdeutlichen<br />
oder mehr auf die Ergebnisse verweisen (Esselborn-Krumbiegel, 2004).<br />
Empirische Arbeiten werden im Hauptteil in Material und Methoden, Ergebnisse und Diskussion gegliedert<br />
(Kremer, 2006) – entsprechend den Arbeitsschritten in der logischen Abfolge Wissensstand > Problem<br />
> Lösungsweg > Ergebnisse > Lösung > erweiterter Wissensstand.<br />
Tabelle 12: Gliederung im Formal- und Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Bereich<br />
(Kremer, 2006; Lamprecht, <strong>19</strong>99)<br />
Material und<br />
Methoden<br />
Ergebnis<br />
Diskussion<br />
Experimente (Aufbau, Apparaturen, Bedingungen), untersuchte Organismen, Angaben<br />
zu Untersuchungsgebiet und Habitaten, Datenerhebungs- und Auswertungsverfahren<br />
werden wiederholbar dargestellt.<br />
Untersuchungsergebnisse werden nüchtern und ohne Interpretation beschrieben,<br />
knapp und anschaulich, nach Teilbereichen der Fragestellung gegliedert und mit<br />
einer zusammenfassenden Darstellung wichtiger Daten in Tabellen und Diagrammen;<br />
beim Schreiben auf die Abbildungen Bezug nehmen.<br />
Ergebnisse werden kritisch gesichtet und in Form einer logisch zusammenhängenden<br />
„story“ wird dargestellt inwieweit die Ergebnisse die Ausgangsfrage beantworten<br />
und Hypothesen bestätigen oder widerlegen.<br />
Sie führt den Vergleich mit den Ergebnissen anderer AutorInnen und begründet<br />
neue Forschungspositionen, umreißt Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere<br />
Bereiche und stellt die wichtigsten Fortschritte thesenartig zusammen.<br />
Tabelle 13: Gliederungsmodelle für geisteswissenschaftliche Arbeiten (Esselborn-Krumbiegel, 2004;<br />
Pinter & Stefanits, 2003)<br />
Chronologisch<br />
Systematisch<br />
Deduktiv<br />
Induktiv<br />
Ursache-Wirkung<br />
Ein Kapitel wird aus dem anderen entwickelt, der Schluss bietet einen Ausblick:<br />
geeignet für die Beschreibung einer fortlaufenden Entwicklung (Phasenabfolge)<br />
oder deren Ursachen<br />
Wenn sich das Material anbietet, um (einigermaßen gleichwertige) Kategorien zu<br />
bilden (gemeinsame Merkmale unter Oberbegriffe fassen, verbindende und trennende<br />
Merkmale der Kategorien herausarbeiten, Kategorien hierarchisieren)<br />
Beispiel: Unterteilung der „Sozialen Indikatoren für das Wachstum der Volkswirtschaft“<br />
in I. Zielorientierte Indikatoren, II. Leistungsindikatoren, III. Verteilungsindikatoren,<br />
usw.<br />
Vom Allgemeinen zum Besonderen: man geht von Thesen aus, die bewiesen werden<br />
sollen. Jede These wird mit den entsprechenden Argumenten untermauert.<br />
Vom Besonderen zum Allgemeinen: Wenn das Material im Vordergrund steht,<br />
wird dieses interpretiert und daraus werden die Thesen abgeleitet.<br />
Von einer Ursache ausgehend werden Folgen und Wirkungen beschrieben und
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
39<br />
mit Hilfe eines Modells erklärt. Man kann aber auch von einem Phänomen ausgehen<br />
und nach den Ursachen fragen<br />
Relational<br />
Dialektisch<br />
Die Blockgliederung untersucht zuerst die einzelnen Gegenstände und führt sie<br />
dann im Vergleich zusammen. Bei zwei Gedichten lassen sich vielleicht erst nach<br />
den Einzelinterpretationen Ähnlichkeiten und Unterschiede erkennen.<br />
Bei der alternierenden Gliederung werden die Gegenstände abwechselnd nacheinander<br />
unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht. Durch die vergleichende<br />
Zusammenschau können Wiederholungen vermieden werden.<br />
Dieser Aufbau stellt zwei Thesen gegenüber oder behandelt ausgehend von der<br />
zentralen Fragestellung mehrere gleichwertig nebeneinander stehende Argumentationslinien.<br />
Daraus wird u.U. noch der persönliche Standpunkt abgeleitet.<br />
8.2.3 SCHLUSSTEIL<br />
Die wichtigsten Ergebnisse werden in den Schlussfolgerungen knapp zusammengefasst. Es sollen keine<br />
neuen Fakten ausgebreitet werden, sondern man zeigt, wie die Forschungsfrage beantwortet wurde, zieht<br />
logische Schlüsse, arbeitet weiterführende Fragestellungen heraus und zeigt Anwendungsmöglichkeiten<br />
der Erkenntnisse. Spekulationen sind gestattet – solange diese logisch und konkret sind (Lamprecht,<br />
<strong>19</strong>99). Bei der Vorwissenschaftlichen Arbeit können die Schlussfolgerungen mit der Diskussion zusammengefasst<br />
werden.<br />
Ein Nachwort kann nur alternativ zum Vorwort verfasst werden, daher gelten analoge Kriterien.<br />
Das Literaturverzeichnis ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder (vor)wissenschaftlichen Arbeit. Die<br />
Ordnungsgkriterien wurden im Kapitel 5.3.3 behandelt. Es muss einheitlich und vollständig sein. Man gibt<br />
nur Quellen an, auf die im Text Bezug genommen wird, diese aber ausnahmslos. Werke, aus denen man<br />
nicht zitiert, gibt man nicht an, auch wenn sie gelesen wurden. Natürlich werden auch unveröffentlichte<br />
Texte, Primärquellen (Gesetzestexte, Zeitungen u. ä.) und Software aufgenommen; ebenso mündliche Auskünfte<br />
und Protokolle von Interviews und Gesprächen.<br />
Im Abbildungsverzeichnis werden die Quellen genau angegeben, Die Zitiervorschriften entsprechen jenen<br />
für die Wiedergabe von Textstellen. Bei einer großen Zahl von Tabellen kann ein eigenes Tabellenverzeichnis<br />
sinnvoll sein.<br />
Abb. 1: Eigene Darstellung<br />
Abb. 2: Spork, P. (2009). Der zweite Code. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 60<br />
Abb. 3: verändert nach S. <strong>19</strong> Brevier http://www.br-faksimile.de/Maximilian_offen.jpg<br />
Wenn ein Abkürzungsverzeichnis tatsächlich erforderlich ist, könnte es im Sinne der Benutzerfreundlichkeit<br />
auch vorne stehen. Man sollte nicht zu viele Abkürzungen verwenden und nur dann, wenn Wendungen<br />
sonst besonders schwerfällig wirken. Geläufige Abkürzungen (wie z.B. DNA) bzw. gängige Kürzel<br />
wie vgl. oder s.o. muss man nicht erklären. Eigene Phantasieabkürzungen sind unzulässig. Häufig wiederkehrende<br />
Begriffe und Wörter (z. B. <strong>VWA</strong> für Vorwissenschaftliche Arbeit) sollten bei der ersten Erwähnung<br />
ausgeschrieben und die später verwendete Abkürzung in Klammer beigefügt werden.<br />
Im Anhang kann umfangreicheres Material präsentiert werden: Dokumente, ergänzende Tabellen und Fotos,<br />
Interviews, Fragebögen, Karten, Versuchs-Protokolle, etc. Man verwendet ein eigenes Deckblatt, die<br />
<strong>Seiten</strong>zahl läuft weiter. Im Textteil wird an passenden Stellen auf die Materialien im Anhang verwiesen.<br />
Verschiedene Register (Glossare, Sachregister, Namensregister oder Ortsregister) können die Lesbarkeit<br />
erhöhen, werden aber in Vorwissenschaftlichen Arbeiten kaum erforderlich sein.<br />
In der (in der vorwissenschaftlichen Arbeit verpflichtenden) Erklärung zur Authentizität bestätigt der /<br />
die VerfasserIn einer wissenschaftlichen Arbeit, dass er / sie wissenschaftlich ehrlich und korrekt gearbeitet<br />
hat, etwa „Ich erkläre, dass ich die vorliegende Arbeit selbst verfasst und ausschließlich die angegebenen<br />
Quellen verwendet habe“. Die Erklärung wird mit Angabe von Ort und Datum persönlich unterschrieben.
40 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
8.2.4 ABBILDUNGEN UND TABELLEN<br />
Der Bedarf an Illustrationen (illustrare lat. = erhellen) hängt vom Thema ab. Fotos, Grafiken und Tabellen<br />
sind in naturwissenschaftlichen Dokumenten unverzichtbar: informativer als Wörter und Sätze und<br />
„auf den ersten Blick“ verständlich (Kremer, 2006).<br />
Bei der Übernahme von Bildern ist das Urheberrecht zu beachten. Die Quellen genau anzugeben heißt<br />
noch nicht, dass man ein Bild verwenden darf. Man benötigt die Genehmigung von BildautorIn und Verlag.<br />
Wenn man bei der Bildersuche im Internet „creative commons“ zum Suchbegriff hinzufügt (Langer, <strong>2012</strong>),<br />
erhält man über Icons Informationen über Nutzungsrechte und -bestimmungen (creativecommons.org)<br />
Die Darstellungen selbst werden in den Text eingebunden. Sie erhalten eine fortlaufende Nummer, einen<br />
erklärenden Text (Legende) und eine Quellenangabe in Kurzbelegform. Die Beschriftungsfunktion in<br />
WORD erlaubt auch eine automatische Nummerierung, welche bei Änderungen aktualisiert wird (vgl. Anhang<br />
Teil 2). Die Abbildung muss (zusammen mit der Legende) für sich alleine verständlich sein, aber zusätzlich<br />
im Text erklärt und interpretiert werden. Auf Bildinhalte verweist man im Lauftext z.B. mit Abbildung<br />
7 zeigt....<br />
Ob Fotos oder andere Darstellungsformen besser geeignet sind, hängt vom Kontext ab (vgl. Abb 6.). Mit<br />
Fotos dokumentiert man z.B. mikroskopische Ansichten oder das Aussehen von Lebensräumen. GeographInnen<br />
brauchen vielleicht Karten, Luft- oder Satellitenbilder. Zeichnungen idealisieren und interpretieren<br />
und sind durch die Abstraktion oft besser verständlich als Fotos. Sie können mehrere Ebenen /<br />
Phasen / Stadien gleichzeitig wiedergeben und brauchen keine teuren Apparate. Man verwendet sie zur<br />
Darstellung sehr kleiner Organismen, geowissenschaftliche Sachverhalte oder Versuchsanordnungen etc.<br />
Für chemische und mathematische Formeln gibt es spezielle Formel-Editoren.<br />
Abbildung 6: Zeichnung versus Foto - Blauer Eisenhut Aconitum napellus.<br />
Links: aus Thomé, 1885 - http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/thome/band2/tafel_097.html<br />
Rechts: Leopold Horvath, 28.<strong>08</strong>.2007, Millstätter Alpe<br />
Diagramme: Messpunkt-Wolken zeigt man, wenn die Einzelwerte noch aufscheinen sollen. Kurvendiagramme<br />
zeigen die Beziehungen zwischen Variablen (z.B. Dosis-Effekte oder zeitabhängige Verläufe). Balken-<br />
oder Säulendiagramme erleichtern den Direktvergleich unabhängiger Stichproben. Kreisdiagramme<br />
stellen Verteilungen dar, Flussdiagramme verdeutlichen Zeitserienangaben (z.B. Entwicklungsstadien).<br />
Mit Tabellen lassen sich ermüdende endlose Aufzählungen von Merkmalen, Daten, u. ä. im Text umgehen.<br />
Sie haben im Gegensatz zu Abbildungen Überschriften (mit fortlaufender Tabellen-Nummer, Legende,<br />
Quellenverweis, wenn die Daten aus einer zitationspflichtigen Quelle stammen). Im laufenden Text erfolgen<br />
Verweise auf die Tabelle bzw. kurze Kommentare dazu. Es ist nicht notwendig, Inhalte doppelt in Abbildungen<br />
und Tabellen zu dokumentieren.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
41<br />
9 SCHREIBWERKSTATT<br />
„Wir schreiben nicht um verstanden zu werden, wir schreiben, um zu verstehen.“<br />
Cecil Day Lewis, britischer Schriftsteller, <strong>19</strong>04-<strong>19</strong>72<br />
9.1 WIE ERSTELLT MAN EINE GLIEDERUNG?<br />
Um einen Text verständlich zu gestalten, ist eine gute Gliederung besonders wichtig. Die Grob-<br />
Gliederung nimmt schon mit der ersten Frage und im Laufe der Literatur-Recherche Gestalt an und sollte<br />
mit Beginn der Manuskripterstellung jedenfalls feststehen. Die Feingliederung entwickelt sich im Laufe<br />
der Arbeit immer weiter und ist auch nur bei umfangreichen Arbeiten nötig.<br />
Am Beginn der Arbeit spiegelt die Gliederung wahrscheinlich einfach die Teilbereiche des Themas wider<br />
(topic-based). Man sollte versuchen, so rasch als möglich zu einer Gliederung zu kommen, die die Argumente<br />
klar zum Ausdruck bringt (point-based). (Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens, homepage.uibk.ac.at).<br />
Grundsätzlich sollte die Forschungsfrage selbst den Aufbau der Arbeit vorgeben. Die Teilfragen<br />
bzw. Unterfragen führen zu den Kapiteln, von denen jedes eine wichtige Teilfrage beantwortet<br />
(Wolfsberger, 2009). In Tab. 12 und 13 wurden bereits Gliederungsmodelle für naturwissenschaftliche<br />
und geisteswissenschaftliche bzw. argumentative Arbeiten angeführt.<br />
Man kann die Gliederung zuerst als Cluster und erst später als lineares<br />
Inhaltsverzeichnis ausführen – das macht es leichter, sie bis zum<br />
Schluss als vorläufig anzusehen und die Bereitschaft für Änderungen<br />
aufzubringen (Wolfsberger, 2009).<br />
Jedem Kapitel bzw. Unterkapitel ordnet man eine voraussichtliche<br />
<strong>Seiten</strong>zahl zu, die nötig sein wird, um die Teilfrage zu beantworten.<br />
So wird auch rasch klar, ob die Gewichtung der Teilfragen passt oder<br />
ob die Arbeit viel zu lange wird, wenn alle Unterpunkte behandelt werden. Die so entstandene Übersicht<br />
kann man auch gleich zur Zuordnung der Literatur und zur Zeitplanung benutzen (Wolfsberger, 2009).<br />
9.2 WANN SCHREIBT MAN WAS?<br />
Es empfiehlt sich, sobald es ein Konzept gibt, rasch mit dem Schreiben zu beginnen – sobald ein Abschnitt<br />
der Arbeit abgewickelt ist, wird dieser in Rohfassung entworfen. Materialstau sollte man eher vermeiden<br />
und nicht warten, bis die Arbeit „im Kopf“ fertig ist, denn manches wird erst beim Schreiben selbst klar<br />
(Stocker & Jungwirth, 2003). Man muss auch nicht alles gelesen haben, bevor man zu schreiben beginnt.<br />
Zuerst kleine Texteinheiten zu planen und immer wieder auch nur kurze Texte zu schreiben, aktiviert das<br />
Vorwissen und hilft das Thema einzugrenzen und weitere Ideen zu entwickeln.<br />
Man kann ruhig mit irgendeinem Kapitel zu schreiben beginnen, es muss nicht das erste sein. Es hat sich<br />
z.B. bewährt, mit dem „technischen“ Methodenteil anzufangen. Um die graphische Darstellung kümmert<br />
man sich, sobald Ergebnisse vorliegen. Eine vorläufige Form der Tabellen zeigt rasch auf, wo noch Daten<br />
fehlen oder Experimente nachzuholen sind.<br />
Es bedarf nur eines Anfangs, dann erledigt sich das Übrige.<br />
Sallust, römischer Geschichtsschreiber und Politiker, 86 – 35 v. Chr.<br />
Schnell oder perfektionistisch? Kaum jemand kann von Anfang an einen perfekten Text schreiben. Dazu<br />
muss man auf einer sehr detaillierten Gliederung aufbauen, sonst macht man eventuell sehr viel Arbeit<br />
umsonst. Meist ist es zielführender den ersten Entwurf so schnell wie möglich zu Papier (bzw. Computer)<br />
zu bringen, und diesen Rohtext erst später nochmals zu überarbeiten.
42 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Und die Feinarbeit? Die Argumente für den Hauptteil kann man folgendermaßen ordnen:<br />
- Bekannte Argumente und Daten zuerst – dann zeigen, was man an Neuem zu bieten hat<br />
- Mit einfachen Argumenten beginnen, erst danach komplexere und schwierige Punkte<br />
- Zuerst unumstrittene Argumente, dann erst die umstrittenen Punkte<br />
- Punkte chronologisch ordnen, Argumente in eine logische Ordnung bringen<br />
- Hinterfragen – gibt es bessere Ideen und Argumente, alternative Erklärungen?<br />
Jedes Kapitel wird begonnen, indem man zuerst die zentralen Punkte zusammenfasst. Wenn ein Abschnitt<br />
steht, sollte eine sinnvolle Frage zu finden sein, die dieser Textteil beantwortet. Ist dem nicht so, ist der<br />
Abschnitt überflüssig oder steht an falscher Stelle (Esselborn-Krumbiegel, 2004).<br />
Die LeserInnen wollen an Hand eines roten Fadens durch<br />
den Text geführt werden: Das können Leitfragen an den<br />
Schaltstellen der Argumentation sein, Überleitungen, die<br />
den nächsten Schritt vorbereiten, oder Zusammenfassungen<br />
an Gelenksstellen des Textes. Auch Hervorhebungen,<br />
Absatzgestaltung und Abbildungen stützen die Argumentation,<br />
Beispiele erleichtern das Verständnis.<br />
Sind Methoden- und Ergebnisteil erledigt, widmet man<br />
sich der Diskussion. Zuletzt (!), wenn man den Überblick<br />
über die Arbeit hat, kann man im Einleitungsteil passende Perspektiven auf die Arbeit<br />
aufzeigen. (Ein erster Entwurf der Einleitung ist natürlich schon früh entstanden.) Der Schlussteil soll an<br />
die Einleitung anknüpfen und Hauptargumente, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen am Ende der Arbeit<br />
allgemein verständlich darstellen.<br />
Erstelle den Text in der Reihenfolge: Methoden Ergebnisse Diskussion Zusammenfassung<br />
Einleitung. Gib dir besondere Mühe mit der Einleitung, um die LeserInnen zu interessieren.<br />
Stelle den roten Faden der Arbeit graphisch dar.<br />
Beginne rasch zu schreiben, aber hab auch den Mut, Dinge später wieder zu verwerfen!<br />
Stelle Ergebnisse dar, nicht den Ablauf der Recherchen und Überlegungen!<br />
Halte dich an den vorgegebenen Umfang. Man muss nicht alles aufnehmen, was man gelesen hat!<br />
Lange Beschreibungen langweilen – interessant sind die Analysen.<br />
Stiltraining: Lies wissenschaftliche Texte aktiv! (Wie formulieren andere? Was ist brauchbar?)<br />
Schreibe Texte um, verbessere sie und lasse deine eigenen Texte verbessern!<br />
Brainpooling: Diskutiere die Inhalte, mit fachnahen und -fremden Personen, um verhakte Gedanken<br />
zu lösen. Welche (Gegen)-Argumente kommen am häufigsten vor?<br />
Halte Vorträge über die Arbeit – vieles wird erst klar, wenn man es anderen erklärt.<br />
Textverarbeitung – von Anfang an Formatvorlagen Verzeichnis-Funktionen, Quellenverwaltung<br />
und Rechtschreibprüfung nutzen; weitere nützliche Feinheiten, die man beherrschen sollte: Tabellengestaltung,<br />
Graphiken einfügen und bearbeiten, Fußnotenverwaltung, Gliederung, Formeleditor,<br />
usw. (vgl. Kap. Textverarbeitung mit WORD (2007-2010))<br />
Sichere deine Daten regelmäßig - immer unter neuem Namen speichern und ältere Versionen erst<br />
nach Fertigstellen der Arbeit löschen und regelmäßige Backups erstellen (USB-Stick, Externe<br />
Fetplatte) - egal ob 5 oder 500 <strong>Seiten</strong>: extern (Stick, Festplatte,…) am besten mehrfach; aber Vorsicht<br />
beim Führen mehrerer Versionen – immer Datum in Dateinamen inkludieren!! In regelmäßigen<br />
Abständen auch ausdrucken!<br />
Liste der links (mit Datum) erstellen und pdf-Dateien aus dem Internet in eigenem Ordner speichern;<br />
Abbildungen auch als eigene Dateien (mit wiedererkennbarer Bezeichnung) abspeichern
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
43<br />
9.3 CHECKLISTEN FÜR DIE ÜBERARBEITUNG<br />
Spontane Grobkorrekturen nach jedem Kapitel bedeuten nur eine erste Überarbeitung der auffälligsten<br />
Mängel. Wenn die ganze Rohfassung steht, beginnt die Arbeit erst richtig. Manchmal muss man dabei tief<br />
in den bestehenden Text eingreifen. Auch deswegen ist es sinnvoll, die Überarbeitung und Korrektur in<br />
mehreren getrennten Arbeitsgängen durchzuführen – zuerst Inhalt und Textaufbau überprüfen, dann die<br />
sprachlichen Formulierung und schließlich die formale Gestaltung (Esselborn-Krumbiegel, 2004). Ein gewisser<br />
Abstand zum Text ist für die Überarbeitung nötig – auch dafür Zeitpuffer einplanen!<br />
Die Checklisten kombinieren Fragen zur Selbstkontrolle mit Fragen, die auch PrüferInnen stellen (tw.<br />
nach Karmasin & Ribing (nach Bänsch), S. 36 ff.). Als BetreuerIn / beurteilende Lehrperson prüft man zunächst<br />
den äußeren Eindruck, Inhaltsverzeichnis und Einleitung (Themenstellung, Forschungsfrage,<br />
wissenschaftlicher Ansatz). Der Schlussteil zeigt, inwieweit das Problem behandelt wurde und mit welchen<br />
Methoden Erkenntnisse erzielt wurden. Zitate und Literatur werden in Stichproben überprüft, im<br />
Quellenverzeichnis die Qualität, Zahl und Aktualität der Quellen. Nach dem Überblick wird die ganze Arbeit<br />
gelesen. In die Beurteilung geht nicht nur das endgültige Ergebnis (Inhalt, Stil formale Komponenten),<br />
sondern auch der Entstehungsprozess ein (Methoden, Eigenständigkeit, Hilfestellungen und Engagement)<br />
ein.<br />
KorrekturleserInnen müssen sich mit dem Inhalt nicht sehr differenziert auskennen; dafür können<br />
sie gezielt auf Fehler und Schwächen achten, haben noch gute Nerven und sind noch nicht betriebsblind.<br />
Den Text selbst mit den Augen außenstehender LeserInnen zu sehen, ist schwierig!<br />
Tabelle 14a: Argumentation und Inhalt prüfen<br />
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Die Forschungsfrage und ihre Bedeutung sind zielführend formuliert und dem Typ und Umfang<br />
der Arbeit angepasst<br />
Die Fragestellung ist vollständig beantwortet, es wurden keine Fragen ausgelassen<br />
Es gibt keine unnötigen Wiederholungen oder themenfremde bzw. unnötige Passagen.<br />
Alle dargestellten Ergebnisse dienen der Beantwortung der Forschungsfrage und sie werden<br />
aus Argumentationen und Beweisen abgeleitet<br />
Die Argumentation ist schlüssig, lückenlos und nachvollziehbar, ohne Sprünge oder Widersprüche.<br />
Methoden und Untersuchungsdesign sind komplett und verständlich beschrieben.<br />
Die empirischen Ergebnisse sind in Text und Grafiken verständlich, objektiv und korrekt dargestellt<br />
und von der Auswertung und Interpretation getrennt.<br />
Offene Fragen, Schlussfolgerungen und alternative Erklärungsmöglichkeiten werden herausgearbeitet<br />
Einleitung und Schluss sind aufeinander bezogen.<br />
Es wurde ausreichend relevante, aktuelle und qualitativ angemessene Literatur verwendet.<br />
Die Literatur wurde korrekt und kritisch ausgewertet. Alle verwendeten Quellen werden zitiert.<br />
Die ausgewiesene Literatur spiegelt sich im Text der Arbeit wider.<br />
Aus der Literatur werden auch Schlüsse gezogen und Widersprüche erarbeitet.<br />
Die Gliederung ist in allen Teilen verständlich und für das Thema aussagekräftig. Sie lässt die<br />
Gedankenführung und einen „Roten Faden“ erkennen.<br />
Es gibt Querverbindungen, Vor- und Rückverweise zwischen den Kapiteln und Abschnitten.<br />
Die Zusammenfassung stellt die wichtigen Resultate der Arbeit in kompakter Form dar.<br />
Die Längenvorgabe wird eingehalten.
44 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
Tabelle 14b: Formulierungen überprüfen<br />
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Die Sprache ist sachlich, einheitlich, verständlich. Die Wortwahl ist präzise und eindeutig.<br />
Alle Satzverknüpfungen sind logisch und sinnvoll, unnötige Schachtelsätze sind aufgelöst-<br />
Die Abschnitte sind sinnvoll gesetzt – eine zentrale Aussage pro Abschnitt.<br />
Die Überschriften und Hervorhebungen wurden passend gewählt.<br />
Es gibt keine überflüssigen Sätze und Füllwörter.<br />
Alle Abkürzungen sind erklärt.<br />
Die Fachbegriffe werden definiert und korrekt und einheitlich verwendet.<br />
Die Zitate sind inhaltlich und sprachlich gut in den Text integriert.<br />
Das Ausmaß der wörtlichen Zitate ist sinnvoll.<br />
Die Angaben in den Quellenbelegen sind korrekt und vollständig.<br />
Eigene Aussagen und übernommene Gedanken sind klar getrennt und ausgewiesen.<br />
Grammatik, Satzzeichensetzung und Rechtschreibung sind überprüft:<br />
Alle Tippfehler wurden korrigiert.<br />
Die Abbildungen und Tabellen sind aussagekräftig und klar und verständlich ausgeführt.<br />
Tabelle 14c: Formales überprüfen und Korrigieren<br />
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Das Titelblatt ist vollständig.<br />
Die Gliederung ist formal korrekt (konsequente Klassifikation, angemessene Gliederungstiefe).<br />
Eventuelle Anmerkungen sind vollständig, korrekt und einheitlich.<br />
Die <strong>Seiten</strong> sind durchnummeriert und in der richtigen Reihenfolge.<br />
Der Satzspiegel ist einheitlich und richtig, das Schriftbild in Ordnung.<br />
Alle Abbildungen und Tabellen sind fertig, nummeriert, beschriftet und gut platziert.<br />
Anhang und alle Verzeichnisse sind komplett und korrekt, das Quellenverzeichnis vollständig,<br />
einheitlich, ehrlich und korrekt sortiert. Alle im Text erwähnten Arbeiten sind angeführt.<br />
Alle Überschriften im Lauftext und im Inhaltsverzeichnis stimmen überein.<br />
Alle Querverweise, Silbentrennung und Zeichensetzung sind überprüft.<br />
Die Formatierung der Überschriften (Schriftgrad und Schriftart) ist überprüft.<br />
Alle Namen, Zahlen und Zeichen wurden werkeinheitlich und korrekt geschrieben.<br />
Vollständiges Protokoll und eidesstattliche Erklärung sind vorhanden.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
45<br />
10 GESTALTUNG DER ARBEIT<br />
10.1 SPRACHE UND STIL<br />
„Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“<br />
Karl Kraus, österreichischer Schriftsteller, 1874-<strong>19</strong>36<br />
10.1.1 VERSTÄNDLICHKEIT<br />
Die Aufgabe eines wissenschaftlichen Textes ist der Transfer von Wissen. Der/die AutorIn überführt Wissen<br />
in das Nacheinander sprachlicher Darstellung; die LeserInnen rekonstruieren daraus wiederum Konzepte,<br />
die der Wissensstruktur des Autors / der Autorin ähnlich sind (Esselborn-Krumbiegel, 2004). Auch<br />
wenn sich wissenschaftliche Texte an die „Scientific Community“ und nicht an die breite Öffentlichkeit<br />
richten und natürlich in der jeweiligen spezifischen Fachsprache abgefasst sind (s.u.), müssen WissenschafterInnen<br />
ihre Ergebnisse nachvollziehbar kommunizieren, d.h. gut verständlich schreiben.<br />
Eine Vorwissenschaftliche Arbeit wird so geschrieben, dass sie möglichst auch von nicht unmittelbar mit<br />
dem Thema befassten Personen verstanden wird.<br />
Verständlichkeit erreicht man durch eine gute Strukturierung, Prägnanz und Einfachheit(!):<br />
Kognitive und inhaltliche Strukturierung<br />
- Vorstrukturieren - Hintergrundinformationen und Konzepte rechtzeitig in den Text einführen<br />
- Aussagen zu folgerichtigen Argumentationsketten entwickeln: z.B. mit Konjunktionen wie weil,<br />
obwohl, trotzdem, deshalb, usw. Oft fehlen logische Zwischenschritte, weil sie den Schreibenden zu<br />
selbstverständlich sind. Widersprüchliche Information und Gegenargumente nicht verschweigen, sondern<br />
die eigenen Schlussfolgerungen begründen!<br />
- Ergebnisse verankern: durch Zusammenfassungen, Überleitungen, Leitbegriffe, gute Beispiele; Hervorheben<br />
von Unterschieden und Ähnlichkeiten<br />
- Text systematisch gliedern (vgl. Tab. 12 u. 13) – in Kapitel und Unterkapitel (aber auch nicht so viele,<br />
dass die Übersicht verloren geht). Längere Fließtexte sind sehr schwer lesbar, daher Absätze einfügen<br />
Sprachliche Präzision und Prägnanz<br />
- Einfache, klar gebaute kurze Sätze bzw. Satzteile – Subjekt und Prädikat möglichst nahe beisammen.<br />
Eine Aussage wird durch ihre Position am Satzanfang oder Satzende betont.<br />
- Hauptsache in den Hauptsatz (Schachtelsätze verleiten zu falscher Syntax und unklaren Bezügen).<br />
Nebensätze sollen ergänzen oder erläutern, nicht Hürden aufrichten (Kremer, 2006). Nebensätze<br />
möglichst nicht vor den Hauptsatz stellen.<br />
- Attribute statt Nebensätze: „der zuständige Beauftragte“ statt „der Beauftragte, der dafür zuständig<br />
ist…“ (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>, S. 69)<br />
- Verben aktiv verwenden; Passiv nur gezielt verwenden. (Formulierungen wie „es soll gezeigt werden,<br />
dass….“ verdanken wir dem Ich-Tabu der deutschen Wissenschaftssprache.)<br />
- Nominalisierungen vermeiden („das Behandeln von….“) – nur einsetzen, wenn sie Zusammenhänge<br />
vereinfachen, Verben statt Nominalkonstruktionen („verwenden“ statt „einer Verwendung zuführen“).<br />
- „Sprachkürze gibt Denkweite.“ (Jean Paul). Allerdings soll man es mit der Kürze auch nicht auf die<br />
Spitze treiben; zu dichte und knappe Texte können das Verständnis auch wieder erschweren.<br />
10.1.2 SACHLICHKEIT UND RICHTIGKEIT<br />
Wissenschaftssprache soll sachlich-distanziert und nicht emotional sein. Aussagen werden nicht unnötig<br />
wiederholt, man polemisiert und manipuliert nicht. Umgangssprache wird vermieden. Das alles heißt aber<br />
nicht, dass man langweilig schreiben soll. Im Gegenteil, die eigene Arbeit soll attraktiv dargestellt werden<br />
und andere interessieren (Lamprecht, <strong>19</strong>99). Individualität muss nicht unterdrückt werden, Sprache darf
46 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
schön und ausdrucksstark sein (Kremer, 2006). Auch Illustrationen lockern den Text auf und helfen die<br />
Inhalte verständlich zu machen.<br />
Die persönliche Perspektive soll zwar nur unaufdringlich vermittelt werden, aber nicht notwendigerweise<br />
in der dritten Person („Nach Ansicht des Autors…“). Subjektive Kommentare und Meinungen sind eindeutig<br />
von den objektiven Darstellungen zu unterscheiden. Je nach Kontext haben sie aber in einer Arbeit<br />
Platz und können z.B. mit Formulierungen wie „meines Erachtens…“ gekennzeichnet werden.<br />
Geschlechtergerechte Sprachverwendung kann auf verschiedene Art umgesetzt werden:<br />
- Sichtbarmachen des Geschlechts: das Binnen-I ist die einfachste Form („LeserInnen“), ist aber nicht<br />
immer gut lesbar, besonders wenn es Artikel, Pronomen und Zahlwörter einschließt („JedeR TeilnehmerIn“).<br />
Hier wird sie aus Platzgründen verwendet. In wissenschaftlichen Texten kann man die Paarform<br />
verwenden („Teilnehmerinnen und Teilnehmer“) (Karmasin & Ribing, 2011, S. 34).<br />
- Neutralisieren des Geschlechts: Lehrerinnen und Lehrer werden zu Lehrenden oder Lehrpersonen,<br />
statt MitarbeiterInnen gibt es Projektteams, aus der PraktikantInnenstelle wird die Praktikumsstelle.<br />
Fremdwörter sollten nur verwendet werden, wenn es kein vergleichbares eigensprachliches Wort gibt.<br />
Fachterminologie dagegen wird verwendet: statt Nukleus könnte man zwar Zellkern sagen, aber bei Mitochondrien<br />
gibt es keine Übersetzungsmöglichkeiten. Begriffe wären nicht mehr eindeutig (Kremer,<br />
2006). Wie weit die Erklärung der Fachbegriffe (ev. in einem Glossar) in der Vorwissenschaftlichen Arbeit<br />
erforderlich ist, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. Eingeführte fachsprachliche Begriffe aus dem Englischen<br />
(Quarks, Governance etc.) müssen nicht übersetzt werden.<br />
Rechtschreibung und Grammatik sind unbedingt zu beachten. Für Überarbeitungen kann/muss man<br />
Rechtschreibhilfen und KorrekturleserInnen heranziehen (Kremer, 2006).<br />
Tipp: „Wenn es möglich ist, ein Wort zu streichen, dann streiche es.“ (G. Orwell).<br />
Umgangssprache (cool, super…), alt- oder neumodische Wörter (Diskurs, kreativ,…)<br />
Pseudoargumente (selbstverständlich, eigentlich, gewissermaßen…) und begriffliches Weichspülen<br />
(„Man könnte sich eventuell vorstellen, dass….“). Relativierende Worte werten die Aussagen ab.<br />
Wertende Formulierungen (leider, ziemlich, Gott sei Dank,….)<br />
Ankündigende Füllsätze ohne Aussage: Wir kommen jetzt zu einem wichtigen Unterpunkt…<br />
Redundante Formulierungen, Wortwiederholungen, Mehrfachverneinungen<br />
Unnötige Vorsilben und künstliche Überhöhungen (aufzeigen, abklären, abzielen, das einzig richtige<br />
Modell, enorm, erheblich,….)<br />
Unnötige und falsche Adjektive und Tautologien (psychologische Verfassung; telefonischer Anruf)<br />
Präpositionalismus: ….“nach Analysen über unter sich vernetzte Proteine…“<br />
Zu viele Hauptwortkonstruktionen<br />
10.2 LAYOUT: TEXT- UND SEITENGESTALTUNG<br />
Die (vor)wissenschaftliche Arbeit ist das Ergebnis großen Aufwandes und verdient eine ansprechende<br />
und dem Inhalt angemessene Gestalt und sorgfältige Ausführung (Kremer, 2006). Im Anhang werden einige<br />
für die Formatierung und Gestaltung nützliche Features von WORD (ab 2007) kurz beschrieben.<br />
10.2.1 SCHRIFTART UND SCHRIFTGRÖSSE<br />
In einem Text werden maximal 2 Schriftarten kombiniert, zu viele Schriften wirken unprofessionell und<br />
sind schwerer lesbar. Man verwendet gut lesbare Serifenschriften (Times New Roman, Cambria oder Garamond),<br />
oder Schriften ohne Serifen wie z.B. Arial, Calibri oder Verdana. Serifenlose Schriften sollen sachlicher<br />
wirken und gelten als klarer; aber Serifen dienen ihrerseits als Lesehilfen und „visuelle Leitplanke“.<br />
Für den Lauftext empfiehlt sich (bezogen auf Times New Roman) die Schriftgröße 12pt, und dementsprechend<br />
für Titel 18 pt fett, Überschrift erster Ebene 14-16 pt, Überschrift zweiter Ebene 12-14 pt, Über-
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
47<br />
schrift dritter Ebene 12 pt normal, Bild- und Tabellenlegenden 10 pt. Für andere Schriftarten gelten andere<br />
Größenempfehlungen. Für Hervorhebungen verwendet man in erster Linie fett, evt. kursiv; Unterstreichungen<br />
sind generell zu vermeiden. In Überschriften dient der Schriftgrad zur Hervorhebung. KA-<br />
PITÄLCHEN und kursiv senken die Lesegeschwindigkeit. KAPITÄLCHEN kann man für die Hervorhebung von<br />
Eigennamen verwenden. Immer nur ein typographisches Mittel einsetzen - also nicht gleichzeitig fett und<br />
unterstrichen oder größerer Schriftgrad und gesperrt (Kremer, 2006).<br />
10.2.2 SATZ UND SEITENGESTALTUNG<br />
Man verwendet DIN A4, beschreibt einseitig und lässt links (= Bundsteg) einen breiteren Rand, um Verluste<br />
beim Binden zu kompensieren. Der Satzspiegel bleibt innerhalb des Dokuments einheitlich, z.B.:<br />
links (= Bundsteg) mind. 3,5 cm, rechter Rand 2 cm, Kopfsteg 2 cm, Fußsteg 2,5 cm (vgl. Abb. 7).<br />
Für ermüdungsfreies Lesen gelten 45 bis 75 Buchstaben je Zeile als günstig; doch bei wissenschaftlichen<br />
Arbeiten wird einspaltig geschrieben. Blocksatz oder linksbündige Formatierung sind beide möglich,<br />
auf jeden Fall wird Silbentrennung verwendet, um „Emmentaler-Löcher“ im Text zu vermeiden. Formeln<br />
oder Reaktionsgleichungen setzt man zur Hervorhebung zentriert. Der geeignete Zeilenabstand hängt von<br />
der Schriftart ab. Er muss genug Platz für hoch- bzw. tiefgestellten Zeichen lassen (Kremer, 2006).<br />
<strong>Seiten</strong>zahlen sieht man rechts oben oder rechts unten am besten. Kopfzeilen mit Kapitelinformationen<br />
sind möglich. Für die Paginierung (Angabe der <strong>Seiten</strong>zahlen) gibt es unterschiedliche Empfehlungen: die<br />
Zählung beginnt üblicherweise nach dem Titelblatt, paginiert wird ab dem Inhaltsverzeichnis.<br />
Fußnoten werden fortlaufend oder seitenweise neu nummeriert. Fußnotenzeichen stehen am Satzende<br />
nach dem Punkt, bei wörtlichen Zitaten nach den Anführungszeichen (Rathmayr & Zillner, 20<strong>08</strong>, S. 51).<br />
Abbildung 7: Basislayout einer Seite mit Abbildung (Kremer, 2006, S. 168)<br />
Abbildungen: Die Bildbreite überschreitet nicht den Satzspiegel. Querformatige Bilder werden in den<br />
Satzspiegel zentriert, bei hochformatigen Bildern könnte man 2 Bilder nebeneinander stellen. Wenn eine<br />
ausführliche Bilddokumentation benötigt wird, kann man ganzseitige Bildtafeln zusammenstellen. Zwischen<br />
Abbildung und Lauftext wird genügend Abstand gelassen.<br />
In Diagrammen verwendet man für die unabhängige Variable die x-Achse, für die abhängige die y-Achse.<br />
Nach Bedarf wird logarithmisch skaliert. Für Skalierungsnetz, Achsen- und Kurvenlinien wählt man unter-
48 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
schiedliche Strichbreiten. Die Achsenteilung richtet sich nach dem größten Einzeldatenwert. Einzelwerte<br />
markiert man mit Symbolen. Die Kurven unterscheidet man durch unterschiedliche Symbole. Man gestaltet<br />
sorgfältig, wählt die einfachste mögliche Darstellungsform und behält sie für alle Diagramme im Dokument<br />
bei (vgl. Abb. 8).<br />
Abbildung 8: Kurvendiagramm mit vollständigen Angaben (Kremer, 2006, S. 111)<br />
Tabellen werden im Layout wie Abbildungen behandelt (Bemessungen, Platzierung, Abstände zum Fließtext).<br />
Für alle Tabellen im Dokument wird ein möglichst einheitliches Layout festgelegt. Bei Tabellen mit<br />
Zahlen und Messwerten erschienen die Einheiten und Einheiten-Symbole nur im Tabellenkopf, in den Zellen<br />
nur die Zahlen. Maximal 5-7 Spalten nebeneinander anordnen, möglichst wenige Gitterlinien zeichnen.<br />
Tabelleneintragungen erfolgen in der gleichen Schrift wie der Grundtext des Dokuments.<br />
10.2.3 TITELBLATT<br />
Natürlich soll es sachlich und übersichtlich sein. Ob es deswegen auch neutral und dezent sein muss<br />
(Pinter & Stefanits, 2003), ist fraglich, immerhin ist es als „Aushängeschild“ dafür zuständig, das LeserInneninteresse<br />
zu wecken. Informationen großzügig über die Titelseite verteilen und nicht in eine Ecke<br />
quetschen, möglichst nur ein bis zwei zusammenpassende Schriftarten verwenden; für wichtige Abschlussarbeiten<br />
Zeilen zentriert setzen, sonst eher linksbündig (Kremer, 2006).<br />
10.2.4 INHALTSVERZEICHNIS<br />
Abb. 9: Beispiel für ein Inhaltsverzeichnis<br />
Alle Überschriften erhalten <strong>Seiten</strong>angaben, auch wenn mehrere Unterpunkte auf einer Textseite abgehandelt<br />
sind. <strong>Seiten</strong>angaben werden rechtsbündig gesetzt. Übersichtlicher wird das Verzeichnis, wenn man<br />
für die Gliederungsebenen verschiedene Einzüge wählt und die Zeilenabstände passend variiert (s. Abb.<br />
9). Die automatische Erstellung von Inhaltsverzeichnissen wird im Anhang 2 erklärt.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
49<br />
10.2.5 ÜBERSCHRIFTEN UND GLIEDERUNG<br />
Überschriften werden linksbündig geschrieben. Titel und Überschriften können mit größerem Schriftgrad<br />
formatiert werden. Hinter Kapitelüberschriften stehen keine Satzzeichen.<br />
Nach einem Absatz folgt ein Zeilenwechsel ohne Abstand, nach einem Abschnitt ein Zeilenwechsel mit<br />
Abstand, Hauptkapitel der ersten Gliederungsebene beginnen auf einer neuen Seite. Absätze können<br />
durch Einzug der ersten Zeile verdeutlicht werden. Hängenden Einzug wählt man für durchnummerierte,<br />
aufzählende Textabschnitte. Die verwendeten Aufzählungszeichen bleiben innerhalb des Dokuments<br />
einheitlich (Kremer, 2006). Vereinsamte Überschriften am Ende einer Seite und einzelne (Halb)-Zeilen am<br />
Anfang einer Seite sind unbedingt zu vermeiden.<br />
Die Kapitel und Abschnitte des Hauptteils werden mittels Dezimalklassifikation nummeriert, um die Abfolge<br />
zu verdeutlichen und den Verweis auf Textstellen zu erleichtern (automatische Nummerierung, siehe<br />
Anhang). Nach den Endziffern wird kein Punkt gesetzt (z.B. 2.1.1). Innerhalb einer Gliederungsstufe<br />
müssen mindestens zwei Unterpunkte aufscheinen (1.1, 1.2). Unterkapitel mit gleicher Hierarchie (4.2,<br />
4.3) müssen auch inhaltlich gleichwertig sein. Bei mehr als drei Gliederungsebenen geht die Übersicht<br />
leicht verloren. Vorwort und Verzeichnisse werden zwar nicht nummeriert, scheinen aber im Inhaltsverzeichnis<br />
auf.<br />
Anmerkungen sollten auf das Notwendigste beschränkt sein (Hinweise, Fremdwort-Übersetzungen). Der<br />
laufende Text soll ohne Anmerkungen logisch und lesbar sein. Sie werden als Fußnoten ausgeführt und<br />
über die Arbeit durchgezählt.<br />
10.2.6 LITERATURVERZEICHNIS<br />
Die Ordnungskriterien wurden in vergangenen Kapiteln behandelt. Das Layout muss ein rasches Auffinden<br />
der Findstellen ermöglichen. Am besten ist dafür der hängende Einzug geeignet.<br />
Larcher, W. (<strong>19</strong>94). Ökophysiologie der Pflanzen. Leben, Leistung und Stressbewältigung der Pflanzen in<br />
ihrer Umwelt. 5. Aufl., Eugen Ulmer, Stuttgart.<br />
Mundry, M. & Stützel, T. (2003). Morphogenesis of male sporangiophores of Zamia amlyphyllida D.W. Stev.<br />
Plant Biology 5, 297-310.<br />
Sageder, J. (<strong>19</strong>85). Zur Beurteilung von Lehrerverhalten in Unterrichtssituationen. Erziehung und Unterricht,<br />
35, 368-375.
50 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
11 BEURTEILUNG DES PRÜFUNGSGEBIETES VORWISSENSCHAFTLICHE ARBEIT<br />
11.1 ERSTELLUNG DES GESAMTKALKÜLS<br />
Die folgenden (Teil)Kompetenzen sind im Rahmen des Prüfungsgebiets Vorwissenschaftliche Arbeit zu erfüllen<br />
bzw. nachzuweisen (bmukk, <strong>2012</strong>):<br />
Tabelle 15: Teilkompetenzen, die bei der <strong>VWA</strong> nachzuweisen sind (bmukk, <strong>2012</strong>)<br />
Schriftliche Arbeit<br />
Präsentation<br />
Diskussion<br />
Selbstkompetenz<br />
Inhaltliche Kompetenz<br />
Informationskompetenz<br />
Sprachliche Kompetenz<br />
Gestaltungskompetenz (Formale Kriterien)<br />
Strukturelle und inhaltliche Kompetenz<br />
Ausdrucksfähigkeit und Medienkompetenz<br />
Diskursfähigkeit<br />
In die Beschreibung bzw. Beurteilung des Prüfungsgebietes „Vorwissenschaftliche Arbeit“ werden alle<br />
drei Prüfungsteile „Schriftliche Arbeit“, „Präsentation“ und „Diskussion“ einbezogen. Zunächst wird die<br />
schriftliche Arbeit nach den (Teil)Kompetenzen korrigiert und für jede (Teil)-Kompetenz ein Kalkül anhand<br />
der in Tab. 16 beschriebenen vier Stufen erstellt. Was unter der jeweiligen Teilkompetenz genauer<br />
zu verstehen ist, wird in Tab. 17 erläutert.<br />
Bei der Präsentation und der Diskussion wird ebenfalls für jede Teilkompetenz ein Kalkül erstellt. Danach<br />
werden von der prüfenden Lehrperson die Bewertungen (Kalküle) aller (Teil)Kompetenzen zu einer Gesamtbeurteilung<br />
des Prüfungsgebietes gemäß den Bestimmungen § 14 Abs. 2 bis 6 LBVO (Anm.: Definition<br />
der Noten „Sehr gut“ bis „Nicht Genügend“) zusammengefasst; dieses Gesamtkalkül wird der Prüfungskommission<br />
vorgeschlagen.<br />
Wichtig: es müssen alle wesentlichen Bereiche überwiegend erfüllt sein, um eine positive Beurteilung zu<br />
erhalten (vgl. § 14 Abs. 5 Leistungsbeurteilungsverordnung). D. h., dass alle (Teil)Kompetenzen zumindest<br />
mit dem Kalkül „überwiegend erreicht“ bewertet worden sein müssen. Wurde auch nur in einer<br />
(Teil)Kompetenz das Kalkül „überwiegend“ nicht erreicht, ist das Prüfungsgebiet „Vorwissenschaftliche<br />
Arbeit“ mit „Nicht genügend“ zu beurteilen.<br />
Tabelle 16: Definition der Teilkompetenz-Kalküle (bmukk, <strong>2012</strong>)<br />
Erfüllungsgrad 1 des Kompetenzniveaus<br />
überwiegend erreicht<br />
zur Gänze erreicht<br />
die jeweilige (Teil)Kompetenz wird in den wesentlichen Bereichen<br />
überwiegend nachgewiesen<br />
die jeweilige (Teil)Kompetenz wird in den wesentlichen Bereichen<br />
gänzlich nachgewiesen, wobei Mängel in der Durchführung<br />
durch merkliche Ansätze zur Eigenständigkeit ausgeglichen werden<br />
können<br />
Erfüllungsgrad 2 des Kompetenzniveaus<br />
über das geforderte Maß hinaus<br />
erreicht<br />
weit über das geforderte Maß<br />
hinaus erreicht<br />
Einerseits wird die jeweilige (Teil)Kompetenz in den wesentlichen<br />
Bereichen zur Gänze erfüllt und andererseits sind merkliche<br />
Ansätze der Eigenständigkeit und des Transfers erkennbar<br />
Einerseits wird die jeweilige (Teil)Kompetenz in den wesentlichen<br />
Bereichen zur Gänze erfüllt und andererseits sind Eigenständigkeit,<br />
Transfer und Vernetzung zu erkennen.
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
51<br />
11.2 BESCHREIBUNG DER SCHRIFTLICHEN UND MÜNDLICHEN TEILK OMPETENZEN<br />
Tabelle 17: Erläuterungen zu den (Teil)Kompetenzen (bmukk, <strong>2012</strong>; vgl. die Checklisten in Kap. 9.3)<br />
SCHRIFTLICHE ARBEIT<br />
Selbstkompetenz<br />
- bringt sich konstruktiv in die Themenfindung ein<br />
- wählt angemessene Methoden zur Bearbeitung des Themas<br />
- gestaltet durch eigenständiges Arbeiten und Denken die einzelnen Prozessschritte<br />
- dokumentiert den Prozess und hält sich an Vereinbarungen und Termine<br />
- nimmt angebotene Hilfestellungen und Korrekturvorschläge des Betreuers/der Betreuerin an<br />
Inhaltliche Kompetenz<br />
- geht mit zielführenden Fragestellungen und Konzepten an die Themenbearbeitung heran<br />
- gibt eine klare und nachvollziehbare Antwort auf die Forschungsfrage<br />
- baut die Arbeit sachlogisch und stringent auf<br />
- stellt Ergebnisse der Arbeit objektiv dar<br />
- erzielt Tiefgang in der Auseinandersetzung mit dem Thema (d.h. dass Aussagen aus Quellen nicht<br />
nur zusammengefasst wiedergegeben werden, sondern durch ableitende und reflektierende Aussagen<br />
gezeigt wird, dass das Thema beherrscht wird und Wissen angewendet werden kann)<br />
- behandelt die zur Beantwortung der Forschungsfrage(n) wesentlichen Aspekte vollständig<br />
Informationskompetenz<br />
- beweist Eigenständigkeit im Erschließen von unterschiedlichen Quellen und Datenmaterial<br />
- schätzt die Qualität der Quellen und des Datenmaterials richtig ein (hinsichtlich Aktualität, Wissenschaftlichkeit<br />
und Objektivität, d.h. keine andere vorwissenschaftliche Arbeit als Quelle, keine Internetseiten<br />
von Laien, Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit, inhaltlich nicht einseitig<br />
- wählt Quellen und Datenmaterial entsprechend ihrer Relevanz für das Thema aus<br />
- wertet Quellen und Datenmaterial ihrem Sinn entsprechend korrekt aus und zeigt in der Auseinandersetzung<br />
mit Quellen und Datenmaterial logisch-kritisches Denken (Material wird zusammengeführt<br />
und zueinander in Beziehung gebracht, Gemeinsamkeiten und Divergenzen werden aufgezeigt<br />
und entsprechende Schlüsse daraus gezogen)<br />
Sprachliche Kompetenz<br />
- beherrscht die Grundprinzipien von Orthografie, Satzzeichensetzung und Grammatik<br />
- entspricht in Wortwahl/Wortschatz einem vorwissenschaftlichen Anspruch (d.h. formuliert eindeutig,<br />
differenziert und verwendet Fachbegriffe korrekt)<br />
- fördert die Lesbarkeit des Textes (durch logische und korrekte Satzverknüpfungen, passende Überschriften,<br />
angemessenen Satzbau, Absätze, Hervorhebungen, Wahrung des Textzusammenhangs)<br />
- baut Zitate sprachlich korrekt in den Textzusammenhang ein<br />
Gestaltungskompetenz<br />
- unterstützt die Leser/innensteuerung durch die Korrektheit der Gliederung (d.h. konsequente<br />
Klassifikation und angemessene Gliederungstiefe)<br />
- zitiert wissenschaftlich korrekt und zitiert einheitlich<br />
- gestaltet das Layout entsprechend den Vorgaben<br />
- entspricht den Anforderungen hinsichtlich formaler Vollständigkeit
52 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
PRÄSENTATION<br />
Strukturelle und inhaltliche Kompetenz<br />
- gliedert die Präsentation klar erkennbar, stringent und zielgerichtet<br />
- stellt die Kernaussagen unter Anwendung einschlägigen Fachvokabulars sachkompetent und folgerichtig<br />
dar und fasst die Schlussfolgerungen in einem Fazit zusammen<br />
- gewichtet den Umfang einzelner Aspekte gemäß ihrer Relevanz und richtet den Fokus auf zentrale<br />
Ergebnisse und Erkenntnisse<br />
Ausdrucksfähigkeit und Medienkompetenz<br />
- wählt Medien dem Inhalt angemessen und den Vortrag sinnvoll unterstützend<br />
- Visualisierungen sind strukturiert und ansprechend; Inhalte frei von grammatischen und orthografischen<br />
Fehlern<br />
- geht kompetent mit den eingesetzten Medien um<br />
- bedient sich einer zusammenhängenden, das Verständnis unterstützenden Ausdrucksweise in korrekter<br />
Standardsprache und formuliert differenziert und unmissverständlich<br />
- spricht frei; Sprechtempo, Lautstärke und Modulation sowie Mimik und Gestik dienen dem Verständnis<br />
und der Verdeutlichung<br />
DISKUSSION<br />
Diskursfähigkeit<br />
(gemeint ist: Kommunikationsfähigkeit mit anderen: sie umfasst Freies Sprechen, klare Formulierung<br />
eigener Gedanken, auf Fragen bzw. Aussagen anderer adäquat eingehen)<br />
- stellt reflektierend eigene Zugänge zum Thema und zur Forschungsfrage dar.<br />
- antwortet fundiert auf Fragen zum methodischen Vorgehen und zum Arbeitsprozess.<br />
- beantwortet Fragen zum Inhalt der Arbeit korrekt<br />
- argumentiert Positionen schlüssig und sachlogisch<br />
Was die Länge der Arbeit betrifft (vgl. Kap. 1.2), so wird es möglicherweise Fälle geben, wo die verordnete<br />
Zeichenzahl über- bzw. unterschritten wird. Dies kann in einem sehr geringen Ausmaß toleriert werden,<br />
falls die Themenstellung und die damit in Verbindung stehende Forschungsfrage vollständig, konzise, dem<br />
Inhalt und den Methoden angemessen und in ihrer Argumentation schlüssig behandelt wurden. Nichtlineare<br />
Texte (z.B. Grafiken, Statistiken etc.) sind bei der Berechnung des Umfangs der Arbeit entsprechend<br />
zu berücksichtigen (bmukk, <strong>2012</strong>).
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
53<br />
LITERATURVERZEICHNIS<br />
Altrichter, H., & Posch, P. (<strong>19</strong>98). Lehrer erforschen ihren Unterricht (3. Aufl.). Bad Heilbrunn: Julius<br />
Klinkhardt.<br />
American_Psychological_Association. (kein Datum). APA-style. Abgerufen am 12. 05. <strong>2012</strong> von<br />
http://www.apastyle.org/<br />
Barta, H., & andere. (kein Datum). online Lehrbuch Zivilrecht. Abgerufen am 24. 11. 2011 von<br />
http://www.uibk.ac.at/zivilrecht/buch/kap0_0.xml?section=1;section-view=true<br />
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ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Titelblatt: http://www.n00b-hackz.de/zello/muster/wallpaper/eye.jpg<br />
S. 4: http://www.ahs-vwa.at/<br />
S. 5 : http://www.savagechickens.com/2006/04/presentation.html<br />
S. 7: http://www.myspace.com/calvininnes/photos/2045362<br />
S. 9: http://www.uni-graz.at/communication/unizeit/archiv/vor<strong>19</strong>99/397/images/math-cartoon3.jpg<br />
S. 11: Abb. 1: nach Campbell, N. A., & Reece, J. B. (20<strong>08</strong>). Biology. San Francisco: 8. Aufl. Pearson Education Inc.<br />
S. 13: Abb. 2: Rathmayr, J., & Zillner, F. (20<strong>08</strong>). schreib.arbeit. Wissenschaftliches Arbeiten im schulischen Umfeld. Wels:<br />
Edition Buch.Zeit. S. 33<br />
S. 13: Abb. 3: Esselborn-Krumbiegel, H. (2004). Von der Idee zum Text. Eine Anleitung zum wissenschaftlichen<br />
Schreiben. Paderborn: 2. unveränd. Aufl., Schoeningh UTB, S. 59)<br />
S. 17 http://www.br-faksimile.de/Maximilian_offen.jpg<br />
S. <strong>19</strong>: http://www.onb.ac.at/index.php; http://bibliothek.univie.ac.at/<br />
S. 29: http://mathxscience.com/scientific_method.html<br />
S. 29: http://mayjohnstone.co.uk/wp-content/uploads/20<strong>08</strong>/07/questionnaire.jpg<br />
S. 32: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTGEIST/HermeneutikZirkel.shtml<br />
S. 34: Abb. 5: http://home.schule.at/teacher/fruehwirth/8am/<strong>Skriptum</strong>%20-%20Normalverteilung.pdf<br />
S. 41: http://www.berlinerzimmer.de/heins/images/cluster.gif<br />
S. 42: http://community.sparknotes.com/2011/01/<strong>19</strong>/the-best-calvin-and-hobbes-stories<br />
S. 40: Abb.6. Links http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/thome/band2/tafel_097.html, Rechts: Leopold Horvath, 2007<br />
S. 47: Abb.7: Kremer, B. (2006) Vom Referat bis zur Examensarbeit. Naturwissenschaftliche Texte perfekt verfassen<br />
und gestalten. 2. Aufl., Springer, Berlin-Heidelberg, S. 168)<br />
S. 48: Abb. 8: Kremer, B. (2006) Vom Referat bis zur Examensarbeit. Naturwissenschaftliche Texte perfekt verfassen<br />
und gestalten. 2. Aufl., Springer, Berlin-Heidelberg, S. 111<br />
S. 51: Abb. 9: selbst erstellt
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
55<br />
ANHANG<br />
ZAHLEN, GRÖSSEN, BEZEICHNUNGEN UND WEITERE TIPPS<br />
Fast alle folgenden Hinweise wurden i. W. aus Kremer (2006, S. 189 ff.) entnommen.<br />
Einheiten: Für die Basisgrößen legt das SI-System die Einheiten und Symbole fest. Basisgrößensymbole<br />
werden kursiv gesetzt (m für Masse) und Einheiten-Symbole in der Grundschrift (m für Meter). Für Liter<br />
wurde von der IUPAC das Zeichen L festgelegt. Maßeinheiten werden ausgeschrieben, falls sie nicht hinter<br />
einer Zahlenangabe stehen.<br />
Teile und Vielfache: Präfixe werden an das Einheitenzeichen gesetzt: 1 ms = 1 Millisekunde, 1 Ma = 1<br />
Million Jahre. Ein Präfix steht nie alleine (1 µm, nie 1 µ). Zwischen Zahlenangabe und Einheitenzeichen gehört<br />
ein Abstand (5 mm, 27 ha). Schreibweisen wie ccm oder qkm sind nicht mehr zulässig (km 2 ). Bei Einheitenprodukten<br />
setzt man zwischen die Einzelangaben einen Abstand: N m; ebenso zwischen die Bestandteile<br />
von Bruchzahlen: 5 ¾ oder 2 ½.<br />
Statt unhandlich großer Zahlen verwendet man Exponentialangaben. Bei Zahlen mit vielen Stellen<br />
schreibt man Dreiergruppen links und rechts ab dem Komma: 12 480,57 oder 5,660 34<br />
Ziffern und Zahlen: Die frühere Konvention, Zahlen bis zwölf in Buchstaben und darüber in Ziffern zu<br />
setzen ist zweifelhaft: “Der Anteil der geschädigten Bäume ging von 15 auf zwölf % zurück.“ …….<br />
Organismen: Die wissenschaftliche Nomenklatur von Organismen folgt strengen Regeln. Sie werden kursiv<br />
geschrieben: Leontodon autumnalis, Herbst-Löwenzahn.<br />
Zeichensetzung und Formatierungen:<br />
- Einen Satz beginnt man nicht mit Abkürzungen. Zwischen den Elementen einer Abkürzung wird ein<br />
Leerzeichen gesetzt: u. v. m. Häufige Standardabkürzungen und abgekürzte Zahlen erhalten einen<br />
Punkt (Jh., Mio.) nicht aber Maßeinheiten (kg), Akronyme (RNA, ATP) oder chemische Symbole (Na).<br />
- In bestimmten Fällen werden Adjektive groß geschrieben: Zweiter Hauptsatz, Oberer Jura.<br />
- Im Deutschen verwendet man die Anführungszeichen der Form „….“.<br />
- Vor ein Satzzeichen gehört kein Leerzeichen, danach setzt man eines (…. angefügt. Auf …)<br />
- Das Apostroph zeigt eine Buchstabenauslassung an (Aristoteles’ Schriften) und steht vor dem adjektivischen<br />
Suffix –sch (Bernoulli’sche Gleichungen).<br />
- Aufzählungsformen werkeinheitlich: 1) 2) oder 1. 2.; aber keine Mischformen wie 1.)<br />
- Zur Kennzeichnung einer Auslassung in einem Text verwendet man drei Punkte (…).<br />
- Der Bindestrich kommt ohne Leerzeichen zwischen die zu verbindenden Begriffe: UKW-Sender, 40-<br />
jährig, 2-mL-Pipette, 5-Cent-Münzen (vgl. 5 Centmünzen!). Als Ergänzungsstrich ebenfalls ohne Leerzeichen:<br />
Laub- und Nadelbäume, Bodendichte und –temperatur. Bei Ableitungen mit Zahlen entfällt<br />
der Bindestrich: 100%ig, das 3,5fache.<br />
- Gedankenstriche sind länger als Bindestriche und werden zwischen Leerzeichen gesetzt.<br />
- Für den Pfeil in Reaktionsgleichungen verwendet man Sonderzeichen und nicht .<br />
- In Wissenschaftstexten wird nicht zwanghaft eingedeutscht: Calcium, Cortison, Penicillin.<br />
- Gebräuchliche Fremdwörter nach der neuen Rechtschreibung als: Grafik, Telefon,… Im wissenschaftlichen<br />
Schreibgebrauch bleibt man bei: Photometrie, Therapie, Phon…<br />
- Mathematische Formeln werden im Text abgesetzt und zentriert. Chemische Formeln schreibt man<br />
entsprechend den IUPAC-Regeln (http://old.iupac.org/general/FAQs/ns.html).<br />
- Die herkömmliche Schreibweise für Datumsangaben ist TT.MM.JJJJ (14.10.2005), nach DIN 50<strong>08</strong> JJJJ-<br />
MM-TT (2005-10-14 für den 14. Oktober 2005).<br />
- Temperaturangaben mit Leerzeichen zwischen Zahl und Skala: 37 °C. Winkelgrade ohne: 45°.<br />
Um ein geschütztes Leerzeichen zu erzeugen (damit z.B. kein Umbruch zwischen 37 und °C entstehen<br />
kann), verwendet man Strg-Shift-Leertaste.
56 Einführung in das Wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
TEXTVERARBEITUNG MIT WORD (2007-2010)<br />
Wer mit den Finessen der Textverarbeitung noch nicht so vertraut ist, probiert am besten die verschiedenen<br />
Einstellungen in einem Testdokument aus. Die folgenden Tipps wurden nach Kursunterlagen von Mesaric<br />
(2010, <strong>2012</strong>) zusammengestellt.<br />
Formatvorlagen<br />
Jedem Text ist ein sogenanntes Format zugewiesen, das Schriftart, Größe usw. definiert. WORD unterscheidet<br />
zwischen Zeichenformatvorlagen (betreffen das aktuelle Wort oder den markierten Textabschnitt),<br />
Absatzformatvorlagen (für jeweils einen gesamten Ansatz) und verknüpften Formatvorlagen<br />
(für Absatz oder markierten Textabschnitt).<br />
- Zeichenvorlagen: unterscheidet Überschriften und Textkörper. Die Schriftarten und Farben sind<br />
durch das Design festgelegt oder einstellbar; Designauswahl und –bearbeitung unter <strong>Seiten</strong>layout.<br />
- Absatzvorlagen: im Register Start sind Schnellformatvorlagen verfügbar und Änderungen sehr<br />
rasch durchführbar. Kombinationen von Schriftarten-, Farb- und Absatzformatvoreinstellungen können<br />
übernommen werden.<br />
Formatvorlagen können jederzeit durch „ändern“ angepasst werden. Alternativ können manuelle Formatierungen<br />
als Formatvorlage unter selbstgewähltem Namen abgespeichert werden.<br />
- Änderungen an Formatvorlagen: Beim Klicken auf den Button unter Formatvorlagen ändern öffnet<br />
sich die Formatvorlagenliste. Man kann unten Formatvorlagen verwalten anklicken und Änderungen<br />
durchführen, z.B. bei der Vorlage Standard Einstellung von Blocksatz, Zeilenabstand 1,5, Absatzkontrolleinstellungen<br />
etc.<br />
- Bei der Vorlage Überschrift sollte man immer ausreichende Absatzabstände angeben (in den Voreinstellungen<br />
nicht optimal eingerichtet!) und sie linksbündig formatieren.<br />
Zu den wichtigsten Formatvorlagen gehört natürlich Standard, weiters Überschrift 1 – Überschrift …<br />
für die Formatierung der Kapitelüberschriften der verschiedenen Ebenen. Nur wenn diese angewendet<br />
wurden, kann ein Inhaltsverzeichnis automatisch generiert werden. Fertige Formatvorlagen gibt es auch<br />
für Beschriftungen (von Abbildungen und Tabellen), Kopf- und Fußzeilen, und diverse Verzeichnisse<br />
(Inhaltsverzeichnis, Abbildungsverzeichnis, Literaturverzeichnis) sowie für Fußnotenzeichen und -text.<br />
Format übertragen funktioniert mit Hilfe des „Pinsels“: einmal klicken Formatierung einmal (auf gewünschten<br />
Textabschnitt) übertragbar, Pinsel zweimal klicken Format wird so lange übertragen, bis<br />
Esc gedrückt wird.<br />
Felder<br />
Das sind Bereiche, die immer wieder aktualisiert werden (<strong>Seiten</strong>zahl, Datum, Kurzbelege,…). Man erkennt<br />
sie daran, dass sie grau unterlegt sind, wenn man den Text markieren möchte. In den meisten Fällen werden<br />
sie nicht automatisch aktualisiert (manuelle Aktualisierung kann z.B. mit Markieren + F9 durchgeführt<br />
werden).<br />
<strong>Seiten</strong>layout<br />
- <strong>Seiten</strong>ränder („Satzspiegel“) unter <strong>Seiten</strong>layout – <strong>Seiten</strong>rand einstellen z.B. höhere Bundstegbreite<br />
- Kopf- und Fußzeilen: Einfügen – Kopfzeile. Mit Doppelklick zwischen Kopf-/ Fußzeilenbereich und<br />
Textbereich wechseln. Hier werden auch die <strong>Seiten</strong>zahlen eingefügt.<br />
- Silbentrennung: <strong>Seiten</strong>layout – Silbentrennung<br />
- Abschnitte: <strong>Seiten</strong>layout – Umbrüche. Die Definition von Abschnitten ermöglicht den Wechsel zwischen<br />
ein- und mehrspaltig formatiertem Text oder die Verwendung unterschiedlicher Kopfzeilen<br />
oder Paginierung in verschiedenen Kapiteln, vor und nach dem Inhaltsverzeichnis etc. (Dazu muss<br />
übrigens die Funktion „mit vorheriger verknüpfen“ deaktiviert werden.)
Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und die Vorwissenschaftliche Arbeit<br />
57<br />
Nummerierung und Gliederung<br />
Den Überschriften wird je nach Ebene eine Formatvorlage Überschrift … zugeordnet (s.o.). Deren Formatierung<br />
kann über Formatvorlage Ändern angepasst werden. Um die Nummerierung mit den Formatvorlagen<br />
zu verknüpfen, wird eine entsprechende mit Überschriften verknüpfte Listenvorlage ausgewählt<br />
(unter Start im Bereich Absatz eine Liste mit mehreren Ebenen wählen). Beim Einfügen neuer Kapitel wird<br />
die Nummerierung automatisch adaptiert. Verzeichnisse und Anhänge werden als Überschrift erster Ebene<br />
definiert, aber ohne Nummerierung.<br />
Äußerst hilfreich in längeren Texten ist die Verwendung der Gliederungsansicht. Sie zeigt die Übersicht<br />
über den Text und seine Kapitel in der erwünschten Gliederungstiefe. In der Gliederungsansicht können<br />
je nach Wunsch Absätze bis ganze Kapitel rasch und unkompliziert verschoben werden.<br />
Zitieren und Literaturverzeichnis<br />
Die Eingabe von Quellen ebenso wie ihre Aktualisierung erfolgt über Verweise – Quellen verwalten. Wichtig<br />
ist die Auswahl des passenden Quellentyps (Buch, Zeitschrift, Website usw.), damit alle Angaben korrekt<br />
erfassbar sind. Der gewünschte Zitierstil kann unter Verweise – Formatvorlage ausgewählt werden.<br />
Die meisten zur Verfügung stehenden Zitierstile sind Varianten des AutorIn-Jahr-Systems.<br />
Beim Einfügen von Kurzbelegen („Zitaten“) verwendet man Verweise - Zitat einfügen (je nach Zitierschema<br />
im Lauftext oder zuerst Fußnote einfügen und dann Zitat einfügen). Hier können gegebenenfalls auch<br />
gleich neue Quellen hinzugefügt werden. Fallweise muss das Zitat manuell überarbeitet werden (dazu „in<br />
statischen Text konvertieren“). Dann ist aber die Formatierung als Feld aufgehoben und es erfolgt keine<br />
automatische Aktualisierung mehr.<br />
Um das Literaturverzeichnis zu erstellen, benutzt man Verweise - Literaturverzeichnis – einfügen. Das<br />
Aussehen richtet sich nach der gewählten Formatvorlage für den Zitierstil (Anordnung der bibliographischen<br />
Angaben, Interpunktionen), andererseits nach der speziellen Formatvorlage Literaturverzeichnis,<br />
die nach Wunsch angepasst werden kann. Manuelle Nachkorrekturen sind aber kaum vermeidbar.<br />
Beschriftungen, Verweise, Verzeichnisse<br />
Abbildungen und Tabellen beschriften: Grafik oder Tabelle markieren, übers Kontextmenü (rechte<br />
Maustaste) oder unter Verweise – Beschriftung einfügen (über oder unter dem Objekt, Nummerierung einstellen;<br />
wird automatisch aktualisiert); die Formatvorlage Beschriftung nach Bedarf anpassen.<br />
Abbildungsverzeichnis einfügen: Verweise – Abbildungsverzeichnis (mit oder ohne <strong>Seiten</strong>zahlen etc.)<br />
Inhaltsverzeichnis: Für das Inhaltsverzeichnis unter Verweise ein Inhaltsverzeichnis-Format auswählen<br />
und Inhaltsverzeichnis einfügen. Es kann auch laufend aktualisiert, sowie notfalls am Ende manuell nachkorrigiert<br />
werden.<br />
Die Querverweis-Funktion ist für längere Texte ebenfalls sehr nützlich. Querverweise (Verweise – Einfügen<br />
– Querverweis) sind Felder, d.h. man kann im Text auf Abbildungen & Tabellen (falls diese beschriftet<br />
wurden), Kapitel, <strong>Seiten</strong>zahlen usw. verweisen, wobei Änderungen aktualisiert werden. Mit der Suchfunktion<br />
(bzw. Gehe zu) bewegt man sich bei der Bearbeitung längerer Texte im Dokument.<br />
Überprüfen<br />
Überprüfen der Rechtschreibung erfolgt über Rechtschreibung und Grammatik; dem Wörterbuch unbekannte<br />
Wörter können ignoriert oder ins Wörterbuch aufgenommen werden. Rechtschreibung am besten<br />
schon bei der Eingabe überprüfen. Um Wörter und Zeichen zu zählen, wird unterm Text links der Button<br />
Wörter mit der linken Maustaste angeklickt; der markierte Bereich wird durchgezählt.