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Reichsverfassung und Landstände - obere-meerbach.de

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Wenn heute das Gr<strong>und</strong>gesetz vom 23. Mai 1949 in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>mokratischen <strong>und</strong> sozialen B<strong>und</strong>esstaat<br />

„B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland“ alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen lässt 2 , dann folgt daraus zwingend,<br />

dass in <strong>de</strong>n Glie<strong>de</strong>rn dieses B<strong>und</strong>esstaates, <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn, die verfassungsmäßige Ordnung nicht<br />

von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es wesentlich abweichen darf, son<strong>de</strong>rn ebenso <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>s republikanischen,<br />

<strong>de</strong>mokratischen <strong>und</strong> sozialen Rechtsstaates entsprechen muss 3 . Auf allen Ebenen <strong>de</strong>s Staates,<br />

also auch in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn, Kreisen <strong>und</strong> Gemein<strong>de</strong>n, muss eine Volksvertretung aus allgemeinen, unmittelbaren,<br />

freien, gleichen <strong>und</strong> geheimen Wahlen hervorgegangen sein, <strong>und</strong> die Übereinstimmung<br />

<strong>de</strong>r verfassungsmäßigen Ordnung <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>rechten <strong>de</strong>r Verfassung wird<br />

ebenso gewährleistet 4 , wobei zusätzlich die Artikel 31 5 <strong>und</strong> 37 6 die durchgehen<strong>de</strong> Gleichheit <strong>de</strong>r Verfassungsordnung<br />

<strong>und</strong> ihre tatsächliche Geltung sichern. Auch die Verfassung <strong>de</strong>r DDR vom 7.10.1949<br />

kannte ähnliche Regelungen 7 .<br />

Damit war weitgehend <strong>de</strong>r vorübergehend durch das Gesetz über <strong>de</strong>n Neuaufbau <strong>de</strong>s Reiches vom<br />

30.1.1934 aufgehobene Rechtszustand <strong>de</strong>r Weimarer <strong>Reichsverfassung</strong> wie<strong>de</strong>r hergestellt wor<strong>de</strong>n 8 .<br />

1934 hatte die nationalsozialistische Reichsregierung die Volksvertretungen <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r beseitigt, ihre<br />

Hoheitsrechte auf das Reich übergeleitet <strong>und</strong> die Lan<strong>de</strong>sregierungen <strong>de</strong>n Weisungen <strong>de</strong>r Reichsregierung<br />

unterstellt. Demgegenüber hatte die Weimarer <strong>Reichsverfassung</strong> vom 11. 8. 1919 9 in Artikel 17<br />

festgelegt, dass je<strong>de</strong>s Land eine freistaatliche Verfassung haben müsse <strong>und</strong> dass die Volksvertretungen<br />

von Männer <strong>und</strong> Frauen nach <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>r allgemeinen, gleichen, unmittelbaren <strong>und</strong> geheimen<br />

Wahl zu wählen seien. Auch hier galt <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>satz „ Reichsrecht bricht Lan<strong>de</strong>srecht“ 10 .<br />

Dagegen hatte die Bismarcksche <strong>Reichsverfassung</strong> vom 16.4.1871 11 keine unmittelbaren Eingriffe in<br />

die Rechte <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esstaaten vorgenommen, vielmehr das Reich als „einen ewigen B<strong>und</strong> zum Schutze<br />

<strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgebietes <strong>und</strong> <strong>de</strong>s innerhalb <strong>de</strong>sselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege <strong>de</strong>r Wohlfahrt <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>utschen Volkes“ – so <strong>de</strong>r Vorspruch <strong>de</strong>r Verfassung – beschrieben <strong>und</strong> damit im Gr<strong>und</strong>satz die Fortdauer<br />

einzelstaatlich gelten<strong>de</strong>n Rechts gewährleistet, freilich mit <strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s Artikels 2, wonach<br />

Reichsgesetze <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sgesetzen vorgehen sollten, gleichwohl die Gr<strong>und</strong>lage für eine künftige<br />

einheitliche Entwicklung geschaffen. Allerdings war im Falle von Verfassungsstreitigkeiten, wenn in<br />

einem <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esstaaten zu <strong>de</strong>ren Schlichtung keine Behör<strong>de</strong> eingerichtet war, nicht <strong>de</strong>r Reichstag<br />

o<strong>de</strong>r das Reichsministerium, son<strong>de</strong>rn auf Anrufung eines streiten<strong>de</strong>n Teiles <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrat für einen<br />

gütlichen Ausgleich zuständig 12 . Auch hier war jedoch für <strong>de</strong>n Notfall die Lösung durch die Reichsgesetzgebung<br />

vorgesehen.<br />

Das war im Gr<strong>und</strong>e ein Rückschritt gegenüber <strong>de</strong>r Verfassung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Reiches vom 28. März<br />

1849 13 , die bereits sehr viel weiter gehen<strong>de</strong> Regelungen für die einzelnen <strong>de</strong>utschen Staaten enthalten<br />

hatte. 1849 waren nicht nur gr<strong>und</strong>sätzlich Lan<strong>de</strong>sverfassungen mit Volksvertretung <strong>und</strong> Ministerver­<br />

2 Artikel 20 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 2 GG.<br />

3 Artikel 28, Abs. 1 GG.<br />

4 Artikel 28, Abs. 3 GG.<br />

5 B<strong>und</strong>esrecht bricht Lan<strong>de</strong>srecht.<br />

6 B<strong>und</strong>eszwang.<br />

7 Dort hieß es in Artikel 109, dass die Lan<strong>de</strong>sverfassungen <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>r Verfassung <strong>de</strong>r Republik entsprechen<br />

müssen.<br />

8 Reichsgesetzblatt Teil I, S. 75.<br />

9 Reichsgesetzblatt 1919, S. 1383ff.<br />

10 Artikel 13 Abs. 1 WRV.<br />

11 B<strong>und</strong>esgesetzblatt 1871, S. 64ff.<br />

12 Artikel 76 BRV.<br />

13<br />

Günter Dürig <strong>und</strong> Walter Rudolf (Hrsg.), Texte zur <strong>de</strong>utschen Verfassungsgeschichte, München <strong>und</strong> Berlin<br />

1967, S. 51ff.<br />

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