Folter in der BRD - Social History portal
Folter in der BRD - Social History portal
Folter in der BRD - Social History portal
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
11. GRUNDLEGENDE BESCHLÜSSE ZUR ISOLIERUNG<br />
• Die folgenden beispielhaften Beschlüsse enthalten die Formulierung <strong>der</strong><br />
Maßnahmen, denen die Gefangenen im wesentlichen vom Zeitpunkt ihrer<br />
Inhaftierung an unterworfen s<strong>in</strong>d. Auf ihrer Grundlage bietet sich den<br />
Leitungen <strong>der</strong> Haftanstalten praktisch jede Möglichkeit, mit den Häftl<strong>in</strong>gen<br />
nach Belieben zu verfahren.<br />
Die Verfügung des Leiters <strong>der</strong> ]ustizvollzugsanstalt Wittlich gibt wie<strong>der</strong>,<br />
was er für zulässig und wünschenswert hält. Der Richter am Bundesgerichtshof<br />
Dr. Knoblich bestätigt am I 1. 4. 1973, also nach bereits zehnmonatiger<br />
Isolierungshaft des Untersuchungsgefangenen Holger Me<strong>in</strong>s,<br />
anstandslos sämtliche Maßnahmen. Die angeführten Gründe, Flucht- o<strong>der</strong><br />
Verdunklungsgefahr, werden we<strong>der</strong> sachlich noch rechtlich näher, d. h.<br />
nachprüfbar benannt o<strong>der</strong> belegt.<br />
Wohlgemerkt- diese Maßnahmen stellen beson<strong>der</strong>e Anordnungen dar, die<br />
über das h<strong>in</strong>ausgehen, was Gefangene-ohneh<strong>in</strong> bereits an E<strong>in</strong>schränkungen<br />
h<strong>in</strong>nehmen müssen.<br />
Verfügung<br />
Für die Dauer des Aufenthalts des Untersuchungsgefangenen Holger Me<strong>in</strong>s <strong>in</strong> den<br />
hiesigen Anstalten ordne ich folgendes an:<br />
1. Die AuBenpforte wird vom Aufschluß bis zum E<strong>in</strong>schluß mit zwei Bediensteten<br />
besetzt. Für die Zeit vom E<strong>in</strong>schluß bis zum Beg<strong>in</strong>n des Nachtaienstes - wie 2. -<br />
2. Verstärkung des Nachtdienstes um e<strong>in</strong>en zusätzlichen Bediensteten, <strong>der</strong> den<br />
Bereich des A-Hofes, den Bereich zwischen Außenpforte und Hausvaterei und den<br />
Zugang zum B-Hof kontrolliert und dabei ständigen Kontakt mit <strong>der</strong> AuBenpforte<br />
hält.<br />
3. Verschärfte Kontrollen bei Besuchern je<strong>der</strong> Art und bei allen Fahrzeugen. Bei<br />
Personen, die außerhalb <strong>der</strong> regulären Bürozeiten E<strong>in</strong>laß begehren, ist durch vorherige<br />
genaue Vergewisserung die Identität festzustellen, notfalls durch fernmündliche<br />
Anfrage bei <strong>der</strong> örtlichen Polizeidienststelle. Das gilt auch für uniformierte Personen.<br />
4. a) Besucher des U-Gefangenen Me<strong>in</strong>s - auch Rechtsanwälte - werden nur nach<br />
ausdrücklicher Weisung des Inspektors für Sicherheit und Ordnung - falls dieser<br />
nicht erreichbar, nach Weisung des Inspektors vom Dienst - zum Besuch zugelassen.<br />
b) Die Besuche f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum <strong>der</strong> Verwaltung statt.<br />
5. a) Besucher des U-Gefangenen Me<strong>in</strong>s - auch Rechtsanwälte - werden vor <strong>der</strong><br />
Zulassung zum Besuch e<strong>in</strong>er körperlichen Durchsuchung (Mantel und Jacke ausziehen,<br />
Taschen <strong>der</strong> Kleidung entleeren und Abtasten über <strong>der</strong> Kleidung) sowie e<strong>in</strong>er<br />
Durchsuchung <strong>der</strong> mitgeführten Behältnisse (Taschen pp.) unterzogen.<br />
b) Das Mitbr<strong>in</strong>gen von Diktiergeräten, Tonbandgeräten u. Ä. zum Besuch wird nicht<br />
zugelassen.<br />
18 <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />
c) Wegen <strong>der</strong> Durchsuchung weiblicher Besucher ist vor dem Besuch die Kripo Wittlich<br />
zu verständigen.<br />
d) Besuche bei dem U-Gefangenen Me<strong>in</strong>s werden nur <strong>in</strong> Gegenwart von zwei<br />
Beamten durchgeführt.<br />
e) Bei Besuchen durch Rechtsanwälte ohne Besuchsüberwachung wird <strong>der</strong><br />
Besuchsraum durch e<strong>in</strong>en bewaffneten Bediensteten abgeschirmt, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Tür<br />
des Besuchsraums zu stehen hat.<br />
f) Der Gefangene wird unmittelbar nach jedem Besuch im Besuchsraum vom<br />
Aufsichtsdienstleiter im Beise<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es weiteren Beamten körperlich durchsucht und<br />
neu e<strong>in</strong>gekleidet.<br />
6. Während <strong>der</strong> Bewegung des U-Gefangenen Me<strong>in</strong>s im Freien werden ke<strong>in</strong>e Fahrzeuge<br />
<strong>in</strong> die Anstalt e<strong>in</strong>gelassen, die <strong>in</strong> den Bereich des A-Hofs fahren wollen. Fahrzeuge,<br />
die <strong>in</strong> den übrigen Bereich <strong>der</strong> Anstalt fahren wollen, werden nur e<strong>in</strong>gelassen,<br />
sofern <strong>der</strong> Fahrer genau bekannt ist (z. B. Viehhändler B[... ], Eierlieferant D[... ]).<br />
Beg<strong>in</strong>n und Ende <strong>der</strong> Freistunde s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Außenpforte vom Aufsichtsdienstleiter<br />
jeweils zu melden.<br />
7. Der Untersuchungsgefangene Me<strong>in</strong>s wird auf Abteilung 2, Zelle 51 <strong>in</strong> strenger<br />
E<strong>in</strong>zelhaft gehalten.<br />
8. Die unmittelbar rechts und l<strong>in</strong>ks und die unter und über <strong>der</strong> Zelle des U-Gefangenen<br />
Me<strong>in</strong>s liegenden Zellen dürfen nicht mit Gefangenen belegt werden.<br />
9. Die Zelle des U-Gefangenen ist Tag und Nacht unter doppeltem Verschluß zu<br />
halten. Der Riegel wird zusätzlich mit e<strong>in</strong>em Vorhängeschloß versehen. Der<br />
Schlüssel wird vom Aufsichtsdienstleiter bzw. <strong>in</strong> dessen Abwesenheit vom Wachhabenden<br />
verwahrt. Die jeweilige Übergabe des Schlüssels ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en<br />
Buch zu vermerken. E<strong>in</strong> Doppel des Schlüssels wird vom Inspektor für Sicherheit und<br />
Ordnung verwahrt.<br />
10. Der Gefangene wird nur im Beise<strong>in</strong> des Aufsichtsdienstleiters <strong>in</strong> Begleitung<br />
e<strong>in</strong>es zweiten Beamten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zelle aufgesucht.<br />
11. Die Essensausgabe, <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong>tausch, die Ausgabe von Re<strong>in</strong>igungsmitteln u. Ä.<br />
erfolgt ausschließlich durch Anstaltsbedienstete ohne Beise<strong>in</strong> von Gefangenen.<br />
12. Der Abteilungsbedienstete <strong>der</strong> Abteilung 2 hat die Zelle des U-Gefangenen<br />
ständig unter Bewachung zu halten. Sobald irgende<strong>in</strong> Gefangener (z. B. Flurre<strong>in</strong>iger)<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Zelle des U-Gefangenen beschäftigt ist, muß <strong>der</strong> Abteilungsbedienstete<br />
unmittelbar dabei se<strong>in</strong>.<br />
13. Vorführungen erfolgen nur nach Anweisung o<strong>der</strong> Genehmigung des Anstaltsleiters,<br />
se<strong>in</strong>es Vertreters, des Inspektors für Sicherheit und Ordnung bzw. des Inspektors<br />
vom Dienst o<strong>der</strong> des Aufsichtsdienstleiters.<br />
14. Vorführungen <strong>in</strong>nerhalb des Anstaltsgebäudes erfolgen nur durch zwei<br />
Bedienstete gleichzeitig.<br />
15. E<strong>in</strong>zelspaziergang mit Bewachung durch zwei Bedienstete. Von diesen ist e<strong>in</strong><br />
Bediensteter bewaffnet. Er hat die Waffe verdeckt zu tragen. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Bediensteten<br />
ist mit e<strong>in</strong>em Funkgerätausgerüstet. Ferner ist zu dieser Zeit bei <strong>der</strong> Pforte, bei dem<br />
Aufsichtsdienstleiter und bei dem Rundgangbediensteten je e<strong>in</strong> Funkgerät <strong>in</strong><br />
Betrieb. Der Rundgangbedienstete kontrolliert während dieser Zeit den Bereich<br />
zwischen Außenpforte und Hausvaterei und den Bereich zwischen Außenpforte und<br />
Durchfahrt zum B-Hof bis zur Wäscherei. Er hat e<strong>in</strong>e Schußwaffe verdeckt zu<br />
tragen.<br />
16. Der U-Gefangene ist bei <strong>der</strong> Bewegung im Freien ab Austritt aus <strong>der</strong> Zelle bis<br />
zu se<strong>in</strong>er Rückführung zu fesseln.<br />
17. Ausschluß von allen Geme<strong>in</strong>schaftsveranstaltungen e<strong>in</strong>schließlich Kirchgang.<br />
19 Grundlegende Beschlüsse zur Isolierung