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Cats<br />

OUR<br />

LITERATURPREIS - 3. PLATZ<br />

Das London im Jahre 1887 dürfte dem<br />

Leser bekannt sein. Westminster<br />

Abbey, Buckingham Palace, der Tower<br />

und andere Sehenswürdigkeiten sind ebenso<br />

berühmt wie viel besucht. Nun gibt es aber<br />

auch das andere London. Jenes der dunklen<br />

Gassen, der alten Gebäude mit ihren kleinen<br />

Hinterhöfen und nicht zuletzt die üblen<br />

Spelunken, in welchen man das wahre und<br />

eigentliche Leben zu sehen bekommt. Und<br />

es gibt diesen verdammten ewigen Nebel.<br />

Vielleicht ist er sogar gut. Man sieht nicht<br />

immer alles. Aber ich habe deswegen oft ein<br />

klammes Fell. Apropos Fell — ich bin Robert.<br />

Ein Kater im besten Alter und voller Tatendrang.<br />

Und das Viertel in dem ich wohne ist<br />

vielleicht nicht das schönste in London, aber<br />

es ist meines.<br />

Doch nun habe ich ihnen eine Geschichte zu<br />

erzählen. Neulich überquerte ich den kleinen,<br />

von einer Sandsteinmauer umgebenen<br />

Friedhof. Die alten Gräber, deren Steine<br />

schon von der Zeit gebeugt waren und die<br />

zum Teil von verwildertem Gesträuch überwuchert<br />

wurden, umsäumten die Wege. Es<br />

war ein gutes Jagdrevier, doch heute war ich<br />

an Mäusen nicht interessiert. Ich verließ den<br />

Friedhof über das Osttor und kam auf die<br />

Orange-Street. Gegenüber lag die verlassene<br />

Gerberei, zu der ich hinüber schlenderte.<br />

Und hier nahm ich schon wieder diesen<br />

Geruch wahr, undeutlich und zunächst sehr<br />

schwach, aber doch spürbar. Von der Gerberei<br />

konnte er nicht kommen, denn diese war<br />

seit längerer Zeit nicht mehr in Betrieb. Also<br />

bog ich in den Hinterhof der senilen Miss<br />

Ginty ein, sprang von der Mülltonne auf die<br />

Gartenmauer und ging auf dieser bis zum<br />

nächsten Anwesen. Jetzt nahm der Duft wieder<br />

zu. Leider musste ich zurück zur Straße,<br />

da die vor mir stehende Umzäunung zu hoch<br />

war. Ich schlüpfte unter einem verwitterten<br />

Holztor durch. Es war der Hintereingang zum<br />

Black Arrow, einer Hafenkneipe in der sich<br />

allerlei Gesindel herumtrieb. In letzter Zeit<br />

war diese Kaschemme gut besucht, da das<br />

Essen manchmal recht günstig war. Ich folgte<br />

dem Geruch tiefer in den Hinterhof, der<br />

immer intensiver wurde und schlich vorsichtig<br />

zwischen alten Kisten und übel riechenden<br />

Säcken in Richtung Hintereingang. Von dort<br />

kam ein ekelhafter Gestank aus der Küche,<br />

der sich mit dem Geruch verband, den ich<br />

bereits wahrgenommen hatte. Vorsichtig<br />

setzte ich Pfote vor Pfote, wich den Pfützen<br />

aus und näherte mich einer großen Truhe.<br />

Der Deckel war nicht richtig verschlossen,<br />

und ich sah etwas schmutziges, nasses daraus<br />

hervorschauen. Es war so platt wie ein Sack<br />

<strong>–</strong> und grau. Plötzlich schwang die Tür zur<br />

Kneipe auf und ein fetter Mann mit schweren<br />

Lederstiefeln polterte heraus. Ich erschrak<br />

derart über das, was ich gesehen hatte und<br />

den Mann, dass ich laut fauchte und schnell<br />

unter dem Holztor hindurch schlüpfte.<br />

Was ich gesehen hatte, musste ich unbedingt<br />

unserer Kater-Bruderschaft mitteilen. Einen<br />

Plan hatte ich schon. Am Ende der Orange-<br />

Street traf ich „Percy den Prächtigen“, ein<br />

Kumpel aus unserer Gesellschaft. Nun, um<br />

der Wahrheit die Ehre zu geben <strong>–</strong> er war<br />

eher fett als prächtig, aber ein lieber Kerl.<br />

„Hey Robert, wie geht‘s? Hast du schon<br />

gehört? Es fehlt wieder eine von uns. Diesmal<br />

hat es eine Graue erwischt!“.<br />

Die Grauen waren unsere Feinde, mit denen<br />

wir uns an der Reviergrenze öfter prügelten.<br />

„Ja, ich weiß. Wir müssen die anderen holen.<br />

Ich habe einen Verdacht. Und ich habe einen<br />

Plan“, erwiderte ich. Polizist Mc Elroy stand<br />

wie immer zur selben Zeit am gleichen Ort,<br />

in der Nähe des Black Arrow. Wir gingen<br />

inzwischen in Position. Percy war als Türstopper<br />

vorgesehen. Sobald jemand die Kneipe<br />

verlassen sollte, würde er sich an die Türe<br />

setzen, um zu verhindern, dass sie sich wieder<br />

schließt. „ Sir Archibald“ und „Winston“ vervollständigten<br />

unser Kater- Kommando und<br />

waren bereits im Lokal. Nun hing alles vom<br />

richtigen Zeitpunkt ab. Ich näherte mich Mc<br />

Elroy, der ein kleines Liedchen pfiff, mit den<br />

Füßen auf und ab wippte und die Alarmpfeife<br />

in den Händen hielt. Jetzt verließ ein<br />

angetrunkener Seemann die Spelunke und<br />

Percy platzierte seinen Hintern sofort vor die<br />

Türe. Ich setzte mein grimmigstes Gesicht auf,<br />

Barthaare nach vorne, Ohren nach hinten und<br />

ging knurrend auf Mc Elroy zu. Kreischend<br />

sprang ich an ihm hoch, schlug ihm mit meiner<br />

Pfote ins linke Bein und biss ihm in die Hand.<br />

Vor Schreck fiel ihm die Pfeife auf den Boden.<br />

Sofort schnappte ich mir die Pfeife und lief<br />

zum Eingang des Black Arrow. Ein königlicher<br />

Polizist ohne Signalpfeife <strong>–</strong> das gab es in ganz<br />

Britannien kein zweites Mal. Voller Eifer rannte<br />

Mc Elroy hinter mir her. „Du Mistvieh..,..du<br />

Kanalratte..“, hörte ich ihn rufen.<br />

Ich rannte an Percy vorbei, hinein ins Zwielicht.<br />

Zuviel Rauch, Lärm und Füße irritierten<br />

mich, so dass ich einen Moment brauchte,<br />

um mich zu orientieren. Sir Archibald und<br />

Winston riefen mir unter einem Tisch sitzend<br />

zu: „Wir müssen nach hinten, links vom Tresen.<br />

Los, wir müssen es zu dritt versuchen“.<br />

Hinter uns hörten wir schon die Schritte des<br />

Bobby. Alle drei sausten wir nach hinten und<br />

sprangen gemeinsam gegen die schwere<br />

Drehtür, die sich aber nur einen kleinen<br />

Spalt öffnete. „Du Rabenaas..“ rief Mc Elroy<br />

und holte mit dem Fuß aus. Der Tritt traf Sir<br />

Archibald in den Allerwertesten und schleuderte<br />

ihn durch die Küchentür, in die wir<br />

nun Zugang hatten. Mit der Pfeife im Maul<br />

rannte ich einem Chinesenkoch durch die<br />

Beine, Winston an meiner Seite und Sir Archibald<br />

zwischen Herd und einem Putzeimer<br />

landend. Polternd, rufend und schnaufend<br />

kam Mc Elroy hinterdrein. Winston und ich<br />

liefen um den großen Herd herum, auf einen<br />

schlecht beleuchteten Hinterraum zu. Nur<br />

eine Kerze erhellte die Szenerie. Doch was<br />

wir hier sahen, es sträubte uns das Fell. Unbeschreiblich!<br />

Mir fiel die Pfeife aus dem Maul,<br />

während Winston mit schreckgeweiteten<br />

Augen auf den kleinen Holztisch vor uns<br />

starrte. Ein übler Geruch von getrocknetem<br />

Blut kam uns in die Nase. Noch schlimmer<br />

war jedoch das gehäutete Katzenfell, das zum<br />

Trocknen unter der Decke aufgehängt war.<br />

Beide konnten wir uns nicht mehr bewegen<br />

— da stürmte Mc Elroy herein. „Ha, jetzt<br />

hab‘ich euch“. Aber auch ihm verschlug es<br />

die Sprache. „Was ist das denn?. Himmel .<br />

Katzenfell ! Katzenessen!“. Mc Elroy hatte<br />

seine Pfeife vollkommen vergessen. „Ihr<br />

verkauft hier Katzenfleisch, ihr Barbaren!“.<br />

Der Chinesenkoch hatte den Polizisten nicht<br />

vergessen und schlich zur Türe, die auf den<br />

Hinterhof führte. In diesem Moment kam Sir<br />

Archibald aus dem Putzeimer und fauchte<br />

was das Zeug hielt. Dies brachte den Bobby<br />

zur Besinnung. Mit zwei schnellen Schritten<br />

war er zur Stelle und packte den Koch am<br />

Kragen. „Hier geblieben mein gelber Freund.<br />

Du wirst in nächster Zeit kein billiges Essen<br />

mehr anbieten können“. Ich nahm wieder die<br />

Pfeife und legte sie Mc Elroy zu Füßen. Der<br />

Bobby nahm sie sich und rief nun damit seine<br />

Kollegen zu Hilfe. „Tja, ihr Katerchen, wenn<br />

ich es nicht besser wüsste, müsste ich davon<br />

ausgehen, dass ihr mich mit Absicht hierher<br />

geführt habt, hm..?“.<br />

Als die Kollegen eintrafen, den Koch sowie<br />

den Besitzer der Kneipe abführten, war das<br />

Lokal bereits menschenleer. Lumpenpack<br />

mag eben keine Polizei und keine Katzen.<br />

Und einer hielt unerschütterlich und mit<br />

stoischer Ruhe seine Position. Percy ,der<br />

Türstopper.<br />

52 Our Cats

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