Nr. 243 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen
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schein in die Hand. „Gut so!“ „Brauchen<br />
Sie eine Quittung?“ „Natürlich“,<br />
sage ich aus alter Gewohnheit. Doch<br />
ehe er seinen Block hervorholt, bin<br />
ich im Kaufhof verschwunden.<br />
„Zur Spielwarenabteilung?“ frage ich<br />
die erstbeste Verkäuferin. Es klingt<br />
mürrisch: „Vierter Stock.“ Schon habe<br />
ich die Rolltreppe entdeckt. Doch<br />
noch ehe ich sie erreiche, ertönt das<br />
schrille Klingelzeichen: Ladenschluss.<br />
Zwischen dem ersten und dem<br />
zweiten Stock mahnt es mich zum<br />
zweiten Male und kurz darauf zum<br />
dritten. Der Mechanismus der Rolltreppe<br />
setzt aus. Doch ich lasse<br />
mich nicht beirren, laufe die Rolltreppe<br />
hinauf zum dritten Stock, und<br />
weiter, zum vierten, sehe dort das<br />
Schild „Zur Spielwarenabteilung“,<br />
husche an Gartenmöbeln und Sonnenschirmen<br />
vorbei, bewege mich<br />
ein wenig vorsichtiger durch die Porzellanabteilung<br />
und stehe plötzlich<br />
inmitten der Wunderwelt. Welch eine<br />
Fülle – das müsste mein Junge sehen!<br />
Und verglichen mit dem Bahnhofsstand,<br />
tatsächlich, die halben<br />
Preise! Da hat sich die Taxifahrt gelohnt.<br />
Der müde Gepäckträger hat<br />
die Mark mehr als verdient, die ich<br />
ihm in die Hand gedrückt habe.<br />
Ich schaue mich um, hierhin, dorthin.<br />
Das könnte es sein. Doch nein, lieber<br />
dies, nein das. Und plötzlich: So<br />
etwas habe ich schon lange gesucht!<br />
Wo ist der Verkäufer? Ich<br />
schaue nach links, schaue nach<br />
rechts, greife entschlossen nach<br />
dem Karton, klemme ihn unter meinen<br />
Arm und gehe damit zur Kasse.<br />
Sie schlummert bereits unter einer<br />
grauen Segeltuchhülle. Dann entdecke<br />
ich einen jungen Mann, der<br />
grad seinen weißen Verkäufermantel<br />
auszieht. Rasch gehe ich auf ihn<br />
zu. Sein Gesicht strahlt. „Feierabend!“<br />
und hilfsbereit fügt er hinzu:<br />
„Stellen Sie den Karton ruhig hin. Ich<br />
bringe ihn morgen an seinen Platz<br />
zurück.“<br />
Geschlagen schreite ich die Steinstufen<br />
neben der Rolltreppe hinab.<br />
Vorbei am dritten Stock, am zweiten,<br />
am ersten. Am Eingang müht sich<br />
der Wächter, mit der langen Eisenstange<br />
das Gitter herabzuziehen.<br />
Es ist 18.45 Uhr. Ich muss an meinen<br />
Zug denken. Mir bleiben nur<br />
noch vierzig Minuten. Am Bahnhofsstand<br />
muss ich unbedingt ein Spielzeug<br />
kaufen. Das erste beste. Es<br />
wird das teuerste Spielzeug sein,<br />
das ich jemals gekauft habe.<br />
„Wie komme ich am schnellsten zum<br />
Taxi-Stand?“ frage ich den Wächter.<br />
Er lehnt die lange Eisenstange ans<br />
Gitter, tritt mit mir auf die Straße hinaus.<br />
„Einfach hier entlang, knappe<br />
fünfzig Meter. Dann halblinks über<br />
die Holzbrücke, die über die U-Bahn-<br />
Baustelle führt.“ In der Eile vergesse<br />
ich, mich zu bedanken.<br />
„Von der Brücke sehen Sie die Taxis<br />
schon“, ruft er mir nach. „Vor dem<br />
Bahnhof . . .“<br />
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