Betriebswirtschaftliche Analysen richtig visualisieren - Hichert+Partner
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Hichert, R.: <strong>Betriebswirtschaftliche</strong> <strong>Analysen</strong> <strong>richtig</strong> <strong>visualisieren</strong><br />
3 Vier Stufen der visuellen Analyse<br />
Anhand von zwei Praxisbeispielen wird weiter unten gezeigt, wie die "Management-<br />
Orientierung" einer betriebswirtschaftlichen Analyse stufenweise verbessert werden kann. Unter<br />
der Annahme, dass grafische Darstellungen dazu verwendet werden, um betriebswirtschaftliche<br />
Tatbestände klarer vermitteln zu können, lassen sich die folgende vier Stufen der Professionalität<br />
unterscheiden:<br />
Stufe 1: Datenreihen werden mehr oder weniger zufällig in Diagrammform gebracht. Es werden<br />
die Standardeinstellungen des Grafikprogramms übernommen, und es besteht keine erkennbare<br />
"Message" dieses Diagramms für den Betrachter. Die häufigsten Schwächen dieser Darstellungen<br />
sind falsche Skalierungen, unterschiedlich breite Säulen oder Balken, Legenden statt<br />
geeigneter Beschriftungen, kein gezielter Einsatz von Farbe sowie Schwächen in der Gestaltung<br />
wie "3D"-Darstellungen, Schatten und Umrahmungen.<br />
Kurz gesagt: Diagramme von Stufe 1 weisen in einem Bericht kein durchdachtes Konzept auf,<br />
ihr Verständnis ist meistens auf die persönlichen Erläuterungen des Autors angewiesen, und der<br />
Vergleich mit anderen Darstellungen im gleichen Bericht ist stark erschwert.<br />
Stufe 2: Die zugrunde liegenden Daten werden in einer gestalterisch ansprechenden und<br />
einheitlichen Form dargestellt. Der optische Vergleich mehrerer Diagramme innerhalb eines<br />
Berichtes ist deshalb möglich, weil einheitliche Skalen verwendet werden und nicht die automatische<br />
Skalierung des Grafikprogramms. (Diese automatische Skalierung, die bei großen und<br />
kleinen Zahlenwerte die zur Verfügung stehende Fläche "ausnützt", ist eine der häufigsten<br />
Schwächen in Managementberichten.)<br />
Kurz gesagt: In Stufe 2 wurde handwerklich ordentlich gearbeitet und keine der vermeidbaren<br />
Darstellungsfehler begangen: Es liegen einheitliche Titel vor, wo es erforderlich ist, werden die<br />
Quellen genannt, die Darstellung ist einheitlich festgelegt. Allerdings fehlt hier noch die "Message"<br />
– der Betrachter muss sich selbst Gedanken machen, was wohl mit diesem Diagramm<br />
gemeint sein könnte. Dadurch ist die Zeit, die der Betrachter benötigt, um ein Diagramm zu<br />
verstehen, sehr lange; dazu kommt, dass er das Diagramm erst komplett verstehen muss, um<br />
zu beurteilen, ob er überhaupt an dieser Information interessiert gewesen ist(!). Stufe 2 kann<br />
weitgehend automatisiert werden, sie benötigt im allgemeinen nicht die Unterstützung des<br />
Fachmanns: Software kann diese zweite Stufe selbständig leisten, oder aber der Controller<br />
delegiert diese Arbeit an Hilfskräfte.<br />
Stufe 3: Bei der dritten Stufe steht die "Message" im Vordergrund: Der Ersteller hat nicht ein<br />
Diagramm erstellt und überlegt dann, was hierzu wohl am besten gesagt werden sollte, sondern<br />
er hat eine Aussage (Empfehlung oder Feststellung) zu machen, die den Empfänger interessieren<br />
könnte. Der Unterschied von der zweiten zur dritten Stufe ist sehr groß, und nur die Diagramme<br />
der dritten Stufe sind Bestandteil eines professionellen Management-Berichtes. Diese<br />
Message bietet für den Leser einen ganz gravierenden Vorteil: Er muss die – möglicherweise<br />
recht komplexe – Analyse nicht erst verstehen, um beurteilen zu können, ob diese Erkenntnis<br />
überhaupt für ihn interessant ist. Dadurch kann die benötigte Betrachtungszeit von Minuten auf<br />
Sekunden(!) reduziert werden. Jedes Schaubild hat nur eine Message, und die grafische<br />
Darstellung unterstützt diese Message – nicht mehr und nicht weniger. Die Qualität des Diagramms<br />
misst sich daran, ob es geeignet ist, die Message zu unterstützen.<br />
Kurz gesagt: Stufe 3 macht klar, dass es in vielen Fällen gar nicht erforderlich ist, eine Message<br />
zu <strong>visualisieren</strong>, weil sie auch ohne ein Diagramm glaubhaft und verständlich ist (siehe Schaubilder<br />
6 und 7). Die dritte Stufe benötigt den erfahrenen Controller, nur er weiß, was er mit<br />
seiner Analyse sagen will. Nur derjenige, der etwas zu sagen hat, wird auf dieser Stufe berichten<br />
können; hier wird auch deutlich, dass die Maschine zwar die zweite Stufe erreichen kann, für die<br />
dritte Stufe bedarf es des Fachkenners.<br />
Stufe 4: Bei der vierten Stufe wird wieder ein völlig neues Informationsniveau erreicht: Aus der<br />
Arbeit mit den einfach erhältlichen Zahlen aus den üblichen Quellen der Buchhaltung, der<br />
Vertriebsstatistiken und so weiter wird durch zusätzliche Informationen, durch Schätzwerte oder<br />
andere intelligente Ergänzungen eine signifikante Erhöhung der Informationsdichte erzielt, die<br />
auf einen Blick völlig neue Einsichten vermittelt. Die vierte Stufe ist die Analyseart, die der<br />
Controller infolge fehlender Zeit oder möglicherweise auch infolge fehlender Ausbildung in der<br />
Regel nicht erreichen kann. Es ist typischerweise die Aufgabe externer Berater oder spezieller<br />
Projektteams vorbehalten, sich derartig komplexen <strong>Analysen</strong> anzunehmen. Nicht selten kann<br />
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