Reichsverfassung und Landstände - obere-meerbach.de
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„bitten“ – daher <strong>de</strong>r Name. Aus diesen Be<strong>de</strong>verträgen leitet sich unmittelbar <strong>und</strong> allgemein anerkannt<br />
das Recht <strong>de</strong>r Stän<strong>de</strong> im Lan<strong>de</strong> auf Steuerbewilligung <strong>und</strong> über dieses Recht die Teilhabe an <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
<strong>und</strong> oft auch an <strong>de</strong>r Regierung ab. Derartige Steuerbewilligungen als außeror<strong>de</strong>ntliche<br />
direkte Abgaben begegnen im Wesentlichen seit <strong>de</strong>m 15. Jahrh<strong>und</strong>ert, wobei Mag<strong>de</strong>burg, Österreich<br />
<strong>und</strong> Preußen, aber auch das Bistum Osnabrück <strong>und</strong> die Mark Bran<strong>de</strong>nburg in <strong>de</strong>r Zeit zwischen 1400<br />
<strong>und</strong> 1472 <strong>de</strong>n Anfang machen; mit <strong>de</strong>r sächsischen Akzise von 1435 bewilligte sogar erstmals ein<br />
Landtag seinem Lan<strong>de</strong>sherrn eine indirekte Steuer 52 .<br />
Am Ran<strong>de</strong> sei vermerkt, dass neben <strong>de</strong>r Finanzfrage auch das Ziel, die Einheit <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s zu erhalten<br />
<strong>und</strong> die innere <strong>und</strong> äußere Frie<strong>de</strong>nswahrung zu gewährleisten, ständische Zusammenschlüsse zur Folge<br />
hatten, von <strong>de</strong>nen die bayerischen Einungen aus A<strong>de</strong>l, Städten <strong>und</strong> Geistlichkeit ab 1307 schließlich<br />
auf <strong>de</strong>n Landtagen von 1506 <strong>und</strong> 1511 sogar zur Festlegung <strong>de</strong>r Unteilbarkeit <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
Primogenitur führten <strong>und</strong> schließlich 1514 in die Gesamtfö<strong>de</strong>ration <strong>de</strong>r bayerischen Stän<strong>de</strong> einmün<strong>de</strong>ten.<br />
Aber auch in an<strong>de</strong>ren weltlichen 53 <strong>und</strong> geistlichen Territorien 54 kam es zu <strong>de</strong>rartigen Unionen, die<br />
stets das Interesse <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s als ihre Rechtfertigung geltend machten.<br />
Dies sind alles Beispiele für die Institutionalisierung <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen Fürst <strong>und</strong> Stän<strong>de</strong>n im<br />
Landtag, die im allgemeinen in das 15. Jahrh<strong>und</strong>ert fällt. Dies geschah im Erzbistum Mag<strong>de</strong>burg um<br />
1400, in <strong>de</strong>r Grafschaft Mark nach 1419, in Bayern 1453, in Württemberg 1457 <strong>und</strong> in Bran<strong>de</strong>nburg<br />
1472 55 . Die Stän<strong>de</strong> sicherten sich <strong>de</strong>n Einfluss auf fürstliche Regierung <strong>und</strong> Administration sowie auf<br />
die Organisationen <strong>de</strong>r neuentstehen<strong>de</strong>n staatlichen gesellschaftlichen Ordnung <strong>de</strong>s frühmo<strong>de</strong>rnen<br />
Staates mehrfach durch regelrechte Herrschaftsverträge. Die be<strong>de</strong>utendsten waren <strong>de</strong>r Vergleich <strong>de</strong>s<br />
Kurfürsten Albrecht Achilles von Bran<strong>de</strong>nburg mit seiner Landschaft 1472 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Tübinger Vertrag<br />
zwischen <strong>de</strong>m Herzog von Württemberg <strong>und</strong> seinen Städten 1514.<br />
Diese Entwicklung vollzog sich weitgehend selbständig in <strong>de</strong>n einzelnen Territorien, jedoch nicht im<br />
rechtsfreien Raum; vielmehr blieben die Rechte von Kaiser <strong>und</strong> Reich ein möglicher För<strong>de</strong>rungs- wie<br />
Hin<strong>de</strong>rungsgr<strong>und</strong> für die Ausgestaltung <strong>de</strong>r Landtagsrechte.<br />
Das zeigte sich in Kurtrier 56 in <strong>de</strong>n Vorgängen um die Lan<strong>de</strong>seinung von 1456 57 . Nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Kurfürsten Jakob I. von Sierck drohte angesichts <strong>de</strong>r vorangegangenen Wirren um Erzbischof, Kurfürst<br />
<strong>und</strong> A<strong>de</strong>l, in die auch einige Städte eingeb<strong>und</strong>en waren, ein neues <strong>und</strong> <strong>de</strong>m ganzen Lan<strong>de</strong> schädliches<br />
Schisma. In <strong>de</strong>r Union vom 10.Mai 1456 einigten sich nun die bisher verfein<strong>de</strong>ten Parteien,<br />
nämlich die weltlichen Stän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Stifts, Grafen, Herren <strong>und</strong> Ritterschaft sowie 11 Städte <strong>und</strong> die dazugehörigen<br />
Dörfer <strong>und</strong> Pflegen darauf, angesichts <strong>de</strong>r Wirren um Wahl <strong>und</strong> Absetzung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sherrn<br />
künftig keinen neuen Herren mehr anzunehmen, „wenn sie sich nicht vorher darüber gemeinlich<br />
besprochen“ hätten, <strong>und</strong> verban<strong>de</strong>n damit die For<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>r neue Erzbischof müsse ihnen geloben<br />
<strong>und</strong> schwören, sie bei ihren alten löblichen hergebrachten Freiheiten <strong>und</strong> Gewohnheiten zu lassen, <strong>und</strong><br />
ihnen darüber auch einen beson<strong>de</strong>ren Revers ausstellen mit einem im Einungstext festgelegten Wort<br />
52 Krüger (Anm. 50), S. 4.<br />
53<br />
Braunschweig-Lüneburg 1392, Or<strong>de</strong>nsland Preußen 1410, Kleve <strong>und</strong> Mark sowie Jülich <strong>und</strong> Berg 1426, Holstein<br />
<strong>und</strong> Schleswig 1460.<br />
54<br />
In Münster Domkapitel, Ritterschaft <strong>und</strong> Städte 1309 mit Beitritt <strong>de</strong>s Bischofs 1370, in Köln Ritterschaft <strong>und</strong><br />
Städte 1437 mit Beitritt von Erzbischof <strong>und</strong> Domkapitel 1463, in Pa<strong>de</strong>rborn 1413, in Osnabrück 1423 <strong>und</strong> in<br />
Trier 1456.<br />
55 Boldt (Anm. 40), S. 213ff.<br />
56 Auf das im Einzelnen das Referat Wagner eingehen wird.<br />
57<br />
LHA Koblenz Best. 1 A 2223-2226 <strong>und</strong> Best. 1 C Nr. 16212; vgl. die Ausführungen bei Gustav Knetsch, Die<br />
landständische Verfassung <strong>und</strong> reichsritterschaftliche Bewegung im Kurstaate Trier, vornehmlich im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />
Berlin 1909, S. 30ff., vgl. Johann Nikolaus Hontheim, Historica Trevirensis diplomatica, Bd. 2,<br />
Augsburg <strong>und</strong> Würzburg 1750, S. 423ff.<br />
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