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Folter in der BRD - Social History portal

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Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kaiserslautern<br />

vom 18.7.1972 (Fesselung des Beschuldigten bei allen Vor- und Ausführungen,<br />

sowie Ausschluß von geme<strong>in</strong>samen Veranstaltungen) wird als unbegründet<br />

kostenfällig zurückgewiesen.<br />

Gründe:<br />

Der Beschuldigte steht <strong>in</strong> dem dr<strong>in</strong>genden Verdacht, <strong>der</strong> Baa<strong>der</strong>-Me<strong>in</strong>hof-Vere<strong>in</strong>igung<br />

anzugehören. Wie das Amtsgericht zu Recht festgestellt hat, besteht bei<br />

Mitglie<strong>der</strong>n dieser Vere<strong>in</strong>igung erhöhte Flucht-, Wi<strong>der</strong>stands- und Befreiungsgefahr.<br />

Diese Gefahr wird auch durch Bewachung durch mehrere Beamte nichtvöllig ausgeschlossen.<br />

Die Fesselung ist daher bei allen Vor- und Ausführungen <strong>in</strong>nerhalb und<br />

außerhalb <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt Zweibrücken e<strong>in</strong>e sachlich gerechtfertigte<br />

rechtmäßige Maßnahme. Die Beschwerde war <strong>in</strong>soweit unbegründet.<br />

Unbegründet ist die Beschwerde auch h<strong>in</strong>sichtlich des Ausschlusses des Beschuldigten<br />

von geme<strong>in</strong>samen Veranstaltungen e<strong>in</strong>schließlich des Gottesdienstes. Diese<br />

Maßnahme dient <strong>der</strong> Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Sicherheit <strong>der</strong> Anstalt und <strong>der</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> bei dem Beschuldigten gegebenen erhöhten Wi<strong>der</strong>stands- und Befreiungsgefahr.<br />

Verfassungsmäßige Rechte des Beschuldigten werden hierdurch nicht<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />

Die Beschwerde war daher auch <strong>in</strong>soweit als unbegründet zurückzuweisen.<br />

Gegen diesen Beschluß ist die weitere Beschwerde (§ 310 StPO) zulässig.<br />

(Kunisch) (Halfmann) (Dr. Todenhöfer)<br />

Landgericht Kaiserslautern<br />

Der folgende Beschluß ist <strong>in</strong>sofern atypisch, als hier <strong>der</strong> Richter wenigstens<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Punkten die Verfolgung des Häftl<strong>in</strong>gs daran mißt, ob sie<br />

<strong>in</strong> Beziehung zu dessen Rechten »verhältnismäßig« ist. Die absolute Isolierung<br />

allerd<strong>in</strong>gs bleibt.<br />

Dieser »Verhältnismäßigkeitsgrundsatz« ist e<strong>in</strong> Leitpr<strong>in</strong>zip des bürgerlichen<br />

Rechtsstaats. Er verbietet die Absolutsetzung <strong>der</strong> Staatsgewalt und<br />

die Durchsetzung ihrer Zwecke gegen den Bürger um jeden Preis. Dieses<br />

Pr<strong>in</strong>zip gilt von Rechts wegen gerade auch für Untersuchungsgefangene.<br />

Bei <strong>der</strong> Verfolgung von Politischen Gefangenen aber ist es <strong>in</strong> Wirklichkeit<br />

längst aufgegeben.<br />

1. Der Gefangene hat E<strong>in</strong>zelhofgang und E<strong>in</strong>zelbad.<br />

2. Er wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelzelle untergebracht.<br />

3. Er hat Anstaltskleidung zu tragen.<br />

4. Essen darf nur durch e<strong>in</strong>en Bediensteten ausgegeben werden.<br />

5. Eßbesteck ist nach den Mahlzeiten wie<strong>der</strong> abzugeben.<br />

6. Ke<strong>in</strong>e Teilnahme an Freizeitveranstaltungen mit Ausnahme des Gottesdienstes.<br />

7. Außerhalb <strong>der</strong> Zelle ist <strong>der</strong> Gefangene je<strong>der</strong>zeit zu beaufsichtigen, beim Gottesdienst<br />

durch 2 Bedienstete.<br />

8. Bei Aus- o<strong>der</strong> Vorführungen außerhalb <strong>der</strong> Anstalt ist jedoch die Entscheidung<br />

des Richters über weitere Sicherungsmaßnahmen e<strong>in</strong>zuholen.<br />

9. Die Festsetzung <strong>der</strong> Besuchszeiten obliegt <strong>der</strong> Anstalt.<br />

10. Nach Nr. 61 UVollzO dürfen <strong>der</strong> U'Gef., se<strong>in</strong>e Sachen und se<strong>in</strong> Haftraum je<strong>der</strong>zeit<br />

durchsucht werden. Dabei verbleibt es. Jedoch ist, wenn nicht Gefahr im<br />

Verzuge ist, völlige Entkleidung des U'Gefangenen zur Durchsuchung nur mit<br />

Zustimmung des Richters gestattet. Bei e<strong>in</strong>er solchen Leibesvisitation haben 2<br />

Bedienstete zugegen zu se<strong>in</strong>.<br />

Gründe:<br />

Abweichend von den bisher ergangenen Anordnungen ist dem Gefangenen die Teilnahme<br />

am Gottesdienst gestattet worden, weil sie nur dann versagt werden sollte,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e zumutbare Möglichkeit <strong>der</strong> Überwachung gegeben ist. Das ist nicht <strong>der</strong><br />

Fall.<br />

E<strong>in</strong>e Leibesvisitation berührt das Ehrgefühl des Gefangenen (vgl. Nr. 1 Abs.3<br />

UVollzO) so sehr, daß <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist. Hier istvom<br />

Falle <strong>der</strong> Gefahr abgesehen - richterliche Zustimmung im E<strong>in</strong>zelfall unumgänglich.<br />

Dem Antrag des Gefangenen, ihn zum Fernsehen und zum Geme<strong>in</strong>schaftshofgang<br />

zuzulassen, konnte dagegen nicht entsprochen werden. Es war auf den ersten Blick<br />

e<strong>in</strong>e zum<strong>in</strong>dest unüberlegte Handlung, sich nicht an die Auflagen des § 116 StPO zu<br />

halten. Das mag sich zwar auch aus <strong>der</strong> Jugend des Gefangenen erklären. Die<br />

Besorgnis, er könne wie<strong>der</strong>um unüberlegt handeln, kann aber nun vorläufig nicht<br />

ausgeräumt werden.<br />

Gegen diese Entscheidung ist Beschwerde an das Oberlandesgericht Stuttgart<br />

möglich.<br />

(Dr. Gohl)<br />

Landgerichtsdirektor<br />

Landgericht Karlsruhe<br />

Strafkammer IV<br />

- Der Vorsitzende -<br />

In <strong>der</strong> Strafsache<br />

gegen<br />

Siegfried Hausner<br />

Verfügung<br />

Pforzheim, den 13. Juli 1972<br />

Richter Dr. Johansson vom Amtsgericht Karlsruhe erspart sich jede<br />

Begründung dafür, warum er <strong>der</strong> isolierten Untersuchungsgefangenen<br />

Dalia Michel die Teilnahme an e<strong>in</strong>er offiziellen und bewachten Diskussionsveranstaltung<br />

verbietet. Mutmaßlich fürchtet er den E<strong>in</strong>fluß auf die<br />

an<strong>der</strong>en Gefangenen.<br />

Auf die Beschwerden des Angeschuldigten und se<strong>in</strong>es Verteidigers werden die<br />

beson<strong>der</strong>en Sicherungsmaßnahmen gem. §§ 119,126 StPO i. V. m. Nr. 61 H. UVollzO<br />

zur KlarsteIlung wie folgt neu geordnet:<br />

26 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />

27 Grundlegende Beschlüsse zur Isolierung

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