Bleibe in der Zeit - Community of Protestant Churches in Europe

Bleibe in der Zeit
Neue Gottesdienste für eine sich verändernde Gesellschaft
6.3 Gottesdienste im Lebenslauf
6.3.1 Kasualien als missionarische Gelegenheit
Mit Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung ist Kirche präsent in besonderen Schwellensituationen
im Lebenslauf. Diese Kasualien werden auch gesucht von den Gemeindegliedern,
die den Gottesdienst nicht besuchen. Kirchen in Mittelosteuropa berichten davon, dass sie in
ihren Agenden diesen Aufgaben nun besondere Aufmerksamkeit widmen (Polen). Die persönliche
Situation soll im Gottesdienst aufgenommen und angesprochen werden (Rumänien). Insbesondere
bei Kasualgottesdiensten öffnen sich Kirchen nationaler Minderheiten für Mehrsprachigkeit
oder Gottesdienste in der Mehrheitssprache. Der missionarische Charakter von Kasualien,
zu denen oft viele Nichtgemeindeglieder oder Kirchenferne erreicht werden, wird als wichtige
Chance des Gemeindeaufbaus gesehen.
6.3.2 Einbindung von Kasualien in die Gemeinde
Zugleich geschieht eine Rückbindung von Kasualien an den Hauptgottesdienst. Taufen werden
wieder stärker in den Hauptgottesdienst integriert, wo die ganze Gemeinde in die Feier einbezogen
ist und die Aufnahme in die Gemeinde im Mittelpunkt steht. Trauungen und Beerdigungen
werden über die Fürbitten im Bewusstsein der Gemeinde verankert. In den kleinen Gemeinden
in der Ukraine stehen bei der Trauerarbeit von der Aussegnung und der Nachtwache
am Sarg bis zur Beerdigung ein großer Teil der Gemeinde den trauernden Angehörigen zur Seite,
und auch die – wenigen – Hochzeiten werden unter großer Beteiligung der Gemeinde gefeiert.
6.3.3 Nachholende Kasualarbeit in der ehemaligen Sowjetunion
Hier wie in anderen sozialistischen Ländern ist immer noch der Bedarf nachholender
Kasualarbeit zu spüren. Gelegentlich werden Erwachsene, die als Kinder nicht getauft waren, in
die Gemeinde aufgenommen und unter großer Anteilnahme der Gemeinde getauft. Während
aber im russischen Raum unter Deutschstämmigen Taufen selbst in den Verfolgungszeiten
meist heimlich von älteren Frauen (Männer als Führungspersönlichkeiten der Gemeinden waren
deportiert) durchgeführt worden waren, bzw. seit Ende der 70er Jahre auch von Evangelischen
in der orthodoxen Kirche erbeten wurden, gab es die Möglichkeit für Konfirmandenunterricht und
Konfirmationen erst in den letzten zwanzig Jahren. In Konfirmandengruppen in der Ukraine und
Russland findet man bis heute zahlreiche erwachsene Gemeindeglieder. Konfirmationen bilden
oft auch besondere Festgottesdienste, an denen evangelisches Profil der Gemeinden deutlich
wird und an denen die Gemeinde in besonderen Maß Anteil nimmt.
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