02.11.2013 Aufrufe

Bleibe in der Zeit - Community of Protestant Churches in Europe

Bleibe in der Zeit - Community of Protestant Churches in Europe

Bleibe in der Zeit - Community of Protestant Churches in Europe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Bleibe</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Die Feier des Gottesdienstes <strong>in</strong> den Kirchen <strong>der</strong> Regionalgruppe<br />

5.2.1 Das Wort im evangelischen Gottesdienst<br />

5.2.1.1 Die Predigt<br />

Die Beschreibung des Gottesdienstes als e<strong>in</strong> dramaturgisches Geschehen <strong>in</strong> dessen Mitte die<br />

Verkündigung und Aktualisierung des Wortes steht (Evangelisch-reformierte Kirche <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schweiz) gibt die zentrale Bedeutung <strong>der</strong> Predigt wie<strong>der</strong>. Zugleich wird deutlich, dass Lie<strong>der</strong>,<br />

Lesungen und liturgische Elemente nicht nur e<strong>in</strong>en äußeren Rahmen bilden, son<strong>der</strong>n zum Geschehen<br />

<strong>der</strong> Wortverkündigung selbst zu zählen s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Predigt geschieht die Aktualisierung<br />

des Wortes, sei es als Auslegung und Erklärung e<strong>in</strong>es biblischen Textes, o<strong>der</strong> als Zeugnis<br />

von Glaubenserfahrungen. Dort wo e<strong>in</strong>e theologische Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> kommunistischen <strong>Zeit</strong><br />

nicht o<strong>der</strong> nicht ausreichend möglich war, hat die Lesepredigt e<strong>in</strong>e lange Tradition. In den Geme<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> Russland werden zum Teil heute noch die Predigten von Pfarrer Carl Blum aus dem<br />

ausgehenden 19. Jahrhun<strong>der</strong>t gelesen. Ansonsten s<strong>in</strong>d Lesepredigten die Ausnahme für den<br />

Fall, dass ke<strong>in</strong> Pfarrer für den Gottesdienst zur Verfügung steht.<br />

In reformierten und methodistischen Gottesdiensten wird <strong>der</strong> Predigt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mehr <strong>Zeit</strong> e<strong>in</strong>geräumt<br />

als <strong>in</strong> den lutherischen Gottesdiensten, <strong>in</strong> denen die Liturgie, Gesang und Lesungen<br />

e<strong>in</strong>en größeren Raum e<strong>in</strong>nehmen. Wenn <strong>in</strong> Mittelosteuropa beobachtet wird, dass Gottesdienste<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong>sgesamt etwas länger s<strong>in</strong>d, ist das vor allem auf e<strong>in</strong>e ausführlichere Predigt<br />

zurückzuführen.<br />

Nahezu ausschließlich wird die Predigt als Monolog des Pfarrers von <strong>der</strong> Kanzel o<strong>der</strong> dem Lesepult<br />

gehalten. Zwar s<strong>in</strong>d – vor allem <strong>in</strong> den größeren Kirchen – auch an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Predigt<br />

bekannt (wie z.B. Dialogpredigt), doch werden sie nur zu beson<strong>der</strong>en Anlässen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> alternativen<br />

Gottesdiensten e<strong>in</strong>gesetzt. E<strong>in</strong> großes Anliegen ist es für die Prediger, die Sprache<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu treffen. Die Sprache des Volkes muss gesprochen werden (gegebenenfalls<br />

zweisprachige Verkündigung), sie soll nahe an den sozialen Gegebenheiten se<strong>in</strong> und mit den<br />

angesprochenen Menschen zu tun haben. Theologisches Vokabular (Gnade, Parusie…) muss<br />

immer neu erklärt werden. Die Sprache <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de unterscheidet sich allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Kirchen. Dort wo <strong>der</strong> Gottesdienst e<strong>in</strong>er nationalen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Vergewisserung<br />

<strong>der</strong> eigenen Identität dient, orientiert sich die Sprache <strong>der</strong> Predigt stärker an <strong>der</strong> Tradition, als<br />

dort, wo junge Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> angesprochen werden. Das Beispiel <strong>der</strong> Lesepredigten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

brü<strong>der</strong>geme<strong>in</strong>dlichen Tradition <strong>der</strong> Evangelisch-Lutherischen Kirche <strong>in</strong> Russland zeigt <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

deutlicher Weise, wie <strong>der</strong> Predigt e<strong>in</strong>e traditionelle Sprache vorbehalten se<strong>in</strong> kann und diese<br />

als angemessen empfunden wird. Sie entspricht zum Teil noch dem Deutsch, das die alten<br />

Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> bis heute sprechen, erreicht jedoch die mittlere und jüngere Generation kaum<br />

mehr.<br />

34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!