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Nr. 243 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen

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erlittenen Viehseuche und Beraubung<br />

aller Pferde und Wirtschaftsgeräte<br />

nicht gezahlt werden. Der Schaden in<br />

der St. Jakobikirche, der durch die<br />

Verwüstungen entstanden ist, belief<br />

sich auf 2596 Tlr. und 60 Gr.<br />

Als am 11. Dezember die französische<br />

Besatzung die Stadt und den<br />

Kreis verließ, konnten die Bewohner<br />

frei aufatmen; aber angesichts der<br />

trostlosen Lage, in der Stadt und<br />

Land sich befanden, konnte keine<br />

rechte Freude aufkommen; auch<br />

waren die Russen noch in der Provinz,<br />

und niemand wusste, ob diese<br />

nicht noch der Stadt einen Besuch<br />

abstatten würden.<br />

Die preußische Besatzung hatte sich<br />

stets bemüht, die Bewohner zu<br />

schonen und von ihnen Not und<br />

Entbehrungen möglichst fernzuhalten.<br />

Ganz anders benahmen sich<br />

aber die Russen; auch in der Verpflegung<br />

herrschte bei ihnen grenzenlose<br />

Unordnung. Die Lieferung<br />

der Lebensmittel für die Armee hatte<br />

Bennigsen einer Gesellschaft übertragen,<br />

die ihre Pflicht nicht erfüllte,<br />

die aber doch bei ihm in gutem Ansehen<br />

stand, weil sie seinen Haushalt<br />

gut versorgte und die Wohnung<br />

für die Frau General stets aufs beste<br />

ausstattete. Die russischen Verpflegungsbeamten<br />

suchten durch unredliche<br />

Verteilung ihr geringes Einkommen<br />

zu erhöhen.<br />

Das willkürliche Fouragieren der<br />

Russen glich einem gewaltsamen<br />

Raube. Generalmajor v. d. Knesebeck<br />

schreibt darüber: „Die Not und<br />

der Druck des Landsmannes unter<br />

dem Kantschu überschreiten alle<br />

Grenzen” und Major Klüx berichtet<br />

folgendes: „Bei Heilsberg halten die<br />

Kosaken einen offenen Markt, woselbst<br />

sie alle möglichen Sachen, als<br />

Betten, Leinwand, Garn, Strümpfe,<br />

Stiefel, Handschuhe und auch geraubte<br />

Pferde öffentlich verkaufen.“<br />

Der Chefchirurg Percy von der Großen<br />

Armee schreibt in seinem Tagebuch<br />

von Allenstein: „Alles ist verwüstet.<br />

Die Vandalen können nicht<br />

ärger gehaust haben. Nach der unglaublichen<br />

Anzahl von Kuh-, Ochsen-<br />

und Schafsköpfen zu urteilen,<br />

muss jeder Soldat mindestens vier<br />

Pfund Fleisch verzehrt haben.“ Er<br />

entschuldigt aber sogleich seine<br />

Soldaten, indem er fortfährt: „Es ist<br />

ja richtig, dass sie wenig Brot bekommen<br />

und sich daher an Fleisch<br />

und Kartoffeln halten.“ Weiter<br />

schreibt er: „Überall hat man Kühe,<br />

Schweine usw. gegessen, deren<br />

Häute, Eingeweide und Köpfe noch<br />

herumlagen.“ Gewiss war der Hunger<br />

der Franzosen groß, aber der der<br />

Bewohner der Stadt war nicht minder<br />

groß, sie verhungerten ja buchstäblich,<br />

und wenn Morand noch am Tage<br />

vor dem Abmarsch (9. Dezember<br />

1807) einen Requisitionsschein dem<br />

Bürgermeister Rogalli zustellte mit<br />

folgendem Wortlaut: „Der Bürgermeister<br />

von Allenstein ist verpflichtet,<br />

20 Scheffel Hafer für die 2. Komp.<br />

der 17. Dragoner für den 10. d. Mts.<br />

zu liefern“, so zeugt das bei der in der<br />

Stadt herrschenden Hungersnot von<br />

einer mehr als rücksichtslosen Gesinnung.<br />

An Aufwendungen für das<br />

Allensteiner Lazarett entstanden lt.<br />

Spezialrechnung der Stadt Kosten in<br />

Höhe von ca. 2000 Rtlr. Auch nach<br />

dem Kriege verblieb die Sorge für<br />

die Lazarette nach dem abgeschlossenen<br />

Vertrage dem preußischen<br />

Staate. Alle kranken Mannschaften,<br />

die nicht zurückbefördert werden<br />

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