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4 einen Mietvertrag fest." Erweiterte Optionen für eine umfassende öffentliche Wohnraumbewirtschaftung wurden den Gemeinden mit den Wohnungsmangelverordnungen vom 23.9.1918 und 11.5.1920 sowie, diese ersetzend, mit dem Wohnungsmangelgesetz vom 26.7.1923 an die Hand gegeben. Um eine Verringerung des Wohnungsbestandes zur verhindern, durfte der Abbruch von Gebäude-(teile)n und die Vereinigung mehrerer Wohnungen untersagt sowie die Benutzung von Wohnräumen zu gewerblichen Zwecken verboten werden. Die einschneidendste Maßnahme war, "daß die Verteilung des vorhandenen Wohnraums der öffentlichen Hand übertragen und damit der freie Wohnungsmarkt ausgeschaltet wurde." 7 Die Wohnungsmangelverordnungen gaben den Gemeinden - nach dem Ermessen der Landeszentralbehörde - die Befugnis, unbenutzte (Wohn)-Räume durch Zuweisung von Wohnungssuchenden selbst zu belegen. Mit steigender Wohnungsnot verschärften sich die Bestimmungen, auf deren Grundlage die Vergabe freier Wohnungen geregelt werden sollte. Art.2 des Gesetzes über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel vom 11.Mai 1920 ermächtigte die Gemeindebehörden mit Zustimmung des Reichsarbeitsministers "zu Eingriffen in die Freizügigkeit sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung und des Eigentums, soweit solche Eingriffe zur Behebung oder Milderung der Wohnungsnot dringend erforderlich sind.." Die Maßnahmen gipfelten in dem ausschließlichen - die Verfügungsgewalt und den privaten Wohnungsnachweis ausschaltenden - Zuweisungsrecht der gemeindlichen Wohnungsämter: Zunächst nur für ganze Wohnungen, mit Verschärfung der Not auch für einzelne leere bzw. möblierte Zimmer. Schließlich griff eine Reihe von Gemeinden zu dem "Verzweiflungsmittel der Beschlagnahme einzelner, im Verhältnis zur Bewohnerzahl überzähliger Räume", um sie durch Umbauten und Einrichtung von Kochgelegenheiten als Teilwohnungen in Gebrauch zu nehmen. "Wo solche Abtrennungen nicht möglich waren, mußten zwei, auch drei Haushaltungen in einer Wohnung untergebracht werden, wobei der Hauptwohnungsinhaber auch gezwungen werden konnte, Küche, Abort, Flur, Keller, Speicher usw. durch die Untermietpartei mitbenutzen zu lassen.." 8 Grundlage für die Realisierung des Zuweisungsrechts der gemeindlichen Wohnungsämter war der "amtliche Wohnungsnachweis", d.h. die Erfassung frei werdenden, leerstehenden oder sonst vergabefähigen (Wohn)Raums über die Meldepflicht für Hauseigentümer bzw. Vermieter. Den örtlichen Wohnungsämtern war die Aufgabe übertragen, den geringen Bestand verfügbarer Wohnräume nach Kriterien 'sozialer Gerechtigkeit' zu verteilen. "Die Vergebung beruhte fast überall auf sogenannten 'Vormerkungslisten', in welche die Wohnungssuchenden eingetragen wurden, wobei Unterschiede im Grade der Vormerkung üblich waren." 9 Als vordringlich Wohnungssuchende galten "Deutsche, die unter den Einwirkungen des Krieges ... geflüchtete oder vertrieben worden sind" (Art. 4a Gesetz über Maßnahmen

gegen Wohnungsmangel vom 11.5.1920 [RGBl. Nr.107, S.949]), aber auch kinderreiche Familien, Kriegsbeschädigte und Lungenkranke. 5 Zusammenfassend ist festzuhalten: Mit dem Reichsmietengesetz vom 24.3.1922, dem Mieterschutzgesetz vom 1.6.1923 sowie dem Wohnungsmangelgesetz vom 26.7.1923 wurden Grundprinzipen der Wohnraumbewirtschaftung - Mietpreiskontrolle, Mieterschutz, Wohnraumerhaltung und Wohnraumverteilung - gesetzlich ausformuliert. "Diese drei Gesetze, die aus dem gleichen Gedanken heraus geboren sind, nämlich als Mittel zur Steuerung der Wohnungsnot zu dienen, sind in ihrer weiteren Entwicklung verschiedene Wege gegangen." 10 Während das RMG und das MSchG als Instrumente der Wohnraumbewirtschaftung an Bedeutung verloren und - in deutlich entschärfter Form - als 'Schutzgesetze' in die Ausgestaltung des Sozialstaats übernommen wurden, verschwand das Wohnungsmangelgesetz vorübergehend aus der Rechtsordnung. Eine ständige Beschränkung der Freizügigkeit und der Unverletzlichkeit von Eigentum und Wohnung war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Es entsprach seinem Charakter als 'Notrecht', daß die Bestimmungen zunächst liberalisiert und der Anwendungsbereich sukzessive eingeengt wurde. Am 1.3.1933 wurde das ursprünglich auf den März 1934 befristete Wohnungsmangelgesetz außer Kraft gesetzt. Erst unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen schärfte die öffentliche Hand erneut ihre gesetzlichen und administrativen Instrumente zur Steuerung der Wohnungsnot und zur Bewirtschaftung von Wohnraum. Im Ausgang dieser Entwicklung stand eine mit tiefen und umfassenden Eingriffen in Grundsätze der Freizügigkeit/in Privatsphären verbundene Wohnraumbewirtschaftung. Hier wurde hinsichtlich der Wohnraumlenkung eine Kontinuität begründet, die sich vom Ausbruch des Krieges über den Zusammenbruch bis Anfang der 50er Jahre verfolgen läßt. Erste nachhaltige Eingriffe im Sinne einer Wohnraumlenkung ermöglichte die '(Durchführungs)Verordnung des Reichskommissars für die Preisbildung zur Erleichterung der Wohnungsbeschaffung für kinderreiche Familien' vom 20.4.1939 (15.6.1939). Interventionsund Lenkungsmöglichkeiten, die man den mit der Mietpreisbildung befaßten Behörden zusprach, waren jedoch insofern beschränkt, als sie auf eine besondere Zielgruppe als begünstigtem Personenkreis (Familien mit mindestens vier Kindern unter 18 Jahren) ausgerichtet waren und die potentiellen, d.h. frei werdenden Wohnobjekte relativ eng definiert wurden (§§ 1,2). Außerdem blieben den Wohnungseignern bzw. Vermietern weitgehende Rechte in Bezug auf die Auswahl der kinderreichen Familien und hinsichtlich der Rechtsmittel eingeräumt. Ein erweitertes Instrumentarium wurde mit der 'Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen' vom 14.8.1942 geschaffen. Die Verordnung untersagte die "Umwandlung von Wohnungen in Räume anderer Art, z.B. Werkstätten, Dienst-, Fabrik-, Lager- oder Geschäftsräume" (§1). Behörden und andere öffentliche Dienststellen sollten,

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e<strong>in</strong>en Mietvertrag fest."<br />

Erweiterte Optionen für e<strong>in</strong>e umfassen<strong>de</strong> öffentliche Wohnraumbewirtschaftung wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Wohnungsmangelverordnungen vom 23.9.1918 und 11.5.1920 sowie,<br />

diese ersetzend, mit <strong>de</strong>m Wohnungsmangelgesetz vom 26.7.1923 an die Hand gegeben.<br />

Um e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung <strong>de</strong>s Wohnungsbestan<strong>de</strong>s zur verh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n, durfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Abbruch von<br />

Gebäu<strong>de</strong>-(teile)n und die Vere<strong>in</strong>igung mehrerer Wohnungen untersagt sowie die Benutzung<br />

von Wohnräumen zu gewerblichen Zwecken verboten wer<strong>de</strong>n. Die e<strong>in</strong>schnei<strong>de</strong>ndste Maßnahme<br />

war, "daß die Verteilung <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nen Wohnraums <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Hand übertragen<br />

und damit <strong><strong>de</strong>r</strong> freie Wohnungsmarkt ausgeschaltet wur<strong>de</strong>." 7 Die Wohnungsmangelverordnungen<br />

gaben <strong>de</strong>n Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n - nach <strong>de</strong>m Ermessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>szentralbehör<strong>de</strong> -<br />

die Befugnis, unbenutzte (Wohn)-Räume durch Zuweisung von Wohnungssuchen<strong>de</strong>n selbst<br />

zu belegen.<br />

Mit steigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnungsnot verschärften sich die Bestimmungen, auf <strong><strong>de</strong>r</strong>en Grundlage die<br />

Vergabe freier Wohnungen geregelt wer<strong>de</strong>n sollte. Art.2 <strong>de</strong>s Gesetzes über Maßnahmen<br />

gegen Wohnungsmangel vom 11.Mai 1920 ermächtigte die Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>behör<strong>de</strong>n mit Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Reichsarbeitsm<strong>in</strong>isters<br />

"zu E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> die Freizügigkeit sowie die Unverletzlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung und<br />

<strong>de</strong>s Eigentums, soweit solche E<strong>in</strong>griffe zur Behebung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mil<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnungsnot<br />

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Die Maßnahmen gipfelten <strong>in</strong> <strong>de</strong>m ausschließlichen - die Verfügungsgewalt und <strong>de</strong>n privaten<br />

Wohnungsnachweis ausschalten<strong>de</strong>n - Zuweisungsrecht <strong><strong>de</strong>r</strong> geme<strong>in</strong>dlichen Wohnungsämter:<br />

Zunächst nur für ganze Wohnungen, mit Verschärfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Not auch für e<strong>in</strong>zelne leere<br />

bzw. möblierte Zimmer. Schließlich griff e<strong>in</strong>e Reihe von Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>m "Verzweiflungsmittel<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Beschlagnahme e<strong>in</strong>zelner, im Verhältnis zur Bewohnerzahl überzähliger<br />

Räume", um sie durch Umbauten und E<strong>in</strong>richtung von Kochgelegenheiten als Teilwohnungen<br />

<strong>in</strong> Gebrauch zu nehmen.<br />

"Wo solche Abtrennungen nicht möglich waren, mußten zwei, auch drei Haushaltungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung untergebracht wer<strong>de</strong>n, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptwohnungs<strong>in</strong>haber<br />

auch gezwungen wer<strong>de</strong>n konnte, Küche, Abort, Flur, Keller, Speicher usw.<br />

durch die Untermietpartei mitbenutzen zu lassen.." 8<br />

Grundlage für die Realisierung <strong>de</strong>s Zuweisungsrechts <strong><strong>de</strong>r</strong> geme<strong>in</strong>dlichen Wohnungsämter<br />

war <strong><strong>de</strong>r</strong> "amtliche Wohnungsnachweis", d.h. die Erfassung frei wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, leerstehen<strong>de</strong>n<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonst vergabefähigen (Wohn)Raums über die Mel<strong>de</strong>pflicht für Hauseigentümer bzw.<br />

Vermieter. Den örtlichen Wohnungsämtern war die Aufgabe übertragen, <strong>de</strong>n ger<strong>in</strong>gen Bestand<br />

verfügbarer Wohnräume nach Kriterien 'sozialer Gerechtigkeit' zu verteilen. "Die Vergebung<br />

beruhte fast überall auf sogenannten 'Vormerkungslisten', <strong>in</strong> welche die Wohnungssuchen<strong>de</strong>n<br />

e<strong>in</strong>getragen wur<strong>de</strong>n, wobei Unterschie<strong>de</strong> im Gra<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vormerkung üblich waren."<br />

9 Als vordr<strong>in</strong>glich Wohnungssuchen<strong>de</strong> galten "Deutsche, die unter <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>wirkungen<br />

<strong>de</strong>s Krieges ... geflüchtete o<strong><strong>de</strong>r</strong> vertrieben wor<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d" (Art. 4a Gesetz über Maßnahmen

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