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Folter in der BRD - Social History portal

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Im übrigen richtete sich die Anordnung weniger gegen den Beschuldigten selbst. Sie<br />

ist vielmehr <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als Sicherung gegen etwaige Befreiungsversuche<br />

während <strong>der</strong> Freistunde gedacht. Daß mit solchen Versuchen gerechnet werden<br />

muß, beweisen die Vorgänge bei <strong>der</strong> Befreiung des Häftl<strong>in</strong>gs Baa<strong>der</strong> durch<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baa<strong>der</strong>-Mahler-Me<strong>in</strong>hof-Gruppe <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> sowie e<strong>in</strong> Vorfall <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Justizvollzugsanstalt Essen im Herbst 1971.<br />

Auch angesichts des ger<strong>in</strong>gen Sicherungsgrades <strong>der</strong> Untersuchungshaftanstalt<br />

Hamburg, die Freistunde wird ausschließlich <strong>in</strong> Außen höfen durchgeführt, kann auf<br />

die angeordnete Maßnahme bei <strong>der</strong> Freistunde dieses Beschuldigten vorerst nicht<br />

verzichtet werden.<br />

Strafsache<br />

Dr. Huber<br />

Beschluß:<br />

gegen<br />

und An<strong>der</strong>e<br />

wegen Gründung bzw. Beteiligung an e<strong>in</strong>er krim<strong>in</strong>ellen Vere<strong>in</strong>igung<br />

I. Die Gegenvorstellung <strong>der</strong> Beschuldigten [... ]<br />

(Buddenberg)<br />

Bundesrichter<br />

Auch <strong>der</strong> folgende Beschluß zeigt e<strong>in</strong>e Form diskrim<strong>in</strong>ieren<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>behandlung<br />

<strong>der</strong> Politischen Gefangenen und ihrer Verteidiger. Bezeichnend<br />

ist <strong>der</strong> juristische Argumentationsschwulst, mit dem die Beschwerde e<strong>in</strong>erseits<br />

zugelassen, alsbald jedoch kurzerhand als unbegründet verworfen<br />

wird.<br />

Die politische Justiz erkennt hellsichtig: »Die Gefahr für die Sicherheit <strong>der</strong><br />

Anstalt kommt von den Menschen.«<br />

Landgericht Karlsruhe<br />

- Strafkammer IV -<br />

vom 22. Oktober 1971 gegen den Beschluß <strong>der</strong> Strafkammer IV vom 27. September<br />

1971 wird als unbegründet<br />

verworfen.<br />

Gründe:<br />

Karlsruhe, den 16. November 1971<br />

Die Strafkammer IV hat mit Beschluß vom 27. Sept. 1971 unter H<strong>in</strong>weis auf Nr. 61 <strong>der</strong><br />

Untersuchungshaftvollzugsordnung teils, um weitergehende Maßnahmen e<strong>in</strong>zugren- .<br />

zen, teils um die erfor<strong>der</strong>lichen e<strong>in</strong>heitlich zu treffen, angeordnet, daß die im<br />

Beschlußtenor genannten Untersuchungsgefangenen jeweils nach nicht überwachten<br />

Besuchen durch Abtasten auf den Besitz von Waffen zu überprüfen seien. Auf<br />

den Beschluß und se<strong>in</strong>e Begründung wird verwiesen.<br />

Nunmehr erhebt Rechtsanwalt Eberhard Becker aus Heidelberg gegen diesen<br />

Beschluß gemäß § 311 a StPO Gegenvorstellung mit dem Antrag, den Beschluß<br />

aufzuheben. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgetragen, <strong>der</strong> Beschluß<br />

diskrim<strong>in</strong>iere nicht nur die Untersuchungsgefangenen, son<strong>der</strong>n auch ihren Verteidiger,<br />

<strong>der</strong> Organ <strong>der</strong> Rechtspflege sei. Die Maßnahme sei auch geeignet, das Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Anwalt und Untersuchungsgefangenem zu trüben.<br />

'I<br />

r'<br />

I<br />

.<br />

••<br />

I<br />

Zur Frage <strong>der</strong> Zu lässigkeit <strong>der</strong> Gegenvorstellung mag es auf sich beruhen, ob<br />

Rechtsanwalt Becker auch von den Beschuldigten Ewald Görlich und Thomas<br />

Tremmel bevollmächtigt ist, Gegenvorstellung zu erheben. Die Bevollmächtigung ist<br />

zwar <strong>in</strong>soweit nicht nachgewiesen, darf aber vermutet werden (vgl. hierzu Kle<strong>in</strong>knecht,<br />

Komm. zur StPO, 29. Aufl., Anm. 3 A § 138 StPO). Es können also auch die<br />

Gegenvorstellungen <strong>der</strong> Beschuldigten Görlich und Tremmel als zulässig erachtet<br />

werden, wenngleich für das weitere Verfahren (nämlich Zustellungen und Ladungen)<br />

§ 145a StPO zu beachten se<strong>in</strong> wird.<br />

Zur Frage <strong>der</strong> Zulässigkeit <strong>der</strong> Gegenvorstellung mag weiter unterstellt werden, daß<br />

es den Untersuchungsgefangenen um ihre eigene, mit <strong>der</strong> angeordneten Maßnahme<br />

verbundene Beschwer geht. Der Reflex dieser Beschwer auf Dritte wäre jedenfalls<br />

nicht geeignet, die Untersuchungsgefangenen selbst zu beschweren.<br />

Ungeachtet dessen s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs die von den Beschuldigten gegen den Beschluß<br />

vorgetragenen Angriffe unbegründet. Sie übersehen, daß von dem Beschluß alle<br />

Personen ohne Ansehung des Standes betroffen s<strong>in</strong>d, die die Gefangenen unüberwacht<br />

besuchen. Der Beschluß erfaßt also alle Organe <strong>der</strong> Rechtspflege (Richter,<br />

Staatsanwälte, Verteidiger, Hilfsbeamte <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft usw.). Die Gefahr für<br />

die Sicherheit <strong>der</strong> Anstalt kommt von dem Menschen. Alle Menschen s<strong>in</strong>d vor dem<br />

Gesetz gleich (Artikel 3 Grundgesetz). Niemand kann für sich <strong>in</strong> Anspruch nehmen,<br />

er sei von Standes wegen zuverlässiger als e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er. Ob e<strong>in</strong> Stand häufiger als<br />

e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Anlaß zu unkontrolliertem Besuche hat, ist ganz unerheblich.<br />

Das Abtasten nach Waffen ist im übrigen e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Maßnahmen, die bei dem Vollzug<br />

<strong>der</strong> Untersuchungshaft lei<strong>der</strong> mitunter unumgänglich s<strong>in</strong>d (vgl. Nr. 61 UVollzO).<br />

[... ]<br />

(Dr. Gohl)<br />

Landgerichtsdirektor<br />

(Zick)<br />

Landgerichtsrat<br />

(Dr. Wollent<strong>in</strong>)<br />

Landgerichtsrät<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>gitterung durch Fliegen- und Maschendraht<br />

Der folgende beispielhafte Bericht <strong>der</strong> Vollzugsanstalt Köln zeigt, daß die<br />

Vollzugsanstalten bei zahlreichen Gefangenen mit Zustimmung des Bundesgerichtshofes<br />

zusätzliche FliegendrahtgeBechte vor den Zellengittern<br />

anbr<strong>in</strong>gen, die verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, daß <strong>der</strong> Gefangene von außen gesehen werden<br />

kann, und das Gefühl <strong>der</strong> Isolation noch verstärken.<br />

Die abgeson<strong>der</strong>te Zelle von Dr. Wolfgang Huber, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vollzugsanstalt<br />

Stuttgart-Stammheim <strong>in</strong> Isolierungshaft sitzt, braucht auch tagsüber<br />

künstliches Licht.<br />

Der Leiter<br />

<strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt<br />

an den Ermittlungsrichter beim BGH <strong>in</strong> Karlsruhe<br />

5 Köln, den 4. April 1973<br />

Anliegende Hausstrafanzeige nebst Erörterungen und Vernehmungsnie<strong>der</strong>schrift<br />

übersende ich gemäß § 119 StPO <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Nr. 2, 67 UVollzO mit <strong>der</strong> Bitte,<br />

die nachgenannte Hausstrafe gegen den U-Gefangenen Müll e r zu verhängen:<br />

5 Tage Arrest mit allen zul. Schärfungen<br />

Begründung:<br />

Wie bereits mit Schreiben vom 22. und 27.3.1973 mitgeteilt, hat <strong>der</strong> U.-Gefangene<br />

42 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 43 Beson<strong>der</strong>e Schikanen

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