Zum Gutachten (PDF, 2,78 MB) - UCM Heidelberg GmbH
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Institut für Bauplanung und Baubetrieb<br />
Professur für Bauprozess- und<br />
Bauunternehmensmanagement<br />
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Girmscheid<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
Versinterungsproblematik Lötschberg-Basistunnel,<br />
Bereich Portal Frutigen (Nordportal)<br />
–<br />
<strong>Gutachten</strong> über die Optimierung des Unterhalts der<br />
Gewölbedrainageleitungen durch Einsatz der Härtestabilisation<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 und von Schwallspülern
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Aufgabenstellung und Ziele ............................................................................................... 3<br />
2 Ausgangssituation .............................................................................................................. 4<br />
3 Durchführung und Beobachtungen .................................................................................... 6<br />
4 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen ........................................................................ 13<br />
4.1 Strang 1 .................................................................................................................... 13<br />
4.1.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung ................................................... 13<br />
4.1.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung ................................. 14<br />
4.1.3 Ausmass des Versinterungsproblems ................................................................... 16<br />
4.1.4 Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 17<br />
4.2 Strang 2 .................................................................................................................... 21<br />
4.2.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung ................................................... 21<br />
4.2.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung ................................. 22<br />
4.2.3 Ausmass des Versinterungsproblems ................................................................... 24<br />
4.2.4 Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 26<br />
4.3 Strang 3 .................................................................................................................... 31<br />
4.3.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung ................................................... 31<br />
4.3.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung ................................. 33<br />
4.3.3 Ausmass des Versinterungsproblems ................................................................... 34<br />
4.3.4 Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 37<br />
4.4 Strang 4 .................................................................................................................... 42<br />
4.4.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung ................................................... 42<br />
4.4.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung ................................. 43<br />
4.4.3 Ausmass des Versinterungsproblems ................................................................... 45<br />
4.4.4 Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 46<br />
5 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ..................................................................................... 51<br />
5.1 Eingangswerte .......................................................................................................... 51<br />
5.2 Prognose der Unterhaltskosten ................................................................................. 55<br />
5.2.1 Postsedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes ......................................................................................... 55<br />
5.2.2 Presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes ......................................................................................... 57<br />
5.2.3 Presedimentäre Unterhaltsstrategie mit Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes in Strang 2 und Strang 3 ................................................. 59<br />
5.3 Auswertung der Prognoseergebnisse ....................................................................... 62<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
1
6 Zusammenfassung und Ausblick ..................................................................................... 66<br />
6.1 Versinterungsproblematik ........................................................................................ 66<br />
6.2 Massnahmen zur Optimierung des Unterhalts ......................................................... 68<br />
6.2.1 Einbau von Schachtdurchleitungen ...................................................................... 68<br />
6.2.2 Applikation einer wirksamen Depotsteinkonditionierung ................................... 68<br />
6.2.3 Installation von Schwallspülern ........................................................................... 70<br />
6.3 Empfehlungen für den zukünftigen Unterhalt .......................................................... 72<br />
6.3.1 Depotsteinkonditionierung ................................................................................... 72<br />
6.3.2 Depotsteinkonditionierung + Schwallspüler ........................................................ 73<br />
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2
1 Aufgabenstellung und Ziele<br />
Dieses <strong>Gutachten</strong> beschreibt das Vorgehen und die Ergebnisse der Optimierung des Unterhalts<br />
der Gewölbedrainageleitungen durch Einsatz der Härtestabilisation und eines Schwallspülers<br />
im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels. Die Untersuchungen<br />
erfolgten im Auftrag der BLS AG im Zeitraum von Juli 2008 bis Dezember 2009 und hatten<br />
folgende Ziele:<br />
1) Fortführung und Optimierung der Depotsteinkonditionierungen in den am stärksten versinternden<br />
Gewölbedrainageleitungen Strang 2 und Strang 3 (vgl. Bild 1)<br />
2) Genauere Beurteilung des Versinterungsverhaltens anhand monatlicher Kanalkameraaufnahmen<br />
in den letzten Haltungen der Gewölbedrainageleitungen vor dem Portal<br />
3) Optimierung des Unterhalts der Entwässerungsleitungen<br />
4) Nachweis der Wirtschaftlichkeit der vorgeschlagenen Lösungsalternativen<br />
5) Ableitung von Handlungsempfehlungen<br />
Dieses <strong>Gutachten</strong> schliesst thematisch und inhaltlich an frühere Untersuchungen zu den massgebenden<br />
Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung sowie zur Wirksamkeit<br />
und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der Härtestabilisation in den Gewölbedrainageleitungen<br />
im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels an (Anlage 1).<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
3
2 Ausgangssituation<br />
Seit der Inbetriebnahme des Entwässerungssystems im Bereich des Portals Frutigen des<br />
Lötschberg-Basistunnels entstanden in den Entwässerungsleitungen grosse Mengen an sehr<br />
festen Versinterungen. Betroffen von diesem Versinterungsproblem waren in beiden Tunnelröhren<br />
im Wesentlichen die letzten 100 m der Gewölbedrainageleitungen vor dem Nordportal<br />
und die daran anschliessenden Sammelleitungen, die das Drainagewasser ausserhalb des Tunnels<br />
durch die Interventionsstelle Tellenfeld abführen (Bild 1). Eine härtestabilisierende Wirkung<br />
durch allfällige, in der Sickerpackung eingebaute HAICHEM Enthärtungsstäbe konnte<br />
nicht festgestellt werden.<br />
Um die Versinterungsentstehung presedimentär zu beeinflussen, wurde Mitte 2007 zunächst<br />
provisorisch eine Dosieranlage „classic“ im Querschlag QS 1 aufgestellt und eine Flüssigkonditionierung<br />
des Drainagewassers in Strang 1 ab Schacht Nr. 5, in Strang 2 ab Schacht<br />
Nr. 5a und in Strang 3 und Strang 4 ab Schacht Nr. 4a (vgl. Bild 1) in Richtung Portal Frutigen<br />
eingerichtet. Die Dosieranlage wurde Ende 2007 in die Querverbindung QV 1 zum<br />
Dienststollen umgesetzt, um die Wartung der Dosieranlage ausgehend vom Dienststollen und<br />
unabhängig vom Verkehr im Basistunnel durchführen zu können. Die Dosierung des Wirkstoffs<br />
Polyasparaginsäure in die Gewölbedrainagen erfolgte in Form einer 40 %igen Natrium-<br />
Polyaspartat-Lösung (Baypure ® DS 100/40 %) durch Dosierschläuche mit Dosierköpfen, die<br />
jeweils ca. 1 m in den Schachtauslauf der oben genannten Schächte eingeschoben wurden.<br />
Aufgrund des unverändert hohen Versinterungsaufkommens wurde die zudosierte Wirkstoffmenge<br />
der Flüssigkonditionierung Mitte September 2007 deutlich erhöht. Allerdings konnte<br />
die Flüssigkonditionierung auch danach weder das hohe Aufkommen noch die sehr hohe<br />
Festigkeit der Versinterungen in den Entwässerungsleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
wirksam verringern. Die sehr hohe Wirkstoffkonzentration im Drainagewasser führte jedoch<br />
in Verbindung mit den relativ hohen Wassertemperaturen (10.0–15.5 °C) und den Ruhewasserstellen<br />
in den Schachtböden zu einem verstärkten Wachstum von Mikroorganismen im<br />
Entwässerungssystem (Bild 2). Denn der Wirkstoff Polyasparaginsäure ist sehr gut biologisch<br />
abbaubar. 1 Die so entstandenen Biofilme in den Gewölbedrainageleitungen behinderten bereits<br />
den Abfluss des Drainagewassers (vgl. Anlage 1, Abschn. 3.2 i. V. m. Abschn. 4.3.2).<br />
Die hohen Unterhaltsaufwendungen und die unbefriedigenden Ergebnisse des Einsatzes der<br />
Flüssigkonditionierung veranlassten die BLS AlpTransit AG im Dezember 2007, die ETH<br />
Zürich mit der Klärung der massgebenden Versinterungsursachen und -mechanismen sowie<br />
der Beurteilung der Einsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit einer Härtestabilisation im Bereich<br />
des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels zu beauftragen. Die Ergebnisse dieser<br />
Untersuchungen wurden im Mai 2008 in einem Bericht zusammengefasst (Anlage 1).<br />
1<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.7.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
4
Bild 1: Situation Bergwasser-Entwässerungssystem Lötschberg-Basistunnel, Portal Frutigen<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
5
Bild 2: Links oben: Lötschberg-Basistunnel, 02.10.2007: Vermutlich biologische Schleimbildung durch<br />
Mikroorganismen aus dem Entwässerungssystem im Bereich Portal Frutigen 2 ;<br />
Rechts oben: Lötschberg-Basistunnel, Oströhre, Strang 4, Schacht Nr. 3 (vgl. Bild 1), 20.11.2007:<br />
Einen Schacht nach der Dosierstelle, Schachtsohle deutlich mit grün-braunen Algen/Biofilm bewachsen<br />
Unten: Lötschberg-Basistunnel, Oströhre, Strang 3, Schacht Nr. 2 (vgl. Bild 1), 20.01.2008: Versinterungen<br />
in der Schachtdurchleitung deutlich mit grün-braunen Algen/Biofilm durchzogen und belagert<br />
3 Durchführung und Beobachtungen<br />
Im Rahmen der ersten Untersuchungen von Dezember 2007 bis Mai 2008 wurden von der<br />
ETH Zürich zunächst am 20.01.2008 die Gewölbedrainage West in der Weströhre (Strang 1)<br />
und die Gewölbedrainage West in der Oströhre (Strang 3) (vgl. Bild 1) auf eine Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 umgestellt. Nach der Entfernung eines Vollverschlusses<br />
am 25.02.2008 (vgl. Anlage 2) wurden auch in der Gewölbedrainage Ost in der<br />
Weströhre (Strang 2) die Flüssigkonditionierung abgestellt und Depotsteine Baypure ® DSP<br />
Tabs 200 in die ersten fünf Schächte ab Portal Frutigen bis QS 1 eingebaut. Gleichzeitig wurde<br />
die Depotsteinkonditionierung im Strang 3 optimiert, durch Erhöhung der Depotsteinmenge<br />
in den ersten drei Schächten unter QS 1 (Tabelle 1; vgl. Anlage 1, Abschn. 4.3.1).<br />
2<br />
Kolb, Roger: AGr <strong>MB</strong>WS: Dosieranlage QS1. Emch+Berger AG, Bern, 2007-10-03, 09.56 Uhr. – E-Mail an<br />
Galli, Marco, Ingenieurbüro Galli + Partner AG, Glattbrugg.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
6
Bis zum ersten Quartal 2008 wurden die Gewölbedrainagen im Bereich des Portals Frutigen<br />
des Lötschberg-Basistunnels stets ohne Kamerabefahrung gereinigt. <strong>Zum</strong> ersten Mal kam die<br />
parallele Kamerabefahrung bei der Öffnung des Vollverschlusses im Strang 2 am 25.02.2008<br />
zum Einsatz. Dabei erkannte man, dass die Gewölbedrainagen grosse Mengen an sehr festen<br />
Altablagerungen in der Sohle, den Kämpfern und im Scheitel aufwiesen, die den verfügbaren<br />
Rohrquerschnitt stark einengten und so eine grosse Gefahr für das Auftreten eines erneuten<br />
Vollverschlusses darstellten bzw. die Funktionsdauer der Leitung bis zum nächsten Vollverschluss<br />
sehr stark verkürzten. Aus diesem Grund wurde im zweiten Quartal 2008 eine Grundreinigung<br />
aller vier Gewölbedrainagen beider Tunnelröhren im Portalbereich Frutigen unter<br />
Kamerabefahrung vorgenommen (Tabelle 1; vgl. Anlagen 3–7).<br />
Die Grundreinigung der Gewölbedrainageleitungen im Bereich abstromig von QV 01 war<br />
sehr aufwendig und benötigte insgesamt sechs Reinigungsschichten, da die Ablagerungen<br />
stellenweise eine sehr hohe Festigkeit aufwiesen und die Zugänglichkeit der Gewölbedrainagen<br />
mit der Kettenschleuder aufgrund baulicher Defizite eingeschränkt ist (vgl.<br />
Abschn. 4.1.1). So musste in Strang 1 auf den letzten 5–10 m ein massiver Riegel harter Altablagerungen<br />
mittels Vibrationsrotierdüse aufgebrochen und ausgespült werden, weil dieser<br />
Bereich ausgehend vom Schacht Nr. 0 nicht mittels Kettenschleuder zugänglich ist. 3<br />
In Strang 2 und Strang 3 konnten sich die Versinterungen dank der Härtestabilisation mit den<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 seit Januar bzw. Februar 2008 nicht mehr verfestigen. Trotzdem<br />
befanden sich unter dem Versinterungsschlamm auch in diesen Leitungen noch harte Altablagerungen<br />
auf der Sohle und im Scheitel. Im Strang 2 wurden die harten Altablagerungen im<br />
Scheitel ca. 20 m und ca. 32 m stromabwärts von Schacht Nr. 2 mittels Kettenschleuder<br />
entfernt. Im Strang 3, im Bereich des Schachts Nr. 2 (ca. 20 m stromaufwärts bis ca. 15 m<br />
stromabwärts) wurden erhebliche Mengen an alter Zementbojake mittels Kettenschleuder<br />
gelöst.<br />
In Strang 4 mussten nahezu über die gesamte Länge der letzten Haltung harte Ablagerungen<br />
mit der Kettenschleuder entfernt werden. Eine besondere Schwierigkeit stellte dabei das<br />
Aufbrechen der harten Versinterungen über den gesamten Rohrumfang vor dem Übergang<br />
vom weissen auf das schwarze Drainagerohr beim bergmännischen Portal bei ca. 43–45 m<br />
(vgl. Bild 1) sowie der massiven Sohlversinterungen abstromig davon dar.<br />
Nach der Grundreinigung wurden zunächst die noch vorhandenen, geringen Mengen an<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 wieder in den Strang 2 und den Strang 3 eingesetzt.<br />
3<br />
Zu den Rohrreinigungsgeräten siehe Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen.<br />
Berlin : Bauwerk, 2007. Kapitel 4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
7
Tabelle 1: Tätigkeiten an den Entwässerungsleitungen im Lötschberg-Basistunnel, Portal Frutigen vor und<br />
während des gutachterlichen Versuchs<br />
Datum<br />
20. Nov. 2007<br />
Tunnelröhre West<br />
Tunnelröhre Ost<br />
UL West UL Ost UL West UL Ost<br />
(Strang 1) (Strang 2) (Strang 3) (Strang 4)<br />
Vorbegehung gutachterlicher<br />
Versuch (Schacht Nr. 0)<br />
Vorbegehung gutachterlicher<br />
Versuch (Schacht Nr. 1)<br />
Vorbegehung gutachterlicher<br />
Versuch (QV1→NP)<br />
Dez. 2007 Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera<br />
Abschaltung Flüssigkond. &<br />
20. Jan. 2008 Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200<br />
24./25. Feb. 2008<br />
25. Feb. 2008<br />
Entfernung Vollverschluss<br />
Haltung 2→1 (2)<br />
Abschaltg. Flüssigkond. &<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200<br />
Abschaltung Flüssigkond. &<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200<br />
30. März 2008<br />
Abschlussbegehung gutachterlicher Versuch für BLS AlpTransit AG (1)<br />
06./07. April 2008 Reinigung ohne Kamera (3) Reinigung ohne Kamera (3)<br />
13./14. April 2008 Reinigung mit Kamera (3) Reinigung mit Kamera (3)<br />
27./28. April 2008 Reinigung mit Kamera (4)<br />
18./19. Mai 2008<br />
25./26. Mai 2008<br />
01./02. Juni 2008<br />
Ausbau Baypure ® DSP Tabs Reinigung mit Kamera (5)<br />
Reinigung mit Kamera (5) (Zustand sauber)<br />
Reinigung mit Kamera (7)<br />
(Zustand sauber)<br />
Reinigung mit Kamera (7)<br />
(Zustand sauber)<br />
Reinigung mit Kamera (6)<br />
(Zustand sauber)<br />
08./09. Juni 2008<br />
13./14. Juli 2008 Inspektion mit Kanalkamera (8–10) Inspektion mit Kanalkamera (8–10) Inspektion mit Kanalkamera (8–10) Inspektion mit Kanalkamera (8–10)<br />
10./11. Aug. 2008<br />
31. Aug. 2008/ Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
01. Sept. 2008 Tabs 200 (11)<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200 (11)<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200 (11)<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200 (11)<br />
07./08. Sept. 2008 Inspektion mit Kanalkamera (12) Inspektion mit Kanalkamera (12) Inspektion mit Kanalkamera (12) Inspektion mit Kanalkamera (12)<br />
12./13. Okt. 2008 Ausbau Baypure ® DSP Tabs (13)<br />
Inspektion mit Kanalkamera (14) Inspektion mit Kanalkamera (14) Inspektion mit Kanalkamera (14) Ausbau Baypure ® DSP Tabs (13)<br />
Inspektion mit Kanalkamera (14)<br />
09./10. Nov. 2008 Reinigung mit Kamera (15–17) Reinigung mit Kamera (15–17)<br />
16./17. Nov. 2008<br />
(Zustand sauber)<br />
14./15. Dez. 2008 Inspektion mit Kanalkamera<br />
Reinigung mit Kamera (17–19)<br />
(Zustand sauber)<br />
Reinigung mit Kamera (17–19)<br />
11./12. Jan. 2009<br />
Inspektion mit Kanalkamera;<br />
Nachbestückung mit Baypure ®<br />
DSP Tabs 200<br />
Nachbestückung mit Baypure ®<br />
DSP Tabs 200<br />
08./09. Feb. 2009 Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera<br />
15./16. März 2009 Reinigung ohne Kamera (20) Reinigung ohne Kamera (20)<br />
22./23. März 2009 Reinigung ohne Kamera (21) Reinigung ohne Kamera (21)<br />
Mitte April 2009 Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera Inspektion mit Kanalkamera<br />
03. Mai 2009<br />
17. Mai 2009<br />
13./14. Sept. 2009<br />
Nachbestückung mit Baypure ®<br />
DSP Tabs 200<br />
Entscheid für die Installation<br />
eines Schwallspülers<br />
Reinigung<br />
Installation des Schwallspülers<br />
(Stauhöhe 600 mm) (22–23)<br />
Nachbestückung mit Baypure ®<br />
DSP Tabs 200<br />
Abschaltung Flüssigkond. &<br />
Bestückung mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200<br />
18./19. Okt. 2009 Inspektion mit Kanalkamera (24)<br />
15./16. Nov. 2009 Reinigung ohne Kamera Reinigung ohne Kamera<br />
22./23. Nov. 2009<br />
Reinigung /<br />
Inspektion mit Kanalkamera (25) Inspektion mit Kanalkamera /<br />
Reinigung (25, 26) Inspektion mit Kanalkamera (25) Inspektion mit Kanalkamera (25)<br />
( * ) Die Indizes (1) bis (26) entsprechen den Nummern der Anlagen zum Bericht; (1) = Anlage 1, (2) = Anlage 2, (3) = Anlage 3 usw. bis (26) = Anlage 26.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
8
Im Juli 2008 entschied sich die BLS AG für eine Fortführung des gutachterlichen Versuchs<br />
mit folgender Versuchskonstellation:<br />
– Strang 1: Ohne Härtestabilisation aufgrund der geringeren Versinterungsneigung<br />
– Strang 2: Depotsteinkonditionierung mittels Baypure ® DSP Tabs 200<br />
– Strang 3 Depotsteinkonditionierung mittels Baypure ® DSP Tabs 200<br />
– Strang 4 Flüssigkonditionierung mittels Baypure ® DS 100<br />
Die Flüssigkonditionierung wurde betreut von Marco Galli (Ingenieurbüro Galli + Partner<br />
AG) und Franziska Meier (BLS Netz AG). Die Depotsteinkonditionierung wurde betreut von<br />
Franziska Meier (BLS Netz AG) und Tobias Gamisch (ETH Zürich).<br />
Ab Mai 2008 wurden jeweils die letzten Haltungen aller vier Gewölbedrainageleitungen<br />
(Strang 1–4) einmal pro Monat mittels Kanalkamera inspiziert (Anlagen 8–10 und 12–14).<br />
Am 31. August 2008 wurden die Gewölbedrainagen durch Franziska Meier (BLS Netz AG)<br />
neu mit Baypure ® DSP Tabs 200 gemäss Bestückungsplan von der ETH Zürich (Anlage 1,<br />
Tab. 4) bestückt (Anlage 11). Wie sich später herausstellte, wurde jedoch im Rahmen dieser<br />
Bestückung jeweils nur die Hälfte der vorgesehenen Depotsteinmenge in die Schachtdurchleitungen<br />
eingebaut (siehe Anlage 13 und Anlage 16). Der Schacht Nr. 2 in Strang 2 konnte<br />
aufgrund des fehlenden Durchleitungsrohrs nur unzureichend bestückt werden. Ausserdem<br />
wurden alle vier Stränge mit Depotsteinen bestückt (Anlage 11); so auch Strang 1, der gemäss<br />
Versuchskonzept unbestückt bleiben sollte, und Strang 4, der gemäss Versuchskonzept ausschliesslich<br />
mittels Flüssigkonditionierung konditioniert werden sollte.<br />
Die Depotsteine in Strang 1 und Strang 4 wurden im Zuge der Kamerabefahrung am 12./13.<br />
Oktober 2008 wieder vollständig ausgebaut (Anlage 13). Nur die Baypure ® DSP Tabs 200 in<br />
Strang 2 und Strang 3 wurden nach der Kamerabefahrung wieder in die Schachtdurchleitungen<br />
eingesetzt.<br />
Bereits am 10. August 2008 waren die Versinterungen in Strang 2, Strang 3 und Strang 4<br />
wieder so stark, dass die Kanalkamera jeweils die letzte Haltung vor dem Portal Frutigen<br />
nicht mehr durchgängig befahren konnte (Anlage 10). Bei der Bestückung der Gewölbedrainageleitungen<br />
mit Baypure ® DSP Tabs 200 am 31. August 2008 wurden zudem in der<br />
Oströhre, in den Schächten Nr. 2 grössere Mengen an Versinterungen beobachtet. In Strang 3<br />
(Depotsteinkonditionierung) waren diese Versinterungen weich. In Strang 4 (Flüssigkonditionierung)<br />
waren diese Versinterungen sehr hart (Anlage 11).<br />
Bis zur Kamerabefahrung am 12./13. Oktober 2008 akkumulierten weitere Versinterungen in<br />
den letzten Haltungen aller vier Gewölbedrainageleitungen. In Strang 1 konnte die Kanalkamera<br />
bis ca. 25 m stromabwärts von Schacht Nr. 2 vordringen, bevor sie an einer harten<br />
Versinterungsschwelle von ca. 5–6 cm Höhe hängen blieb. In Strang 2 sank die Kanalkamera<br />
bei ca. 13 m stromabwärts von Schacht Nr. 2 in ca. 6–7 cm starke Weichablagerungen ein. In<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
9
Strang 3 konnte die Kanalkamera bis zu einem Aufstau ca. 14 m stromabwärts von Schacht<br />
Nr. 2 vordringen. Der Aufstau bestand aus Wasser und Weichablagerungen und erreichte eine<br />
Höhe von bis zu DN/2. In Strang 4 verunmöglichte eine neue, ca. 10 cm hohe und harte Versinterungsschwelle<br />
im Übergang vom weissen auf das schwarze Sickerrohr am bergmännischen<br />
Portal bei ca. 43 m die durchgängige Befahrbarkeit der letzten Haltung vor dem Portal<br />
(Anlage 14).<br />
Basierend auf diesen Beobachtungen wurden die letzten Haltungen der Gewölbedrainagen vor<br />
dem Portal Frutigen am 09./10. November 2008 (Weströhre, Strang 1 und Strang 2) bzw. am<br />
16./17. November 2008 (Oströhre, Strang 3 und Strang 4) erneut mittels Vibrationsrotierdüse<br />
gespült (Anlagen 15–19). Erneut zeigte sich dabei, dass sich die weichen, puderigen Versinterungen<br />
in den beiden mit Baypure ® DSP Tabs 200 bestückten Strängen 2 und 3 sehr leicht<br />
und rückstandsfrei ausspülen liessen (Anlage 16 und 17). Auch in den Schächten konnten die<br />
Gerinne zügig und rückstandsfrei mittels Lanze von Geländeoberkante aus gereinigt werden.<br />
Demgegenüber hatten sich in Strang 1 (unkonditioniert) erneut sehr harte Versinterungen auf<br />
der Rohrsohle gebildet. Weiterhin hatten sich in Strang 1 erneut grosse Algenteppiche/Biofilme,<br />
die aufgrund der früheren Überkonditionierung durch die Flüssigkonditionierung gewachsen<br />
waren, von den Rohrwandungen gelöst. Diese Teppiche blieben an den Versinterungen<br />
hängen und behinderten den Abfluss des Drainagewassers. Offensichtlich handelte es<br />
sich jedoch um die letzten noch vorhandenen Algen/Biofilme der früheren Flüssigkonditionierung,<br />
denn nach der Reinigung am 09./10. November 2008 wurden keine derartigen Algen-/<br />
Biofilmausschwemmungen mehr beobachtet (Anlage 15–17).<br />
Im mittels Flüssigkonditionierung behandelten Strang 4 hatten sich bis zum 16./17. November<br />
2008 über die gesamte Länge erneut harte Versinterungen auf der Rohrsohle gebildet. Insbesondere<br />
im Übergang vom weissen auf das schwarze Rohr am bergmännischen Portal bei ca.<br />
43 m abstromig von Schacht Nr. 2 sowie im daran anschliessenden, gesamten schwarzen<br />
Rohr hatten sich trotz Flüssigkonditionierung grosse Mengen an sehr harten Versinterungen<br />
gebildet, die mit der Vibrationsrotierdüse nicht vollständig entfernt werden konnten, sondern<br />
in mehreren Durchgängen mittels Kettenschleuder entfernt werden mussten. Auch im Einlauf<br />
in den Schacht Nr. 0 hatten sich trotz Flüssigkonditionierung sehr harte Versinterungen gebildet,<br />
die mittels Hammer und Meissel gelöst werden mussten (Anlagen 17–19).<br />
Nach der Reinigung am 09./10. bzw. 16./17. November 2008 wurden die Depotsteine wieder<br />
in die Schächte des Strangs 2 und des Strangs 3 eingelegt. Verglichen mit dem Strang 1 (unkonditioniert)<br />
und Strang 4 (Flüssigkonditionierung) zeigte die Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 in Strang 2 und Strang 3 die intendierte Wirkung, obwohl<br />
nach wie vor lediglich die Hälfte der vorgesehenen Bestückungsmenge in die Schachtdurchleitungen<br />
eingelegt und die Durchleitung in Strang 2, Schacht Nr. 2 noch nicht installiert war.<br />
Die von den Baypure ® DSP Tabs freigesetzten Polysuccinimid-Teilhydrolysate neigen jedoch<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
10
so stark zur Adsorption an den Versinterungsoberflächen, dass sie schon in sehr geringen<br />
Mengen eine derart starke Wirkung erzielen und das Zusammenwachsen und Aushärten der<br />
Versinterungen weitgehend unterbinden können. Bei der Flüssigkonditionierung wird vollständig<br />
hydrolysierte Polyasparaginsäure zudosiert, so dass bei diesem Verfahren eben keine<br />
Teilhydrolysate auftreten.<br />
Seit November 2008 wurde ein Termin für die Nachbestückung der Depotsteine in Strang 2<br />
und Strang 3 gesucht. Jedoch konnten erst am 11./12. Januar 2009 neue Baypure ® DSP Tabs<br />
200 in Strang 2 und Strang 3 durch Tobias Gamisch (ETH Zürich) eingebaut werden. Dabei<br />
wurden die Mengen an Baypure ® DSP Tabs 200 auf die vorgesehene Bestückungsmenge<br />
gemäss Bestückungsplan (Anlage 1, Tab. 4) aufgestockt. Allerdings war in Strang 2, Schacht<br />
Nr. 2 immer noch keine Durchleitung installiert worden, so dass dieser Schacht nicht bestückt<br />
werden konnte. Erst am 03. Mai 2009 wurde das Durchleitungsrohr zusammen mit der<br />
vorgesehenen Depotsteinmenge durch Franziska Meier (BLS Netz AG) installiert.<br />
Im Zuge der Nachbestückung der Baypure ® DSP Tabs 200 in Strang 2 und Strang 3 wurden<br />
erneut starke Versinterungen in den Gewölbedrainagen vor dem Portal Frutigen beobachtet.<br />
Das Ziel, welches angestrebt wurde, war, den jahreszeitlich bedingten Versinterungsschwall<br />
im Frühjahr abzuwarten und die Gewölbedrainagen nach der Tauperiode erneut zu reinigen.<br />
Bedingt durch die jahreszeitlichen Schwankungen des Bergwasseranfalls im Bereich des<br />
Rohrschirms mit geringer Überdeckung (vgl. Abschn. 4.1.2) hatten sich jedoch bereits im<br />
März 2009 erneut sehr grosse Mengen an Versinterungen in den letzten Haltungen aller vier<br />
Gewölbedrainagen vor dem Portal Frutigen gebildet. Trotz ihrer weichen Konsistenz<br />
verschlossen die Versinterungen die letzte Haltung des Strangs 3 vollständig, so dass das<br />
Drainagewasser in den Schacht Nr. 2 zurück staute und über den Überlauf in den<br />
Fahrwegbereich abfloss. Auch die letzte Haltung des Strangs 4 war vollständig durch<br />
Versinterungen verschlossen und das Wasser staute in den Schacht Nr. 2 zurück. Allerdings<br />
bestand der Vollverschluss in Strang 4 trotz Flüssigkonditionierung aus harten Versinterungen<br />
(Anlage 21). In Strang 1 wurden mittlere bis starke harte Versinterungen angetroffen. Und in<br />
Strang 2 wurde eine grosse Menge an weichen, pulverförmigen Versinterungen ausgespült<br />
(Anlage 20).<br />
Aus diesem Grund wurden die Gewölbedrainageleitungen im März 2009 erneut mittels Vibrationsrotierdüse<br />
in zwei Schichten gespült (Anlage 20 und 21). Aufgrund des im Frühjahr<br />
anhaltend hohen Versinterungsaufkommens waren jedoch bereits einen Monat später die letzte<br />
Haltung vor dem Portal Frutigen in Strang 2 und Strang 4 schon wieder nicht mehr mittels<br />
Kanalkamera durchgängig zu befahren. Am 03. Mai 2009 wurden die Depotsteine in Strang 2<br />
und Strang 3 erneut durch Franziska Meier (BLS Netz AG) nachbestückt. Und am 17. Mai<br />
2009 wurde in einem Ortstermin entschieden, in Strang 2 versuchsweise einen Schwallspüler<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
11
(Abschn. 4.1.4.2) zu installieren, um den sedimentierten Versinterungsschlamm regelmässig<br />
automatisch abzuziehen und dadurch das Reinigungsintervall des Strangs 2 zu verlängern.<br />
Am 13./14. September 2009 wurde der Strang 2 erneut gereinigt und auf den Auslauf in<br />
Schacht Nr. 1 ein Schwallspüler montiert (Anlage 22 und 23).<br />
Bild 3: Lötschberg-Basistunnel, Weströhre, Strang 2, Schacht Nr. 1 (vgl. Bild 1), 13.09.2009: Schwallspüler<br />
Steinhardt ® HydroFlush Beschickungsheber nach der Installation (vgl. Anlage 23)<br />
Da der Schwallspüler eine grosse Menge alkalischen Drainagewassers in Strang 2 zurückhält<br />
und regelmässig schwallartig abfliessen lässt, ist die Durchmischung mit dem weniger alkalischen<br />
Drainagewasser aus anderen Entwässerungsabschnitten geringer. In der Folge löste der<br />
Spülschwall somit alle 17–20 Stunden den pH-Wert-Alarm (pH > 9) in der Messstelle Wengi<br />
Ey und ca. 1.5 Stunden später in der RHA Wengi Ey aus. 4 Am Auslauf aus dem Rückhaltebecken<br />
konnte die Einleitbedingung für die Ableitung des Drainagewassers in die Kander<br />
(pH < 9) jedoch eingehalten werden. Das Missverständnis, dass die Baypure ® DSP Tabs 200<br />
in Kombination mit dem Schwallspüler die Ursache für die hohen pH-Werte des Drainagewassers<br />
seien, konnte rasch ausgeräumt werden. Somit konnte der Schwallspüler weiterbetrieben<br />
werden.<br />
Bis zur ersten Kamerakontrolle des Schwallspülers am 18./19. Oktober 2009 (Anlage 24)<br />
waren die pH-Wert-Spitzen an den Messstellen infolge des Spülschwalls leicht rückläufig.<br />
Zudem sollten am 25./26. Oktober 2009 in vier bis fünf Schlammsammlern im Engstligen-<br />
4<br />
Meier, Franziska: Folgen der Schwallspülung Portal Nord. Frutigen, BLS Netz AG, Frutigen, 2009-09-17. –<br />
Internes Schreiben.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
12
Tunnel provisorische Tauchwände/Prallbohlen installiert werden, um eine bessere Durchmischung<br />
des Spülschwalls mit dem weniger alkalischen Drainagewasser aus den Schlammsammlern<br />
zu bewirken und so geringere pH-Wert-Spitzen an den Messstellen zu erzielen.<br />
Am 15./16. November 2009 wurden die letzten Haltungen der Gewölbedrainagen vor dem<br />
Portal Frutigen in der Oströhre (Strang 3 und Strang 4) gereinigt. Die Kontrolle des Reinigungserfolgs<br />
mittels Kanalkamera erfolgte am 22./23. November 2009, nach der zweiten und<br />
letzten Inspektion des Schwallspülers vor der Reinigung des Strangs 2 und parallel zur<br />
Reinigung des Strangs 1 (Tabelle 1 unten; vgl. Anlage 25 und 26).<br />
Die nächsten Reinigungen der Gewölbedrainagen sollen voraussichtlich im März 2010 im<br />
Bereich des Portals Frutigen stattfinden.<br />
4 Ergebnisse und Handlungsempfehlungen<br />
4.1 Strang 1<br />
4.1.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung<br />
Die letzte Haltung vor dem Portal Frutigen des Strangs 1, von Schacht Nr. 2 zu Schacht Nr. 0,<br />
zeichnet sich durch ein vergleichsweise gutes Gefälle und eine hohe Drainagewassermenge<br />
aus. Daraus resultiert fast in der gesamten Haltung ein schiessender Abfluss des Drainagewassers,<br />
der eine hohe Schleppgeschwindigkeit auf der Rohrsohle gewährleistet und dadurch in<br />
der Lage ist, Sedimente aus der Gewölbedrainage zu spülen.<br />
Irreversible bauliche Defizite, die den Abfluss des Drainagewassers stören, treten in der letzten<br />
Haltung des Strangs 1 vor dem Portal Frutigen in folgenden neun Bereichen auf (Bild 4,<br />
links):<br />
– 2.5–5.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 8.2 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 27.3–29.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 4 cm<br />
– 44.5–47.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 3 cm<br />
– 48.7–53.2 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 5 cm<br />
– 54.3 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 60.5–62.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 67.5–68.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 70.0–72.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 3 cm<br />
Diese vorgenannten neun baulichen Defizite beeinflussen den Abfluss des Drainagewassers<br />
nur gering und verstärken deshalb das Versinterungsaufkommen nicht merklich. Allerdings<br />
stellen diese Defizite Ruhewasserbereiche dar, die beim Einsatz einer Härtestabilisation zu<br />
Sedimentationsbereichen von Versinterungsschlämmen werden können.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
13
Ein wesentliches irreversibles bauliches Defizit ist weiterhin der 45°-Bogen innerhalb der<br />
letzten Haltung vor dem Portal Frutigen, 86.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 bzw. ca. 2–3 m<br />
vor dem Einlauf in den Schacht Nr. 0 (Bild 4, links). Dieser Bogen stört nicht nur den Abfluss<br />
des Drainagewassers, sondern er behindert den Einsatz einer Kettenschleuder zur Entfernung<br />
harter Ablagerungen in der letzten Haltung, ausgehend von Schacht Nr. 0 stromaufwärts.<br />
Bild 4: Lötschberg-Basistunnel, Weströhre, Strang 1, Gewölbedrainage West, 1. Haltung am Portal Frutigen,<br />
Fliessrichtung Schacht Nr. 2 (oben) Schacht Nr. 0 (unten) (vgl. Bild 1): Baulicher Zustand,<br />
Versinterungsursachen und resultierende Versinterungszonen bzw. -probleme (v. l. n. r.)<br />
4.1.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung<br />
Stromaufwärts und in den ersten 20 m stromabwärts des Schachts Nr. 2 des Strangs 1 weist<br />
das Drainagewasser moderate pH-Werte unter 8.3 auf und neigt nicht zur Abscheidung von<br />
Versinterungen. Aufgrund der hohen Gehalte an natürlichen Huminsäuren und der relativ<br />
hohen Drainagewassertemperaturen im Sommer (bis zu 13.8 °C am 31.08.2009 (Anlage 11))<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
14
entstehen im Sommer auf der Rohrsohle in der Fliesszone geringe Mengen an grün/braunen<br />
Algen (Bild 4, Mitte), die jedoch den Drainagewasserstrom nicht behindern.<br />
Ab 8.3 m abstromig von Schacht Nr. 2 treten erste Zuflüsse von portlandithaltigem Sickerwasser<br />
auf, die durch einen deutlichen Rückgang der Algenbildung infolge der pH-Wert-<br />
Erhöhung des Drainagewassers und Versinterungen im Mischungsbereich der Sickerwässer<br />
und des Drainagewassers markiert werden. Ab 20 m abstromig von Schacht Nr. 2 ist der pH-<br />
Wert so hoch, dass die Algenbildung vernachlässigbar gering ist (Bild 4, Mitte).<br />
Ab 24.8 m abstromig von Schacht Nr. 2 nimmt die Intensität der Portlandit-Zuflüsse markant<br />
zu (Bild 4, Mitte), so dass auch die Versinterungsentstehung infolge der Interaktion zwischen<br />
den portlandithaltigen Sickerwässern und dem kohlendoxidhaltigen Drainagewasser ab diesem<br />
Bereich stark zunimmt (Bild 4, rechts).<br />
Ab 30–40 m abstromig von Schacht Nr. 2 entstehen kaum noch Versinterungen infolge der<br />
Mischung interagierender Wässer (kohlendioxidhaltiges Drainagewasser + portlandithaltiges<br />
Sickerwasser aus dem Rohrschirm) (Bild 4, Mitte und rechts). Dies deutet darauf hin, dass das<br />
Drainagewasser in diesem Bereich das Minimum der Calciumlöslichkeit im pH-Wert-Bereich<br />
9.5 … 10.5 durchschreitet. 5<br />
Bis zu diesem Bereich ist die Calciumlöslichkeit calcitdominiert. Jede weitere Zufuhr von<br />
Portlandit-Lösung (vgl. Bild 4, Mitte) zum kohlendioxidhaltigen Drainagewasser führt sofort<br />
zur Ablagerung von Versinterungen im Mischungsbereich der Wässer, bis das Mischwasser<br />
wieder im metastabilen Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht ist.<br />
Durch die Abscheidung der Versinterungen wird jedoch auch der Gehalt an gelöstem Kohlendioxid<br />
im Drainagewasser sukzessive reduziert.<br />
Ab diesem Übergangsbereich ist die Calciumlöslichkeit portlanditdominiert. Die weitere Zufuhr<br />
von Portlandit-Lösung führt dann nicht mehr zur spontanen Entstehung von Versinterungen<br />
im Mischungsbereich der Wässer. Die weitere Zufuhr von Portlandit-Lösung erhöht<br />
lediglich die Menge des gesamt gelösten Calciums und den pH-Wert des Drainagewassers.<br />
Versinterungen entstehen ab diesem Bereich durch die Absorption von Kohlendioxid. Das<br />
heisst, sobald das Drainagewasser Kohlendioxid aus der Luft im Entwässerungssystem absorbiert,<br />
wird das gelöste Portlandit in Calciumcarbonat umgewandelt, das sich aufgrund seiner<br />
geringen Löslichkeit sofort in Form von Versinterungen in den Entwässerungsleitungen absetzt.<br />
6<br />
5<br />
6<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.7.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.9.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
15
Dieser Mechanismus der Versinterungsentstehung stoppt erst wieder, wenn (1) der Gehalt an<br />
gelöstem Kohlendioxid durch die Abscheidung der Versinterungen soweit reduziert ist, dass<br />
sich das Drainagewasser wieder im portlanditdominierten metastabilen Kalk-Kohlensäure-<br />
Gleichgewicht befindet, oder wenn (2) der pH-Wert und die Menge des gesamt gelösten Calciums<br />
soweit abgesunken ist, dass sich das Drainagewasser wieder im calcitdominierten Kalk-<br />
Kohlensäure-Gleichgewicht befindet.<br />
Der zweite Fall tritt jedoch im Strang 1, im Bereich von 30–40 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 bis zum Schacht Nr. 0 nicht ein. Das Drainagewasser erreicht das calcitdominierte metastabile<br />
Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht bis zum Schacht Nr. 0 nicht mehr, weil<br />
– die Zufuhr von portlandithaltigem Sickerwasser aus dem Rohrschirm im Bereich von<br />
30 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis zum bergmännischen Portal (57 m abstromig von<br />
Schacht Nr. 2) zu gross ist (vgl. Bild 4, Mitte),<br />
– die Verweildauer des Drainagewassers in der letzten Haltung des Strangs 1 dank der grossen<br />
Strömungsgeschwindigkeit zu kurz ist (vgl. Abschn. 4.1.1) und<br />
– die Störungen des Drainagewassers durch Abflusshindernisse (vgl. Abschn. 4.1.1) und<br />
somit die Absorption von Kohlendioxid bis zum Schacht Nr. 0 zu gering sind.<br />
Aus oben genannten Gründen kann das Drainagewasser im Strang 1<br />
– im Bereich oberhalb von 30–40 m abstromig von Schacht Nr. 2 als calcitdominiert und<br />
– im Bereich unterhalb von 30–40 m abstromig von Schacht Nr. 2 als portlanditdominiert<br />
bezeichnet werden.<br />
Diese Unterscheidung ist wichtig für die Wahl geeigneter Massnahmen zur Reduktion der<br />
Versinterungsentstehung. Denn calcitdominiertes Drainagewasser sollte im Bereich der Interaktion<br />
mit portlandithaltigen Zuflüssen keinesfalls aufgestaut, sondern schnellstmöglich abgeleitet<br />
werden, weil sonst das Versinterungsaufkommen im Interaktionsbereich potenziert wird.<br />
Demgegenüber kann bei geeigneten Bedingungen die Absorption von Kohlendioxid aus der<br />
Gasphase und somit die Versinterungsentstehung aus portlanditdominiertem Drainagewasser<br />
durch einen Aufstau verringert werden.<br />
4.1.3 Ausmass des Versinterungsproblems<br />
Aufgrund der vergleichsweise hohen Wassermenge und der grossen Fliessgeschwindigkeit<br />
beschränken sich die Versinterungen im Strang 1 im Bereich des ersten Drittels der letzten<br />
Haltung vor dem Portal Frutigen (Bereich oberhalb von 30–40 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2) hauptsächlich auf die linke Fliesszonenhälfte. Diese Versinterungen in diesem Bereich<br />
entstehen durch die Mischung des portlandithaltigen Sicherwassers aus dem Rohrschirm mit<br />
dem kohlendioxidhaltigen Drainagewasser aus stromaufwärts liegenden Haltungen. Das Versinterungsaufkommen<br />
in der linken Fliesszonenhälfte nimmt abstromig des Schachts Nr. 2<br />
langsam zu und erreicht durchschnittlich bis zu ca. 1.5 cm/Monat im Bereich von 25 m<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
16
abstromig von Schacht Nr. 2. Infolge der Kohlendioxid-Absorption entstehen an den wasserführenden<br />
Wassereintrittsöffnungen im Kämpfer zusätzlich lokal Versinterungsnasen mit<br />
einem Aufkommen von bis zu ca. 1 cm/Monat (Bild 4, rechts).<br />
In den unteren zwei Dritteln des Strangs 1 (unterhalb von 30–40 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 bis zum Schacht Nr. 0) entstehen die Versinterungen durch Kohlendioxid-Absorption<br />
(vgl. Abschn. 4.1.2). Weil die Wasserableitung nicht durch grössere Hindernisse gestört wird,<br />
verteilen sich die Versinterungen relativ gleichmässig über die Rohrsohle, ohne dass lokale<br />
Versinterungsschwerpunkte auftreten. Lediglich vor kleinen Abflusshindernissen, wie Muffenstössen<br />
und Zementablagerungen sind leicht erhöhte Versinterungsaufkommen festzustellen.<br />
Das Versinterungsaufkommen schwankt in den unteren zwei Dritteln des Strangs 1 im<br />
Bereich von ca. 0.5–1 cm/Monat (Bild 4, rechts).<br />
Ohne präventive Massnahmen ist die Festigkeit der Versinterungen im Strang 1 in der letzten<br />
Haltung vor dem Portal Frutigen sehr hoch. Die Versinterungen lassen sich nur schwer mittels<br />
Vibrationsrotierdüse aufbrechen. Deshalb sollte das Reinigungsintervall bei ausschliesslichem<br />
Einsatz postsedimentärer Reinigungsverfahren (Vibrationsrotierdüse und Kettenschleuder)<br />
höchstens 12 Monate betragen, um die Versinterungen in der Sohle weniger als bis zu DN/2<br />
anwachsen zu lassen und dadurch die Dauer der Reinigungsmassnahme zu begrenzen.<br />
Die Kettenschleuder lässt sich aufgrund des 45°-Bogens vor Schacht Nr. 0 nur vorsichtig<br />
stromabwärts durch Schacht Nr. 2 bis zum 45°-Bogen oder – ohne Führungsschlitten – durch<br />
Einschieben von Schacht Nr. 0 bis hinter den 45°-Bogen und nur begleitet durch parallele<br />
Kamerabefahrung einsetzen (vgl. Abschn. 4.1.1).<br />
4.1.4 Handlungsempfehlungen<br />
4.1.4.1 Einsatz der Härtestabilisation<br />
Um die Festigkeit der Versinterungen in der letzten Haltung des Strangs 1 vor dem Portal<br />
Frutigen zu reduzieren, ist eine Härtestabilisation des Drainagewassers unbedingt zu empfehlen.<br />
Die Fliessgeschwindigkeit des Drainagewassers beträgt über die gesamte Haltungslänge etwa<br />
0.5 m/s. Die Drainagewassermenge beträgt im Durchschnitt etwa 0.5–1 l/s und schwankt mit<br />
dem jahreszeitlichen Sickerwasseranfall. Ausserdem ist das Drainagewasser durch organische<br />
Säuren (Huminsäuren) belastet, so dass in Strang 1 keine Flüssigkonditionierung eingesetzt<br />
werden sollte. Vielmehr eignet sich der Strang 1 hervorragend zum Einsatz eine Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Polysuccinimid-Depotsteinen, z. B. Baypure ® DSP Tabs 200 (zum<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
17
technischen Einsatzbereich der Konditionierungsverfahren siehe 7 ; zu den mikrobiologischen<br />
Problemen im Strang 1 aufgrund der vorhandenen Huminsäuren und einer Überkonditionierung<br />
mittels der früher installierten Flüssigkonditionierung siehe Anlage 1, Abschn. 3.2 und<br />
4.3.2f).<br />
Polysuccinimid-Depotsteine setzen den Wirkstoff der Härtestabilisation, die Polyasparaginsäure<br />
und Polysuccinimid-Teilhydrolysate, in Abhängigkeit von pH-Wert, Strömungsgeschwindigkeit<br />
und der dargebotenen Depotsteinoberfläche frei. 8 Da der pH-Wert des Drainagewassers<br />
im Strang 1 erst innerhalb der letzten Haltung sehr stark ansteigt (vgl. Anlage 1,<br />
Bild 8 sowie Anlage 11), muss die erforderliche Wirkstoffkonzentration im Drainagewasser<br />
durch Bestückung der vier stromaufwärts liegenden Schächte Nr. 2, 3, 4 und 5 mit relativ<br />
grossen Bestückungsmengen (Tabelle 2) schrittweise aufgebaut werden (vgl. Anlage 1,<br />
Bild 13 unten). Der Vorteil der grossen Bestückungsmengen ist auf der anderen Seite ein<br />
verlängertes Nachbestückungsintervall von ca. einem ganzen Jahr.<br />
Tabelle 2: Bestückungsplan für die Grundbestückung der Entwässerungsleitungen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Portal Frutigen (vgl. auch Anlage 27)<br />
Die von den Polysuccinimid-Depotsteinen freigesetzte Polyasparaginsäure und Polysuccinimid-Teilhydrolysate<br />
reduzieren primär die Festigkeit der entstehenden Versinterungen, indem<br />
sie das Wachstum und das Zusammenwachsen der Kalkkristalle verhindern. Anstatt der<br />
sehr festen Versinterungen entstehen in der Folge weiche Versinterungsschlämme 9 (vgl. dazu<br />
auch die Beschreibung der weichen bis puderigen Versinterungen in den mit Baypure ® DSP<br />
7<br />
8<br />
9<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.3.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.2.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
18
Tabs 200 bestückten Strängen 2 und 3 gegenüber den harten Versinterungen in Strang 1<br />
(unbestückt) und Strang 4 (Flüssigkonditionierung) in Anlage 17, 20 und 21).<br />
Dank der Reduktion der Versinterungsfestigkeit und der grossen Strömungsgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers im Strang 1 können die weichen, puderigen Versinterungen beim Einsatz<br />
der Depotsteinkonditionierung mit dem natürlichen Drainagewasserstrom ausgespült<br />
werden. Dadurch wird das Versinterungsaufkommen auf der Rohrsohle des Strangs 1 erheblich<br />
reduziert, wodurch das Reinigungsintervall im besten Fall mehr als verdoppelt werden<br />
kann. Aufgrund des jahreszeitlich schwankenden Versinterungsaufkommens und der jährlichen<br />
Nachbestückung der Depotsteine wird zunächst ein Reinigungsintervall von 12 Monaten<br />
empfohlen. Später, wenn ausreichende Erkenntnisse zum Verbrauch der Depotsteine und zum<br />
Versinterungsaufkommen bei Depotsteinkonditionierung vorliegen, kann das Reinigungsintervall<br />
weiter verlängert werden.<br />
Voraussetzung für die volle Wirksamkeit der Depotsteinkonditionierung inkl. Ausspülung des<br />
Versinterungsschlamms mit dem natürlichen Drainagewasserstrom ist, dass die Rohrsohle frei<br />
von Strömungshindernissen ist, wie den noch vorhandenen alten Zementablagerungen. Auch<br />
hier kann die Depotsteinkonditionierung helfen. Wie bereits in dem seit Januar 2008 mit Baypure<br />
® DSP Tabs 200 bestückten Strang 3 beobachtet wurde, reduziert die Depotsteinkonditionierung<br />
auch den Verbund zwischen den Rohrwandungen und Zementablagerungen und alten<br />
harten Versinterungen, die vor dem Einsatz der Depotsteinkonditionierung entstanden. Durch<br />
diesen Effekt lösen sich die Altablagerungen bei den Spülungen mit der Vibrationsrotierdüse<br />
zunehmend von der Rohrsohle ab, wodurch sich der Reinigungszustand der Gewölbedrainagen<br />
mit jeder weiteren Reinigung nach Einsatz der Polysuccinimid-Depotsteine zunehmend<br />
verbessert. 10<br />
Hervorgerufen wird dieser verbundlösende Effekt durch die Polysuccinimid-Teilhydrolysate,<br />
die die Altablagerungen unterwandern und deren bestehenden Verbund mit der Rohrwandung<br />
durch weitere Hydrolyse stören. Die Polysuccinimid-Teilhydrolysate treten ausschliesslich<br />
beim Einsatz von Baypure ® DSP Tabs auf und sind aufgrund ihrer starken Adsorptionsneigung<br />
erkennbar durch eine rötlich-braune Tönung von Versinterungsoberflächen. 11<br />
4.1.4.2 Einsatz von Schwallspülern<br />
In Strang 1 ist kein Schwallspüler erforderlich. Vielmehr wäre ein Schwallspüler hier kontraproduktiv<br />
und würde das Versinterungsaufkommen im Bereich von 30–40 m abstromig von<br />
Schacht Nr. 2 verstärken. Denn bis in einen Bereich von 30–40 m abstromig von Schacht<br />
10<br />
11<br />
Rufener, Heinz: Informationen zur Reinigung der Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
am 15./16. November 2009 und 22./23. November 2009. Zweisimmen, 2009-12-14, 13.20 Uhr. – Telefonat<br />
mit Gamisch, Tobias, Institut für Bauplanung und Baubetrieb, ETH Zürich.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
19
Nr. 2 entstehen in der letzten Haltung des Strangs 1 vor dem Portal Frutigen Versinterungen<br />
infolge der Mischung interagierender Wässer (kohlendioxidhaltiges Drainagewasser + portlandithaltiges<br />
Sickerwasser aus dem Rohrschirm) (Bild 4, Mitte und rechts).<br />
Ausserdem reicht das Gefälle der letzten Haltung des Strangs 1 vor dem Portal Frutigen aus,<br />
um in der letzten Haltung bis auf einige kurze Ruhewasserzonen fast durchgängig einen<br />
schiessenden Abfluss des Drainagewassers sicherzustellen (vgl. Abschn. 4.1.1). Dieser schiessende<br />
Abfluss ist in der Lage, weiche Versinterungsschlämme aus der Gewölbedrainageleitung<br />
auszuspülen.<br />
4.1.4.3 Unterhalt der Entwässerungsleitungen<br />
Ohne präventive Massnahmen sollte die letzte Haltung des Strangs 1 vor dem Portal Frutigen<br />
spätestens alle 12 Monate mittels Vibrationsrotierdüse und eventuell Kettenschleuder gereinigt<br />
werden, um die harten Versinterungen innert wirtschaftlicher Zeitdauer aufbrechen und<br />
entfernen zu können (Abschn. 4.1.3). Abhängig von der jahreszeitlichen Verteilung des<br />
Versinterungsaufkommens (vgl. dazu Anlage 1, Kapitel 2) empfiehlt sich eine Reinigung<br />
nach der Tauperiode des Bodens im März/April.<br />
Durch den präventiven Unterhalt mit einer wirksamen Härtestabilisation mittels Polysuccinimid-Depotsteinen<br />
kann die Versinterungsfestigkeit soweit reduziert werden, dass der natürliche<br />
Drainagewasserstrom das Versinterungsaufkommen in der Gewölbedrainage erheblich<br />
reduziert, indem er den Versinterungsschlamm ausspült. Dadurch sollte das Reinigungsintervall<br />
der letzten Haltung mindestens auf 24 Monate verdoppelt werden können. Zudem kann<br />
die anschliessende Reinigung mit deutlich höherer Reinigungsleistung ausgeführt werden<br />
(Abschn. 4.1.4.1). Abhängig von der jahreszeitlichen Verteilung des Versinterungsaufkommens<br />
(vgl. dazu Anlage 1, Kapitel 2) wird jedoch vorerst alle 12 Monate eine Reinigung nach<br />
der Tauperiode des Bodens im März/April empfohlen, bis die Depotsteinkonditionierung in<br />
Strang 1 optimiert und die erreichte Effizienz bekannt ist. Erst dann sollte das Reinigungsintervall<br />
mit Rücksicht auf die jahreszeitlichen Schwankungen des Versinterungsaufkommens<br />
verlängert werden.<br />
Die Baypure ® DSP Tabs 200 sollten jeweils direkt im Anschluss an die Reinigung der Gewölbedrainage<br />
nachbestückt werden (Bestückungsmenge siehe Bestückungsplan in Tabelle 2<br />
bzw. Anlage 27). Abhängig vom Depotsteinverbrauch empfiehlt sich eine Nachbestückung<br />
vor dem Winter, im Zeitraum September–November. Der Verbrauch an Baypure ® DSP Tabs<br />
200 in Schacht Nr. 2 wird auf Basis der bisherigen Erfahrung 12 und der in Schacht Nr. 2<br />
beobachteten Wasserparameter (Anlage 1, Tabelle 2 und Anlage 11) auf ca. 30 %, d. h. 1.5 kg<br />
pro Halbjahr geschätzt.<br />
12<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.6.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
20
4.2 Strang 2<br />
4.2.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung<br />
Die letzte Haltung vor dem Portal Frutigen des Strangs 2, von Schacht Nr. 2 zu Schacht Nr. 1,<br />
besitzt ein wesentlich geringeres Gefälle als die des Strangs 1. Ausserdem fasst die Gewölbedrainageleitung<br />
weniger Wasser als im Strang 1. Aus diesen Gründen wirken sich Imperfektionen<br />
der Fliesszone im Strang 2 deutlich stärker auf den Abfluss des Drainagewassers aus.<br />
Bereits geringste Gefälleschwankungen schaffen Ruhewasserbereiche und Wassersäcke, und<br />
hervorstehende Muffenränder bewirken ein bis zwei Meter lange, flache Aufstauungen von<br />
Drainagewasser. Daraus resultieren fast über die gesamte Haltungslänge immer wieder kurze<br />
Sedimentationsstrecken, die die Wirksamkeit der Härtestabilisation einschränken.<br />
Die im Februar 2008 installierte Depotsteinkonditionierung verringert zwar die Festigkeit der<br />
entstehenden Versinterungen im Strang 2. Die Versinterungsschlämme können jedoch vom<br />
natürlichen Drainagewasserstrom jeweils nur bis zum nächsten Sedimentationsbereich innerhalb<br />
der letzten Haltung transportiert werden. Aufgrund der zu geringen Schleppgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers in den Ruhewasserstrecken, Wassersäcken und Aufstauungen sedimentieren<br />
und akkumulieren die Versinterungsschlämme in diesen Bereichen. Ohne bauliche<br />
Modifikationen können die Versinterungsschlämme allein durch den natürlichen Drainagewasserstrom<br />
nicht aus der letzten Haltung vor dem Portal Frutigen des Strangs 2 ausgespült<br />
werden. Aus diesem Grund konnte das Reinigungsintervall der letzten Haltung des Strangs 2<br />
trotz erfolgreicher Applikation der Depotsteinkonditionierung bis zum Einsatz des Schwallspülers<br />
nicht merklich verlängert werden.<br />
Irreversible bauliche Defizite, die den Abfluss des Drainagewassers stören und zur Akkumulation<br />
der mit dem Drainagewasser transportierten Versinterungsschlämme führen, treten in<br />
der letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen in folgenden Bereichen auf (Bild 5,<br />
links):<br />
– 0.0–3.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecke (2–3 m)<br />
– 6.5–8.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 20.0–20.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 24.0–25.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Ruhewasserstrecke<br />
– 26.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 27.0–30.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 38.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 43.0–47.3 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 48.0–51.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack vor Muffe, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 51.5–54.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Ruhewasserstrecke<br />
– 61.5–62.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 70.5–72.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Ruhewasserstrecke vor Muffe<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
21
Ein weiteres bauliches Defizit des Strangs 2 ist der Einlauf einer Stichleitung von rechts innerhalb<br />
der letzten Haltung vor dem Portal Frutigen, 74.0 m abstromig von Schacht Nr. 2<br />
bzw. ca. 2.7 m vor dem Einlauf in den Schacht Nr. 1 (Bild 5, links). Diese Stichleitung ist vermutlich<br />
eine weitere Drainageleitung, die hinter der Portalwand bis zum bergmännischen Portal<br />
zwischen den beiden Tunnelröhren verläuft. Durch die Einmündung innerhalb der letzten<br />
Haltung anstatt in den Schacht Nr. 1 kann diese Stichleitung jedoch nicht inspiziert und<br />
gereinigt werden.<br />
Bild 5: Lötschberg-Basistunnel, Weströhre, Strang 2, Gewölbedrainage Ost, 1. Haltung am Portal Frutigen,<br />
Fliessrichtung Schacht Nr. 2 (oben) Schacht Nr. 1 (unten) (vgl. Bild 1): Baulicher Zustand,<br />
Versinterungsursachen und resultierende Versinterungszonen bzw. -probleme (v. l. n. r.)<br />
(Verlagerung von Versinterungsschlamm aufgrund der bestehenden Depotsteinkonditionierung mögl.)<br />
4.2.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung<br />
Bereits stromaufwärts und in den ersten Metern stromabwärts des Schachts Nr. 2 weist das<br />
Drainagewasser im Strang 2 erhöhte pH-Werte über 9.0 auf. Denn bereits stromaufwärts von<br />
Schacht Nr. 2 treten erste Zuflüsse von portlandithaltigem Sickerwasser aus der Vortriebssicherung<br />
(Rohrschirm und Verfestigungsinjektionen) auf (Bild 5, Mitte). Diese Zuflüsse an<br />
portlandithaltigem Sickerwasser sind gekennzeichnet durch Sinterfahnen, die direkt an den<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
22
Wassereintrittsöffnungen beginnen und sich vertikal über den gesamten Rohrkämpfer bis zur<br />
Fliesszone erstrecken.<br />
In der Fliesszone führt die Mischung des portlandithaltigen Sickerwassers mit dem kohlendioxidhaltigen<br />
Drainagewasser zur Entstehung von Versinterungen, die im Mischungsbereich<br />
am Fliesszonenrand beginnen und sich mit zunehmender Fliessstrecke allmählich über die<br />
gesamte Rohrsohle ausbreiten (zur Entstehung vgl. Abschn. 4.1.2).<br />
Aufgrund der stromaufwärts des Schachts Nr. 2 beginnenden stärkeren Zutritte an portlandithaltigem<br />
Sickerwasser erreicht das Drainagewasser in der Gewölbedrainage des Strangs 2<br />
bereits 15 m abstromig von Schacht Nr. 2 das Minimum der Calciumlöslichkeit im pH-Wert-<br />
Bereich von 9.5 … 10.5. 13 Bis zu diesem Bereich ist die Calciumlöslichkeit calcitdominiert,<br />
und infolge der Mischung interagierender Wässer (kohlendioxidhaltiges Drainagewasser +<br />
portlandithaltiges Sickerwasser aus dem Rohrschirm) entstehen an den Fliesszonenrändern in<br />
der Rohrsohle der Gewölbedrainageleitung Versinterungen (Bild 5, Mitte und rechts). Ab diesem<br />
Bereich ist die Calciumlöslichkeit portlanditdominiert, und es entstehen allein durch die<br />
weitere Zufuhr von Portlandit-Lösung keine spontanen Versinterungen mehr im Mischungsbereich<br />
des Sicker- und des Drainagewassers. Stattdessen entstehen die Versinterungen ab<br />
diesem Bereich durch die Absorption von Kohlendioxid aus der Gasphase (Bild 5, Mitte und<br />
rechts; vgl. Abschn. 4.1.2). 14<br />
Zusammenfassend kann das Drainagewasser im Strang 2 somit wie folgt bezeichnet werden:<br />
– Im Bereich oberhalb von 15 m abstromig von Schacht Nr. 2 als calcitdominiert und<br />
– im Bereich unterhalb von 15 m abstromig von Schacht Nr. 2 als portlanditdominiert.<br />
Im Bereich oberhalb von 15 m abstromig von Schacht Nr. 2 sollte das Drainagewasser im<br />
Strang 2 somit keinesfalls aufgestaut werden. Andernfalls kann das Versinterungsaufkommen<br />
im Interaktionsbereich mit dem portlandithaltigen Sickerwasser aus der Vortriebssicherung<br />
erheblich verstärkt werden. Demgegenüber kann die Absorption von Kohlendioxid aus der<br />
Gasphase und somit die Neigung des portlandithaltigen Drainagewassers zur Abscheidung<br />
von Versinterungen durch einen Aufstau des Drainagewassers im Bereich unterhalb von 15–<br />
20 m abstromig von Schacht Nr. 2 verringert werden. Eine erhebliche Reduktion des Versinterungsaufkommens<br />
in der letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen kann<br />
jedoch nur durch eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers erreicht<br />
werden.<br />
13<br />
14<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.7.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.9.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
23
4.2.3 Ausmass des Versinterungsproblems<br />
Aufgrund der geringen Drainagewassermenge und der frühen Portlandit-Zuflüsse entstehen<br />
im Strang 2 bereits stromaufwärts des Schachts Nr. 2 Versinterungen. Diese Versinterungen<br />
lagern sich infolge der Kohlendioxid-Absorption aus der Gasphase in Form von Sinterfahnen<br />
im Rohrkämpfer und infolge der Mischung mit dem kohlendioxidhaltigen Drainagewasser am<br />
Rand der Fliesszone in der Rohrsohle ab.<br />
Während temporär auftretender, stärkerer Portlandit-Zuflüsse, z. B. während der Tauperiode<br />
des Bodens im Bereich des Rohrschirms im Frühjahr, verstärken sich die Versinterungen<br />
infolge Mischung interagierender Wässer, und der Interaktionsbereich verschiebt sich stromaufwärts<br />
vor den Schacht Nr. 2. Während dieser Periode können bereits im Bereich des<br />
Schachts Nr. 2 des Strangs 2 Versinterungen infolge der Absorption von Kohlendioxid aus<br />
der Gasphase auftreten. Das Versinterungsaufkommen auf der gesamten Rohrsohle infolge<br />
Kohlendioxid-Absorption bei temporär grösseren Portlandit-Zuflüssen beträgt im Bereich 0–<br />
10 m abstromig von Schacht Nr. 2 über das ganze Jahr durchschnittlich ca. 0.5 cm/Monat,<br />
kann aber kurzfristig auch ein bis zwei Zentimeter pro Monat betragen (Bild 5, rechts). Derart<br />
starke Portlandit-Zuflüsse treten jedoch nur während sehr kurzer Perioden auf und sind daher<br />
als aussergewöhnliche Drainagebedingungen zu bezeichnen.<br />
Die Versinterungen, die bei normalen Drainagebedingungen infolge der Interaktion des portlandithaltigen<br />
Sickerwassers und des kohlendioxidhaltigen Drainagewassers in der rechten<br />
Hälfte der Fliesszone abstromig des Schachts Nr. 2 (im Bereich von 0.0–14.0 m) entstehen,<br />
wachsen mit einem Aufkommen von ca. 1 cm/Monat (Bild 5, rechts).<br />
Aufgrund der stärkeren Portlandit-Zuflüsse erreicht das Drainagewasser im Strang 2 das<br />
Minimum der Calciumlöslichkeit (pH-Wert ≈ 9.5 … 10.5) bei normalen Drainagebedingungen<br />
innerhalb eines relativ kurzen Bereichs 15 m abstromig von Schacht Nr. 2. Während sich<br />
die Versinterungen auf der Rohrsohle bei 14 m abstromig von Schacht Nr. 2 nur auf die rechte<br />
Hälfte der Fliesszone konzentrieren, bedecken sie bereits bei 15 m ¾ der Fliesszone und ab<br />
16.5 m die ganze Fliesszone. Das Versinterungsaufkommen in der Fliesszone beträgt bei<br />
16.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 ca. 1 cm/Monat (Bild 5, rechts).<br />
Unterhalb von 15–20 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis zum Schacht Nr. 1 entstehen die<br />
Versinterungen durch Kohlendioxid-Absorption (vgl. Abschn. 4.2.1 i. V. m. Abschn. 4.1.2).<br />
Weil das Drainagewasser aufgrund des geringen Gefälles sehr langsam abfliesst und nicht<br />
durch grössere Hindernisse gestört wird, verteilen sich die Versinterungen mit Ausnahme von<br />
zwei Versinterungsschwerpunkten relativ gleichmässig über die Rohrsohle. Allerdings nehmen<br />
die Kohlendioxid-Absorption aus der Gasphase und damit das Versinterungsaufkommen<br />
direkt im Anschluss an stärkere Portlandit-Zuflüsse und in Ruhewasserbereichen zu.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
24
Aus der Kombination stärkerer Portlandit-Zuflüsse und anschliessender Ruhewasserbereiche<br />
entstehen die beiden Versinterungsschwerpunkte, die bereits früher zu Vollverschlüssen der<br />
letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen geführt haben (Anlage 2). So steigt<br />
zum Beispiel das Versinterungsaufkommen im Bereich 20.5–23 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 infolge massiver Portlandit-Zuflüsse kontinuierlich von ca. 1 cm/Monat auf bis zu ca.<br />
2 cm/Monat an. Weiterhin lagern sich im Bereich 24.0–26.5 m abstromig von Schacht Nr. 2<br />
infolge der massiven Portlandit-Zuflüsse ab 20.5 m, der Ruhewasserstrecke im Bereich 24–<br />
25 m und des Aufstaus vor der Muffe bei 26.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 zunehmend<br />
massive Versinterungen ab (Bild 5, rechts).<br />
Da die abgelagerten Versinterungen die Ruhewasserstrecke im Bereich von 24–26.5 m abstromig<br />
von Schacht Nr. 2 sukzessive verlängern, begünstigen sie die weitere Versinterungsentstehung<br />
und führen somit zu einem kontinuierlich zunehmenden Versinterungsaufkommen.<br />
Im Bereich von 20.5–26.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 wurde eine zunehmende Bankbildung<br />
von bis zu 4–5 cm/Monat bei aussergewöhnlichen Drainagebedingungen während der<br />
Tauperiode im März/April 2009 beobachtet (Bild 5, rechts, vgl. Anlage 26), die bereits vor<br />
dem Einsatz der Depotsteinkonditionierung und des Schwallspülers regelmässig ein Reinigungsintervall<br />
von 3–4 Monaten erforderlich machte (vgl. Anlage 2, S. 3).<br />
Die Versinterungsentstehung infolge Kohlendioxid-Absorption aus dem portlandithaltigen<br />
Drainagewasser geht wieder zurück, wenn (1) die Kohlendioxid-Absorption abnimmt (z. B.<br />
weil die Fliessgeschwindigkeit des Drainagewassers wieder zunimmt und/oder die Phasengrenzfläche<br />
Wasser–Luft abnimmt) und wenn (2) der Portlandit-Gehalt und der pH-Wert infolge<br />
der Abscheidung der Versinterungen absinkt und sich das Drainagewasser wieder dem<br />
metastabilen Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht nähert. Dementsprechend nimmt auch das<br />
Versinterungsaufkommen im Strang 2 im Anschluss an den Versinterungsschwerpunkt bei<br />
24–26.5 m wieder ab.<br />
Ab 30 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis Schacht Nr. 1 schwankt das Versinterungsaufkommen<br />
auf der Rohrsohle im Bereich von ca. 0.5–1 cm/Monat. Bei kleinen Abflusshindernissen,<br />
wie vor Muffenstössen und in Ruhewasserstrecken und Wassersäcken, sowie nach erneuten<br />
starken Portlandit-Zuflüssen ist jeweils eine leichte Erhöhung des Versinterungsaufkommens<br />
festzustellen (Bild 5, rechts). Daraus entstand auch der zweite Versinterungsschwerpunkt in<br />
der letzten Haltung des Strangs 2, im Bereich 40–50 m abstromig von Schacht Nr. 2. Auch<br />
hier führten früher erneute Portlandit-Zuflüsse von rechts bei 40 m sowie ein ausgedehnter<br />
Wassersack bei 43–47.3 m abstromig von Schacht Nr. 2 zu einem extrem starken Versinterungsaufkommen<br />
und Vollverschlüssen infolge langer Verweilzeit des Drainagewassers und<br />
intensiver Kohlendioxid-Absorption (vgl. Anlage 2). Auch dieser frühere Versinterungsschwerpunkt<br />
konnte durch den Einsatz der Depotsteinkonditionierung und des Schwallspülers<br />
aufgehoben werden (vgl. Abschn. 4.2.4 und Anlage 26)<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
25
Ohne Depotsteinkonditionierung ist die Festigkeit der Versinterungen im Strang 2 in der letzten<br />
Haltung vor dem Portal Frutigen sehr hoch. Vor dem Einsatz der Baypure ® DSP Tabs 200<br />
liessen sich die Versinterungen nur schwer mittels Vibrationsrotierdüse aufbrechen und mussten<br />
selbst bei Einsatz der Flüssigkonditionierung teilweise mit der Kettenschleuder entfernt<br />
werden (vgl. Anlage 2, 4 und 5). Deshalb sollte das Reinigungsintervall ohne Einsatz einer<br />
Depotsteinkonditionierung keinesfalls länger als etwa 3–4 Monate betragen, um die Versinterungen<br />
in den beiden Versinterungsschwerpunkten nur etwa bis DN/2 anwachsen zu lassen<br />
und dadurch die Dauer des Kettenschleudereinsatzes zu begrenzen.<br />
4.2.4 Handlungsempfehlungen<br />
4.2.4.1 Einsatz der Härtestabilisation<br />
Um die Festigkeit der Versinterungen in der letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal<br />
Frutigen zu reduzieren, ist eine Härtestabilisation des Drainagewassers mittels Depotsteinen<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 unbedingt zu empfehlen.<br />
Aufgrund des geringen Gefälles und der zahlreichen Ruhewasserstrecken ist die Fliessgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers über die gesamte Länge der letzten Haltung des Strangs 2<br />
vor dem Portal Frutigen sehr gering. Ausserdem beträgt die Drainagewassermenge im Mittel<br />
weniger als 0.5 l/s. Deshalb kommt eine Flüssigkonditionierung in Strang 2 technisch nicht in<br />
Frage 15 und kann aufgrund des bereits vollständig hydrolysierten Wirkstoffs auch nicht den<br />
gleichen Effekt wie die Depotsteinkonditionierung erzielen. 16 Dies wurde durch den Wechsel<br />
von der Flüssigkonditionierung auf die Depotsteinkonditionierung im Februar 2008 bereits<br />
eindeutig gezeigt.<br />
Auf Basis der Erfahrungen mit der Flüssigkonditionierung konstatierte Oliver Studer (BLS<br />
AG) im Februar 2008 ein Reinigungsintervall von 3–4 Monaten für die letzte Haltung des<br />
Strangs 2 (Anlage 2), d. h. drei bis vier Reinigungseinsätze pro Jahr. Seit dem Wechsel auf<br />
die Depotsteinkonditionierung konnte jedoch trotz des geringen Gefälles ein Reinigungsintervall<br />
von mindestens 4 Monaten im Winter (November–März) und 8 Monaten im Sommer<br />
(März–November) eingehalten werden (vgl. Tabelle 1). Durch den Einsatz der Depotsteinkonditionierung<br />
konnte somit die Anzahl der erforderlichen Reinigungseinsätze auf nur zwei<br />
Reinigungseinsätze pro Jahr halbiert werden.<br />
15<br />
16<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.3.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
26
Aufgrund der Mechanismen der Wirkstofffreisetzung von den Polysuccinimid-Depotsteinen 17<br />
und des sehr starken Anstiegs des pH-Werts des Drainagewassers im Strang 2 erst innerhalb<br />
der letzten und vorletzten Haltung (vgl. Anlage 1, Bild 8 und Anlage 11), muss die Wirkstoffkonzentration<br />
durch Bestückung der vier stromaufwärts liegenden Schächte Nr. 2, 3, 4a und<br />
4b mit relativ grossen Bestückungsmengen (Tabelle 2) schrittweise aufgebaut werden (vgl.<br />
Anlage 1, Bild 13 unten) Der Vorteil der grossen Bestückungsmengen ist auf der anderen<br />
Seite ein verlängertes Nachbestückungsintervall der Depotsteine in den Schächten Nr. 4a und<br />
4b von ca. einem ganzen Jahr. Die Depotsteine in den Schächten Nr. 2 und 3 sollten aufgrund<br />
des höheren Verbrauchs und des stärkeren Versinterungsaufkommens während der Tauperiode<br />
im Frühjahr alle sechs Monate (März/April und September–November) nachbestückt<br />
werden.<br />
Die von den Polysuccinimid-Depotsteinen freigesetzte Polyasparaginsäure und Polysuccinimid-Teilhydrolysate<br />
reduzieren primär die Festigkeit der entstehenden Versinterungen, indem<br />
sie das Wachstum und das Zusammenwachsen der Kalkkristalle verhindern. 18 Anstatt der<br />
sehr festen Versinterungen entstehen dann weiche Versinterungsschlämme (Anlage 17 & 20).<br />
Im Gegensatz zum Strang 1 reicht die Schleppgeschwindigkeit des natürlichen Drainagewasserstroms<br />
in Strang 2 jedoch bei weitem nicht aus, um die zudem noch grösseren Mengen an<br />
Versinterungsschlamm aus der letzten Haltung auszuspülen. Geringe Verlagerungen der Versinterungen<br />
in Strang 2 treten beim Einsatz der Depotsteinkonditionierung zwar auf, jedoch<br />
setzen sich die Versinterungsschlämme in den Ruhewasserstrecken im Haltungsinneren ab.<br />
Die Depotsteinkonditionierung konnte somit im Strang 2 die Festigkeit der Versinterungen<br />
erheblich verringern und dadurch die Dauer und den erforderlichen Aufwand der Reinigungsmassnahmen<br />
beträchtlich reduzieren. Seit der Grundreinigung im April/Mai 2008 war kein<br />
Einsatz einer Kettenschleuder zur Entfernung harter Versinterungen mehr erforderlich. Ausserdem<br />
reduzierte die Depotsteinkonditionierung das Risiko eines Vollverschlusses der letzten<br />
Haltung des Strangs 2, weil die Versinterungsschlämme bei zunehmender Rohrverengung<br />
auch aus Ruhewasserstrecken ausgespült werden können.<br />
Aufgrund des geringen Gefälles, der zahlreichen Ruhewasserstrecken und des geringen Drainagewasseranfalls<br />
war die Depotsteinkonditionierung allein jedoch nicht in der Lage, die<br />
Menge der im Strang 2 entstehenden Versinterungen reduzieren. Aus diesem Grund wurde<br />
Mitte September 2009 ein Schwallspüler im Einlauf des Schachts Nr. 1 installiert.<br />
17<br />
18<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.2.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
27
4.2.4.2 Einsatz von Schwallspülern<br />
Um die Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers in der letzten Haltung des Strangs 2<br />
vor dem Portal Frutigen periodisch zu beschleunigen und dadurch die weichen Versinterungsschlämme<br />
in regelmässigen Intervallen auszuspülen, wurde der Einsatz eines Schwallspülers<br />
im Einlauf in den Schacht Nr. 1 vorgeschlagen. Der Schwallspüler verschliesst den Einlauf<br />
der Gewölbedrainageleitung des Strangs 2 in den Schacht Nr. 1 vollständig und staut dadurch<br />
das anfallende Drainagewasser in der letzten Haltung bis zu einer definierten Einstauhöhe auf.<br />
Die Einstauhöhe wurde im Strang 2 mit Rücksicht auf die Gleislage in der Weströhre des<br />
Lötschberg-Basistunnels am Portal Frutigen auf 600 mm über Sohle Einlauf festgelegt (Anlage<br />
23). Dies ergibt eine theoretische Druckhöhe des Grundwassers von 333 mm unter SiOK<br />
sowie eine Einstaulänge von 47.25 m stromaufwärts von Schacht Nr. 1 bzw. ein Rückstau des<br />
Drainagewassers bis zu 31 m abstromig von Schacht Nr. 2. Praktisch realisiert wurde ein<br />
Rückstau des Drainagewassers bis ca. 27 m abstromig von Schacht Nr. 2. Bei maximaler Einstauhöhe<br />
ist die Gewölbedrainageleitung ab 39 m abstromig von Schacht Nr. 2 vollständig<br />
eingestaut (vgl. Anlage 24).<br />
Wenn das Drainagewasser die Einstauhöhe von 600 mm am Einlauf in den Schacht Nr. 1<br />
erreicht, löst der Schwallspüler aus. Das heisst, der Schwallspüler öffnet den Schachteinlauf<br />
und lässt sämtliches Drainagewasser aus der letzten Haltung des Strangs 2 in einem Schwall<br />
abfliessen, bis der Wasserspiegel den unteren Auslösepunkt 200 mm über Sohle Einlauf erreicht.<br />
An diesem Punkt verschliesst der Schwallspüler den Einlauf der Gewölbedrainageleitung<br />
in den Schacht Nr. 1 wieder vollständig und staut das Drainagewasser in der letzten<br />
Haltung wieder bis zur Einstauhöhe von 600 mm über Sohle Einlauf auf (Anlage 22).<br />
Durch den Aufstau und das schwallartige Ablassen des Drainagewassers erzielt der Schwallspüler<br />
gleich mehrere positive Effekte:<br />
– Durch den Aufstau des Wassers innerhalb statt vor der letzten Haltung stehen die Versinterungen<br />
in der letzten Haltung unter Auftrieb. Dadurch fliessen die Versinterungspartikel,<br />
die durch die Depotsteinkonditionierung vor dem Zusammenwachsen und Verfestigen bewahrt<br />
werden, einfach mit dem Drainagewasserschwall aus der Leitung. Würden die Versinterungspartikel<br />
auf der Rohrsohle sedimentiert vorliegen, würden sie durch einen Spülschwall<br />
von oberhalb grösstenteils überströmt und weniger gut ausgespült werden.<br />
– Durch den Aufstau des Drainagewassers bis zu 39 m abstromig von Schacht Nr. 2 (Volleinstau<br />
bei maximaler Stauhöhe) wird die Kohlendioxid-Absorption durch das portlandithaltige<br />
Drainagewasser und dadurch auch das Versinterungsaufkommen in der unteren<br />
Hälfte der letzten Haltung reduziert, solange das Drainagewasser das Minimum der Calciumlöslichkeit<br />
oberhalb des Einstaubereichs durchschreitet und die Calciumlöslichkeit im<br />
Einstaubereich portlanditdominiert ist (vgl. Abschn. 4.2.2).<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
28
– Durch den Aufstau des Drainagewassers über ¾ des Rohrdurchmessers in einem Bereich<br />
ab 33 m abstromig von Schacht Nr. 2 wird die Wirkung der Depotsteinkonditionierung<br />
auch auf die Wassereintrittsöffnungen der Gewölbedrainageleitungen und die umliegenden<br />
Sickerpackungen ausgedehnt.<br />
Dank der Reduktion der Versinterungsfestigkeit durch die Depotsteinkonditionierung und der<br />
grossen Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers beim Ablassen durch den Schwallspüler<br />
werden die weichen, puderigen Versinterungen regelmässig fast vollständig aus der<br />
letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen ausgespült. Dadurch wird das Versinterungsaufkommen<br />
auf der Rohrsohle und in den Rohrkämpfern erheblich reduziert und die<br />
zwei früheren Versinterungsschwerpunkte aufgehoben (vgl. Anlage 26). Durch den kombinierten<br />
Einsatz der Depotsteinkonditionierung kann das Reinigungsintervall der letzten<br />
Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen sowie das der daran anschliessenden Querleitung<br />
von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0 mehr als verdoppelt werden.<br />
Aufgrund des jahreszeitlich schwankenden Versinterungsaufkommens wird für die letzte Haltung<br />
des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen zunächst ein vorsichtiges Reinigungsintervall von<br />
12 Monaten empfohlen. Später, wenn weitere Erkenntnisse zur Effizienz des Schwallspülers<br />
während der Tauperiode im März/April im Bereich des ersten Versinterungsschwerpunkts<br />
von 20.5–26.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 vorliegen, kann das Reinigungsintervall weiter<br />
verlängert werden.<br />
Funktionsbedingt hält der Schwallspüler sämtliches Drainagewasser in der letzten Haltung bis<br />
zum Erreichen des oberen Auslösepunkts fest und lässt dann sämtliches Drainagewasser in<br />
einem Schwall abfliessen. Dies führt dazu, dass dieses Drainagewasser nicht mehr wie bisher<br />
durch andere Zuflüsse im weiten Verlauf des Entwässerungssystems permanent verdünnt<br />
wird. Vielmehr fliesst das Drainagewasser in zeitlich eng begrenzten Schwallen konzentriert<br />
durch das weitere Entwässerungssystem. Sollte das Drainagewasser, das der Schwallspüler<br />
zurückhält, wie im Strang 2 des Lötschberg-Basistunnels stark portlandithaltig und damit sehr<br />
alkalisch sein, treten deshalb im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems regelmässig<br />
kurzzeitig hohe pH-Werte auf, während der Schwall des alkalischen Drainagewassers abfliesst.<br />
In der Zeit, während der Schwallspüler geschlossen ist und die Leitung einstaut und<br />
somit kein alkalisches Drainagewasser abfliesst, liegen die pH-Werte des Drainagewassers<br />
dafür im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems unter den pH-Werten des Mischwassers,<br />
die vor Installation des Schwallspülers beobachtet wurden. Diesem Umstand muss bei<br />
der Installation von Schwallspülern in jedem Fall Rechnung getragen werden.<br />
Ein Ausgleich der kurzzeitig hohen pH-Werte ist möglich, wenn im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems<br />
ein entsprechendes Ausgleichsvolumen vorhanden ist, mit dem sich der<br />
Schwall des alkalischen Drainagewassers verdünnen kann. Idealerweise entspricht das Ausgleichsvolumen<br />
der Menge an Drainagewasser, die während eines Schwallspülzyklus insge-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
29
samt im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems anfällt. Bei vollständiger Durchmischung<br />
im Ausgleichbecken sind im Anschluss keine pH-Wert-Sprünge mehr zu beobachten,<br />
denn der pH-Wert des Wassers aus dem Ausgleichsvolumen entspricht dann dem pH-Wert<br />
des Mischwassers vor Installation des Schwallspülers. Aber auch deutlich kleinere Ausgleichsvolumen<br />
reichen aus, um die kurzzeitig hohen pH-Werte des schwallartig anfallenden,<br />
alkalischen Drainagewasser stark abzusenken und die Einleitgrenzwerte einzuhalten.<br />
4.2.4.3 Unterhalt der Entwässerungsleitungen<br />
Ohne präventive Massnahmen muss die letzte Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen<br />
alle 3–4 Monate mittels Vibrationsrotierdüse und Kettenschleuder gereinigt werden, um die<br />
harten Versinterungen innert wirtschaftlicher Zeitdauer aufbrechen und entfernen zu können<br />
(Abschn. 4.2.3).<br />
Allein durch den präventiven Unterhalt mit einer wirksamen Härtestabilisation mittels Polysuccinimid-Depotsteinen<br />
kann in Strang 2 nur die Versinterungsfestigkeit reduziert werden.<br />
Aufgrund des geringen Gefälles und der zahlreichen Ruhewasserstellen ist der natürliche<br />
Drainagewasserstrom ohne bauliche Modifikationen nicht in der Lage, den Versinterungsschlamm<br />
aus der letzten Haltung vor dem Portal auszuspülen. Somit wird das Versinterungsaufkommen<br />
ohne bauliche Modifikationen nicht wesentlich reduziert. Trotzdem wurde beim<br />
alleinigen Einsatz der Depotsteinkonditionierung eine geringe Verlagerung der Versinterungsschlämme<br />
innerhalb der letzten Haltung vor dem Portal Frutigen festgestellt, so dass ein<br />
Reinigungsintervall von 4 Monaten im Winter (November–März) und 8 Monaten im Sommer<br />
(März–November) realisiert werden konnte (Abschn. 4.2.4.1).<br />
Der Einsatz der Depotsteinkonditionierung reduzierte ausserdem den Aufwand und die Zeitdauer<br />
der erforderlichen Reinigungsmassnahmen erheblich. Die letzte Haltung des Strangs 2<br />
vor dem Portal Frutigen, von Schacht Nr. 2 zu Schacht Nr. 1, sowie die anschliessende Querleitung<br />
von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0 (vgl. Bild 1) konnten nach Einsatz der Depotsteinkonditionierung<br />
in rund zwei Stunden mittels Hochdruckspülung gereinigt werden. Früher –<br />
auch während des Einsatzes der Flüssigkonditionierung – wurden für die regelmässigen Reinigungen<br />
dieser beiden Leitungen jeweils durchschnittlich eine ganze Schicht und eine Kettenschleuder<br />
benötigt (vgl. Anlage 1, 4 und 5 i. V. m. Anlage 17 und 20).<br />
Das Versinterungsaufkommen in der letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal Frutigen<br />
konnte erst durch die Kombination aus Depotsteinkonditionierung und Schwallspüler deutlich<br />
reduziert werden. Während die Depotsteinkonditionierung die Festigkeit der Versinterungen<br />
reduziert und das Zusammenwachsen der Kristalle verhindert, erzeugt der Schwallspüler<br />
regelmässig eine hohe Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers in der unteren Hälfte<br />
der Gewölbedrainage, von etwa 27 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis zum Schacht Nr. 1.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
30
Dadurch werden die Versinterungsschlämme jeweils alle 17–20 Stunden 19 vollständig aus der<br />
unteren Hälfte der letzten Haltung der Gewölbedrainage ausgespült.<br />
Durch die Kombination aus Depotsteinkonditionierung und Schwallspülung sollte das Reinigungsintervall<br />
der letzten Haltung des Strangs 2 vor dem Portal mindestens auf 12 Monate<br />
verlängert werden können. Die anschliessende Reinigung kann mit deutlich geringerem Reinigungsaufwand<br />
und erheblich schneller als vor dem Einsatz der Baypure ® DSP Tabs 200 ausgeführt<br />
werden (Abschn. 4.1.4.1). Dazu sollte direkt vor dem Schwallspüler im Schacht Nr. 1<br />
eine seitliche Spülöffnung (≥ DN 100 mm) durch einen planmässig verschlossenen 45°-Abzweig<br />
installiert werden (vgl. auch Anlage 26).<br />
Abhängig von der jahreszeitlichen Verteilung des Versinterungsaufkommens (Abschn. 4.2.3)<br />
empfiehlt sich eine Reinigung des Strangs 2 nach der Tauperiode des Bodens im März/April.<br />
Direkt im Anschluss an die Reinigung der Gewölbedrainage sollten gleichzeitig die Baypure ®<br />
DSP Tabs 200 nachbestückt werden (Bestückungsmenge lt. Bestückungsplan in Tabelle 2<br />
bzw. Anlage 27). Zudem sollten die Depotsteine in Schacht Nr. 2 und 3 nach etwa einem halben<br />
Jahr, d. h. etwa im Zeitraum September–November nachbestückt werden. Auf Basis der<br />
bisherigen Erkenntnisse wird der Verbrauch an Baypure ® DSP Tabs 200 in Schacht Nr. 2 auf<br />
ca. 50 %, d. h. 3.0 kg pro Halbjahr, und in Schacht Nr. 3 auf ca. 30 %, d. h. 1.5 kg pro Halbjahr,<br />
geschätzt (zum Depotsteinverbrauch vgl. auch 20 in Verbindung mit den in Strang 2<br />
beobachteten Wasserparametern in Anlage 1, Tabelle 2 und Anlage 11).<br />
4.3 Strang 3<br />
4.3.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung<br />
Die letzte Haltung vor dem Portal Frutigen des Strangs 3, von Schacht Nr. 2 zu Schacht Nr. 1,<br />
zeichnet sich analog dem Strang 2 durch eine kleine Drainagewassermenge, ein geringes Gefälle,<br />
Ruhewasserstrecken und Aufstaus von Drainagewasser vor Muffen aus. Zudem behindern<br />
stellenweise Zementablagerungen aus der Bauphase den Abfluss des Drainagewassers in<br />
der Rohrsohle.<br />
Irreversible bauliche Defizite, die den Abfluss des Drainagewassers stören, treten im Bereich<br />
Portal Frutigen in Strang 3 an folgenden 12 Stellen auf (Bild 6, links):<br />
– 6.5–7.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 7.0–9.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken<br />
– 12.5–13.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe ca. 1–2 cm<br />
– 15.0–17.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken<br />
19<br />
20<br />
Vgl. Meier, Franziska: Folgen der Schwallspülung Portal Nord. Frutigen, BLS Netz AG, Frutigen,<br />
2009-09-17. – Internes Schreiben.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.6.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
31
– 19.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 21.5–24.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken<br />
– 25.0–25.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe ca. 1–2 cm<br />
– 29.0–31.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken<br />
– 31.0–31.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe ca. 1–2 cm<br />
– 37.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 44.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 45.5–47.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor 45°-Knick, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
Bild 6: Lötschberg-Basistunnel, Oströhre, Strang 3, Gewölbedrainage West, 1. Haltung am Portal Frutigen,<br />
Fliessrichtung Schacht Nr. 2 (oben) Schacht Nr. 1 (unten) (vgl. Bild 1): Baulicher Zustand,<br />
Versinterungsursachen und resultierende Versinterungszonen bzw. -probleme (v. l. n. r.)<br />
(Verlagerung von Versinterungsschlamm aufgrund der bestehenden Depotsteinkonditionierung mögl.)<br />
Ein wesentliches bauliches Defizit der letzten Haltung ist weiterhin der 45°-Knick nach unten,<br />
ca. 2 m vor dem Haltungsende und dem Einlauf in den Schacht Nr. 1 (Bild 6, links). Dieser<br />
Knick behindert die Befahrbarkeit des Einlaufbereichs mittels Kanalkamera und den Einsatz<br />
einer Kettenschleuder zur Entfernung von harten Ablagerungen. Eine Kettenschleuder mit<br />
Führungsschlitten kann nur ausgehend von Schacht Nr. 2 stromabwärts bis zum Knick eingesetzt<br />
werden, und eine gleichzeitige Gegenbefahrung mittels Kanalkamera zur Dosierung und<br />
Optimierung des Kettenschleudereinsatzes auf die harten Ablagerungen ist dann nicht möglich.<br />
Alternativ kann eine Kettenschleuder ohne Führungsschlitten durch die Gefällestrecke<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
32
is hinter den Knick eingeschoben werden. Durch den fehlenden Führungsschlitten kann die<br />
Kettenschleuder jedoch taumeln und die Rohrwandungen beschädigen. 21<br />
Auch im Anschluss an die letzte Haltung birgt der Strang 3 erhebliche bauliche Defizite. Zu<br />
nennen sind insbesondere der kleine Schachtdurchmesser des Schachts Nr. 1, der ausser einer<br />
visuellen Kontrolle vom Randweg aus keine Zugänglichkeit zur Entwässerungsleitung zulässt.<br />
Weiterhin wurde die Querleitung von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0 mit Gegengefälle<br />
verlegt, bzw. ihr Einlauf in den Schacht Nr. 0 liegt tiefer als der Auslauf des Schachts Nr. 0.<br />
Dadurch staut sich das Drainagewasser in dieser Querleitung stets bis in den Schacht Nr. 1<br />
zurück. Nennenswerte Strömung tritt daher in der Querleitung nicht auf. Versinterungsschlämme,<br />
die durch den natürlichen Drainagewasserstrom aus der letzten Haltung des<br />
Strangs 3 in den Schacht Nr. 1 transportiert werden, sedimentieren deshalb im Schachtgerinne<br />
und der Querleitung zum Schacht Nr. 0 (vgl. Bild 6, links unten).<br />
4.3.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung<br />
Auch im Strang 3 treten bereits stromaufwärts von Schacht Nr. 2 Portlandit-Zuflüsse auf. Bereits<br />
im Schacht Nr. 3 wurden ein geringer Anstieg des pH-Werts und eine geringe Beeinflussung<br />
der Drainagewassertemperatur beobachtet, die auf tagwasserabhängige Sickerwasserzutritte<br />
hindeuten (Anlage 1, Tabelle 2 und Anlage 11). Die pH-Wert-Erhöhung und marginale<br />
Aussinterungen vor den Depotsteinen in der Durchleitung des Schachts Nr. 3 (Anlage 18,<br />
Seite 3) zeigen, dass es sich dabei um portlandithaltige Sickerwässer handelt.<br />
Bis zum Schacht Nr. 2 sind die Portlandit-Zuflüsse bei normalen Drainagebedingungen moderat<br />
und verursachen ein vergleichsweise geringes Versinterungsaufkommen. Die Portlandit-<br />
Zuflüsse erhöhen jedoch die Calcitsättigung und den pH-Wert des Drainagewassers bis kurz<br />
vor den Bereich des Minimums der Calciumlöslichkeit (pH-Wert ≈ 9.5 … 10.5). 22 Bei normalen<br />
Drainagebedingungen ist das Drainagewasser bereits ca. 58 m stromaufwärts von<br />
Schacht Nr. 2 calcitge- bzw. -übersättigt und neigt vor allem an den Fliesszonenrändern zur<br />
Abscheidung von Versinterungen infolge der Interaktion der portlandithaltigen Sickerwässer<br />
mit dem kohlendioxidhaltigen Drainagewasser. Die Calcitlöslichkeit des Drainagewassers ist<br />
jedoch noch bis in den Bereich von 11–15 m abstromig von Schacht Nr. 2 calcitdominiert.<br />
Bei aussergewöhnlichen Drainagebedingungen mit temporär erhöhten Portlandit-Zuflüssen,<br />
wie sie vor allem während der Tauperiode des Bodens im März/April auftreten, wird das<br />
Minimum der Calcitlöslichkeit bereits stromaufwärts vor dem Schacht Nr. 2 durchschritten<br />
(Anlage 1, Tabelle 2). Während dieser Perioden ist die Calciumlöslichkeit des Drainagewassers<br />
bereits im Schacht Nr. 2 portlanditdominiert, und die Versinterungen in der letzten Hal-<br />
21<br />
22<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 4.4.1.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.7.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
33
tung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen entstehen durch Kohlendioxid-Absorption aus der<br />
Gasphase. 23<br />
Nahezu über fast die gesamte Länge der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen<br />
treten weitere Portlandit-Zuflüsse in die Gewölbedrainage ein (Bild 6, Mitte). Diese<br />
Zuflüsse führen bei normalen Drainagebedingungen noch bis in einen Bereich von 11–15 m<br />
abstromig von Schacht Nr. 2 zu Versinterungen an den Fliesszonenrändern in der Rohrsohle<br />
infolge der Mischung interagierender Wässer (kohlendioxidhaltiges Drainagewasser + portlandithaltiges<br />
Sickerwasser aus dem Rohrschirm). Ab diesem Bereich ist das Drainagewasser<br />
des Strangs 3 jedoch zu jeder Zeit portlanditdominiert und die Versinterungen verteilen sich<br />
gleichmässig über die gesamte Rohrsohle (Bild 6, rechts).<br />
Zusammenfassend kann das Drainagewasser im Strang 3 somit wie folgt bezeichnet werden:<br />
– Im Bereich oberhalb von 11–15 m abstromig von Schacht Nr. 2 als calcitdominiert und<br />
– im Bereich unterhalb von 11–15 m abstromig von Schacht Nr. 2 als portlanditdominiert.<br />
Im Bereich oberhalb von 15 m abstromig von Schacht Nr. 2 sollte das Drainagewasser somit<br />
keinesfalls aufgestaut werden, weil sonst das Versinterungsaufkommen im Interaktionsbereich<br />
mit dem portlandithaltigen Sickerwasser aus der Vortriebssicherung erheblich verstärkt<br />
werden kann. Demgegenüber kann im Bereich unterhalb von 15 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 die Kohlendioxid-Absorption aus der Gasphase und somit die Neigung des Drainagewassers<br />
zur Abscheidung von Versinterungen durch einen Aufstau verringert werden. Allerdings<br />
lässt sich eine erhebliche Reduktion des Versinterungsaufkommens in der letzten Haltung<br />
des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen nur durch eine künstliche Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers erreichen.<br />
4.3.3 Ausmass des Versinterungsproblems<br />
Aufgrund der geringen Drainagewassermenge und der Portlandit-Zuflüsse ab Schacht Nr. 3<br />
entstehen bereits in der vorletzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen Versinterungen.<br />
Diese Versinterungen lagern sich infolge der Kohlendioxid-Absorption aus der Gasphase<br />
in Form von Sinterfahnen im Rohrkämpfer und infolge der Mischung mit dem kohlendioxidhaltigen<br />
Drainagewasser am Rand der Fliesszone in der Rohrsohle ab. Während normaler<br />
Drainagebedingungen wurde in der vorletzten Haltung ein durchschnittliches Versinterungsaufkommen<br />
von ≤ 0.5 cm/Monat auf der Rohrsohle und im Rohrkämpfer unter Wasserzutritten<br />
beobachtet.<br />
Insgesamt ist das Versinterungsaufkommen in der vorletzten Haltung deutlich geringer als in<br />
der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen. Deshalb ist derzeit die letzte Hal-<br />
23<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.9.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
34
tung determinierend für das Reinigungsintervall des Strangs 3. Diese Situation kann sich<br />
jedoch beim Einsatz eines Schwallspülers am Auslauf der letzten Haltung umkehren, wenn<br />
dadurch das Reinigungsintervall der letzten Haltung erheblich verlängert werden kann (vgl.<br />
Abschn. 4.3.4.2). Folgende Stellen der vorletzten Haltung können insbesondere beim Einsatz<br />
einer funktionierenden Härtestabilisation bestimmend für das Reinigungsintervall werden<br />
(vgl. Anlage 19):<br />
– 44.5–47.0 m abstromig von Schacht Nr. 3: Wassersack mit einer Tiefe von ca. 2–3 cm<br />
– 70.0–73.0 m abstromig von Schacht Nr. 3: Wassersack mit einer Tiefe von ca. 2–3 cm<br />
Während temporär auftretender, stärkerer Portlandit-Zuflüsse, z. B. während der Tauperiode<br />
des Bodens im Bereich des Rohrschirms im Frühjahr, verstärken sich die Versinterungen<br />
infolge Mischung interagierender Wässer. Der Interaktionsbereich verschiebt sich stromaufwärts<br />
in die vorletzte Haltung. Während dieser Perioden können auf der Rohrsohle im Bereich<br />
des Schachts Nr. 2 kurzfristig Versinterungen mit einem Aufkommen von ca. 1–3 cm/Monat<br />
entstehen.<br />
Während normaler Drainagebedingungen entstehen die Versinterungen im Anschluss an den<br />
Schacht Nr. 2 vor allem im linken Rohrkämpfer (infolge Kohlendioxid-Absorption) und am<br />
linken Fliesszonenrand (infolge Mischung mit dem noch kohlendioxidhaltigen Drainagewasser).<br />
Das Versinterungsaufkommen beträgt an beiden Stellen im Rohrquerschnitt durchschnittlich<br />
ca. 0.5 cm/Monat. Gegen 7 m abstromig von Schacht Nr. 2 nimmt das Versinterungsaufkommen<br />
im linken Fliesszonenrand auf ca. 1 cm/Monat zu (Bild 6, rechts).<br />
Der erste Versinterungsschwerpunkt der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen<br />
tritt im Bereich 11.5–15 m abstromig von Schacht Nr. 2 auf. Dieser Versinterungsschwerpunkt<br />
entsteht (analog der Schwerpunkte im Strang 2) wiederum aus einer Kombination von<br />
stärkeren Portlandit-Zuflüssen im Bereich von 10–15 m abstromig von Schacht Nr. 2 (Bild 6,<br />
Mitte) sowie einem geringen Gefälle, Aufstauungen vor Muffen und Ruhewasserstrecken im<br />
Bereich von 11–13 m bzw. 15–17 m abstromig von Schacht Nr. 2 (Bild 6, links). In diesem<br />
Bereich wurde ein stark schwankendes Versinterungsaufkommen von 2–2.5 cm/Monat (bei<br />
11.5 m) bis hin zu 1–4 cm/Monat im Bereich von 12–15 m abstromig von Schacht Nr. 2<br />
beobachtet (Bild 6, rechts).<br />
Ein Teil der beobachteten Schwankungen des Versinterungsaufkommens sind sicher der Depotsteinkonditionierung<br />
in Verbindung mit der regelmässigen Kamerabefahrung zuzurechnen.<br />
Dass sich jedoch in diesem Bereich so grosse Mengen an Versinterungen ablagern konnten,<br />
liegt hauptsächlich an dem hohen Calcium-Gehalt und der geringen Strömungsgeschwindigkeit<br />
bzw. der langen Verweilzeit des Drainagewassers.<br />
Mit zunehmendem Gefälle und zunehmender Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers<br />
im Anschluss an den ersten Versinterungsschwerpunkt nimmt auch das Versinterungsauf-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
35
kommen auf der Rohrsohle im Bereich von 15–20 m abstromig von Schacht Nr. 2 wieder<br />
linear ab. Ab 20 m abstromig von Schacht Nr. 2 beträgt das Versinterungsaufkommen noch<br />
rund 1–2 cm/Monat.<br />
Der zweite Versinterungsschwerpunkt der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal<br />
Frutigen tritt im Bereich von 22–25 m abstromig von Schacht Nr. 2 auf. Auch hier führen<br />
stärkere Portlandit-Zuflüsse im Bereich von 22–23 m abstromig von Schacht Nr. 2 (Bild 6,<br />
Mitte) sowie ein geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken im Bereich von 21.5–24 m (Bild 6,<br />
links) zu einer geringen Strömungsgeschwindigkeit und einer langen Verweilzeit des Drainagewassers.<br />
Dadurch kann das kohlendioxiduntersättigte portlandithaltige Drainagewasser<br />
grössere Mengen an Kohlendioxid aus der Gasphase absorbieren und so erhebliche Mengen<br />
an Versinterungen (ca. 2–3 cm/Monat) bilden (Bild 6, rechts), die sich direkt in den Ruhewasserstrecken<br />
absetzen und auch beim Einsatz der Depotsteinkonditionierung nicht ohne bauliche<br />
Modifikationen durch den natürlichen Drainagewasserstrom aus der letzten Haltung ausgespült<br />
werden.<br />
Dieser zweite Versinterungsschwerpunkt im Bereich von 22–25 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 führte bereits vor dem Einsatz der Depotsteinkonditionierung zu Vollverschlüssen im<br />
Strang 3 (Anlage 7).<br />
Auch im Anschluss an den zweiten Versinterungsschwerpunkt nimmt das Versinterungsaufkommen<br />
mit zunehmender Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers und abnehmender<br />
Calcitübersättigung wieder ab. Im Bereich von 28 m abstromig von Schacht Nr. 2 beträgt<br />
das Versinterungsaufkommen auf der Rohrsohle noch ca. 2 cm/Monat. Bei 31.5 m abstromig<br />
von Schacht Nr. 2 beträgt das Versinterungsaufkommen noch 1–2 cm/Monat und nimmt bis<br />
35 m abstromig von Schacht Nr. 2 auf 1 cm/Monat ab. Im Bereich von 35–48 m bleibt das<br />
Versinterungsaufkommen weitgehend konstant bei ca. 1 cm/Monat.<br />
Erst am Fuss der Gefälleleitung beim Einlauf in den Schacht Nr. 1 nimmt das Versinterungsaufkommen<br />
infolge des Rückstaus von Schacht Nr. 0 (vgl. Abschn. 4.3.1) wieder erheblich<br />
zu. Im Bereich des Einlaufs und im Gerinne des Schachts Nr. 1 sowie in der gesamten Querleitung<br />
von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0 kann mit einem Versinterungsaufkommen von 1–<br />
5 cm/Monat gerechnet werden, bis die untere Rohrhälfte mit Versinterungen gefüllt ist. Wenn<br />
die untere Rohrhälfte mit Versinterungen gefüllt ist, nimmt die Strömungsgeschwindigkeit<br />
etwas zu und das Versinterungsaufkommen etwas ab, so dass sich trotzdem Reinigungsintervalle<br />
des Strangs 3 von bis zu 8 Monaten ohne Probleme in der Querleitung realisieren liessen.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
36
4.3.4 Handlungsempfehlungen<br />
4.3.4.1 Einsatz der Härtestabilisation<br />
Um die Festigkeit der Versinterungen in der vorletzten und der letzten Haltung des Strangs 3<br />
vor dem Portal Frutigen zu reduzieren, ist eine Härtestabilisation des Drainagewassers mit<br />
Polysuccinimid-Depotsteinen unbedingt zu empfehlen.<br />
Aufgrund der geringen Menge und der geringen Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers<br />
ist eine Flüssigkonditionierung in Strang 3 technisch nicht geeignet. 24 Ausserdem erzielt<br />
eine Flüssigkonditionierung aufgrund des bereits vollständig hydrolysierten Wirkstoffs nicht<br />
den gleichen Effekt wie die Depotsteinkonditionierung. 25 Dies wurde auch bereits durch den<br />
Wechsel von der Flüssigkonditionierung auf die Baypure ® DSP Tabs 200 im Januar 2008 in<br />
Strang 3 eindeutig gezeigt.<br />
Damit die Depotsteinkonditionierung bereits in der vorletzten Haltung des Strangs 3 die Festigkeit<br />
der Versinterungen infolge der Interaktion des portlandithaltigen Sickerwassers mit<br />
dem kohlendioxidhaltigen Drainagewasser an den Fliesszonenrändern wirksam reduzieren<br />
kann, müssen mindestens die vier stromaufwärts liegenden Schächte Nr. 2, 3, 4a und 4b mit<br />
Polysuccinimid-Depotsteinen bestückt werden (Tabelle 2).<br />
Im Schacht Nr. 2 ist eine Bestückungsmenge von 6 kg Baypure ® DSP Tabs 200 vorgesehen<br />
(vgl. Tabelle 2), weil der Verbrauch der Polysuccinimid-Depotsteine hier aufgrund des hohen<br />
pH-Werts des Drainagewassers relativ gross ist. Die Bestückungsmenge in Schacht Nr. 2 ist<br />
auf ein Nachbestückungsintervall von einem halben Jahr ausgelegt. Die Grundbestückung<br />
sollte jeweils im März/April, nach der Reinigung der Gewölbedrainageleitung (vgl. Abschn.<br />
4.3.4.3), stattfinden. Etwa halbes Jahr später, im Zeitraum September–November, sollte<br />
der Bestand an Depotsteinen im Schacht Nr. 2 kontrolliert und durch Nachbestücken einzelner<br />
Depotsteinnetze wieder auf die Grundbestückungsmenge aufgestockt werden. Basierend auf<br />
der bisherigen Erfahrung wird ein Verbrauch bzw. ein Nachbestückungsbedarf von ca. 50 %,<br />
d. h. 3 kg Baypure ® DSP Tabs 200 pro Halbjahr geschätzt.<br />
Aufgrund der zeitweise starken Calcitübersättigung des Drainagewassers entstehen auch im<br />
Anstrombereich der Depotsteinnetze im Schacht Nr. 2 Versinterungen (Anlage 18, Seite 2,<br />
Mitte und unten). Diese Versinterungen fixieren die Depotsteinnetze zwar auf der Rohrwandung<br />
(Anlage 17, Seite 2), behindern jedoch nicht die Wirkstoffabgabe von den Baypure ®<br />
DSP Tabs. Solange vor den Depotsteinnetzen ein leichter Aufstau des Drainagewassers entsteht,<br />
der die notwendige Durchströmung der Depotsteinnetze sicherstellt, geben die Bay-<br />
24<br />
25<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.3.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
37
pure ® DSP Tabs in Abhängigkeit ihrer Autodosiereigenschaften 26 eine ausreichende Wirkstoffmenge<br />
an das Drainagewasser ab. Ein leichter Aufstau von Drainagewasser vor den<br />
Depotsteinen ist somit Voraussetzung für die Funktion der Depotsteinkonditionierung.<br />
Durch leichte mechanische Beanspruchungen lassen sich die Versinterungen aufbrechen und<br />
die Depotsteinnetze rückstandsfrei aus der Schachtdurchleitung, Gerinnen oder Rohren entfernen.<br />
Im Gegensatz zu anderen auf dem Markt erhältlichen Depotsteinen ist der Gehalt an<br />
Bindemittel in den Baypure ® DSP Tabs 200 sehr gering (≤ 8.5 Gew.-%). Ausserdem reagiert<br />
das Bindemittel der Baypure ® DSP Tabs 200 nicht mit dem Drainagewasser oder anderen<br />
gelösten Stoffen zu irgendwelchen klebrigen oder ähnlich Massen, wie dies früher bei polyacrylsäurehaltigen<br />
Depotsteinen<br />
27, 28<br />
auftrat.<br />
In den Schächten Nr. 3, 4a und 4b kommen ebenfalls relativ hohe Bestückungsmengen zum<br />
Einsatz, um trotz des geringen pH-Werts des Drainagewassers, über die grosse Depotsteinoberfläche,<br />
eine ausreichende Wirkstoffkonzentration an das Drainagewasser abgeben zu können<br />
und so die erforderliche Wirkstoffkonzentration bis zum Schacht Nr. 3 schrittweise<br />
aufzubauen (vgl. Anlage 1, Bild 13 unten). Der Vorteil dieser grossen Bestückungsmengen ist<br />
ein verlängertes Nachbestückungsintervall von etwa einem ganzen Jahr.<br />
Die Depotsteinkonditionierung verringerte seit Januar 2008 die Festigkeit der neu entstehenden<br />
Versinterungen im Strang 3 erheblich und senkte dadurch die Dauer und den erforderlichen<br />
Aufwand der Reinigungsmassnahmen beträchtlich (vgl. Anlage 17 und 21). Seit der<br />
Grundreinigung im April/Mai 2008 war kein Einsatz einer Kettenschleuder zur Entfernung<br />
harter Versinterungen mehr erforderlich. Weiterhin reduzierte die Depotsteinkonditionierung<br />
zunehmend den Verbund zwischen den Rohrwandungen und Zementablagerungen aus der<br />
Bauphase sowie alten harten Versinterungen, die sich vor dem Einsatz der Depotsteinkonditionierung<br />
abgelagert hatten. 29 Dadurch lösen sich die Altablagerungen bei den nachfolgenden<br />
Spülungen zunehmend von der Rohrwandung ab, wodurch sich der Reinigungszustand der<br />
Gewölbedrainage mit jeder weiteren Reinigung nach dem Einsatz der Baypure ® DSP Tabs<br />
200 zunehmend verbesserte. Die Menge an alten Zementablagerungen in der Rohrsohle ging<br />
deutlich zurück und im November 2009 konnte erstmals auch die Gefällestrecke vor dem<br />
Einlauf in den Schacht Nr. 1 mit der Kanalkamera befahren werden. 30<br />
26<br />
27<br />
28<br />
29<br />
30<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 5.3.2 und 5.6.2.<br />
Ernst Basler + Partner AG: Rigolenversinterung im GST – Zustandsaufnahmen, Versuch mit Sokalan-<br />
Depotsteinen. Zürich, 1999. – Untersuchungsbericht 99131.00-47, unveröffentlicht.<br />
<strong>UCM</strong> <strong>Heidelberg</strong> <strong>GmbH</strong>: Fotodokumentation der Begehung des Schemmelsbergtunnels vom 27.10.2000.<br />
<strong>Heidelberg</strong>, 2000. – www.ucm-heidelberg.de.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
Rufener, Heinz: Informationen zur Reinigung der Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
am 15./16. November 2009 und 22./23. November 2009. Zweisimmen, 2009-12-14, 13.20 Uhr. – Telefonat<br />
mit Gamisch, Tobias, Institut für Bauplanung und Baubetrieb, ETH Zürich.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
38
Aufgrund des geringen Gefälles, der zahlreichen Ruhewasserstrecken und des geringen Drainagewasseranfalls<br />
ist die Depotsteinkonditionierung allein jedoch nicht in der Lage, die Menge<br />
der Versinterungen zu reduzieren, die in der vorletzten und letzten Haltung des Strangs 3<br />
vor dem Portal Frutigen sowie in der anschliessenden Querleitung zum Schacht Nr. 0 entstehen.<br />
Deshalb konnte das Reinigungsintervall des Strangs 3 auch beim Einsatz der Depotsteinkonditionierung<br />
nicht verlängert werden. Das Reinigungsintervall wurde jedoch an die jahreszeitlichen<br />
Schwankungen des Versinterungsaufkommens angepasst, indem die letzten beiden<br />
Haltungen und die Querleitung des Strang 3 im Winterhalbjahr nach 4 Monaten (im März)<br />
und im Sommerhalbjahr nach 8 Monaten (im November) gereinigt wurden (vgl. Tabelle 1).<br />
Die Nachbestückung der Depotsteine hätte jeweils direkt nach der Reinigung der Leitungen<br />
erfolgen sollen, erfolgte jedoch aus organisatorischen Gründen erst anderthalb bzw. zwei Monate<br />
später. Diese zeitliche Differenz zwischen Reinigung und Nachbestückung der Depotsteine<br />
sollte zukünftig unbedingt minimiert werden, da die Reinigung immer auch einen Teil<br />
des adsorbierten Wirkstoffs von den Rohrwandungen entfernt und dadurch die Pufferwirkung<br />
der Depotsteinkonditionierung schwächt. Dadurch können sich bis zur Nachbestückung bereits<br />
wieder Versinterungen bilden, deren Festigkeit und Menge durch eine rechtzeitige Nachbestückung<br />
hätten erheblich reduziert werden können.<br />
4.3.4.2 Einsatz von Schwallspülern<br />
Die von den Polysuccinimid-Depotsteinen freigesetzte Polyasparaginsäure und Polysuccinimid-Teilhydrolysate<br />
reduzieren primär die Festigkeit der entstehenden Versinterungen, indem<br />
sie das Wachstum und das Zusammenwachsen der Kalkkristalle verhindern. Anstatt der<br />
sehr festen Versinterungen entstehen in der Folge weiche Versinterungsschlämme. 31 Aufgrund<br />
des geringen Gefälles und der zahlreichen Ruhewasserstrecken sowie des geringen<br />
Drainagewasseranfalls ist der natürliche Drainagewasserstrom in Strang 3 jedoch nicht in der<br />
Lage, diese Versinterungsschlämme aus der letzten Haltung und der anschliessenden Querleitung<br />
in den Schacht Nr. 0 auszuspülen. Deshalb sollte untersucht werden, ob die Fliessgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers durch einen Schwallspüler auch in der letzten Haltung des<br />
Strangs 3 jeweils temporär künstlich erhöht und so die Versinterungsschlämme regelmässig<br />
ausgespült werden können. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:<br />
1) Aufgrund der geringen Platzverhältnisse sollte der Schallspüler anstatt in Schacht Nr. 1 in<br />
Schacht Nr. 0 installiert werden. Dann erstreckt sich die Wirkung des Schwallspülers<br />
nicht nur auf die letzte Haltung des Strangs 3 sondern auch auf die Querleitung von<br />
Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0. Es muss geprüft werden, ob der Schacht Nr. 0 einfach mit<br />
eingestaut werden kann oder ob eine wasserdichte Membran auf der Innenseite des<br />
Schachts erforderlich ist, um Umläufigkeiten von Drainagewasser zu vermeiden.<br />
31<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
39
2) Der Aufstau des Drainagewassers in der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal<br />
Frutigen sollte wenn möglich bis in den Bereich von 12–15 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 reichen, um den ersten Versinterungsschwerpunkt zu erreichen (Abschn. 4.3.3).<br />
Andererseits sollte der Aufstau des Drainagewassers bei Erreichen des oberen Auslösepunkts<br />
(maximale Einstauhöhe) keinesfalls weiter stromaufwärts als 12–15 m abstromig<br />
von Schacht Nr. 2 reichen, um nicht neue Versinterungsschwerpunkte infolge Interaktionen<br />
des kohlendioxidhaltigen Drainagewassers mit portlandithaltigem Sickerwasser oder<br />
zementgebundenen Baustoffen zu schaffen.<br />
In jedem Fall sollte der Aufstau des Drainagewassers jedoch mindestens bis in den Bereich<br />
von 22–25 m abstromig von Schacht Nr. 2 reichen, um den zweiten, starken Versinterungsschwerpunkt<br />
in der letzten Haltung des Strangs 3 aufzulösen (Abschn. 4.3.3).<br />
Ansonsten kann der Schwallspüler sein Potential nicht entfalten und ist nicht wirtschaftlich.<br />
3) Wenn kein zusätzliches Ausgleichsvolumen im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems<br />
aktiviert werden kann, sollten die Auslösemechanismen der beiden Schwallspüler in<br />
Strang 2 und Strang 3 gekoppelt werden, um ein gleichzeitiges Auslösen beider Schwallspüler<br />
zu verhindern. Statt beide Stränge gleichzeitig zu entleeren, sollte das Drainagewasser<br />
des einen Strangs vielmehr immer dann abgelassen werden, während der andere<br />
Strang gerade eingestaut wird.<br />
Bereits der Schwallspüler in Strang 2 staut eine grosse Menge alkalischen Drainagewassers<br />
auf und lässt diese dann regelmässig schwallartig abfliessen. In der Folge treten alle<br />
17–20 Stunden temporäre pH-Wert-Spitzen (pH > 9) in der Messstelle Wengi Ey und ca.<br />
1.5 Stunden später in der RHA Wengi Ey auf. 32 Nur die Durchmischung des Drainagewassers<br />
im Rückhaltebecken gewährleistet die Einhaltung der Einleitbedingung für die<br />
Ableitung des Drainagewassers in die Kander (pH < 9).<br />
Aufgrund der stärkeren Portlandit-Zuflüsse und der etwa gleich grossen Einstaumenge<br />
wird das Auslösen des Schwallspülers im Strang 3 mindestens gleich hohe pH-Wert-Spitzen<br />
im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems zur Folge haben wie das Auslösen des<br />
Schwallspülers in Strang 2. Sollten die Schwallspüler im Strang 2 und im Strang 3 gleichzeitig<br />
auslösen, reicht die derzeitige Verdünnung auf dem Fliessweg und im Rückhaltebecken<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr aus, um die Einleitbedingung einzuhalten.<br />
4) Alternativ zur Koppelung der Auslösemechanismen beider Schwallspüler in Strang 2 und<br />
Strang 3 kann ein zusätzliches Ausgleichsvolumen im weiteren Verlauf des Entwässerungssystems<br />
zur Verfügung gestellt werden, um die Einleitbedingung auch bei gleichzeitigem<br />
Auslösen der Schwallspüler einhalten zu können.<br />
32<br />
Meier, Franziska: Folgen der Schwallspülung Portal Nord. Frutigen, BLS Netz AG, Frutigen, 2009-09-17. –<br />
Internes Schreiben.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
40
4.3.4.3 Unterhalt der Entwässerungsleitungen<br />
Ohne präventive Massnahmen und beim Einsatz der Flüssigkonditionierung mussten die letzten<br />
Haltungen des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen alle 4–6 Monate in mehreren Schichten<br />
mittels Vibrationsrotierdüse und Kettenschleuder gereinigt werden, um die harten Versinterungen<br />
aufbrechen und entfernen zu können.<br />
Seit dem Wechsel auf die Depotsteinkonditionierung mittels Polysuccinimid-Depotsteinen ist<br />
die Festigkeit der in Strang 3 entstehenden Versinterungen deutlich geringer. Dadurch konnten<br />
der Aufwand und die Zeitdauer der erforderlichen Reinigungsmassnahmen erheblich reduziert<br />
werden. Allerdings ist der natürliche Drainagewasserstrom aufgrund des geringen Gefälles<br />
und der zahlreichen Ruhewasserstellen nicht in der Lage, den Versinterungsschlamm ohne<br />
bauliche Modifikationen aus der am stärksten versinternden, letzten Haltung vor dem Portal<br />
auszuspülen und dadurch das Versinterungsaufkommen zu verringern. Trotzdem konnte ein<br />
Reinigungsintervall von mindestens 4 Monaten im Winter (November–März) und 8 Monaten<br />
im Sommer (März–November) eingehalten werden (vgl. Tabelle 1).<br />
Erst durch die Kombination aus Depotsteinkonditionierung und Schwallspüler könnte das<br />
Versinterungsaufkommen in der letzten Haltung des Strangs 3 vor dem Portal Frutigen analog<br />
dem Strang 2 deutlich reduziert werden. Während die Depotsteinkonditionierung die Festigkeit<br />
der Versinterungen reduziert und das Zusammenwachsen der Kristalle verhindert, erzeugt<br />
der Schwallspüler regelmässig eine hohe Strömungsgeschwindigkeit im eingestauten Bereich<br />
der Gewölbedrainage. Dadurch werden die Versinterungsschlämme regelmässig vollständig<br />
aus der letzten Haltung des Strangs 3 und der Querleitung von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0<br />
ausgespült und so das Versinterungsaufkommen erheblich reduziert. In der Folge sollte das<br />
Reinigungsintervall der letzten Haltung des Strangs 3 mehr als verdoppelt werden können.<br />
Mit Rücksicht auf das jahreszeitlich schwankende Versinterungsaufkommen, die regelmässig<br />
erforderliche Nachbestückung der Depotsteine und die Erkenntnisse mit dem Schwallspüler in<br />
Strang 2 wird zunächst ein Reinigungsintervall von 12 Monaten geschätzt. Später, wenn ausreichende<br />
Erkenntnisse zur Effizienz des Schwallspülers in Strang 3 vorliegen, kann das Reinigungsintervall<br />
eventuell weiter verlängert werden.<br />
Die Baypure ® DSP Tabs 200 sollten jeweils direkt im Anschluss an die Reinigung der Gewölbedrainage<br />
eingebaut werden (Bestückungsmenge siehe Bestückungsplan in Tabelle 2 bzw.<br />
Anlage 27). Abhängig vom Depotsteinverbrauch und mit Rücksicht auf die temporäre Zunahme<br />
des Versinterungsaufkommens während der Tauperiode im Frühjahr empfiehlt sich eine<br />
Nachbestückung der Depotsteine in den Schächten Nr. 2 und 3 vor dem Winter, im Zeitraum<br />
September–November. Der Verbrauch an Baypure ® DSP Tabs 200 wird auf Basis der bisherigen<br />
Erkenntnisse in Schacht Nr. 2 auf ca. 50 %, d. h. 3.0 kg pro Halbjahr, und in Schacht<br />
Nr. 3 auf ca. 30 %, d. h. 1.5 kg pro Halbjahr, geschätzt (zum Depotsteinverbrauch vgl. auch 33<br />
33<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.6.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
41
in Verbindung mit den in Strang 3 beobachteten Wasserparametern in Anlage 1, Tabelle 2<br />
und Anlage 11).<br />
4.4 Strang 4<br />
4.4.1 Bauliche Defizite der Gewölbedrainageleitung<br />
Die letzte Haltung des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen lässt sich in zwei Hauptbereiche einteilen.<br />
Der erste Bereich des Drainagerohrs von Schacht Nr. 2 bis zum bergmännischen Portal<br />
bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 besitzt stärkere Störungen der Wasserableitungen durch<br />
Bereich mit geringem Gefälle, Ruhewasserstrecken und zahlreichen Zementablagerungen aus<br />
der Bauphase in der Rohrsohle. Der zweite, anschliessende Bereich des Transportrohrs vom<br />
bergmännischen Portal bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis zum Haltungsende zeichnet<br />
sich durch ein gutes Gefälle und eine vergleichsweise hohe Strömungsgeschwindigkeit des<br />
Drainagewassers aus. Mit Ausnahme einer schlecht ausgeführten Muffenverbindung resultiert<br />
daraus im zweiten Bereich ein schiessender Abfluss des Drainagewassers, der eine hohe<br />
Schleppgeschwindigkeit auf der Rohrsohle gewährleistet und dadurch in der Lage ist, Sedimente<br />
aus der Gewölbedrainage auszuspülen (vgl. Bild 7, links).<br />
Zwischen beiden Bereichen liegt der Übergang von der Drainageleitung in die Transportleitung<br />
am bergmännischen Portal bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2. Starke Portlandit-<br />
Zuflüsse kurz vor diesem Übergang führen hier zum einzigen Versinterungsschwerpunkt des<br />
Strangs 4 (vgl. Bild 7, Mitte und rechts).<br />
Irreversible bauliche Defizite, die den Abfluss des Drainagewassers stören, treten in der letzten<br />
Haltung des Strangs 4 in folgenden sieben Bereichen auf (Bild 7, links):<br />
– 1.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 1 cm<br />
– 1.5–2.5 m und 9.0–10.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Strecken mit geringem Gefälle<br />
– 14.0–16.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: geringes Gefälle mit Ruhewasserstrecken<br />
– 20.5–22.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Wassersack mit einer Tiefe bis ca. 1–2 cm<br />
– 36.0–37.5 m abstromig von Schacht Nr. 2: Ruhewasserstrecke<br />
– 42.0–43.0 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis zu ca. 2 cm<br />
– 50.3–51.3 m abstromig von Schacht Nr. 2: Aufstau vor einer Muffe, Tiefe bis ca. 1–2 cm<br />
Reversible bauliche Defizite in der letzten Haltung des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen sind<br />
die häufigen Zementablagerungen in der Rohrsohle, z. B. in den Bereichen 0–10 m, 23.7–<br />
24.5 m, 26.0–27.2 m, 27.8 m, 28.4–28.9 m, 29.7–30.3 m, 30.5–30.7 m und 33.2–33.5 m<br />
abstromig von Schacht Nr. 2 (vgl. Bild 7, links). Aufgrund ihrer extrem hohen Festigkeit und<br />
weil diese Zementablagerungen oft im Bereich von Muffen liegen, konnten sie bei den bisherigen<br />
Reinigungseinsätzen noch nicht mittels Vibrationsrotierdüse und Kettenschleuder von<br />
den Rohrwandungen gelöst werden. Wird jedoch zukünftig die Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 auch im Strang 4 eingesetzt (Abschn. 4.4.4.1), ist analog wie<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
42
im Strang 3 zu erwarten, dass die Polysuccinimid-Teilhydrolysate die Zementablagerungen<br />
unterwandern und deren Verbund mit der Rohrwandung schwächen 34 (vgl. Abschn. 4.3.4.1).<br />
Dadurch lösen sich die Zementablagerungen dann bei den zukünftigen Reinigungen stückweise<br />
von den Rohrwandungen, wodurch sich der Reinigungszustand und die Strömungsverhältnisse<br />
im Strang 4 mit jeder weiteren Reinigung sukzessive verbessern.<br />
Bild 7: Lötschberg-Basistunnel, Oströhre, Strang 4, Gewölbedrainage Ost, 1. Haltung am Portal Frutigen,<br />
Fliessrichtung Schacht Nr. 2 (oben) Schacht Nr. 0 (unten) (vgl. Bild 1): Baulicher Zustand,<br />
Versinterungsursachen und resultierende Versinterungszonen bzw. -probleme (v. l. n. r.)<br />
4.4.2 Ursachen und Mechanismen der Versinterungsentstehung<br />
Auch im Strang 4 ist aufgrund der grossen Länge des Rohrschirms eine Beeinflussung des<br />
Drainagewassers durch Portlandit-Zuflüsse stromaufwärts des Schachts Nr. 2 festzustellen.<br />
Allerdings sind die Interaktionen infolge Mischung interagierender Wässer (kohlendioxidhaltiges<br />
Drainagewasser + portlandithaltiges Sickerwasser aus dem Rohrschirm) bis zum Schacht<br />
Nr. 2 deutlich geringer als in Strang 3. Die Beeinflussung des Drainagewassers durch Portlandit-Zuflüsse<br />
stromaufwärts des Schachts Nr. 2 in Strang 4 liegt etwa in der gleichen Grössenordnung<br />
wie im Strang 2. Bei normalen Drainagebedingungen treten in Schacht Nr. 2 keine<br />
bzw. nur geringe Versinterungen mit einem Aufkommen ≤ 0.5 cm/Monat auf (Bild 7, rechts).<br />
34<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
43
Bei aussergewöhnlichen Drainagebedingungen, wie zum Beispiel während der Tauperiode<br />
des Bodens im März–April, verstärken sich die Portlandit-Zuflüsse aus dem Rohrschirm.<br />
Dadurch nimmt auch die Versinterungsentstehung infolge Mischung interagierender Wässer<br />
in der vorletzten Haltung des Strangs 4 zu. Kurzzeitig können dann im Bereich des Schachts<br />
Nr. 2 Versinterungen mit einem Aufkommen von 1–2 cm/Monat entstehen.<br />
Die Calciumlöslichkeit des Drainagewassers im Bereich des Schachts Nr. 2 ist jedoch zu<br />
jedem Zeitpunkt calcitdominiert. Die Portlandit-Zuflüsse stromaufwärts des Schachts Nr. 2<br />
reichen nicht aus, um das Minimum der Calciumlöslichkeit (pH-Wert ≈ 9.5 … 10.5) 35 zu<br />
erreichen. Somit entstehen auch abstromig des Schachts Nr. 2 Versinterungen in der Rohrsohle<br />
im Bereich weiterer Zutritte von portlandithaltigem Sickerwasser aus dem Rohrschirm<br />
infolge der Interaktion mit dem kohlendioxidhaltigen Drainagewasser (Bild 7, rechts).<br />
Nahezu über die gesamte Länge der letzten Haltung des Strangs 4 bis zum bergmännischen<br />
Portal tritt portlandithaltiges Sickerwasser in die Gewölbedrainage ein. Im Bereich 0–30 m<br />
abstromig von Schacht Nr. 2 sind die Portlandit-Zuflüsse jedoch weitestgehend moderat. Es<br />
besteht auch Grund zur Annahme, dass die Zuflüsse in diesem Bereich nicht vollständig portlanditgesättigt<br />
sind, denn die Versinterungen im Kämpfer infolge Kohlendioxid-Absorption<br />
bewegen sich lediglich im Bereich von ≤ 0.5 cm/Monat (Bild 7, Mitte).<br />
Erst kurz vor dem bergmännischen Portal, im Bereich von 39–43 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 treten grössere Mengen an scheinbar stärker konzentrierten, portlandithaltigen Sickerwässern<br />
in die Gewölbedrainage ein. Diese Portlandit-Zuflüsse bilden infolge Kohlendioxid-<br />
Absorption Versinterungen von 0.5–1 cm/Monat im Kämpfer und führen zu starken Interaktionen<br />
mit dem Drainagewasser in der Fliesszone, woraus der Versinterungsschwerpunkt in<br />
Strang 4 entsteht (Bild 7, Mitte und rechts; vgl. Abschn. 4.4.3). Erst an diesem Punkt erreicht<br />
das Drainagewasser im Strang 4 das Minimum der Calciumlöslichkeit. Somit entstehen nur<br />
die Versinterungen in der schwarzen Transportleitung abstromig des bergmännischen Portals<br />
infolge Kohlendioxid-Absorption aus einem portlanditdominierten Drainagewasser.<br />
Insgesamt kann das Drainagewasser im Strang 4 somit wie folgt bezeichnet werden:<br />
– Im Bereich oberhalb des bergmännischen Portals bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2<br />
als calcitdominiert und<br />
– im Bereich unterhalb des bergmännischen Portals bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2<br />
als portlanditdominiert.<br />
35<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.7.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
44
4.4.3 Ausmass des Versinterungsproblems<br />
Stromaufwärts von Schacht Nr. 2 entstehen abhängig von den jahreszeitlichen Schwankungen<br />
der Portlandit-Zuflüsse zu Strang 4 nur zweitweise Versinterungen. Im Jahresdurchschnitt<br />
kann in der vorletzten Haltung stromaufwärts von Schacht Nr. 2 und in der letzten Haltung im<br />
Bereich von 0–18 m abstromig von Schacht Nr. 2 mit einem durchschnittlichen Versinterungsaufkommen<br />
von ≤ 0.5 cm/Monat gerechnet werden (Bild 7, rechts). Allerdings können<br />
sich diese Versinterungen während aussergewöhnlicher Drainagebedingungen, z. B. während<br />
der Tauperiode des Bodens im März/April, innert kürzester Zeit bilden. Das Versinterungsaufkommen<br />
während dieser aussergewöhnlichen Drainagebedingungen kann in diesem Bereich<br />
durchaus kurzzeitig 1–2 cm/Monat erreichen.<br />
Ab 18 m abstromig von Schacht Nr. 2 ist eine langsame Zunahme des Versinterungsaufkommens<br />
auf der Rohrsohle der Gewölbedrainage des Strangs 4 festzustellen. Im Bereich von 18–<br />
23.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 beträgt das Versinterungsaufkommen ca. 0.5 cm/Monat<br />
gleichmässig verteilt über die Rohrsohle sowie zusätzlich 0.5–1 cm/Monat am rechten Fliesszonenrand<br />
im Anschluss an die dortigen Portlandit-Zuflüsse (Bild 7, Mitte und rechts).<br />
Bei 23.4 m abstromig von Schacht Nr. 2 tritt erneut ein stärkerer Zufluss von portlandithaltigem<br />
Sickerwasser in die Gewölbedrainage ein (Bild 7, Mitte). Dieses Sickerwasser vermischt<br />
sich im Bereich von 23.5–25 m abstromig von Schacht Nr. 2 zunehmend mit dem kohlendioxidhaltigen<br />
Drainagewasser, so dass die Versinterungen infolge der Interaktion der<br />
beiden Wässer mit zunehmendem Fliessweg gleichmässig über die Rohrsohle aufwachsen.<br />
Das Versinterungsaufkommen beträgt in diesem Bereich ca. 1 cm/Monat (Bild 7, rechts).<br />
Ab 25 m abstromig von Schacht Nr. 2 scheint die Mischung des stärkeren Portlandit-Zuflusses<br />
von 23.4 m weitgehend abgeschlossen und ein Grossteil der Calcitübersättigung weitgehend<br />
abgebaut. Im Bereich von 25.0–40.0 m abstromig von Schacht Nr. 2 treten nur geringe<br />
Portlandit-Zuflüsse auf (Bild 7, Mitte). Aus diesen Gründen beträgt das Versinterungsaufkommen<br />
im Bereich von 25.0–40.0 m abstromig von Schacht Nr. 2 nur ca. 0.5 cm/Monat<br />
(Bild 7, rechts).<br />
Ab etwa vier Meter vor dem bergmännischen Portal, im Bereich 39–43 m abstromig von<br />
Schacht Nr. 2, treten starke Portlandit-Zuflüsse in die Gewölbedrainage ein. Diese Portlandit-<br />
Zuflüsse führen infolge der Interaktion mit dem noch kohlendioxidhaltigen Drainagewasser<br />
zu starken Versinterungen, die sich durch den Aufstau vor der Muffe im Übergang von der<br />
weissen Drainageleitung auf die schwarze Transportleitung bei 43 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 (vgl. Abschn. 4.4.1) direkt auf der Rohrsohle absetzen. Die Versinterungen des Bereichs<br />
von 40–43 m abstromig von Schacht Nr. 2 beginnen mit einer Schwellenbildung direkt vor<br />
der Muffe bei 43 m und dehnen sich durch den vor dieser Schwelle zunehmenden Aufstau des<br />
Drainagewassers sukzessive stromaufwärts aus. Das Versinterungsaufkommen schwankt in<br />
diesem Bereich zwischen 0.5–3 cm/Monat (Bild 7).<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
45
Ab dem bergmännischen Portal bei 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 ist das Gefälle der<br />
Gewölbedrainageleitung des Strangs 4 deutlich grösser. Das Drainagewasser fliesst im schiessenden<br />
Abfluss ab. Trotzdem bilden sich im Bereich von 43–45 m abstromig von Schacht<br />
Nr. 2 harte Versinterungen mit einem Aufkommen von 2–3 cm/Monat auf der Rohrsohle der<br />
Transportleitung. Hier kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass auch von unten oder<br />
seitlich durch die Muffe im Übergang von der weissen Drainageleitung auf die schwarze<br />
Transportleitung portlandithaltiges Sickerwasser in die Leitung eintritt und zu Versinterungen<br />
infolge der Interaktion mit dem Drainagewasser führt, die sich infolge des grösseren Gefälles<br />
gleichmässiger und über eine längere Strecke auf der Rohrsohle verteilen.<br />
Abhängig von der Stärke der Portlandit-Zuflüsse und des Drainagewasseranfalls aus oberen<br />
Abschnitten der Gewölbedrainage durchschreitet das Drainagewasser in Strang 4 jedoch an<br />
einer bestimmten Stelle im Bereich von 43–45 m abstromig von Schacht Nr. 2 das Minimum<br />
der Calciumlöslichkeit. Ab dieser Stelle ist die weitere Versinterungsentstehung durch die<br />
Absorption von Kohlendioxid geprägt. Zwar ist der Portlandit-Gehalt des Drainagewassers<br />
nicht sehr hoch, er reicht jedoch aus, um über die gesamte Länge der Transportleitung ab dem<br />
bergmännischen Portal bis zum Schacht Nr. 0 sehr harte Versinterungen infolge der Absorption<br />
von Kohlendioxid aus der Gasphase zu bilden.<br />
Mit zunehmendem Fliessweg ab dem bergmännischen Portal sinkt der Portlandit-Gehalt des<br />
Drainagewassers allmählich infolge der Absorption von Kohlendioxid und der Abscheidung<br />
von Versinterungen. Dementsprechend nimmt auch das Versinterungsaufkommen infolge<br />
Kohlendioxid-Absorption sukzessive bis zum Erreichen des Schachts Nr. 0 ab. Während das<br />
Versinterungsaufkommen auf der Rohrsohle bei 45 m abstromig von Schacht Nr. 2 etwa<br />
2 cm/Monat beträgt, entstehen im Bereich von 47–50 m abstromig von Schacht Nr. 2 noch<br />
rund 1.5 cm/Monat und im Bereich von 52–54.5 m abstromig von Schacht Nr. 2 lagern sich<br />
nur noch ca. 1 cm/Monat an sehr harten Versinterungen ab.<br />
Das Versinterungsproblem konzentriert sich im Strang 4 ausschliesslich auf den Übergang<br />
von der weissen Drainageleitung auf die schwarze Transportleitung am bergmännischen Portal,<br />
43 m abstromig von Schacht Nr. 2. In diesem Bereich tritt auch gleichzeitig das Minimum<br />
der Calciumlöslichkeit und der Wechsel des determinierenden Versinterungsmechanismus<br />
von der Mischung interagierender Wässer hin zur Absorption von Kohlendioxid aus der Gasphase<br />
auf.<br />
4.4.4 Handlungsempfehlungen<br />
4.4.4.1 Einsatz der Härtestabilisation<br />
Zur Optimierung des Unterhalts des Strangs 4 sollte die bestehende Flüssigkonditionierung<br />
abgeschaltet und statt dessen eine Depotsteinkonditionierung mittels Baypure ® DSP Tabs 200<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
46
eingerichtet werden. Diese Umstellung wurde bereits am 14.09.2009 (parallel zur Installation<br />
des Schwallspülers im Strang 2) durch Franziska Meier (BLS Netz AG) durchgeführt.<br />
Aufgrund der geringen Menge und der geringen Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers<br />
bis zum bergmännischen Portal 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 ist eine Flüssigkonditionierung<br />
in Strang 4 technisch nicht geeignet. 36 Aufgrund des bereits vollständig hydrolysierten<br />
Wirkstoffs kann die Flüssigkonditionierung zudem nicht den gleichen Effekt wie die<br />
Depotsteinkonditionierung erzielen. 37 Dies wurde bereits durch den Wechsel von der Flüssigkonditionierung<br />
auf die Baypure ® DSP Tabs 200 im Strang 2 und Strang 3 eindeutig gezeigt.<br />
Die Polysuccinimid-Depotsteine geben bei den geringen pH-Werten und Strömungsgeschwindigkeiten<br />
des Drainagewassers, wie sie in den Schachdurchleitungen der Schächte Nr. 3, 4a<br />
und 4b des Strangs 4 auftreten, nur geringe Mengen an Wirkstoff an das Drainagewasser ab.<br />
Deshalb muss die erforderliche Wirkstoffkonzentration bis zur vorletzten Haltung des<br />
Strangs 4 durch Bestückung dieser drei Schächte mit relativ grossen Bestückungsmengen<br />
(Tabelle 2) schrittweise aufgebaut werden (Anlage 1, Bild 13 unten). Im Gegenzug beträgt<br />
das erforderliche Nachbestückungsintervall ein ganzes Jahr.<br />
Erst in der vorletzten Haltung des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen steigt der pH-Wert des<br />
Drainagewassers auf pH ≥ 9 an. Somit ist die Wirkstofffreisetzung von den Polysuccinimid-<br />
Depotsteinen im Schacht Nr. 2 grösser, wodurch die grössere erforderliche Wirkstoffkonzentration<br />
in der letzten Haltung sehr gut eingestellt werden kann. 38 Im Schacht Nr. 2 sind daher<br />
als Grundbestückungsmenge 6 kg Baypure ® DSP Tabs 200 vorgesehen (Tabelle 2).<br />
Die Bestückungsmenge im Schacht Nr. 2 ist auf ein Nachbestückungsintervall von einem<br />
halben Jahr ausgelegt. Die Grundbestückung sollte jeweils im März/April, nach der Reinigung<br />
der Gewölbedrainageleitung (vgl. Abschn. 4.4.4.3), stattfinden. Etwa halbes Jahr später,<br />
im Zeitraum September–November, sollte der Bestand an Baypure ® DSP Tabs 200 in Schacht<br />
Nr. 2 kontrolliert und durch Nachbestücken einzelner Depotsteinnetze wieder auf die Grundbestückungsmenge<br />
aufgestockt werden. Basierend auf der bisherigen Erfahrung ist ein Verbrauch<br />
bzw. ein Nachbestückungsbedarf von weniger als 50 %, d. h. weniger als 3 kg Baypure<br />
® DSP Tabs 200 pro Halbjahr zu erwarten. 39<br />
Die von den Polysuccinimid-Depotsteinen freigesetzten Wirkstoffe reduzieren primär die Festigkeit<br />
der entstehenden Versinterungen, indem sie das Wachstum und das Zusammenwach-<br />
36<br />
37<br />
38<br />
39<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.3.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 5.3.2 und 5.6.2.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.6.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
47
sen der Kalkkristalle verhindern. Anstatt der sehr festen Versinterungen entstehen in der Folge<br />
weiche Versinterungsschlämme 40 (Anlage 17, 20 und 21). Dank des guten Gefälles und der<br />
grossen Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers in der Transportleitung unterhalb<br />
des bergmännischen Portals, 43 m abstromig von Schacht Nr. 2, sollte der natürliche Drainagewasserstrom<br />
beim Einsatz der Depotsteinkonditionierung in der Lage sein, das Versinterungsaufkommen<br />
in diesem Bereich durch das Ausspülen der Versinterungsschlämme<br />
wesentlich zu reduzieren.<br />
Abzuwarten bleibt, ob die Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers auch vor der Muffe<br />
im bergmännischen Portal ausreicht, um die bisherige Schwellenbildung bei 43 m abstromig<br />
von Schacht Nr. 2 zu unterbinden. Da es sich jedoch um einen sehr kurzen Bereich handelt,<br />
an den zudem eine Gefällestrecke anschliesst (vgl. Abschn. 4.4.1 und 4.4.3), sollte der<br />
natürliche Drainagewasserstrom durch die reduzierte Festigkeit der Versinterungen in jedem<br />
Fall in der Lage sein, stets einen notwendigen Abflussquerschnitt über einer allfälligen Versinterungsschwelle<br />
freizuhalten. Dadurch wird die Gefahr eines Vollverschlusses in der letzten<br />
Haltung des Strangs 4 erheblich gesenkt, und das Reinigungsintervall des Strangs 4 kann<br />
durch den Einsatz einer wirksamen Depotsteinkonditionierung auf 12 Monate verlängert werden.<br />
Die Ausspülung der Versinterungsschlämme mit dem natürlichen Drainagewasserstrom wird<br />
dadurch verbessert, dass die Rohrsohle frei von Strömungshindernissen ist. Momentan sind<br />
jedoch in Strang 4 noch zahlreiche alte Zementablagerungen aus der Bauphase vorhanden.<br />
Doch auch zu deren Entfernung trägt die Depotsteinkonditionierung bei. Die Polysuccinimid-<br />
Teilhydrolysate unterwandern die Zementablagerungen und alten harten Versinterungen und<br />
lockern den Verbund mit der Rohrwandung. Dadurch lösen sich die Altablagerungen bei den<br />
zukünftigen Reinigungen des Strangs 4 zunehmend von den Rohrwandungen, und der Reinigungszustand<br />
der Gewölbedrainagen verbessert sich mit jeder weiteren Reinigung. 41 Diese<br />
Effekte wurden bereits in Strang 3 beobachtet. 42<br />
4.4.4.2 Einsatz von Schwallspülern<br />
Aufgrund des guten Gefälles und der grossen Strömungsgeschwindigkeit in der Transportleitung<br />
unterhalb des bergmännischen Portals, 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 sollte der<br />
natürliche Drainagewasserstrom in der Lage sein, die beim Einsatz einer wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
in der Transportleitung entstehenden, weichen Versinterungsschlämme<br />
selbstständig aus der letzten Haltung in den Schacht Nr. 0 auszuspülen, wo sie dann alle<br />
40<br />
41<br />
42<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.4.<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
Rufener, Heinz: Informationen zur Reinigung der Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
am 15./16. November 2009 und 22./23. November 2009. Zweisimmen, 2009-12-14, 13.20 Uhr. – Telefonat<br />
mit Gamisch, Tobias, Institut für Bauplanung und Baubetrieb, ETH Zürich.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
48
12 Monate abgesaugt werden können. Für diese Rohrstrecke braucht es daher keinen Schwallspüler,<br />
der die Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers durch Aufstau und Ablassen<br />
periodisch künstlich erhöht.<br />
Die Rohrstrecken mit geringem Gefälle, bei denen ein Schwallspüler die Ausspülung der<br />
Versinterungsschlämme übernehmen könnte, liegen stromaufwärts des bergmännischen Portals,<br />
im Bereich von weniger als 43 m abstromig von Schacht Nr. 2 (Abschn. 4.4.1). Allerdings<br />
treten noch im Bereich des bergmännischen Portals Interaktionen zwischen portlandithaltigen<br />
Sickerwässern aus dem Rohrschirm und kohlendioxidhaltigem Drainagewasser auf,<br />
die zu besagter Versinterungsschwelle vor der Muffe zwischen weisser Drainageleitung und<br />
schwarzer Transportleitung führen (Abschn. 4.4.2f). Daher sollte der Strang 4 jedoch auch<br />
nicht höher als bis zum bergmännischen Portal, 43 m abstromig von Schacht Nr. 2, eingestaut<br />
werden, um nicht durch weitere Interaktionen des Drainagewassers mit zementgebundenen<br />
Baustoffen im Bereich der Sickerpackung künstlich weitere Versinterungsschwerpunkte zu<br />
erzeugen.<br />
Die einzige Aufgabe, die ein Schwallspüler in Strang 4 übernehmen könnte, wäre somit die<br />
Verhinderung der Schwellenbildung im Bereich des bergmännischen Portals. Dazu müsste der<br />
obere Auslösepunkt des Schwallspülers so hoch eingestellt werden, dass sich der Rückstau<br />
des Drainagewassers auf der Rohrsohle bis in einen Bereich von 40–43 m abstromig von<br />
Schacht Nr. 2 erstreckt. Die Wassereintrittsöffnungen des weissen Drainagerohrs sollten jedoch<br />
im Bereich des bergmännischen Portals, 43 m abstromig von Schacht Nr. 2, keinesfalls<br />
eingestaut werden.<br />
Um die Notwendigkeit eines Schwallspülers in Strang 4 zu prüfen, sollte die Depotsteinkonditionierung<br />
mindestens ein ganzes Jahr in Strang 4 eingesetzt werden. Während dieser Zeit<br />
sollte die Depotsteinkonditionierung weiter optimiert und es sollte geprüft werden, ob die<br />
Wirkung der Depotsteinkonditionierung nicht bereits ausreicht, die Schwellenbildung im Bereich<br />
des bergmännischen Portals, 43 m abstromig von Schacht Nr. 2, über eine ausreichende<br />
Zeitdauer zu unterdrücken oder zu verzögern. Kritisch ist auch hier der Zeitraum während der<br />
Tauperiode des Bodens, etwa im März–April, währenddessen grössere Portlandit-Zuflüsse<br />
auftreten. Erst wenn die optimierte Depotsteinkonditionierung entgegen der Erwartungen<br />
nicht in der Lage sein sollte, das Reinigungsintervall des Strangs 4 auf 12 Monate zu verlängern,<br />
sollte über den Einsatz eines Schwallspülers weiter nachgedacht werden.<br />
Derzeit besteht keine Notwendigkeit, einen Schwallspüler in Strang 4 einzusetzen.<br />
4.4.4.3 Unterhalt der Entwässerungsleitungen<br />
Ohne präventive Massnahmen und beim Einsatz der Flüssigkonditionierung mussten die letzten<br />
Haltungen des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen alle 4 bzw. 8 Monate in mehreren Schi-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
49
chten mittels Vibrationsrotierdüse und Kettenschleuder gereinigt werden, um die harten Versinterungen<br />
aufzubrechen und zu entfernen.<br />
Durch den Einsatz der Depotsteinkonditionierung mit Polysuccinimid-Depotsteinen kann die<br />
Versinterungsfestigkeit soweit reduziert werden, dass der natürliche Drainagewasserstrom das<br />
Versinterungsaufkommen in der Transportleitung unterhalb des bergmännischen Portals,<br />
43 m abstromig von Schacht Nr. 2 bis zum Schacht Nr. 0 erheblich reduziert, indem er den<br />
Versinterungsschlamm ausspült. Die Polysuccinimid-Teilhydrolysate helfen zudem, den Verbund<br />
der noch vorhandenen harten Altablagerungen mit der Rohrwandung zu lockern.<br />
Zu Beginn der Akkumulation der Versinterungen erstreckt sich der Versinterungsschwerpunkt<br />
im Strang 4 nur über einen sehr kurzen Bereich, der direkt vor der Gefällestrecke liegt (Abschn.<br />
4.4.3). Deshalb wird erwartet, dass der natürliche Drainagewasserstrom trotz des geringeren<br />
Gefälles vor der Muffe am bergmännischen Portal in der Lage ist, die Akkumulation<br />
der Versinterungen durch stetes Wegspülen des entstehenden Versinterungsschlamms zu verzögern,<br />
wenn nicht sogar längerfristig zu unterbinden. Dadurch sollte das Reinigungsintervall<br />
der letzten Haltung des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen mindestens auf 12 Monate verlängert<br />
werden können. Abhängig von der jahreszeitlichen Verteilung des Versinterungsaufkommens<br />
empfiehlt sich eine Reinigung nach der Tauperiode des Bodens im März/April.<br />
Direkt im Anschluss an die Reinigung der Gewölbedrainage sollten die Baypure ® DSP Tabs<br />
200 eingebaut werden (Bestückungsmenge siehe Bestückungsplan in Tabelle 2 bzw. Anlage<br />
27). Die Bestückungsmengen sind so ausgelegt, dass in den Schächten Nr. 4a und 4b ein<br />
jährliches Bestückungsintervall ausreicht. Lediglich die Depotsteine in den Schächten Nr. 2<br />
und 3 sollten jeweils vor dem Winter, im Zeitraum September–November, einmal pro Jahr<br />
nachbestückt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass während des höheren Versinterungsaufkommens<br />
während der Tauperiode des Bodens im Frühjahr ausreichend Wirkstoff an das<br />
Drainagewasser abgegeben wird. Auf Basis der bisherigen Erfahrung 43 und der in Strang 4<br />
beobachteten Wasserparameter (Anlage 1, Tabelle 2 und Anlage 11) wird der Verbrauch an<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 in Schacht Nr. 2 auf ca. 50 %, d. h. 3.0 kg pro Halbjahr, und in<br />
Schacht Nr. 3 auf ca. 30 %, d. h. 1.5 kg pro Halbjahr, geschätzt.<br />
Durch die Reduktion der Versinterungsfestigkeit der neu entstehenden Versinterungen und<br />
durch das Lockern der noch vorhandenen, festen Altablagerungen können die zukünftigen<br />
Reinigungen beim Einsatz der Depotsteinkonditionierung mit deutlich höherer Leistung ausgeführt<br />
werden und der Reinigungsgrad der Gewölbedrainage verbessert sich. Auf den Einsatz<br />
von Kettenschleuder, Hammer und Meissel zur Entfernung der Versinterungen aus dem<br />
Strang 4 kann dann verzichtet werden.<br />
43<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.6.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
50
5 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen<br />
5.1 Eingangswerte<br />
Eingangswerte für die folgenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind primär die in den<br />
Gewölbedrainagen im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels beobachteten<br />
Versinterungsaufkommen mit ihrer zeitlichen Verteilung und die Festigkeit der Ablagerungen,<br />
die realisierten Reinigungsintervalle und die beobachteten Drainagewasserverhältnisse.<br />
Aus diesen Grundlagenparametern wurden bereits in Kapitel 4 für jeden Strang geeignete<br />
Reinigungsintervalle, erforderliche Bestückungsmengen und Bestückungsintervalle für die<br />
presedimentäre Unterhaltsstrategie sowie die Notwenigkeit von baulichen Modifikationen am<br />
Entwässerungsregime abgeleitet. Diese terminlichen und leistungsbezogenen Eingangswerte<br />
werden nun mit den Kosten der Unterhaltsmassnahmen zusammengeführt, um die Wirtschaftlichkeit<br />
der verschiedenen Vorschläge für den Unterhalt der Gewölbedrainagen im Bereich<br />
des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels im Rahmen von drei verschiedenen Unterhaltsstrategien<br />
beurteilen zu können.<br />
Als Eingangswerte für die Kostenberechnung wurden die Kostenansätze aus dem <strong>Gutachten</strong><br />
für die BLS AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1) übernommen (Tabelle 3). Auch die<br />
Positionsnummern wurden beibehalten, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Lediglich<br />
folgende zwei neue Positionen mussten für die Kostenermittlung im Rahmen dieses <strong>Gutachten</strong>s<br />
neu kalkuliert werden:<br />
– Pos. 6: Presedimentärer Unterhalt – Bestückung der Gerinne bzw. Schachtdurchleitungen<br />
mit Baypure ® DSP Tabs 200 durch die BLS Netz AG im Anschluss oder parallel zu Rohrreinigungsmassnahmen<br />
im Bereich des Portals Frutigen (Tabelle 4)<br />
– Pos. 7: Lieferung und Montage eine Schwallspülers durch ein externes Unternehmen mit<br />
Sicherungspersonal der BLS Netz AG im Rahmen einer halben Nachtschicht (Tabelle 5)<br />
Tabelle 3: Zusammenstellung der Schichtkosten für verschiedene Tätigkeiten am Entwässerungssystem des<br />
Lötschberg-Basistunnels, im Bereich Portal Frutigen bis QV 1<br />
(Kalkulation der Schichtkosten siehe Anlage 1, Tabelle 5–8 sowie Tabelle 4 und Tabelle 5)<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
51
Die Pos. 6 wurde neu berechnet, weil die Bestückung der Schachtdurchleitungen mit den<br />
Depotsteinen Baypure ® DSP Tabs 200 in der Zukunft direkt nach den Reinigungen der<br />
Gewölbedrainageleitungen durch die BLS Netz AG erfolgt. Dazu sind zwei Personen, der<br />
Brunnenmeister und ein Gleismonteur, erforderlich. Einen Sicherheitschef braucht für die<br />
Bestückungen im Anschluss oder parallel zu den Reinigungsmassnahmen nicht, da dieser<br />
bereits wegen den Reinigungsarbeiten aufgeboten werden muss und alle Arbeiten im Bereich<br />
des Portals Frutigen überwachen kann (Tabelle 4; vgl. Anlage 1, Tabelle 6).<br />
Tabelle 4: Kalkulation der Kosten einer Schicht zur Bestückung der Schächte des Entwässerungssystems im<br />
Lötschberg-Basistunnel, von Portal Frutigen bis QV 1, mit Depotsteinen Baypure ® DSP Tabs direkt<br />
im Anschluss oder parallel zu Reinigungsmassnahmen während einer Reinigungsschicht (Pos. 2)<br />
Immer wenn die Bestückungen und Nachbestückungen der Baypure ® DSP Tabs 200 in den<br />
Schachtdurchleitungen zeitgleich mit Reinigungsarbeiten der Gewölbedrainagen im Bereich<br />
des Portals Frutigen stattfinden können – unabhängig, davon ob die zu bestückenden oder<br />
andere Leitungen gereinigt werden –, werden die Kosten gemäss Pos. 6 angesetzt. Sollten<br />
Nachbestückungen im September–November notwendig sein, wenn keine Reinigungsmassnahmen<br />
erfolgen, muss ein Sicherheitschef die beiden bestückenden Personen begleiten und<br />
es werden die Kosten von Pos. 5 angesetzt (vgl. Anlage 1, Tabelle 8). Dies betrifft vor allem<br />
die Nachbestückungen im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie mit Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes durch je einen Schwallspüler in der letzten Haltung des<br />
Strangs 2 und des Strangs 3 (vgl. Abschn. 5.2.3).<br />
Weil die Bestückungen und Nachbestückungen der Baypure ® DSP Tabs 200 in Zukunft<br />
ausschliesslich durch die BLS Netz AG erfolgen, ist kein externer Fachmann mehr für die<br />
Bestückungen notwenig und Pos. 4 (vgl. Anlage 1, Tabelle 8) wurde im Rahmen der folgenden<br />
Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht mehr angesetzt.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
52
Auch das Versinterungsaufkommen sowie dessen zeitliche Verteilung sind nach der umfangreichen<br />
Beobachtung der letzten Haltungen der Gewölbedrainagen vor dem Portal Frutigen<br />
weitgehend bekannt. Auf zusätzliche Inspektionen der Schächte und die Ein- und Ausläufe<br />
der Entwässerungsleitungen im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels<br />
kann daher zukünftig verzichtet werden. Auch Pos. 1 (vgl. Anlage 1, Tabelle 5) wurde<br />
deshalb im Rahmen der folgenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht mehr angesetzt.<br />
Neu kalkuliert wurden in Pos. 7 die Kosten für die Installation eines Schwallspülers in einem<br />
Einlauf eines Schachts am Portal Frutigen des Lötschberg-Basistunnels (Tabelle 5). Die<br />
Installation des Schwallspülers umfasst die Vorabklärungen zur Planung der Einstauhöhe und<br />
der Einbausituation durch die BLS Netz AG, die Lieferung und Montage des Schwallspülers<br />
durch ein externes Unternehmen innerhalb einer halben Nachtschicht sowie die Absicherung<br />
der Arbeitsstelle durch einen Sicherheitschef der BLS AG bzw. BLS Netz AG und die Abnahme<br />
des eingebauten Schwallspülers durch den Brunnenmeister der BLS Netz AG.<br />
Tabelle 5: Kalkulation der Kosten zur Installation eines Schwallspülers in einem Schachteinlauf des Entwässerungssystems<br />
am Portal Frutigen des Lötschberg-Basistunnels, inkl. Lieferung und Montage<br />
Zur Ermittlung der Anzahl der erforderlichen Reinigungsschichten pro Jahr sind die spezifischen<br />
Reinigungsleistungen der unterschiedlichen Rohrreinigungsgeräte in Abhängigkeit vom<br />
Versinterungszustand der Leitungen erforderlich. Ebenfalls aus Gründen der Vergleichbarkeit,<br />
aber auch, weil die Leistungsansätze erneut in der Praxis bestätigt wurden, wurden auch<br />
die Klassifikation der Versinterungsgrade und die spezifischen Reinigungsleistungen aus dem<br />
<strong>Gutachten</strong> für die BLS AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1, Tabelle 9) übernommen.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
53
Im <strong>Gutachten</strong> für die BLS AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1) wurde bereits gezeigt,<br />
welche Einsparungen durch eine Kontrolle des Reinigungserfolgs mittels Kanalkamera erzielt<br />
werden können. Daher konnten im Rahmen der folgenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen<br />
folgende Einschränkungen vorgenommen werden (Tabelle 6):<br />
– Die Reinigung von Entwässerungsleitungen im Versinterungsgrad 1 und 2 erfolgt ohne<br />
Kanalkamera.<br />
– Die Reinigung von Entwässerungsleitungen im Versinterungsgrad 3 und 4 erfolgt mit<br />
Kanalkamera.<br />
Tabelle 6: Bruttoreinigungsleistung und Bruttoreinigungsdauer entsprechend der Versinterungsgrade zur<br />
Berechnung der Reinigungsdauer je Haltung in Tabelle 7, Tabelle 9 und Tabelle 11<br />
Durch die Gegenbefahrung einer Entwässerungsleitung mittels Kanalkamera bei der Reinigung<br />
im Versinterungsgrad 3 und 4 wird sichergestellt, dass die Reinigungsenergie der Kettenschleuder<br />
auch während mehrer Reinigungsdurchgänge möglichst nur auf die zu entfernenden,<br />
festen und harten Ablagerungen gerichtet wird. Die sauberen Rohrwandungen werden<br />
dadurch nur im notwendigen Ausmass durch die hohen Reinigungsbeanspruchungen dieser<br />
Rohrreinigungsgeräte belastet, wodurch die Schäden infolge der Rohrreinigung minimiert<br />
werden.<br />
Die abschliessende Dokumentation des Reinigungserfolgs nach einer Rohrreinigung im Versinterungsgrad<br />
3 und 4 mittels Kanalkamera stellt sicher, dass die festen und harten Ablagerungen<br />
ausreichend gelöst und entfernt wurden, so dass für das nächste Reinigungsintervall<br />
der volle Rohrquerschnitt für die Akkumulation neuer Versinterungen und den Wasserabfluss<br />
zur Verfügung steht. Ansonsten können die akkumulierenden Versinterungen oder lose, nicht<br />
entfernte Versinterungsplatten den erforderlichen freien Rohrquerschnitt bereits vor Erreichen<br />
des nächsten Reinigungstermins einengen und einen Vollverschluss der Entwässerungsleitung<br />
mit Wasseraustritt aus den Schächten erzeugen.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
54
Beim Einsatz der Hochdruckspülung mittels Radialdüsen, Radialrotierdüsen und Vibrationsrotierdüsen<br />
44 zur Reinigung einer Entwässerungsleitung im Versinterungsgrad 1 und 2 sind<br />
die Reinigungsbeanspruchungen und damit das Beschädigungsrisiko der Leitung deutlich<br />
geringer. Daher können diese Reinigungsgeräte schadfrei in mehreren Durchgängen durch die<br />
gesamte Haltung gezogen werden, ohne dass eine Gegenbefahrung mittels Kanalkamera zur<br />
Steuerung und Überwachung des Rohrreinigungsgeräts notwenig ist. Ausserdem ist die<br />
Sicherheit, dass alle weichen und festen Versinterungen mit geeigneten Hochdruckspüldüsen<br />
rückstandsfrei entfernt werden, wesentlich grösser. Weil diese Versinterungen in grösserer<br />
Menge von den Rohrwandungen gelöst und aus der Haltung ausgespült werden, kann der geübte<br />
Maschinenführer ohne Kamerabefahrung beurteilen, dass die Leitung sauber ist, wenn<br />
das Spülwasser am Haltungsende klar ist. Somit ist bei der Reinigung im Versinterungsgrad 1<br />
und 2 auch keine abschliessende Kontrolle des Reinigungserfolgs mittels Kanalkamera erforderlich.<br />
Auf den Einsatz einer Kanalkamera kann in diesem Fall gänzlich verzichtet werden.<br />
5.2 Prognose der Unterhaltskosten<br />
Folgende drei Unterhaltsstrategien wurden für den Wirtschaftlichkeitsvergleich formuliert:<br />
– Postsedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
– Presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
– Presedimentäre Unterhaltsstrategie mit Modifikationen des Entwässerungsregimes in den<br />
letzten Haltungen des Strangs 2 und des Strangs 3 durch je einen Schwallspüler<br />
5.2.1 Postsedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes<br />
Im Rahmen der postsedimentären Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
werden keine präventiven Massnahmen, wie Härtestabilisation oder Schwallspüler,<br />
eingesetzt. Diese Unterhaltsstrategie entspricht damit dem Vorgehen vor der Installation<br />
der Flüssigkonditionierung im Bereich des Portals Frutigen bzw. – da die Flüssigkonditionierung<br />
infolge Überschreitung ihres technischen und leistungsmässigen Einsatzbereichs<br />
unwirksam war – dem Vorgehen vor Einbau der Baypure ® DSP Tabs 200 im Januar 2008.<br />
Abhängig vom Versinterungsaufkommen müssen die letzten und teilweise auch die vorletzten<br />
Haltungen aller Gewölbedrainageleitungen vor dem Portal Frutigen sowie die Querleitungen<br />
von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0 im Strang 2 und im Strang 3 im Rahmen der postsedimentären<br />
Unterhaltsstrategie mindestens ein- bis mehrmals pro Jahr gereinigt werden (vgl. Abschn.<br />
4.1.4.3, 4.2.4.3, 4.3.4.3 und 4.4.4.3). Aufgrund der hohen bis sehr hohen Festigkeit der<br />
Versinterungen finden diese Reinigungen weitgehend im Versinterungsgrad 2, 3 und 4 statt<br />
(Tabelle 7).<br />
44<br />
Zu den Rohrreinigungsgeräten siehe Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen.<br />
Berlin : Bauwerk, 2007. Kapitel 4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
55
Tabelle 7: Unterhaltsplan zur Prognose der jährlichen Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der<br />
Entwässerungsleitungen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei<br />
postsedimentärer Unterhaltsstrategie und ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
Insgesamt sind im Rahmen der postsedimentären Unterhaltsstrategie 9.5 Reinigungsschichten<br />
pro Jahr erforderlich, um die Entwässerungsleitungen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich<br />
von QV 1 bis Portal Frutigen dauerhaft funktionsfähig zu halten. Während 8.5 Reinigungsschichten<br />
wird zusätzlich die Kanalkamera zur Kontrolle der Reinigung im Versinterungsgrad<br />
3 und 4 benötigt (Tabelle 7, unten und Tabelle 8). Somit ergeben sich für die postsedimentäre<br />
Unterhaltsstrategie jährliche Unterhaltskosten in Höhe von Fr. 137‘564.00.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
56
Tabelle 8: Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der Entwässerungsleitungen des Lötschberg-<br />
Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei postsedimentärer Unterhaltsstrategie und<br />
ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
5.2.2 Presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes<br />
Im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
wird als präventive Massnahme ausschliesslich die Härtestabilisation mittels Depotsteinkonditionierung<br />
eingesetzt. Diese Unterhaltsstrategie entspricht damit weitestgehend dem<br />
Vorgehen in Strang 2 und Strang 3 seit dem Einsatz der Baypure ® DSP Tabs 200 im Januar<br />
2008 bis zur Installation des Schwallspülers in Strang 2 am 14.09.2009 (vgl. Kapitel 3).<br />
Für den Strang 1 und den Strang 4 wurden, um die Unterhaltskosten prognostizieren zu können,<br />
auf Basis der bisherigen Erkenntnisse zum Versinterungsverhalten dieser beiden Stränge<br />
vorsichtige Annahmen zum Reinigungsintervall getroffen (vgl. Abschn. 4.1.4.3 und 4.4.4.3).<br />
So wurden die Reinigungsintervalle im Strang 1 gegenüber der postsedimentären Unterhaltsstrategie<br />
vorerst beibehalten, bis praktische Erkenntnisse zur Effizienz der Depotsteinkonditionierung<br />
vorliegen. Die Reinigungsintervalle der letzten und vorletzten Haltung des Strangs 4<br />
wurden gegenüber der postsedimentären Unterhaltsstrategie vorerst nur verdoppelt, obwohl<br />
die Effizienz der Depotsteinkonditionierung hier ebenfalls wesentlich grösser sein sollte. Aber<br />
auch in Strang 4 soll das Reinigungsintervall erst dann verlängert werden, wenn praktische<br />
Erkenntnisse zur Effizienz der Depotsteinkonditionierung vorliegen (Tabelle 9).<br />
Abhängig von den jahreszeitlichen Schwankungen des Versinterungsaufkommens müssen die<br />
letzten Haltungen des Strangs 2 und des Strangs 3 trotz Depotsteinkonditionierung im Frühjahr<br />
nach nur 4 Monaten (November–März) gereinigt werden. Dagegen kann das Reinigungs-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
57
intervall im Sommer auf 8 Monate (März–November) verlängert werden (Abschn. 4.2.4.3 und<br />
4.3.4.3). Insgesamt resultiert damit für diese beiden Haltungen ein durchschnittliches jährliches<br />
Reinigungsintervall von 6 Monaten (Tabelle 9, Fussnote (1)). Die Querleitungen vor<br />
dem Portal Frutigen, von Schacht Nr. 1 zu Schacht Nr. 0, werden jeweils zusammen mit den<br />
letzten Haltungen des Strangs 2 bzw. des Strangs 3 gereinigt.<br />
Tabelle 9: Unterhaltsplan zur Prognose der jährlichen Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der<br />
Entwässerungsleitungen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei<br />
presedimentärer Unterhaltsstrategie und ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
Dank der geringen Festigkeit der Versinterungen infolge der wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
finden die Reinigungen der Gewölbedrainageleitungen sowie der Querleitungen vor<br />
dem Portal Frutigen im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie im Versinterungsgrad<br />
1 bzw. 2 und mit wesentlich geringerem Zeitaufwand statt. Pro Jahr sind im Rahmen der<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
58
presedimentären Unterhaltsstrategie insgesamt nur rund 1.5 Reinigungsschichten erforderlich,<br />
um die Entwässerungsleitungen im Bereich von QV 1 bis Portal Frutigen dauerhaft funktionsfähig<br />
zu halten. Eine Kanalkamera ist ausserdem nicht erforderlich (Tabelle 9, unten und<br />
Tabelle 10).<br />
Tabelle 10: Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der Entwässerungsleitungen des Lötschberg-<br />
Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei presedimentärer Unterhaltsstrategie und<br />
ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
(Bestückung der Schächte mit Depotsteinen Baypure ® DSP Tabs 200 durch die BLS Netz AG)<br />
Sämtliche Bestückungen und Nachbestückungen der Baypure ® DSP Tabs 200 können bei den<br />
in Tabelle 9 empfohlenen Reinigungsintervallen im Anschluss bzw. parallel zu Rohrreinigungsmassnahmen<br />
in den Gewölbedrainagen im Bereich des Portals Frutigen durchgeführt<br />
werden. Somit sind keine separaten Nachbestückungsschichten mit eigenem Sicherheitschef<br />
erforderlich. Pro Jahr werden insgesamt 75 kg Baypure ® DSP Tabs 200 für die Härtestabilisation<br />
des Drainagewassers in allen vier Gewölbedrainagen im Bereich von QV 1 bis zum<br />
Portal Frutigen des Lötschberg-Basistunnels benötigt (Tabelle 10).<br />
Insgesamt ergeben sich für die presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes jährliche Unterhaltskosten in Höhe von Fr. 30‘358.00.<br />
5.2.3 Presedimentäre Unterhaltsstrategie mit Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes in Strang 2 und Strang 3<br />
Im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie mit Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
werden als präventive Massnahmen sowohl die Härtestabilisation mittels Depotsteinkonditionierung<br />
in allen Strängen ab QV 1 bis Portal Frutigen als auch – zur regelmässigen<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
59
Ausspülung der entstehenden Versinterungsschlämme – je ein Schwallspüler im Strang 2 im<br />
Einlauf in den Schacht Nr. 1 (vgl. Abschn. 4.2.4.2) und im Strang 3 im Einlauf in den Schacht<br />
Nr. 0 (vgl. Abschn. 4.3.4.2) eingesetzt. Diese Unterhaltsstrategie entspricht damit dem Vorgehen<br />
in Strang 2 seit der Installation des Schwallspülers am 14.09.2009 (vgl. Kapitel 3).<br />
Tabelle 11: Unterhaltsplan zur Prognose der jährlichen Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der<br />
Entwässerungsleitungen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei<br />
presedimentärer Unterhaltsstrategie und mit Modifikation des Entwässerungsregimes durch<br />
zwei Schwallspüler (je einen in Strang 2, Schacht Nr. 1 und Strang 3, Schacht Nr. 0)<br />
Für den Strang 2 und den Strang 3 wurden auf Basis der bisherigen Erkenntnisse zur Wirksamkeit<br />
des Schwallspülers in Strang 2 vorsichtige Annahmen zum Reinigungsintervall getroffen.<br />
Bisher verhinderte der Schwallspüler in Strang 2 die Sedimentation von Versinterungsschlämmen<br />
(Anlage 26). Allerdings liegen noch keine Erfahrungen zur Effizienz des<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
60
Schwallspülers bei aussergewöhnlichen Drainagebedingungen mit temporär verstärktem Versinterungsaufkommen<br />
während der Tauperiode des Bodens im Frühjahr vor. Deshalb wurde<br />
für die letzte Haltung des Strangs 2 und des Strangs 3 sowie die jeweils anschliessende Querleitung<br />
vorerst ein 12-monatiges Reinigungsintervall vorgeschlagen (Tabelle 11). Bis weitere<br />
praktische Erkenntnisse vorliegen, sollten diese Leitungen einmal pro Jahr, nach der Tauperiode<br />
des Bodens im März/April gespült werden (vgl. Abschn. 4.2.4.3 und 4.3.4.3).<br />
Die Extrapolation der Erkenntnisse über die Effizienz des Schwallspülers aus Strang 2 auf den<br />
Strang 3 ist möglich, weil das Versinterungsverhalten und die bauliche Situation in Strang 3<br />
weitgehend der Situation in Strang 2 entspricht (vgl. Abschn. 4.2 mit Abschn. 4.3).<br />
In Strang 1 und Strang 4 werden keine Modifikationen des Entwässerungsregimes vorgenommen,<br />
da das Gefälle der Gewölbedrainagen und der natürliche Drainagewasserstrom hier<br />
weitgehend ausreichen, um Versinterungsschlämme auszuspülen (vgl. Abschn. 4.1.4.3 und<br />
4.4.4.3). Somit bleiben die Reinigungsintervalle der letzten und vorletzten Haltungen des<br />
Strangs 1 und des Strangs 4 vor dem Portal Frutigen bei der presedimentären Unterhaltsstrategie<br />
mit Modifikationen des Entwässerungsregimes in Strang 2 und Strang 3 gegenüber<br />
der presedimentären Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes unverändert<br />
(Tabelle 11). Die Ausführungen zu den Reinigungsintervallen des Strangs 1 und des<br />
Strangs 4 in Abschn. 5.2.2 gelten somit auch hier.<br />
Durch die geringe Festigkeit der Versinterungen infolge der wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
wird der Reinigungsaufwand der Gewölbedrainageleitungen sowie der Querleitungen<br />
vor dem Portal Frutigen gegenüber der postsedimentären Unterhaltstrategie erheblich gesenkt.<br />
Die Gewölbedrainagen können im Versinterungsgrad 1 bzw. 2 mit wesentlich geringerem<br />
Zeitaufwand gespült werden. Dank der Schwallspüler können zudem die Reinigungsintervalle<br />
von Strang 2 und Strang 3 erheblich verlängert werden. Pro Jahr sind im Rahmen der presedimentären<br />
Unterhaltsstrategie mit den beiden Schwallspülern insgesamt nur rund eine Reinigungsschicht<br />
erforderlich, um die Entwässerungsleitungen im Bereich von QV 1 bis Portal<br />
Frutigen dauerhaft funktionsfähig zu halten. Eine Kanalkamera wird dazu nicht benötigt<br />
(Tabelle 11, unten und Tabelle 12).<br />
Sämtliche Grundbestückungen der Schachtdurchleitungen mit Baypure ® DSP Tabs 200 können<br />
bei den in Tabelle 11 empfohlenen Reinigungsintervallen im Anschluss bzw. parallel zu<br />
den Rohrreinigungsmassnahmen in den Gewölbedrainagen im Bereich von QV 1 bis Portal<br />
Frutigen durchgeführt werden. Aufgrund der verlängerten Reinigungsintervalle des Strangs 2<br />
und des Strangs 3 findet allerdings findet nur noch eine Reinigungsschicht nach der Tauperiode<br />
des Bodens im März/April statt (Tabelle 11). Deshalb muss die Nachbestückung der<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 in einigen Schachtdurchleitungen im Rahmen einer separaten Nachbestückungsschicht<br />
mit eigenem Sicherheitschef erfolgen. Pro Jahr werden insgesamt 75 kg<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 für die Härtestabilisation des Drainagewassers in allen vier Gewöl-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
61
edrainagen im Bereich von QV 1 bis zum Portal Frutigen des Lötschberg-Basistunnels<br />
benötigt (Tabelle 12).<br />
Insgesamt ergeben sich somit im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie mit Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes durch je einen Schwallspüler in der letzten Haltung des<br />
Strangs 2 und Strangs 3 jährliche Unterhaltskosten in Höhe von Fr. 24‘921.00. Dazu kommen<br />
einmalig fixe Unterhaltskosten für die beiden Schwallspüler inkl. Planung und Installation in<br />
Höhe von Fr. 24‘508.00 (Tabelle 12).<br />
Tabelle 12: Kosten für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der Entwässerungsleitungen des Lötschberg-<br />
Basistunnels im Bereich Portal Frutigen bis QV 1 bei presedimentärer Unterhaltsstrategie und<br />
mit Modifikation des Entwässerungsregimes durch zwei Schwallspüler<br />
(Bestückung der Schächte mit Depotsteinen Baypure ® DSP Tabs 200 durch die BLS Netz AG)<br />
5.3 Auswertung der Prognoseergebnisse<br />
In Bild 8 sind die prognostizierten jährlichen Unterhaltskosten der drei verschiedenen Unterhaltsstrategien<br />
zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Entwässerungssystems<br />
des Lötschberg-Basistunnels im Bereich von QV 1 bis zum Portal Frutigen einander<br />
gegenübergestellt. Die höchsten jährlichen Unterhaltskosten sind bei der postsedimentären<br />
Unterhaltsstrategie zu erwarten (Bild 8, 1. Säule von links). Die jährlichen Unterhaltskosten<br />
der presedimentären Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes sind<br />
um Fr. 107‘206.00 geringer und betragen nur 22 % der jährlichen Unterhaltskosten der postsedimentären<br />
Unterhaltsstrategie. Die jährlichen Unterhaltskosten der presedimentären Unterhaltsstrategie<br />
mit Modifikationen des Entwässerungsregimes durch die beiden Schwallspüler<br />
sind um Fr. 112‘643.00 geringer und betragen nur 18 % der jährlichen Unterhaltskosten der<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
62
postsedimentären Unterhaltsstrategie (Bild 9). Allerdings sind bei letzterer Unterhaltsstrategie<br />
noch die fixen Kosten für die Installation der beiden Schwallspüler zu addieren (vgl. Bild 10).<br />
Bild 8: Jährliche Unterhaltskosten unterschiedlicher Strategien für den Unterhalt (ohne Instandsetzung) der<br />
Gewölbedrainageleitungen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich von QV 1 bis Portal Frutigen<br />
Die jährlichen Unterhaltskosten der postsedimentären Unterhaltsstrategie wurden im Rahmen<br />
dieser Wirtschaftlichkeitsberechnungen höher prognostiziert als im <strong>Gutachten</strong> für die BLS<br />
AlpTransit AG vom 05.05.2008 (vgl. Bild 8, 1. Säule v. l. mit Anlage 1, Bild 15, 2. Säule<br />
v. l.). Der Grund dafür ist, dass das Versinterungsaufkommen in den Gewölbedrainagen, insbesondere<br />
während der Tauperiode des Bodens im Frühjahr (etwa im März/ April), im <strong>Gutachten</strong><br />
für die BLS AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1) deutlich unterschätzt wurde;<br />
dies betrifft insbesondere folgende Haltungen:<br />
– Strang 1, letzte Haltung (Schacht Nr. 2 0)<br />
– Strang 2, letzte und vorletzte Haltung + Querleitung (Schacht Nr. 3 2 1 0)<br />
– Strang 3, letzte und vorletzte Haltung + Querleitung (Schacht Nr. 3 2 1 0)<br />
– Strang 4, letzte und vorletzte Haltung (Schacht Nr. 3 2 0)<br />
Durch die intensivere Beobachtung des Versinterungsaufkommens und dessen zeitlicher<br />
Schwankungen in den Gewölbedrainagen im Bereich von QV 1 bis Portal Frutigen in den<br />
vergangenen anderthalb Jahren konnte das Versinterungsverhalten nun besser quantifiziert<br />
werden, und die jährlichen Unterhaltskosten aller Unterhaltsstrategien wurden daraufhin neu<br />
kalkuliert.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
63
Auch für die presedimentären Unterhaltsstrategien resultieren aus dem grösseren Versinterungsaufkommen<br />
während der Tauperiode höhere jährliche Reinigungskosten (vgl. Bild 8,<br />
2. Säule v. l. mit Anlage 1, Bild 15, 3. Säule v. l.). Lediglich durch den Einsatz der beiden<br />
Schwallspüler in Strang 2 und Strang 3 können die früheren Reinigungskosten der presedimentären<br />
Unterhaltsstrategie eingehalten werden (vgl. Bild 8, 3. Säule v. l. mit Anlage 1,<br />
Bild 15, 3. bzw. 4. Säule v. l.). Allerdings wurde die Summe der jährlichen Reinigungskosten<br />
für alle vier Gewölbedrainagen im letzten Fall auch nur dadurch eingehalten, dass die<br />
Reinigungsintervalle des Strangs 2 und des Strangs 3 so stark verlängert werden konnten, dass<br />
sie die kürzeren Reinigungsintervalle des Strangs 1 und des Strangs 4 kompensierten (vgl.<br />
Tabelle 11 mit Anlage 1, Tabelle 10).<br />
Bild 9: Vergleich der jährlichen Unterhaltskosten unterschiedlicher Strategien für den Unterhalt (ohne Instandsetzung)<br />
der Gewölbedrainagen des Lötschberg-Basistunnels im Bereich von QV 1 bis Portal Frutigen<br />
Die jährlichen Kosten für die Bestückung und Nachbestückung der Schachtdurchleitungen<br />
mit Depotsteinen sowie die jährlichen Materialkosten für die Baypure ® DSP Tabs 200 fielen<br />
in diesen Wirtschaftlichkeitsrechnungen tiefer aus als im <strong>Gutachten</strong> für die BLS AlpTransit<br />
AG vom 05.05.2008 (vgl. Bild 8, 2. & 3. Säule v. l. mit Anlage 1, Bild 15, 3. & 4. Säule v. l.).<br />
Der Grund dafür ist, dass die Bestückung und Nachbestückung der Schachtdurchleitungen<br />
nun allein durch die BLS Netz AG durchgeführt werden und dass der Bestückungsplan<br />
(Tabelle 2 bzw. Anlage 27) in den vergangenen zwei Jahren weiter optimiert wurde.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
64
Bild 10: Summenkurven und Break-Even-Punkte der Gesamtkosten unterschiedlicher Strategien für den<br />
Unterhalt (ohne Instandsetzung) der Gewölbedrainageleitungen des Lötschberg-Basistunnels im<br />
Bereich von QV 1 bis Portal Frutigen (Verzinsung der fixen Kosten mit 6 %/a)<br />
Um die effektiven Unterhaltskosten der drei in diesen Wirtschaftlichkeitsrechnungen untersuchten<br />
Unterhaltsstrategien einander gegenüberstellen und die kostengünstigste Strategie<br />
ermitteln zu können, müssen die jährlichen variablen Unterhaltskosten für Reinigung, Kanalkamera,<br />
Bestückung und Depotsteine und die einmaligen fixen Unterhaltskosten für die<br />
Schwallspüler zusammengeführt werden. Hierfür gibt es drei mögliche Varianten:<br />
1) Ermittlung der jährlichen Kosten für Amortisation und Verzinsung der beiden Schwallspüler<br />
über eine definierte Amortisationsdauer und Aufsummierung mit den jährlichen<br />
Unterhaltskosten für Reinigung, Kanalkamera, Bestückung und Depotsteine<br />
2) Ermittlung der absoluten Unterhaltskosten über einen definierten Betrachtungszeitraum<br />
durch Aufsummierung der fixen Kosten für die beiden Schwallspüler (Installation + Verzinsung<br />
über den Betrachtungszeitraum) und der jährlichen Unterhaltskosten für Reinigung,<br />
Kanalkamera, Bestückung und Depotsteine über den Betrachtungszeitraum<br />
3) Ermittlung des Break-Even-Punkts der Summenkurven bestehend aus den fixen Kosten<br />
für die Schwallspüler (Installation) und der jährlichen Kosten für Verzinsung der beiden<br />
Schwallspüler und den jährlichen Unterhaltskosten für Reinigung, Kanalkamera, Bestückung<br />
und Depotsteine<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
65
Im Rahmen dieser Auswertung wurde die dritte Variante gewählt. Der Break-Even-Punkt der<br />
Summenkurven der Unterhaltskosten von zwei Strategien ergibt sich nach folgender Gleichung,<br />
die durch Umstellen der linearen Amortisations- und Verzinsungsgleichung erhalten<br />
wird. Die graphische Darstellung der Break-Even-Punkte findet sich in Bild 10.<br />
t =<br />
k<br />
ohne<br />
K<br />
K<br />
− k −<br />
mit<br />
Schwallspüler<br />
Schwallspüler<br />
2<br />
⋅ z<br />
mit t – Break-Even-Punkt der Summenkurven der beiden verglichenen<br />
Unterhaltsstrategien in Jahren<br />
K Schwallspüler – einmalige Installationskosten für die beiden Schwallspüler in Fr.<br />
k ohne – jährliche Unterhaltskosten der Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes in Fr./a<br />
k mit – jährliche Unterhaltskosten der Unterhaltsstrategie mit Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes durch die beiden Schwallspüler in Fr./a<br />
z – kalkulatorischer Zinssatz zur Ermittlung der Verzinsung für die<br />
einmaligen Installationskosten für die beiden Schwallspüler<br />
In Bild 10 ist zu erkennen, dass die presedimentäre Unterhaltsstrategie mit Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes durch die beiden Schwallspüler in der letzten Haltung des<br />
Strangs 2 und des Strangs 3 theoretisch bereits nach 2.6 Monaten kostengünstiger als die<br />
postsedimentäre Unterhaltsstrategie ist. Praktisch ist die presedimentäre Unterhaltsstrategie<br />
mit Modifikationen des Entwässerungsregimes bereits nach 4 Monaten, nämlich nach der ersten<br />
Reinigung der letzten und vorletzten Haltungen des Strangs 2 und des Strangs 3 im Versinterungsgrad<br />
3 bzw. 4, kostengünstiger als die postsedimentäre Unterhaltsstrategie.<br />
Gegenüber der presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
ist der Vorteil in den jährlichen Unterhaltskosten nicht so gross. Deshalb amortisieren<br />
sich die beiden Schwallspüler im Rahmen der presedimentären Unterhaltsstrategie mit Modifikationen<br />
des Entwässerungsregimes erst nach 5 Jahren und 2.5 Monaten (Bild 10). Das<br />
heisst, können die Schwallspüler länger als 5.21 Jahre ohne weitere Investitionen betrieben<br />
werden, ist die presedimentäre Unterhaltsstrategie mit Modifikationen des Entwässerungsregimes<br />
kostengünstiger als die presedimentäre Unterhaltsstrategie ohne Modifikationen des<br />
Entwässerungsregimes.<br />
6 Zusammenfassung und Ausblick<br />
6.1 Versinterungsproblematik<br />
Die Versinterungsprobleme in den Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
des Lötschberg-Basistunnels resultieren aus erheblichen Störungen der Kalk-Kohlensäure-<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
66
Gleichgewichte des kohlendioxidhaltigen Drainagewassers durch portlanditreiche Sickerwässer<br />
aus dem Rohrschirm, der beim Vortrieb des Basistunnels als vorlaufende Sicherung unter<br />
der bestehenden Bergstrecke in das Gebirge eingebracht wurde. Betroffen von diesen Versinterungsproblemen<br />
sind die letzte Haltung des Strangs 1 sowie die letzten und vorletzten<br />
Haltungen der Stränge 2, 3 und 4 vor dem Portal Frutigen. Die Portlandit-Zuflüsse sind so<br />
stark, dass das Drainagewasser in den letzten Haltungen der Gewölbedrainagen das Minimum<br />
der Calciumlöslichkeit im pH-Wert-Bereich 9.5 … 10.5 durchschreitet, und die weitere Calciumlöslichkeit<br />
portlanditdominiert ist, d. h. dass die weiteren Versinterungen infolge Absorption<br />
von Kohlendioxid aus der Luft im Entwässerungssystem entstehen. 45<br />
Wie bereits im <strong>Gutachten</strong> für die BLS AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1) festgestellt<br />
wurde, schwankt das Versinterungsaufkommen in den Gewölbedrainageleitungen im Bereich<br />
des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels mit den Jahreszeiten. Während der Tauperiode<br />
des Bodens im Frühjahr (etwa im März/April) sind die Portlandit-Zuflüsse aus dem Rohrschirm<br />
im Bereich der vorletzten und letzten Haltungen vor dem Portal Frutigen wesentlich<br />
stärker und produzieren somit deutlich grössere Mengen an Versinterungen als während der<br />
Sommer- und Herbstmonate auftreten. Allerdings hat sich während der intensiven Beobachtung<br />
des Versinterungsverhaltens in den vergangen anderthalb Jahren gezeigt, dass das natürliche<br />
jährliche Versinterungsaufkommen für die Erstellung der Unterhaltspläne der Entwässerungsleitungen<br />
des Lötschberg-Basistunnels im Bereich Frutigen im <strong>Gutachten</strong> für die BLS<br />
AlpTransit AG vom 05.05.2008 (Anlage 1) etwas unterschätzt wurde.<br />
Zudem kann erst in einigen Jahrzehnten mit einer Abschwächung des Versinterungsaufkommens<br />
infolge der zunehmenden Elution der Injektions- und Ankermörtel im Bereich des Rohrschirms<br />
gerechnet werden.<br />
Allein durch nachträgliche bauliche Massnahmen lassen sich die Versinterungsprobleme in<br />
den Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels<br />
nicht zufriedenstellend lösen. Auch die früher installierte Flüssigkonditionierung konnte die<br />
Versinterungsprobleme nicht lösen bzw. abschwächen, weil die Menge und die Strömungsgeschwindigkeit<br />
des Drainagewassers im Bereich des Portals Frutigen viel zu gering sind.<br />
Ausserdem sind die Störungen der Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichte und damit die Calcitsättigung<br />
der Drainagewässer zu gross, so dass allein die vollständig hydrolysierte Polyasparaginsäure<br />
die Versinterungsentstehung nicht wirksam behindern konnte. Vielmehr war die<br />
Wirkstoffkonzentration viel zu hoch dosiert, so dass zahlreiche biologische Ablagerungen<br />
(Algen, Biofilme) auftraten, die den Abfluss des Drainagewassers in den Gewölbedrainageleitungen<br />
behinderten und so ihrerseits zu den hohen Unterhaltsaufwendungen des Entwässerungssystems<br />
im Lötschberg-Basistunnel beitrugen (vgl. Anlage 1, Abschn. 3.2 und 4.3.2f).<br />
45<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitt 2.3.7 und 2.3.9.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
67
6.2 Massnahmen zur Optimierung des Unterhalts<br />
6.2.1 Einbau von Schachtdurchleitungen<br />
Um den Abfluss des Drainagewassers aus den Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals<br />
Frutigen des Lötschberg-Basistunnels insgesamt zu beschleunigen und die Depotsteinkonditionierung<br />
in den Gewölbedrainageleitungen applizieren zu können, wurden in einem<br />
ersten Schritt Durchleitungsrohre in die Schächte des Entwässerungssystems eingebaut. Diese<br />
Schachtdurchleitungen wurden mittlerweile in allen Schächten der vier Gewölbedrainageleitungen<br />
von QV 1 bis Portal Frutigen ergänzt und haben sich bewährt, weil sie den Unterhaltsaufwand<br />
des Entwässerungssystems massgeblich senken. Die Durchleitungen beschleunigen<br />
die Fliessgeschwindigkeit des Drainagewassers deutlich, umgehen Ruhewasserzonen in den<br />
Schachtböden und heben damit die dortigen Sedimentations- bzw. Versinterungszonen auf.<br />
Ausserdem ermöglichen die Schachtdurchleitungen den effizienten Einsatz der Depotsteinkonditionierung<br />
und können zukünftig genutzt werden, um die Anzahl der Begehungen und<br />
Arbeiten in den engen Schächten zu minimieren und so den Unterhalt des Entwässerungssystems<br />
weiter zu optimieren. So können die Durchleitungen zum Beispiel zur Bestückung<br />
der Schächte mit Polysuccinimid-Depotsteinen mittels Lanzen herausgenommen werden. Die<br />
Depotsteine werden dann auf dem Randweg in die Durchleitung eingebaut (Anlage 27), und<br />
die Durchleitung anschliessend wieder mit den Lanzen vom Randweg aus in den Schacht<br />
eingesetzt.<br />
6.2.2 Applikation einer wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
Der zweite Schritt zur Optimierung des Unterhalts der Gewölbedrainageleitungen im Bereich<br />
des Portals Frutigen des Lötschberg-Basistunnels war die Applikation einer Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200. Im Rahmen des gutachterlichen Versuchs wurde<br />
die Depotsteinkonditionierung nur in den Strängen 2 und 3 eingesetzt (Strang 1 unkonditioniert<br />
und Strang 4 Flüssigkonditionierung). Aufgrund der guten Ergebnisse wurden jedoch bereits<br />
am 14.09.2009 auch die Stränge 1 und 4 durch die BLS Netz AG mit Baypure ® DSP<br />
Tabs 200 bestückt.<br />
Die Baypure ® DSP Tabs 200 setzen den Wirkstoff der Härtestabilisation, die Polyasparaginsäure<br />
und Polysuccinimid-Teilhydrolysate, abhängig vom pH-Wert, der Strömungsgeschwindigkeit<br />
über die Depotsteinoberfläche frei. 46 Da der pH-Wert des Drainagewassers in den<br />
Gewölbedrainagen im Bereich des Portals Frutigen erst innerhalb der vorletzten und letzten<br />
Haltungen sehr stark ansteigt (vgl. Anlage 1, Bild 8 sowie Anlage 11), muss die erforderliche<br />
Wirkstoffkonzentration bei der Depotsteinkonditionierung durch Bestückung der jeweils vier<br />
stromaufwärts vor dem Portal liegenden Schächte Nr. 2, 3, 4 bzw. 4a und 5 bzw. 4b schrittweise<br />
aufgebaut werden (vgl. Anlage 1, Bild 13 unten). Um auch bei den moderaten pH-Wer-<br />
46<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.3.2.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
68
ten in den Schächten Nr. 3, 4 bzw. 4a und 5 bzw. 4b eine ausreichende Menge an Wirkstoff in<br />
das Drainagewasser zu dosieren, werden grössere Bestückungsmengen eingesetzt (Tabelle 2<br />
bzw. Anlage 27), die dem Drainagewasser eine grössere Depotsteinoberfläche zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Der Vorteil dieser grossen Bestückungsmengen ist, dass die Depotsteine in den Schächten<br />
Nr. 3, 4 bzw. 4a und 5 bzw. 4b nur einmal pro Jahr im Rahmen regulärer Reinigungsschichten<br />
nachbestückt werden müssen. Die Depotsteine in den Schächten Nr. 2 aller Stränge und in<br />
den Schächten Nr. 3 der Stränge 2, 3 und 4 sollten bereits nach 6 Monaten im Rahmen<br />
regulärer Reinigungsschichten bzw. in einer separaten Bestückungsschicht nachbestückt werden.<br />
Während Perioden mit stärkeren Portlandit-Zuflüssen, z. B. während der Tauperiode des<br />
Bodens im März/April, können im Aufstaubereich vor den Baypure ® DSP Tabs auch Versinterungen<br />
entstehen und die Depotsteinnetze auf der Rohrwandung verbacken (vgl. Anlagen<br />
17, 18 und 21, Strang 3, Schacht Nr. 2). Diese Versinterungen stören die Wirkstoffabgabe<br />
von den Depotsteinen nicht. Wenn die Depotsteinnetze leer sind, können die Versinterungen<br />
sehr leicht aufgebrochen und mit den Netzen rückstandsfrei aus den Schachtdurchleitungen<br />
entfernt werden. Der Aufstau vor den Baypure ® DSP Tabs ist jedoch erforderlich, um die für<br />
die Wirkstoffabgabe erforderliche Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers auf der<br />
Depotsteinoberfläche zu erzeugen.<br />
Die von den Polysuccinimid-Depotsteinen freigesetzte Polyasparaginsäure und Polysuccinimid-Teilhydrolysate<br />
reduzieren primär die Festigkeit der entstehenden Versinterungen, indem<br />
sie das Wachstum und das Zusammenwachsen der Kalkkristalle verhindern. Anstatt der<br />
sehr festen Versinterungen entstehen in der Folge weiche Versinterungsschlämme 47 (vgl. Anlage<br />
17, 20 und 21). Diese Versinterungsschlämme können bei ausreichender Strömungsgeschwindigkeit<br />
vom natürlichen Drainagewasserstrom aus den Gewölbedrainagen ausgespült<br />
werden. Dadurch wird das Versinterungsaufkommen stark reduziert.<br />
Voraussetzung, dass die Versinterungsschlämme vom natürlichen Drainagewasserstrom ausgespült<br />
werden, sind eine ausreichende Drainagewassermenge und ein entsprechendes Gefälle<br />
der Drainageleitung ohne Ruhewasserstrecken, Wassersäcke oder andere Strömungshindernisse.<br />
Diese Voraussetzungen sind jedoch im Bereich des Portals Frutigen des Lötschberg-<br />
Basistunnels nur in Strang 1 und dem letzten Fünftel der letzten Haltung des Strangs 4 gegeben.<br />
In Strang 1 können die Versinterungsschlämme vom natürlichen Drainagewasserstrom über<br />
die ganze Haltungslänge aus der letzten Haltung vor dem Portal ausgespült werden. Dadurch<br />
47<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Abschnitt 5.4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
69
wird das Versinterungsaufkommen auf der Rohrsohle erheblich reduziert, wodurch das Reinigungsintervall<br />
im besten Fall mehr als verdoppelt werden kann. Da jedoch für den Strang 1<br />
noch keine praktischen Erkenntnisse zur Effizienz der Depotsteinkonditionierung vorliegen,<br />
wird zunächst ein vorsichtiges Reinigungsintervall von 12 Monaten empfohlen, das später<br />
weiter verlängert werden kann.<br />
In Strang 4 beginnt der Versinterungsschwerpunkt genau am Beginn des letzten Fünftels der<br />
letzten Haltung. Deshalb sollte auch das Reinigungsintervall des Strangs 4 durch den Einsatz<br />
der Depotsteinkonditionierung und die damit verbundene Reduktion des Versinterungsaufkommens<br />
erheblich verlängert werden können. Da jedoch auch für den Strang 4 noch keine<br />
praktischen Erkenntnisse zur Effizienz der Depotsteinkonditionierung vorliegen, wird aufgrund<br />
des jahreszeitlich stark schwankenden Versinterungsaufkommens vorerst nur ein vorsichtiges<br />
Reinigungsintervall von 12 Monaten vorgeschlagen, das später ebenfalls weiter verlängert<br />
werden kann.<br />
Insbesondere in Strang 4 behindern zahlreiche Zementablagerungen und harte Versinterungen<br />
den Abfluss des Drainagewassers. Auch hier kann die Depotsteinkonditionierung Abhilfe<br />
schaffen. Wie bereits aus der allgemeinen Erfahrung bekannt 48 und auch schon in Strang 3<br />
beobachtet wurde 49 , unterwandern die Polysuccinimid-Teilhydrolysate die Altablagerungen<br />
und reduzieren durch weitere Hydrolyse den Verbund zwischen den Rohrwandungen und den<br />
Zementablagerungen sowie alten harten Versinterungen. Dadurch lösen sich die Altablagerungen<br />
bei den zukünftigen Spülungen zunehmend von den Rohrwandungen ab, wodurch sich<br />
der Reinigungszustand der Leitungen mit jeder weiteren Reinigung nach dem Einsatz der<br />
Baypure ® DSP Tabs 200 zunehmend verbessert.<br />
Die Polysuccinimid-Teilhydrolysate treten ausschliesslich bei der Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs auf und sind aufgrund ihrer starken Adsorptionsneigung erkennbar<br />
durch eine rötlich-braune Tönung der Versinterungsoberflächen. Die Flüssigkonditionierung,<br />
bei der vollständig hydrolysierte Polyasparaginsäure-Lösung zum Drainagewasser zudosiert<br />
wird, ist somit nicht in der Lage, bestehende Ablagerungen zu lockern und zu lösen.<br />
6.2.3 Installation von Schwallspülern<br />
Im Gegensatz zu den Strängen 1 und 4 reicht die Strömungsgeschwindigkeit des natürlichen<br />
Drainagewasserstroms in den Strängen 2 und 3 bei weitem nicht aus, um die zudem noch<br />
grösseren Mengen an Versinterungsschlämmen gänzlich aus der letzten Haltung auszuspülen.<br />
Geringe Verlagerungen der Versinterungsschlämme treten beim Einsatz der Depotsteinkondi-<br />
48<br />
49<br />
Vgl. Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk,<br />
2007. Abschnitte 5.4.1.4 und 5.4.2.4f.<br />
Rufener, Heinz: Informationen zur Reinigung der Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
am 15./16. November 2009 und 22./23. November 2009. Zweisimmen, 2009-12-14, 13.20 Uhr. – Telefonat<br />
mit Gamisch, Tobias, Institut für Bauplanung und Baubetrieb, ETH Zürich.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
70
tionierung zwar auf. Aufgrund des geringen Gefälles, der zahlreichen Ruhewasserstrecken,<br />
Wassersäcke und Aufstauungen setzen sich die Versinterungsschlämme jedoch innerhalb der<br />
letzten Haltungen der Strängen 2 und 3 wieder ab und akkumulieren. Deshalb konnte die<br />
Depotsteinkonditionierung in den Strängen 2 und 3 nur die Hälfte ihrer Effizienz erzielen.<br />
Die Depotsteinkonditionierung reduzierte in den Strängen 2 und 3 die Festigkeit der Versinterungen<br />
erheblich, wodurch die Dauern und der erforderliche Aufwand der Reinigungsmassnahmen<br />
beträchtlich abnahmen. Seit der Grundreinigung im April/Mai 2008 wurde keine<br />
Kettenschleuder mehr zur Entfernung harter Versinterungen benötigt. Ausserdem reduzierte<br />
die Depotsteinkonditionierung das Risiko für einen Vollverschlusses der letzten Haltung, weil<br />
die Versinterungsschlämme bei zunehmender Rohrverengung auch aus Ruhewasserstrecken<br />
ausgespült werden können, wenn diese Strecken nicht zu lang sind.<br />
Aufgrund des geringen Gefälles, der zahlreichen Ruhewasserstrecken und des geringen Drainagewasseranfalls<br />
war die Depotsteinkonditionierung allein jedoch nicht in der Lage, das<br />
Versinterungsaufkommen in den Strängen 2 und 3 zu verringern. Deshalb wurde am<br />
14.09.2009 im Strang 2 ein Schwallspüler im Einlauf des Schachts Nr. 1 installiert.<br />
Der Schwallspüler verschliesst den Einlauf der Gewölbedrainageleitung vollständig und staut<br />
dadurch das anfallende Drainagewasser in der letzten Haltung bis zur definierten Einstauhöhe<br />
auf. Bei Erreichen der definierten Einstauhöhe öffnet der Schwallspüler und lässt die gesamte<br />
Menge des aufgestauten Drainagewassers in einem Schwall aus der letzten Haltung vor dem<br />
Portal Frutigen ausströmen. Dadurch wird die Strömungsgeschwindigkeit des Drainagewassers<br />
in der letzten Haltung periodisch erheblich beschleunigt, und die weichen, unter Auftrieb<br />
stehenden Versinterungsschlämme werden ausgespült. Somit blieb die letzte Haltung des<br />
Strangs 2 seit Installation des Schwallspülers am 14.09.2009 bis zur letzten Kamerabefahrung<br />
am 22./23.11.2009 (Anlage 25) frei von Versinterungsschlämmen, wie sie bis zur Installation<br />
des Schwallspülers regelmässig und in grösseren Mengen innert kürzester Zeit auf der Rohrsohle<br />
der letzten Haltung des Strangs 2 akkumulierten (vgl. Anlage 26).<br />
Aus diesem Grund kann das Reinigungsintervall des Strangs 2 bei Einsatz einer wirksamen<br />
Depotsteinkonditionierung in Kombination mit dem Schwallspüler erheblich verlängert werden.<br />
Da jedoch noch keine Erfahrungen zur Effizienz dieser Kombination während des<br />
verstärkten Versinterungsaufkommens in der Tauperiode des Bodens im Frühjahr vorliegen,<br />
wurde vorerst für den Strang 2 nur ein vorsichtiges Reinigungsintervall von 12 Monaten<br />
vorgeschlagen, das später weiter verlängert werden kann, wenn praktische Erkenntnisse vorliegen.<br />
Das Versinterungsverhalten und die bauliche Situation in der letzten Haltung des Strangs 3<br />
vor dem Portal Frutigen entsprechen weitgehend der Situation in Strang 2. Deshalb ist zu<br />
erwarten, dass ein zweiter Schwallspüler, installiert im Einlauf des Strangs 3 in den Schacht<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
71
Nr. 0, die gleichen positiven Effekte wie im Strang 2 erzielen kann. Deshalb wird die Installation<br />
eines zweiten Schwallspülers im Strang 3 empfohlen und in den Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen<br />
berücksichtigt. Die Randbedingungen des zweiten Schwallspülers in Strang 3<br />
werden in Abschnitt 4.3.4.2 diskutiert.<br />
6.3 Empfehlungen für den zukünftigen Unterhalt<br />
6.3.1 Depotsteinkonditionierung<br />
Für den zukünftigen Unterhalt der Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen<br />
des Lötschberg-Basistunnels wird in allen vier Strängen die Applikation einer Depotsteinkonditionierung<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 gemäss Bestückungsplan in Tabelle 2 bzw.<br />
Einbauanleitung in Anlage 27 empfohlen.<br />
Abhängig vom Versinterungsaufkommen sollten die Gewölbedrainageleitungen im Bereich<br />
des Portals Frutigen regelmässig in verschiedenen Intervallen, aber wenn, dann möglichst im<br />
Frühjahr, nach der Tauphase des Bodens im Bereich des Rohrschirms, gereinigt werden. Bei<br />
ausschliesslichem Einsatz der Depotsteinkonditionierung werden folgende Reinigungsintervalle<br />
empfohlen (vgl. Tabelle 9):<br />
– Strang 1:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 5 4 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 0<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
– Strang 2:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 5a 4 3<br />
o Haltung von Schacht Nr. 3 2<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 1 0<br />
alle 24 Monate: (im März/April)<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
alle 4/8 Monate: im März/April &<br />
Oktober/November<br />
– Strang 3:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 4b 4a 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 1 0 alle 4/8 Monate: im März/April &<br />
Oktober/November<br />
– Strang 4:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 4b 4a 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 0<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
Da die Depotsteinkonditionierung die Festigkeit der Versinterungen minimiert, können die<br />
Reinigungen in ein bis zwei Schichten pro Jahr mittels Hochdruckspülung mit Radialdüsen,<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
72
Radialrotierdüsen und Vibrationsrotierdüsen 50 im Versinterungsgrad 1 bzw. – bei grösseren<br />
Mengen an Versinterungen in Strang 2, 3 und 4 – im Versinterungsgrad 2 erfolgen. Dadurch<br />
reduziert die Depotsteinkonditionierung die erforderlichen Reinigungsbeanspruchungen und<br />
minimiert so das Risiko und den Instandsetzungsaufwand für wartungsbedingte Beschädigungen<br />
der Entwässerungsleitungen. Dies bedeutet erfahrungsgemäss erhebliche Einsparungen in<br />
den erforderlichen Unterhaltskosten und -dauern 51 , die jedoch im Rahmen dieses <strong>Gutachten</strong>s<br />
nicht quantifiziert wurden.<br />
Weil die Depotsteinkonditionierung vorhandene Zementablagerungen und harte Versinterungsrückstände<br />
vorlockert, wird der Reinigungszustand der Gewölbedrainagen bei zukünftigen<br />
Reinigungen verbessert. Längerfristig kann somit bei der Reinigung von Entwässerungsleitungen<br />
im Versinterungsgrad 1 und 2 auf eine Steuerung und Kontrolle des Reinigungserfolgs<br />
mittels Kanalkamera verzichtet werden. Dadurch werden weitere Unterhaltskosten<br />
eingespart und die Dauern der Reinigungsarbeiten weiter verkürzt.<br />
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen lassen für die Applikation einer wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
in den Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen Einsparungen<br />
in den jährlichen Unterhaltskosten in Höhe von Fr./a 107‘206.00 erwarten (Bild 9).<br />
6.3.2 Depotsteinkonditionierung + Schwallspüler<br />
Um die Effizienz der Depotsteinkonditionierung mittels Baypure ® DSP Tabs 200 in Strang 2<br />
und Strang 3 zu maximieren, wird empfohlen, den Schwallspüler in Strang 2, Schacht Nr. 1<br />
weiter zu betreiben und in Strang 3, Schacht Nr. 0 einen weiteren Schwallspüler zu installieren.<br />
Die Schwallspüler spülen die entstehenden Versinterungsschlämme regelmässig aus. Dadurch<br />
kann das Reinigungsintervall der letzten Haltungen sowie der Querleitungen vor dem<br />
Portal weiter verlängern werden.<br />
Die Schwallspüler sollten so gefertigt und mittels eines Flansches an den Einlauf der Gewölbedrainage<br />
angeschlossen werden, dass die Zuleitung zum Schwallspüler den gleichen Rohrinnendurchmesser<br />
wie die Gewölbedrainageleitung hat. Dadurch wird gewährleistet, dass der<br />
Schwallspüler auch alle Sedimente in der Rohrsohle vor dem Einlauf der Gewölbedrainage<br />
mit ausspült. Der Schwallspüler in Strang 2 ist derzeit noch über ein kleineres Rohr mit einem<br />
Innendurchmesser von DN 100 mm angeschlossen, das mittels Ringraumdichtung in die<br />
Gewölbedrainageleitung geklemmt ist (Anlage 23).<br />
Um die Entwässerungsleitungen, an deren Ende ein Schwallspüler montiert ist, trotzdem effizient<br />
reinigen zu können, sollte die Zuleitung zum Schwallspüler einen horizontalen, plan-<br />
50<br />
51<br />
Zu den Rohrreinigungsgeräten siehe Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen.<br />
Berlin : Bauwerk, 2007. Kapitel 4.<br />
Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen. Berlin : Bauwerk, 2007.<br />
Kapitel 6.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
73
mässig verschlossenen 45°-Abzweig mit einem Innendurchmesser ≥ DN 100 mm aufweisen.<br />
Der Abzweig zwischen dem Flansch auf dem Einlauf der Gewölbedrainage und dem Schwallspüler<br />
sollte z. B. durch einen Schraubverschluss für die Reinigung der Entwässerungsleitung<br />
einfach zu öffnen und danach wieder dicht zu schliessen sein.<br />
Auch beim ergänzenden Einsatz der beiden Schwallspüler in Strang 2 und Strang 3 sollten die<br />
Gewölbedrainageleitungen im Bereich des Portals Frutigen abhängig vom Versinterungsaufkommen<br />
regelmässig in verschiedenen Intervallen gereinigt werden. Soweit möglich sollten<br />
die Reinigungen ebenfalls primär im Frühjahr, nach der Tauphase des Bodens im Bereich des<br />
Rohrschirms, erfolgen. Folgende Reinigungsintervalle werden zu Beginn des kombinierten<br />
Einsatzes der Depotsteinkonditionierung und der Schwallspüler empfohlen (vgl. Tabelle 11):<br />
– Strang 1:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 5 4 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 0<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
– Strang 2:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 5a 4 3<br />
o Haltung von Schacht Nr. 3 2 1 0<br />
alle 24 Monate: (im März/April)<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
– Strang 3:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 4b 4a 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 1 0 alle 12 Monate: im März/April<br />
– Strang 4:<br />
o Haltung von Schacht Nr. 4b 4a 3 2 alle 24 Monate: (im März/April)<br />
o Haltung von Schacht Nr. 2 0<br />
alle 12 Monate: im März/April<br />
Da die Depotsteinkonditionierung die Festigkeit und die Schwallspüler die Menge der in der<br />
letzten Haltung des Strangs 2 und des Strangs 3 akkumulierenden Versinterungen minimieren,<br />
können die Reinigungen der Gewölbedrainageleitungen im Bereich von QV 1 bis zum Portal<br />
Frutigen des Lötschberg-Basistunnels in einer Schichten pro Jahr mittels Hochdruckspülung<br />
mit Radialdüsen, Radialrotierdüsen und Vibrationsrotierdüsen 52 im Versinterungsgrad 1 bzw.<br />
– bei grösseren Mengen an Versinterungen in Strang 4 – im Versinterungsgrad 2 erfolgen.<br />
Zudem kann längerfristig auf eine Kontrolle des Reinigungserfolgs mittels Kanalkamera verzichtet<br />
werden, weil die Polysuccinimid-Teilhydrolysate vorhandene Zementablagerungen<br />
und harte Altablagerungen vorlockern und so zukünftig ein besserer Reinigungszustand der<br />
Gewölbedrainagen erreicht wird. Dadurch und durch die Minimierung der erforderlichen<br />
52<br />
Zu den Rohrreinigungsgeräten siehe Gamisch, T.; Girmscheid, G.: Versinterungsprobleme in Bauwerksentwässerungen.<br />
Berlin : Bauwerk, 2007. Kapitel 4.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
74
Reinigungsbeanspruchungen können weitere Unterhaltskosten eingespart und die Dauern der<br />
Reinigungsarbeiten insgesamt weiter verkürzt werden.<br />
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen lassen für die Applikation einer wirksamen Depotsteinkonditionierung<br />
sowie je einen Schwallspüler in Strang 2, Schacht Nr. 1 und in Strang 3,<br />
Schacht Nr. 0 Einsparungen in den jährlichen Unterhaltskosten in Höhe von Fr./a 112‘643.00<br />
erwarten (Bild 9). Gegenüber der alleinigen Depotsteinkonditionierung erzielen die beiden<br />
Schwallspüler somit zusätzliche Einsparungen in den jährlichen Unterhaltskosten in Höhe von<br />
Fr./a 5‘437.00. Diese Einsparungen amortisieren die zusätzlichen Kosten für die beiden<br />
Schwallspüler inkl. Planung und Installation in Höhe von Fr. 24‘508.00 (Tabelle 12) bei einer<br />
Verzinsung von 6 %/a innerhalb von 5 Jahren und 2.5 Monaten (Bild 10).<br />
Zürich, 31. Dezember 2009<br />
______________________________<br />
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Girmscheid<br />
______________________________<br />
Dr. Tobias Gamisch<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
75
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
76
Anlagen<br />
– Anlage 1:<br />
Girmscheid, Gerhard; Gamisch, Tobias: Versinterungsproblematik Lötschberg-Basistunnel,<br />
Bereich Portal Frutigen (Nordportal) – <strong>Gutachten</strong> über die massgeblichen Ursachen<br />
und Mechanismen der Versinterungsentstehung sowie die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
eines Einsatzes der Härtestabilisation. Zürich, 2008-05-05.<br />
– Anlage 2:<br />
Studer, Oliver: Sofortmassnahmen IAI, Versinterungen Portal Frutigen Februar 2008.<br />
BLS AG, Bern, 2008-03-27. – Datei: 080304 Kurzbeschrieb Sofortmassnahmen.doc<br />
– Anlage 3:<br />
Studer, Oliver: Unterhalt Lötschberg-Basistunnel, Zwischenbericht, Spülarbeiten Drainagen<br />
Oströhre Portal Frutigen bis QV 01, Nächte 6./7.04.2008 und 13./14.04.2008. BLS<br />
AG, Bern, 2008. – Datei: 080422 Zwischenbericht Leitungsspülung.pdf<br />
– Anlage 4:<br />
Rufener, Heinz: Lötschberg-Basistunnel, Checkliste Leitungsspülungen (Bergwasser und<br />
Schmutzwasser), Abschnitt: Weströhre, Portal Frutigen – QV 01, Datum: 27.–28.04.2008.<br />
Zweisimmen, 2008-04-28. – Datei: 20080428092845.pdf<br />
– Anlage 5:<br />
Umwelttechnik Jenni <strong>GmbH</strong>: Kanalfernsehprotokolle und -fotos, BLS Lötschberg Basistunnel,<br />
NEAT Portal Frutigen, Weströhre, 2. Teil, (DVD 08 / 03, 08 / 04). – Datei:<br />
20080529103402.pdf<br />
– Anlage 6:<br />
Umwelttechnik Jenni <strong>GmbH</strong>: Kanalfernsehprotokolle und -fotos, BLS Lötschberg Basistunnel,<br />
NEAT Portal Frutigen, Oströhre, 2. Teil, (DVD 08 / 05). – Datei:<br />
20080529103301.pdf<br />
– Anlage 7:<br />
Umwelttechnik Jenni <strong>GmbH</strong>: Kanalfernsehprotokolle und -fotos, BLS Lötschberg Basistunnel,<br />
NEAT Portal Frutigen, Oströhre 2. Teil, Weströhre letztes Stück (DVD 08 / 06). –<br />
Datei: 20080603101833.pdf<br />
– Anlage 8:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) vom 08./09. Juni 2008.<br />
ETH Zürich, 2009.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
77
– Anlage 9:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) vom 13./14. Juli 2008.<br />
ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 10:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) vom 10./11. August 2008.<br />
ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 11:<br />
Meier, Franziska: Härtestabilisierung / frisch bestückt. Frutigen : BLS Netz AG, 2008-09-<br />
04, 14.59 Uhr. – E-Mail an Gamisch Tobias, Institut für Bauplanung und Baubetrieb,<br />
ETH Zürich.<br />
– Anlage 12:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) vom 07./08. September<br />
2008. ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 13:<br />
Rufener Heinz: BLS AG / LBT Portal Frutigen. Zweisimmen, Oktober 2008. – Bilder der<br />
Schächte und der ausgebauten Depotsteine.<br />
– Anlage 14:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) vom 12./13. Oktober 2008.<br />
ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 15:<br />
Rufener Heinz: BLS AG / LBT Portal Frutigen, Schachtprotokolle Weströhre. Zweisimmen,<br />
November 2008.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
<strong>78</strong>
– Anlage 16:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
und KS 8.2 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 3 2 1) nach der Reinigung am 09./10.<br />
November 2008. ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 17:<br />
Studer, Oliver: Kurzbrief betreffend Lötschberg Basistunnel, Versinterungen Portal<br />
Frutigen. Bern, 2008-11-19. – Anschreiben zu den Kanalkameraaufnahmen in der Weströhre<br />
nach der Reinigung am 09./10. November 2008 und in der Oströhre nach der Reinigung<br />
am 16./17. November 2008.<br />
– Anlage 18:<br />
Rufener Heinz: BLS AG / LBT Portal Frutigen, Schachtprotokolle Oströhre. Zweisimmen,<br />
November 2008.<br />
– Anlage 19:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Oströhre KS 3.2 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 3 2 1) und KS 3.1 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 3 2 0) nach der<br />
Reinigung am 16./17. November 2008. ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 20:<br />
Rufener, Heinz: Lötschberg-Basistunnel, Checkliste Leitungsspülungen (Bergwasser und<br />
Schmutzwasser), Abschnitt: Weströhre, Portal Frutigen – QV 01, Datum: 15.–16.03.2009.<br />
Zweisimmen, 2009-03-16.<br />
– Anlage 21:<br />
Rufener, Heinz: Lötschberg-Basistunnel, Checkliste Leitungsspülungen (Bergwasser und<br />
Schmutzwasser), Abschnitt: Oströhre, Portal Frutigen – QV 01, Datum: 22.–23.03.2009.<br />
Zweisimmen, 2009-03-23.<br />
– Anlage 22:<br />
Steinhardt <strong>GmbH</strong>: Steinhardt HydroFlush Beschickungsheber – Betriebs- und Wartungsanleitung.<br />
Taunusstein, 2009-09-07.<br />
– Anlage 23:<br />
Steinhardt <strong>GmbH</strong>: Einstauspüler Lötschberg, Einbausituation. Zeichnungsnr. 207762<br />
Gesamt. Taunusstein, 2009-08-12.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
79
– Anlage 24:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszone Portal Frutigen, Weströhre KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1)<br />
am 18./19. Oktober 2009, einen Monat nach Installation des Schwallspülers. ETH Zürich,<br />
2009.<br />
– Anlage 25:<br />
Gamisch, Tobias: Auswertung der Kanalkameraaufnahmen im Lötschberg-Basistunnel,<br />
Versinterungszonen Portal Frutigen, Weströhre KS 7.1 6.1 (Strang 1, Schacht 2 0)<br />
nach Reinigung und KS 7.2 6.2 (Strang 2, Schacht 2 1) vor Reinigung, zwei Monate<br />
nach Installation des Schwallspülers sowie Oströhre KS 2.1 1.2 (Strang 3,<br />
Schacht 2 1) nach Reinigung und KS 2.2 1.1 (Strang 4, Schacht 2 0) nach<br />
Reinigung mit Vibrationsrotierdüse am 22./23. November 2009. ETH Zürich, 2009.<br />
– Anlage 26:<br />
Rufener, Heinz: BLS Netz AG / LBT, Portal Frutigen, Kurzprotokoll Strang 2, Februar -<br />
November 2009. Kurzdarstellung des Leitungszustandes, vor – und nach dem Einbau der<br />
Schwallspülung. Zweisimmen, 2009-11-24.<br />
– Anlage 27:<br />
Gamisch, Tobias: Bestückungsplan und Einbauanleitung zur Installation einer Härtestabilisation<br />
mittels Baypure ® DSP Tabs 200 in den Entwässerungsleitungen Strang 1–4 des<br />
Lötschberg-Basistunnels, Portal Frutigen. ETH Zürich, 2009-12-15.<br />
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————<br />
80