Folter in der BRD - Social History portal
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Körperliche Untersuchungen<br />
Im nachfolgenden Beschluß des Landgerichts Berl<strong>in</strong> will das Landgericht<br />
anordnen, daß die Gefangenen vor je<strong>der</strong> Vorführung aus dem Gefängnis<br />
noch durch e<strong>in</strong>en Arzt - auch gynäkologisch - zu untersuchen seien. Die<br />
Durchführung scheiterte am Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Gefangenen und ausnahmsweise<br />
auch an dem <strong>der</strong> beauftragten Ärzte.<br />
Beschluß<br />
In <strong>der</strong> Strafsache [... ]<br />
gegen<br />
1. Brigitte Asdonk,<br />
2. Monika Berberich,<br />
3. Irene Goergens,<br />
4. 'ngrid Schubert,<br />
- zur Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersuchungshaft- und Aufnahmeanstalt Moabit - [... ]<br />
werden die Anordnungen über das Verbr<strong>in</strong>gen von Gegenständen <strong>in</strong> den Sitzungssaal<br />
700 und über die Durchführung dieser Anordnung vom 19. und 20. März 1973<br />
aufgehoben.<br />
Es wird nunmehr angeordnet, daß die genannten Angeklagten lediglich folgende<br />
Gegenstände zur Hauptverhandlung <strong>in</strong> den Sitzungssaal und die Vorführzellen<br />
mitbr<strong>in</strong>gen dürfen:<br />
1. Bekleidung, soweit sie am Körper getragen wird.<br />
2. Brillen und Taschentücher.<br />
3. Schreibpapier und schriftliches Verteidigungsmaterial,<br />
Bleistifte werden gestellt.<br />
Um die E<strong>in</strong>haltung dieser Anordnung sicherzustellen. wird ferner angeordnet, daß<br />
die genannten Angeklagten vor je<strong>der</strong> Zuführung <strong>in</strong> die Vorführzellen von e<strong>in</strong>em Arzt<br />
körperlich zu untersuchen s<strong>in</strong>d. Ihre Kleidung ist von Anstaltsbediensteten zu durchsuchen.<br />
Sollten sich die Angeklagten weigern, sich unter- o<strong>der</strong> durchsuchen zu<br />
lassen, ist ihr Wi<strong>der</strong>stand mit Gewalt zu brechen.<br />
Es wird darüberh<strong>in</strong>aus angeordnet, daß die genannten Angeklagten nicht mehr im<br />
Besitz von Streichhölzern und Gasfeuerzeugen se<strong>in</strong> dürfen. Soweit sie solche<br />
Gegenstände besitzen, s<strong>in</strong>d diese zur Habe zu nehmen. Das Nachfüllen von Benz<strong>in</strong>feuerzeugen<br />
wird durch Hausverfügung des Anstaltsleiters geregelt.<br />
Berl<strong>in</strong> 21, den 21. März 1973<br />
Landgericht Berl<strong>in</strong>, Strafkammer 2 (Bernhardt)<br />
Richter am Landgericht Berl<strong>in</strong><br />
Fesselung während <strong>der</strong> Freistunde<br />
Das Recht auf Bewegung im Freien ist im Zuge <strong>der</strong> bürgerlichen Emanzipation<br />
als grundlegendes Recht e<strong>in</strong>es Gefangenen anerkannt worden und<br />
g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>her mit dem Verbot, Gefangene länger als e<strong>in</strong>en Tag lang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
engen Zelle o<strong>der</strong> gar an Wände geschmiedet gefangen zu halten. Der heute<br />
<strong>in</strong> den Vollzugsanstalten übliche Hofgang von 30-40 M<strong>in</strong>uten pro Tag ist<br />
jedoch gänzlich unzureichend, vollends wenn er - wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen Beton-<br />
40 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />
vollzugsanstalt Frankfurt - <strong>in</strong>nerhalb des G~bäudes und 'ohne Sicht <strong>in</strong>s<br />
Freie durchgeführt wird. Es ist klar, daß es alle Körperfunktionen schädigt,<br />
wenn e<strong>in</strong> Mensch sich während 23% Stunden am Tag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er engen<br />
Zelle aufhalten muß.<br />
Der Bundesgerichtshof, vor allem aber das Amtsgericht Hamburg ist <strong>der</strong><br />
Auffassung, daß selbst während <strong>der</strong> Bewegung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freistunde gefesselt<br />
werden muß. Die Begründung, hierdurch könne e<strong>in</strong>e etwa geplante<br />
Befreiung des ohneh<strong>in</strong> schwer Bewachten erschwert werden, kann die<br />
Schikane nicht verdecken. Denn wie sollten Handfesseln des Gefangenen<br />
etwaige Befreier von ihrem Vorhaben abhalten können?<br />
Werner Hoppe bef<strong>in</strong>det sich seitdem I 5. Juli 197I <strong>in</strong> Untersuchungshaft<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Vollzugsanstalt Hamburg und wird noch immer bei jedem Hofgang<br />
gefesselt. Mit dem folgenden Beschluß vom 12. April 1972 bestätigt <strong>der</strong><br />
Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes Buddenberg, daß <strong>der</strong> Gefangene<br />
Manfred Grashof- 5 Wochen, nachdem er bei se<strong>in</strong>er Festnahme u. a.<br />
durch e<strong>in</strong>en Kopfschuß schwer verletzt worden war - <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist,<br />
während se<strong>in</strong>er Freistunde gefesselt zu werden.<br />
Der Ermittlungsrichter<br />
des Bundesgerichtshofes<br />
1 BJs 6/71<br />
I BGs 119/72<br />
Beschluß<br />
75 Karlsruhe 1, den 12. April 1972<br />
In dem Ermittlungsverfahren<br />
gegen<br />
Horst Mahler u. a. [... ]<br />
hier: Manfred G ras hof [... ] z. Zt. <strong>in</strong> Untersuchungshaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersuchungshaftanstalt<br />
Hamburg,<br />
wird dem Antrag <strong>der</strong> Verteidiger des Beschuldigten,<br />
die Fesselung des Beschuldigten im Gebäude und<br />
während <strong>der</strong> Freistunde bis auf weiteres aufzuheben,<br />
<strong>in</strong>soweit entsprochen, als die Fesselung des Beschuldigten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Räume <strong>der</strong><br />
Haftanstalt Hamburg unterbleibt. Für die Freistunde wird die Anordnung <strong>der</strong> Fesselung<br />
bis auf weiteres aufrechterhalten.<br />
Gründe<br />
Die von <strong>der</strong> Anstaltsleitung mit nachträglicher Billigung des Ermittlungsrichters des<br />
Bundesgerichtshofs getroffene Anordnung, den Beschuldigten für die Dauer <strong>der</strong><br />
Freistunde zu fesseln, beruht auf Nr. 64 UVolizO. Der Beschuldigte hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
gezeigt, daß er zur Gewaltanwendung gegen Personen und zur Wi<strong>der</strong>standsleistung<br />
im erheblichen Maß neigt. Es besteht auch die Gefahr, daß er sich aus dem<br />
Gewahrsam befreit. Der Beschuldigte hat sich nach Auskunft <strong>der</strong> behandelnden<br />
Ärzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit von se<strong>in</strong>en Verletzungen soweit erholt, daß Bedenken<br />
gegen die Fesselung nicht mehr gegeben s<strong>in</strong>d.<br />
4 I Beson<strong>der</strong>e Schikanen