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Reichsverfassung und Landstände - obere-meerbach.de

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zwingen, <strong>de</strong>nn die in § 180 enthaltene Beschränkung <strong>de</strong>r ständischen Zahlungspflicht auf „nötige“<br />

Festungen <strong>und</strong> sonstige militärische Einrichtungen bot politischer Auslegung weiten Raum.<br />

So nimmt es <strong>de</strong>nn nicht w<strong>und</strong>er, dass Versuche, diesen zu nutzen, tatsächlich 1671 <strong>und</strong> 72 stattfan<strong>de</strong>n,<br />

allerdings auf <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand Kaiser Leopolds I. stießen: Im kaiserlichen Kommissions<strong>de</strong>kret vom<br />

13./3. Februar 1671 105 wird die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s § 180, wie sie kurfürstliches Kollegium <strong>und</strong> Mehrheit<br />

<strong>de</strong>s Reichsfürstenrates vorgeschlagen hatten, in höflichen, aber bestimmten Formulierungen abgelehnt.<br />

Mit <strong>de</strong>r Feststellung, es bedürfe wegen <strong>de</strong>s § 180 „keiner abson<strong>de</strong>rlichen Ausführung, son<strong>de</strong>rn es ist<br />

sowohl aus <strong>de</strong>nen heilsamen Reichssatzungen, als <strong>de</strong>r uralten Observanz, genugsamlich bekannt <strong>und</strong><br />

erweislich, wessen nicht allein Kurfürsten <strong>und</strong> Stän<strong>de</strong>, wegen <strong>de</strong>r Reichsanlagen, gegen ihren Untertanen,<br />

berechtiget, son<strong>de</strong>rn auch wieweit die Mediatlandstän<strong>de</strong>, Landsassen <strong>und</strong> Untertanen in Kraft<br />

<strong>de</strong>sselben schuldig <strong>und</strong> gehalten seien, <strong>de</strong>r Exekutionsordnung gebühren<strong>de</strong> Folge zu leisten, <strong>und</strong> ihren<br />

Landsfürsten, Herrschaften <strong>und</strong> Oberen zu Besetz <strong>und</strong> Erhaltung <strong>de</strong>r ihnen zugehörigen nötigen(!)<br />

Festungen, Plätze <strong>und</strong> Besatzungen mit hülfflichem Beitrag gehorsamlich an die Hand zu gehen“ 106 .<br />

Der Kaiser klei<strong>de</strong>t seine Ablehnung in die wahlkapitulationsmäßige Form, er wolle je<strong>de</strong>n bei seiner<br />

hergebrachten Befugnis kräftig schützen, weshalb ihm nichts angenehmer gewesen wäre, als es bei<br />

<strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>s Reichsabschie<strong>de</strong>s von 1654 in <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>s Landfrie<strong>de</strong>ns zu belassen. Jetzt<br />

habe er erkennen müssen, dass eine ganz neue <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>n vorigen Reichsabschie<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Westfälischen<br />

Frie<strong>de</strong>n nicht übereinstimmen<strong>de</strong> Reichskonstitution <strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re dieses nachgesucht<br />

wer<strong>de</strong>, „dass eines je<strong>de</strong>n Kurfürsten <strong>und</strong> Stands <strong>Landstän<strong>de</strong></strong>, Landsassen, Städte <strong>und</strong> Untertanen nicht<br />

allein zur Lands<strong>de</strong>fensionsverfassung, son<strong>de</strong>rn auch zur Handhab- <strong>und</strong> Erfüllung <strong>de</strong>r gedachtem Instrumento<br />

pacis nicht zuwi<strong>de</strong>rlaufen<strong>de</strong>n Bündnissen, wie auch nicht nur zur Erhalt <strong>und</strong> Besetzungen<br />

<strong>de</strong>r nötigen, son<strong>de</strong>rn in<strong>de</strong>finite <strong>de</strong>r Festungen, Orte <strong>und</strong> Plätze, auch zur Verpflegung <strong>de</strong>r Völker <strong>und</strong><br />

an<strong>de</strong>rn hierher gehörigen Notwendigkeiten ... die je<strong>de</strong>s Mal erfor<strong>de</strong>rte Mittel, <strong>und</strong> folgentlich alles,<br />

was an sie, <strong>und</strong> so oft es begehrt wird, gehorsam <strong>und</strong> unweigerlich darzugeben schuldig seien, <strong>und</strong><br />

dass einige Klage <strong>de</strong>r Untertanen we<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>m kaiserlichen Reichshofrat, noch Kammergericht, hierwi<strong>de</strong>r<br />

nicht angenommen, <strong>und</strong> alle Prozesse <strong>und</strong> Mandata sowohl <strong>de</strong>r vergangenen, als gegenwärtig<br />

<strong>und</strong> künftigen Zeit abgetan <strong>und</strong> aufgehoben seien, auf <strong>de</strong>nen <strong>Landstän<strong>de</strong></strong>n, Landsassen <strong>und</strong> Untertanen<br />

einige privilegia <strong>und</strong> exemtiones, <strong>und</strong> wie sie auch Namen haben, o<strong>de</strong>r zu was Zeit selbiger erlangt<br />

sein möchten, nicht zustatten kommen sollen; ...“ 107 .<br />

Das Kommissions<strong>de</strong>kret <strong>de</strong>s Kaisers erklärt zwar, er könne Kurfürsten, Fürsten <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Reichsstän<strong>de</strong>,<br />

die weitergehen<strong>de</strong> Rechte, als im § 180 JRA festgestellt seien, gegen ihre Untertanen <strong>und</strong><br />

Landsassen rechtmäßig hergebracht hätten, dabei schützen. Der Kaiser sei aber nicht bereit, eine Aus<strong>de</strong>hnung<br />

dieses Paragraphen gr<strong>und</strong>sätzlich „zumalen ungehört <strong>und</strong> unvernommener“ Weise zuzulassen,<br />

schon gar nicht darein zu willigen, dass Gerichtsverfahren in <strong>de</strong>rartigen Angelegenheiten kassiert<br />

<strong>und</strong> die Beschwer<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n hohen Reichsgerichten nicht zugelassen wer<strong>de</strong>n solle; vielmehr wür<strong>de</strong> er<br />

sich veranlasst sehen „einen je<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>me, wessen er berechtiget, <strong>und</strong> wie es bis dato observiert wor<strong>de</strong>n,<br />

in alle Wege verbleiben zu lassen“ 108 . Nach Auffassung <strong>de</strong>s Kaisers verhalte er sich damit entsprechend<br />

<strong>de</strong>m Westfälischen Frie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Reichskonstitutionen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Reichsherkommen.<br />

Zwar wur<strong>de</strong> die Zusage erneuert, dass <strong>de</strong>n Reichsstän<strong>de</strong>n gegen solche Landsassen <strong>und</strong> Untertanen,<br />

die gegen ihre Lan<strong>de</strong>sherrn sich <strong>de</strong>n Schutz bei an<strong>de</strong>rn Potentaten <strong>und</strong> Republiken vermittels irgendwelcher<br />

Verträge, wie immer die hießen, suchten, das Recht zustehe, sich auch mit Assistenz benachbarter<br />

Stän<strong>de</strong> gegen die ungehorsamen <strong>und</strong> wi<strong>de</strong>rsätzlichen Untertanen bei ihrer „wissentlichen Be­<br />

105 Sammlung (Anm. 64) Teil IV, S. 83ff.<br />

106 Ebda., S. 83.<br />

107 Ebda., S. 84.<br />

108 Ebda.<br />

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