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Folter in der BRD - Social History portal

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Daß das bei dieser Situation verfassungswidrig ist, liegt auf <strong>der</strong> Hand. Unverständlich<br />

ist deshalb, warum sich das Landgericht Kaiserslautern nicht mit <strong>der</strong> vorgelegten<br />

Verfassungsbeschwerde ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt hat. [... ]<br />

Durch das totale Besuchs- und Verkehrsverbot werden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Art. 2 des GG<br />

verletzt. Die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten Grundmann werden dadurch<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise bee<strong>in</strong>trächtigt, daß sie praktisch als nicht existent behandelt werden.<br />

Obwohl ihm die verfassungsmäßigen Rechte nicht aberkannt worden s<strong>in</strong>d, wird er<br />

vom Amtsgericht Kaiserslautern und Landgericht Kaiserslautern so behandelt. Die<br />

vorliegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird nicht berücksichtigt.<br />

Danach darf während <strong>der</strong> Untersuchungshaft die Freiheit und dürfen die Rechte<br />

e<strong>in</strong>es Gefangenen nur <strong>in</strong>soweit e<strong>in</strong>geschränkt werden, als dieses unerläßlich ist zum<br />

Schutze des Strafverfahrens und <strong>der</strong> Strafvollstreckung. Jede E<strong>in</strong>schränkung ist am<br />

Freiheitsanspruch zu messen. We<strong>der</strong> generell noch im E<strong>in</strong>zelfall haben sich die<br />

Richter des Landgerichts Kaiserslautern Gedanken gemacht.<br />

Die Beschränkung verstößt gegen den Gleichheitssatz, weil an<strong>der</strong>e Untersuchungsgefangene<br />

so nicht behandelt werden. Sie verstößt gegen das Recht auf Informationsfreiheit,<br />

weil durch die Untersuchungshaft zwar e<strong>in</strong>e Zensur und E<strong>in</strong>schränkung<br />

möglich ist, jedoch ke<strong>in</strong> generelles Verbot, mit an<strong>der</strong>en Personen zu korrespondieren<br />

und an<strong>der</strong>e Personen zu empfangen.<br />

Zugleich zeigt <strong>der</strong> angefochtene Beschluß, daß sich das Landgericht nicht an die<br />

gesetzmäßige Ordnung, die sich <strong>in</strong> den Grundrechten nie<strong>der</strong>schlägt, hält. Art. 6 <strong>der</strong><br />

Europäischen Menschenrechtskonvention ist nur <strong>in</strong>direkt angesprochen, weil er<br />

nicht unmittelbar Verfassungsrang hat. Der dar<strong>in</strong> aufgestellte Grundsatz, daß je<strong>der</strong>mann<br />

Anspruch auf e<strong>in</strong>en fairen Prozeß und e<strong>in</strong> faires Verfahren hat, wird von den<br />

Maßnahmen des Landgerichts durchbrochen.<br />

In <strong>der</strong> Hauptsache dieses Verfahrens bitten wir um geme<strong>in</strong>same Entscheidung für<br />

Andreas Baa<strong>der</strong>. Gleichzeitig bitten wir erneut, mit <strong>der</strong> Bestätigung uns mitzuteilen,<br />

wann voraussichtlich mit e<strong>in</strong>er Entscheidung zu rechnen ist. Da die E<strong>in</strong>schränkungen<br />

für Wolfgang Grundmann noch weit über das h<strong>in</strong>ausgehen, was Baa<strong>der</strong> u. a.<br />

wi<strong>der</strong>fahren ist, dürfte hier e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>stweilige Anordnung notwendig se<strong>in</strong>. Beson<strong>der</strong>s<br />

ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, daß die an<strong>der</strong>en Beschuldigten über ihre Verteidiger Bücher<br />

bestellen können, während dieses dem Beschuldigten Grundmann verboten ist.<br />

(Kurt Groenewold)<br />

Rechtsanwalt<br />

chen Feststellungen auf ihre Richtigkeit h<strong>in</strong> zu überprüfen«. Die Ausführungen<br />

<strong>der</strong> Beschlüsse, mit denen die generellen Beschränkungen angeordnet<br />

worden seien, ließen jedenfalls ke<strong>in</strong>e »Willkür« erkennen. Im begründeten<br />

E<strong>in</strong>zelfall bleibe dem Gefangenen <strong>der</strong> Anspruch auf e<strong>in</strong>e Ausnahme.<br />

Werde diese versagt, so könne er Rechtsmittel und schließlich auch Verfassungsbeschwerde<br />

e<strong>in</strong>legen. Wörtlich me<strong>in</strong>t das Bundesverfassungsgericht:<br />

»Diese Möglichkeit e<strong>in</strong>er Grundrechtsverletzung im E<strong>in</strong>zelfall berührt<br />

jedoch nicht die Verfassungsmäßigkeit des angegriffenen Beschlusses.«<br />

Dem Bundesverfassungsgericht genügt also, wenn die politische Justiz ihre<br />

»Ausführungen« für generelle Haftbeschränkungen nicht willkürlich formuliert.<br />

Daß die Praxis willkürlich ist, <strong>in</strong>teressiert nicht. Dabei hält das<br />

Bundesverfassungsgericht selbst »Grundrechtsverletzungen im E<strong>in</strong>zelfall«<br />

aufgrund <strong>der</strong> Beschlüsse für ,>möglich«.<br />

Mit diesem Beschluß hat das Bundesverfassungsgericht das Verhältnis<br />

Grundrecht als Regel - E<strong>in</strong>schränkung als Ausnahmefall auf den Kopf<br />

gestellt. Bei Politischen Gefangenen genügt die »reale Gefährdung des<br />

Haftzwecks«, damit die Versagung des Grundrechts zur Regel, die<br />

Ausübung aber zur Ausnahme wird.<br />

>,Realer Haftzweck« bei Politischen Gefangenen ist ihre Isolierung.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat diese und die ihr parallel laufenden<br />

Verfassungsbeschwerden <strong>der</strong> Verteidiger durch Beschluß vom 14. 3· 1973<br />

zurückgewiesen (2 BvR 621/72).<br />

Zur Begründung des Beschlusses, <strong>der</strong> die Isolierung <strong>der</strong> Gefangenen von<br />

Personen außerhalb <strong>der</strong> Haftanstalt betrifft, erklärt das Bundesverfassungsgericht:<br />

Der Post- und Besuchsverkehr e<strong>in</strong>es Gefangenen könne auch »generell«<br />

beschränkt werden, wenn e<strong>in</strong>e »reale Gefährdung des Haftzwecks« nicht<br />

durch E<strong>in</strong>zeImaßnahmen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n sei. Nach den Beschlüssen des<br />

Bundesgerichtshofes sei dies <strong>der</strong> Fall. Es sei ,>nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts,<br />

die von den zuständigen Gerichten getroffenen tatsächli-<br />

32 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />

33 Grundlegende Beschlüsse zur Isolierung

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