Reichsverfassung und Landstände - obere-meerbach.de
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gierung von Land <strong>und</strong> Leuten gemäß seiner kurfürstlichen Wahlkapitulation <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Herkommen<br />
eingesetzt wird entsprechend <strong>de</strong>n Rechten seiner Vorgänger <strong>und</strong> dass <strong>de</strong>n <strong>Landstän<strong>de</strong></strong>n die von alters<br />
her eingeräumten Rechte <strong>und</strong> hergebrachten Privilegien, Freiheiten <strong>und</strong> Gerechtigkeiten restituiert <strong>und</strong><br />
redintegriert wür<strong>de</strong>n, war <strong>de</strong>r künftigen Entwicklung eines „dominatus absolutus“, wie er Sötern vorgeworfen<br />
wor<strong>de</strong>n war, ein fester Riegel vorgeschoben.<br />
Nunmehr war die Stellung <strong>de</strong>r <strong>Landstän<strong>de</strong></strong> ebenso wie die <strong>de</strong>s Domkapitels reichsrechtlich sanktioniert,<br />
<strong>und</strong> auch die immer wie<strong>de</strong>r umstrittenen Wahlkapitulationen <strong>de</strong>r Kurfürsten 100 waren jetzt<br />
reichsrechtlich anerkannt <strong>und</strong> damit tatsächlich, wie 20 Jahre vorher behauptet, zur lex f<strong>und</strong>amentalis,<br />
zum Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>de</strong>r Trierer Staatsverfassung gewor<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>r künftige Versuch, gegen sie anzugehen,<br />
musste als Angriff auf die reichsverfassungsmäßigen Rechte <strong>de</strong>r Beteiligten erscheinen <strong>und</strong> vor<br />
<strong>de</strong>n Reichsgerichten en<strong>de</strong>n. Fortan galt die geschworene erzbischöfliche Kapitulation als „norma et regula<br />
<strong>de</strong>r kurfürstlichen Regierung“ 101 <strong>und</strong> verband <strong>de</strong>n Erzbischof, die geistlichen wie auch weltlichen<br />
<strong>Landstän<strong>de</strong></strong> im Falle künftiger Reichs-, Land- <strong>und</strong> Kammersteuern weiterhin, wie hergebracht, auf<br />
Landtagen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren or<strong>de</strong>ntlichen Zusammenkünften bei ihrem freien Stimmrecht <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Entscheidung<br />
über <strong>de</strong>n modus quotisandi zu belassen sowie ihre For<strong>de</strong>rungen nach Rechnungslegung hinzunehmen;<br />
lediglich bei Nichtvergleichung <strong>de</strong>r Stän<strong>de</strong> blieb es nach <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>r Obrigkeit<br />
bei <strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>sfürstlichen Inspektion <strong>und</strong> Direktion.<br />
Dieser in Trier von <strong>de</strong>n kaiserlichen Reichssub<strong>de</strong>legierten, die von Kurmainz, Kurköln <strong>und</strong> Bamberg<br />
gestellt waren, unterschriebene <strong>und</strong> gesiegelte Rezess stellt augenfällig unter Beweis, dass das Reich<br />
auch nach <strong>de</strong>m Westfälischen Frie<strong>de</strong>n min<strong>de</strong>stens im rheinischen Raum durchaus <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>r<br />
Oberherrschaft von Kaiser <strong>und</strong> Reich Geltung verschaffen konnte, auch wenn sich diese nicht weiter<br />
erstrecken sollten, als es – um mit <strong>de</strong>n Worten Mosers zu sprechen – „<strong>de</strong>n Reichsgr<strong>und</strong>gesetzen <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>m Reichsherkommen gemäß“ war 102 .<br />
Bereits wenige Jahre später, im jüngsten Reichsabschied vom 17. Mai 1654 103 , fiel auf Reichsebene<br />
eine weitere folgenreiche Entscheidung, die tief <strong>und</strong> nunmehr endgültig in die Steuerbewilligungsrechte<br />
<strong>de</strong>r <strong>Landstän<strong>de</strong></strong> eingriff. In Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>s Landfrie<strong>de</strong>ns <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r Exekutionsordnung entschied § 180 104 : „<strong>und</strong> gleich wie dieses hoch angelegene Werk zu allgemeiner<br />
Wohlfahrt, <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Heiligen Reichs beständigem Ruhestand zielet, wovon kein Kurfürst<br />
o<strong>de</strong>r Stand, auch <strong>de</strong>rselben Untertanen zu eximieren; also soll, auf <strong>de</strong>n Fall sich jemand obbesagter<br />
Exekutionsordnung wi<strong>de</strong>rsetzen, <strong>und</strong> an unserm kaiserlichen Reichshofrat o<strong>de</strong>r kaiserlichem Kammergericht<br />
einigerlei Prozess dagegen zu suchen sich gelüsten lassen wür<strong>de</strong>, ein solcher keineswegs angehört,<br />
son<strong>de</strong>rn a limine iudicii ab- <strong>und</strong> zu schuldiger Parition angewiesen, in <strong>de</strong>ssen Entstehung aber,<br />
nach Laut <strong>de</strong>r Exekutionsordnung wir <strong>de</strong>nselben zu verfahren erlaubt <strong>und</strong> freigelassen, <strong>und</strong> hiervon einiger<br />
Immediat- o<strong>de</strong>r Mediatstand, Stadt, Landsass <strong>und</strong> Untertan nicht ausgenommen, son<strong>de</strong>rlich aber<br />
sollen je<strong>de</strong>s Kurfürsten <strong>und</strong> Stands Landsassen, Untertanen <strong>und</strong> Bürger zu Besetz- <strong>und</strong> Erhaltung <strong>de</strong>r<br />
einem o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Reichsstand zugehörigen nötigen Festungen, Plätzen <strong>und</strong> Garnisonen, ihren Landsfürsten,<br />
Herrschaften <strong>und</strong> Obern mit hülfflichem Beitrag gehorsamlich anhand zu gehen schuldig<br />
sein“. Damit war die gr<strong>und</strong>sätzliche Verpflichtung <strong>de</strong>r <strong>Landstän<strong>de</strong></strong> zur Bewilligung <strong>de</strong>r beschlossenen<br />
Reichsanlagen ein<strong>de</strong>utig <strong>und</strong> bleibend bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Alten Reiches entschie<strong>de</strong>n; zugleich war <strong>de</strong>n<br />
Lan<strong>de</strong>sobrigkeiten ein Druckmittel gegen ihre Stän<strong>de</strong> in die Hand gegeben, diese zum Gehorsam zu<br />
100 Kremer (Anm. 58), S. 120f.<br />
101 Hontheim (Anm. 57) Bd. 3, S. 665.<br />
102 Johann Jakob Moser, Von <strong>de</strong>rer Teutschen Reichsstän<strong>de</strong> Lan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren <strong>Landstän<strong>de</strong></strong>n, Untertanen, Lan<strong>de</strong>sfreiheiten,<br />
Beschwer<strong>de</strong>n, Schul<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Zusammenkünften, Frankfurt <strong>und</strong> Leipzig 1769, S. 283ff.<br />
103 Sammlung (Anm. 64) Teil III, S. 640f.<br />
104 Ebda. S. 674.<br />
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