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Reichsverfassung und Landstände - obere-meerbach.de

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consilium <strong>und</strong> auxilium hier eine Wirkung, <strong>und</strong> zwar nicht nur für <strong>de</strong>n Herrn, son<strong>de</strong>rn auch gegen ihn,<br />

entfaltet.<br />

Dies entsprach <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>s kanonischen Rechtes 39 „Quod omnes tangit, <strong>de</strong>bet ab omnibus<br />

approbari“ ebenso wie <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>r Kapitularien <strong>und</strong> war eine in dieser Zeit häufig benutzte<br />

Formel, sodass man gleichsam von einer Überlieferung <strong>de</strong>s Mitbestimmungsprinzips selbst dort sprechen<br />

kann, wo unmittelbare institutionelle Kontinuitäten nicht erkennbar sind 40 . An<strong>de</strong>rs als ältere Mitsprachegremien<br />

han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>n nun im 13. <strong>und</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert entstehen<strong>de</strong>n Stän<strong>de</strong>n jedoch<br />

nicht allein um eine Versammlung mächtiger Persönlichkeiten, son<strong>de</strong>rn um einen korporativen Zusammenschluss,<br />

so, wie er gera<strong>de</strong> 1231 <strong>de</strong>n Städten verboten wor<strong>de</strong>n war, 41 <strong>und</strong> neben die traditionell<br />

zur Mitsprache berechtigten Herrenschichten von Geistlichkeit <strong>und</strong> A<strong>de</strong>l traten auch Städte. Dabei<br />

wur<strong>de</strong> die Stärke korporativer Entwicklungen in Deutschland durch <strong>de</strong>n Verfall <strong>de</strong>r Reichsgewalt im<br />

13. Jahrh<strong>und</strong>ert beschleunigt. Mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stauferherrschaft traten Städtebün<strong>de</strong> auf wie <strong>de</strong>r<br />

Rheinische B<strong>und</strong> von 1254, <strong>de</strong>r eine Einung zum Schutze <strong>de</strong>s Landfrie<strong>de</strong>ns darstellte <strong>und</strong> insoweit in<br />

<strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rgangs <strong>de</strong>r Reichsgewalt auf bündischer Gr<strong>und</strong>lage die Wahrung <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Ordnung mit Schiedsgerichtsbarkeit übernahm: die Aufgaben im B<strong>und</strong>esvertrag <strong>de</strong>cken sich weitgehend<br />

mit <strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>s Mainzer Reichslandfrie<strong>de</strong>ns vom 15.8. 1235 42 .<br />

Das Reichsweistum über die Berücksichtigung <strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>r Vornehmen <strong>und</strong> Großen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />

von 1231 ließ erkennen, dass die in <strong>de</strong>n reichsfürstlichen Lan<strong>de</strong>n angesessene, begüterte Ritterschaft<br />

laufend an Einfluss gewonnen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Anspruch erhoben hatte, in wichtigen Fragen mitzure<strong>de</strong>n.<br />

Wenn das Reichsweistum Herrschaftsverän<strong>de</strong>rungen untersagt, so spiegelt sich darin <strong>de</strong>r Versuch<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Königs wi<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrschaft keinen Freibrief für eine willkürliche<br />

Verän<strong>de</strong>rung bestehen<strong>de</strong>r Rechtsverhältnisse auszustellen 43 .<br />

So beginnt <strong>de</strong>nn im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert mit <strong>de</strong>m Segen <strong>de</strong>s Reiches die genossenschaftliche 44 Zusammenschließung<br />

jener maiores et meliores, also zunächst <strong>de</strong>r Ritterschaft, <strong>und</strong> dies am <strong>de</strong>utlichsten in<br />

<strong>de</strong>n Gebieten, in <strong>de</strong>nen Erinnerungen an alte Stammesversammlungen aufkommen konnten, wie etwa<br />

in Bayern. Daneben aber waren es auch die kirchlichen Gr<strong>und</strong>herren <strong>und</strong> Städte, die zur wirksamen<br />

Unterstützung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sherrn , nicht zuletzt durch die Bereitstellung <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Ausbau <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />

benötigten Geldmittel, heranzuziehen waren. Seit <strong>de</strong>m vierten Laterankonzil von 1215 45 , das <strong>de</strong>n<br />

Domkapiteln das ausschließliche Wahlrecht gewährte, schlossen in <strong>de</strong>n geistlichen Territorien diese<br />

sich in Durchsetzung <strong>de</strong>s ihnen eingeräumten Einflusses genossenschaftlich zusammen, während oft<br />

die Ritterschaft zunächst abseits stand. Das Gegenteil war in <strong>de</strong>n weltlichen Territorien <strong>de</strong>r Fall, in <strong>de</strong>nen<br />

Prälaten oft erst am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 14. Jahrh<strong>und</strong>erts o<strong>de</strong>r sogar im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert zu <strong>de</strong>n längst bestehen<strong>de</strong>n<br />

Ritter- <strong>und</strong> Städtetagen sich gesellten.<br />

39 Liber sextus <strong>de</strong>cretalium domini bonifacii papae octavi Buch 5 Titel 12 Regel 29.<br />

40 Vgl. Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, 2. Auflage 1990, Bd. 1, S. 204f.<br />

41 20./23.1.1231, MGH Const. 2, Nr. 299, S. 413f., Weinrich (Anm. 37) Nr.106, S.418; Zeumer (Anm. 37) Bd.<br />

1, S. 50.<br />

42 Weinrich (Anm. 37) Nr. 119, S. 462ff. „quod nulla civitas, nullum opidum communiones, constitutiones, colligationes,<br />

confe<strong>de</strong>rationes vel conjurationes aliquas, quocumque nomine censeantur, facere possent, eas penitus<br />

abjudicantes, et quod nos sine domini sui assensu civitatibus seu opidis in regno nostro constitutis auctoritatem<br />

faciendi communiones, constitutiones, colligationes, confe<strong>de</strong>rationes vel conjurationes aliquas, quecumque nomina<br />

imponantur eis<strong>de</strong>m, non poteramus nec <strong>de</strong>bebamus impertiri, et quod domino civitatum et opidorum sine<br />

nostre majestatis assensu similia in suis civitatibus facere non licebat“; Zeumer (Anm. 37), Bd. 1, S. 68ff.<br />

43 Dietmar Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte. Von Frankreich bis zur Wie<strong>de</strong>rvereinigung Deutschlands,<br />

4. A. München 2001, S. 93f.<br />

44 Vgl. das Standardwerk von Otto von Gierke, Das Deutsche Genossenschaftsrecht, Berlin1868, Nachdruck<br />

Darmstadt 1954.<br />

45 Willoweit (Anm. 43), S. 94.<br />

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