Folter in der BRD - Social History portal

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heißt das: diese Kraft der Dialektik den Schweinen entreißen, ihnen die
Geschichte entreißen, sich aus der Perversion reißen, die objektive Rolle
des Subjekts zum Ticken bringen und so überhaupt erst selbst Subjekt (und
Klasse und Proletariat und Mensch) werden.
Das Komitee soll uns zu den Voraussetzungen: Kommunikation und
Information, verhelfen, damit man eines Tages vielleicht tatsächlich von
Revolten im Knast sprechen kann, weil es sie dann gibt. Und es gibt sie
dann, weil dann das Warten der Gefangenen sich materialisieren kann, die
Gefangenen »sich vereinheitlichen«, also tatsächlich werden können, was
sie sind: Einheitsgefangene.
Aber ihr träumt, wenn ihr sagt: »Die meisten haben schon angefangen,
individuell Widerstand zu leisten« - das ist nicht wahr, ist Knastkitsch,
Sozialkitsch, der mit sozialistischer Politik nichts zu tun hat, der diese
genau verhindert. Tatsache ist, daß das, was sie in den Knast gebracht hat,
zwar natürlich als »bewußtloser Widerstand« zu definieren ist, daß sie
aber dann im Knast sind und im Knast erstmal richtig, fett und durchorganisiert,
dieser »Ordnung« begegnen (denn aus der Fabrik kommen die
wenigsten, das weiß man), ihr ausgesetzt sind und ihr zwar nicht anders
als draußen, nur deutlicher, potenziert, offener unterliegen, sich anpassen
etc. Daß also das Terrornetz aus Strafe und Prämie, Sozialisierung nach
kapitalistischem Muster zu kapitalistischem Zweck, erstmal hinhaut, sie
erstmal im Knast einfängt.
Und die Hunderte, die allerdings nicht käuflich, sondern Menschen sindsie
sind »die Avantgarde«, Vorhut oder wie immer, des Proletariats, des
Volks im Knast. Sie sind wir.
Daß ihr davon quatschen könnt, »physischer Kontakt« sei nicht» Vorbedingung«
- da kann man nur lachen. Ihr wißt nicht, wieviel sie gerade mit
»physischem Kontakt« dauernd machen, treiben und erreichen, denn die
empörende Tatsache ist schließlich doch, daß Menschen ausgebeutet werden,
also doch wohl Bedürfnisse von Menschen, von denen das nach physischem
Kontakt nicht eben das geringste ist - wirklich, eure Entfremdung
spricht daraus, Illusion, Idealismus, statt nüchterne, materielle Analyse
und unerbittlicher Kampf.
Also in dem Moment, wo wir nicht mehr von ihnen getrennt sind, ihr
Kontakt zu uns, unsrer zu ihnen als erster organisatorischer Schritt
geschafft ist, gehts weiter. Und wie die Lage ist, können das nicht sie,
sondern wir schaffen, und daß wir es können, sehen sie auch erst dann,
wenn wir es geschafft haben. Und sie können es auch deshalb nicht schaffen,
weil jeder von ihnen einzeln fertiggemacht wird, weil sie auf physischen
Kontakt angewiesen sind und sie ihn nicht haben und keine RH in
all den Jahren sowas wie Koordination auch nur in einem Bau hingekriegt
hat. Daraus braucht ihr nur mal Schlüsse zu ziehen, dann kommt ihr selbst
r
drauf,
wie schief, entfremdet euer Verhältnis zur Praxis ist, zu eurer wie zu
der der Gefangenen; und auch, warum das so ist: weil es tatsächlich nicht
für sondern nur von gemacht werden kann und gemacht werden wird _
oder eben überhaupt nicht, also tatsächlich nur von innen zu ändern ist,
aber von innen nicht ohne außen.
Daß z. B. auch Genossen, die wirklich drin waren, durchaus noch dieses
»entfremdete« Verhältnis dazu haben können, ist erklärlich. Sie sind als
noch nicht proletarisierte reingekommen, in der Isolation keine Praxis,
keine Erfahrung, keine Radikalisierung, sind als noch immer »bürgerliche«
wieder rausgekommen, können also zwar sicher eine Theorie bestätigen,
aber keine Praxis, noch keine. Insofern das auch zu euch und über
euch zu sagen wäre, gibt es eben keinen Unterschied zwischen »echten«
Gefangenen und RH-Genossen, Anwaltsgenossen etc.
Zu eurem Schluß: um den Hungerstreik zu einem Erfolg für drin zu
machen, muß er über draußen laufen, Erfolg werden - wenn alles so
einfach wäre, wie ihrs am Schluß macht (und dabei ja wohl alle Erfahrungen,
die ihr hinter euch habt, ignoriert), wieso hungerten denn dann nicht
längst mal 400 oder 4000? Denn das ist allerdings wahr, daß alle Gefangenen
auf Anhieb mindestens drei Wünsche haben ...
Der materielle Zweck hat den propagandistischen in sich - so einfach und
so schwierig ist es.
XI.
Hungerstreik-Erklärung der Politischen Gefangenen - Mai 1973
Unser Hungerstreik im Januar/Februar war erfolglos. Die Zusagen der
Bundesanwaltschaft zur Aufhebung unserer Isolation waren Dreck. Wir
befinden uns wieder im Hungerstreik.
Wir verlangen:
GLEICHSTELLUNG DER POLITISCHEN GEFANGENEN MIT ALLEN ANDEREN
GEFANGENEN!
und
FREIE POLITISCHE INFORMATION FÜR ALLE GEFANGENEN - AUCH AUS
AUSSERPARLAMENTARISCHEN MEDIEN!
Nicht mehr - nicht weniger. Jetzt.
Mit der schmierigen Tour: Ruhig Blut - die Zeit arbeitet für dich, lassen
wir uns nicht einseifen.
Friß Vogel oder stirb! ist das Gesetz des Systems. Nach ihm wird Profit
gemacht; wird jedes Kind, jede Frau, jeder Mann bedroht, eingeschüchtert,
gelähmt, zur Sau gemacht; läuft jede Alternative im System auf die
Schweinerei raus: entweder zu den Bedingungen des Kapitals malochen-
174 Dossier
175 Berichte und Erklärungen von Gefangenen