Folter in der BRD - Social History portal
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Anstalt auszubrechen. Auch die Umstände, die zu se<strong>in</strong>er Festnahme führten, und die<br />
Tatsache, daß er zu <strong>der</strong> sogenannten Baa<strong>der</strong>-Me<strong>in</strong>hof Gruppe zu zählen ist,<br />
verstärken diese Gefahr e<strong>in</strong>es Ausbruchs.<br />
Berl<strong>in</strong> 21, den 31. Juli 1972<br />
Landgericht Berl<strong>in</strong>, Ferienstrafkammer 5<br />
Amtsgericht C 14<br />
Karlsruhe<br />
14 Gs 1495/71<br />
Strafsache<br />
gegen<br />
He<strong>in</strong>z Muhler<br />
Der Vorsitzende<br />
(I. V. Dr. Engel)<br />
Landgerichtsrat<br />
Karlsruhe, den 23. Juli 1971<br />
Gemäß § 119 VI StPO <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Nr. 62, 63 Untersuchungsvollzugsordnung<br />
werden <strong>in</strong> bezug auf den Untersuchungshäftl<strong>in</strong>g folgende beson<strong>der</strong>e Sicherungsmaßnahmen<br />
angeordnet:<br />
1. Tägliche gründliche Zellenkontrolle<br />
2. Ausschluß von sämtlichen Freizeitveranstaltungen (ausgenommen Kirchgang)<br />
3. E<strong>in</strong>zelhofgang<br />
4. E<strong>in</strong>zelbad<br />
5. Bei Besuch darf - abgesehen von Unterwäsche - nichts übergeben werden.<br />
Die übrigen Sicherungsmaßnahmen unterliegen <strong>der</strong> anstalts<strong>in</strong>ternen Zuständigkeit.<br />
(Dr.Johansson)<br />
Amtsgerichtsrat<br />
Der folgende Fall zeigt, wie die <strong>Folter</strong> durch absolute Isolierung, Fesselung,<br />
Entzug von Lektüre, körperliche Durchsuchung und an<strong>der</strong>e Schikanen<br />
sich ausbreitet und auch auf all die Gefangenen angewandt wird, die<br />
gegen die menschenunwürdigen Zustände des ]ustizvollzugs protestieren.<br />
Der Gefangene Lutz Buhr war wegen Diebstahlsverdacht <strong>in</strong> Untersuchungshaft<br />
<strong>in</strong> Karlsruhe. Als er aus Protest gegen die Haftbed<strong>in</strong>gungen<br />
und auch gegen die Verurteilung Horst Mahlers e<strong>in</strong>e schriftliche Erklärung<br />
aush<strong>in</strong>g und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Hungerstreik trat, wurde er gegen se<strong>in</strong>en Willen<br />
auf die psychiatrische Abteilung des Vollzugskrankenhauses Hohenasperg<br />
verlegt. Auf dem Transport wurde er von Beamten als »dreckiges<br />
Kommunistenschwe<strong>in</strong>« beschimpft.<br />
Richter Waetke vom Amtsgericht Karlsruhe traf durch Beschluß vom<br />
13.3.1973 Vorkehrungen für den Fall <strong>der</strong> Rückkehr Lutz Buhrs aus <strong>der</strong><br />
psychiatrischen Station (AZ 14 Gs 617/73):<br />
Beschluß<br />
Auf Antrag <strong>der</strong> Vollzugsanstalt Karlsruhe werden die beantragten Sicherungsmaßnahmen<br />
1. E<strong>in</strong>zelzelle<br />
2. E<strong>in</strong>zelhofgang<br />
3. E<strong>in</strong>zelbad<br />
4. Ausschluß von sämtlichen Freizeitveranstaltungen - e<strong>in</strong>schi. Gottesdienst-.<br />
5. Tägliche gründliche Zellenkontrolle.<br />
6. Gründliche körperliche Durchsuchung durch 2 Bedienstete nach je<strong>der</strong> Vor- und<br />
Ausführung.<br />
7. Fesselung des Gefangenen bei allen Vor- und Ausführungen.<br />
8. Betreten <strong>der</strong> Zelle nur durch m<strong>in</strong>destens 2 Bedienstete.<br />
9. Außerhalb <strong>der</strong> Zelle ist <strong>der</strong> Gefangene ständig und unmittelbar durch 2<br />
Bedienstete zu beaufsichtigen.<br />
10. Nach jedem Besuch durch Rechtsanwälte und Verteidiger ist <strong>der</strong> Gefangene<br />
e<strong>in</strong>er gründlichen körperlichen Durchsuchung zu unterziehen, bei <strong>der</strong> 2<br />
Bedienstete zugegen se<strong>in</strong> müssen.<br />
11. Der Gefangene darf bei Besuchen we<strong>der</strong> Obst noch an<strong>der</strong>e Gegenstände<br />
annehmen o<strong>der</strong> abgeben.<br />
12. Der Gefangene darf <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zelle jeweils nicht mehr als 10 Bücher und 10<br />
Zeitungen bzw. Zeitschriften aufbewahren.<br />
gegen Lutz Buhr nach Rückkehr aus dem Vollzugskrankenhaus Hohenasperg genehmigt.<br />
Sie s<strong>in</strong>d notwendig, da <strong>der</strong> Untersuchungsgefangene fortgesetzt versucht, die<br />
Ordnung <strong>der</strong> Anstalt zu stören. Es besteht weiterh<strong>in</strong> erhöhte Fluchtgefahr, er neigt<br />
zu Gewalttätigkeiten, die es rechtfertigen, die Sicherungsmaßnahmen zu verhängen.<br />
Gegen diese Anordnung ist das Rechtsmittel <strong>der</strong> Beschwerde zulässig, die schriftlich<br />
o<strong>der</strong> zu Protokoll <strong>der</strong> Geschäftsstelle des Amtsgerichts Karlsruhe e<strong>in</strong>gelegt<br />
werden müßte.<br />
(Waetke)<br />
Richter<br />
Rechtsmittel haben ke<strong>in</strong>en Erfolg, wie <strong>der</strong> folgende Beschwerdebeschluß<br />
des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. 8. 1972 beispielhaft zeigt. Das<br />
Gericht rechtfertigt die totale Isolierung und Fesselung des Inhaftierten<br />
ausdrücklich mit e<strong>in</strong>er »Wi<strong>der</strong>standsgefahr«, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise näher<br />
belegt wird und die auch im Gesetz nicht vorkommt.<br />
Beschluß<br />
In dem Ermittlungsverfahren gegen<br />
Jünschke Klaus [... ]. zur Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt <strong>in</strong> Zweibrücken [... ]<br />
hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern unter Mitwirkung des Landgerichtsdirektors<br />
Kunisch, des Landgerichtsrates Halfmann und des Gerichtsassessors<br />
Dr. Todenhöfer<br />
am 16. August 1972<br />
beschlossen:<br />
24 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />
25 Grundlegende Beschlüsse zur Isolierung