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Folter in der BRD - Social History portal

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Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> »Opfer«: Kitsch. Und es gibt das Wenige aus <strong>der</strong><br />

tatsächlichen Sicht <strong>der</strong> Opfer, z. B. Henri Alleg 1958 über <strong>Folter</strong> <strong>in</strong> Algerien:<br />

nur Beschreibung <strong>der</strong> Schwe<strong>in</strong>ereien, trocken. Dasselbe <strong>in</strong> Menschenrechtsberichten.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs: die Enthüllungsfunktionen, die <strong>Folter</strong>berichte<br />

vor 10-15 Jahren noch hatten, ihre Weltöffentlichkeit, das ist gelaufen,<br />

seitdem überall <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt gefoltert wird, CIA, Paras, Green Barrets, die<br />

Verbrecher <strong>in</strong> Brasilien usw. sich damit brüsten können. Und vor <strong>der</strong><br />

Weltöffentlichkeit sitzt e<strong>in</strong>e nahezu hun<strong>der</strong>tprozentig sich selbst zensierende<br />

Presse: selbstverständlich wird »überall« gefoltert, nur im eigenen<br />

Land auf ke<strong>in</strong>en Fall ...<br />

Es war richtig, im Zusammenhang mit Preuß' Erklärung über den<br />

»toten Trakt« <strong>in</strong> Köln für jede Art langer Isolierung den Begriff »<strong>Folter</strong>«<br />

zu br<strong>in</strong>gen, und analytisch richtig, sie »die saubere <strong>Folter</strong>« zu nennen,<br />

ohne Gummischürze usw. Mit <strong>der</strong> Schlüsselbundchose - ob die Wärter nun<br />

damit rasseln o<strong>der</strong> nicht - wurde das völlig verwässert. Um solchen<br />

Schnickschnack geht es nicht. Spätestens als <strong>der</strong> Jessel von Köln zum<br />

Gutachter über Jessels Verbrechen bestellt wurde, hätte Mahler durchblikken<br />

müssen: völlig daneben, aus <strong>der</strong> sauberen <strong>Folter</strong> zu machen, e~würden<br />

ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelnen herausgegriffen und es gäbe ke<strong>in</strong>e sichtbaren Verletzungen.<br />

Das desorientiert die Genossen draußen über das, was <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Denn natürlich knallen bestimmte psychische Kisten aufs Gehirn und<br />

physische auf die Seele.<br />

Nicht nur Opportunisten gehn <strong>in</strong> Arsch. Wir haben überhaupt ke<strong>in</strong>en<br />

Grund, die Entschlossenheit <strong>der</strong> Schwe<strong>in</strong>e, uns fertig zu machen, uns<br />

loszuwerden, zu unterschätzen, und ihre Mittel. Sie können jeden fertigmachen<br />

und sie haben überhaupt ke<strong>in</strong>e Hemmungen. Mart<strong>in</strong> nimmt sie<br />

ihnen ab. Und <strong>der</strong> Schutz, den ihr Anwälte bisher für uns leisten konntet,<br />

reicht verdammt kurz, und Mart<strong>in</strong>s Politik me<strong>in</strong>t mit e<strong>in</strong>iger Zwangsläufigkeit<br />

auch mal eure »Beseitigung«. Auch deswegen ja die Komitees gegen<br />

<strong>Folter</strong> usw.<br />

Warum überhaupt Knast <strong>Folter</strong> nennen? Es langt doch, daß Knast Knast<br />

ist und das System Kapitalismus. We<strong>der</strong> das e<strong>in</strong>e noch das an<strong>der</strong>e werden<br />

die Alibi-Hiwis des Systems abschaffen. Das machen wir, das Volk, selbst.<br />

Und darum brauchen wir den Schutz gegen <strong>Folter</strong>. Die gehört natürlich<br />

zur Konterstrategie, zum »Guerillabekämpfungsprogramm« des Systems.<br />

Es wird <strong>in</strong> Zukunft mehr, nicht weniger gefoltert werden. Und zwar <strong>in</strong><br />

dem Maß, wie sie ihre BGS-Terrortrupps stehen haben. Und dann wirds<br />

noch ganz an<strong>der</strong>e Selbstmord-Morde und Mordversuche geben. Was<br />

Kuhlmann da ausgegraben hat, ist so alt wie die Notstandsgesetze ...<br />

Der neue Faschismus ist genau nicht Hitler und Himmler, son<strong>der</strong>n wird<br />

vom System produziert, hier und jetzt und <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Metropole. Das ist es<br />

doch gerade, was die Leute nicht sehen und Glucksmann nachweist.<br />

rI'<br />

:<br />

Und wenn schon Pathos, dann: »Wer nie<strong>der</strong>geschlagen ist, <strong>der</strong> erhebe sich,<br />

wer verloren ist, <strong>der</strong> kämpfe, wer se<strong>in</strong>e Lage erkannt hat - wie soll <strong>der</strong><br />

aufzuhalten se<strong>in</strong>?« (Brecht). Die Identität des revolutionären Subjekts ­<br />

se<strong>in</strong> harter, nicht zu zertrümmern<strong>der</strong> Kern - ist die materialistische<br />

Dialektik.<br />

X.<br />

Zur Diskussion um den Begriff des »Politischen Gefangenen«<br />

Dieser Beitrag ist e<strong>in</strong>e Antwort. Voraus g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Angriff <strong>der</strong> Roten Hilfen auf die Verwendung<br />

des Begriffs des "Politischen Gefangenen« durch die Verteidiger. Der Verdacht<br />

war da, die Verteidiger <strong>in</strong> politischen Strafsachen wollten durch diesen Begriff die Prom<strong>in</strong>enz<br />

<strong>der</strong> Gefangenen auf sich abfärben lassen und zugleich die Tausende namenloser<br />

Gefangener aus dem Bewußtse<strong>in</strong> streichen. Die RH-Strategie sollte dagegen se<strong>in</strong>: Ausweitung<br />

<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen auf die Bedürfnisse aller Gefangener, um damit alle Gefangenen<br />

zu mobilisieren.<br />

(Die Redaktion)<br />

Warum es richtig ist, die Liberalen über ihren Protest gegen <strong>Folter</strong> mit vor<br />

den sozialistischen Karren zu spannen, steht <strong>in</strong> unserer Erklärung zum<br />

Hungerstreik. Und möglich ist es, weil <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch (im Fall <strong>der</strong> Liberalen<br />

also »die Auswüchse«), an dem sich Liberale engagieren, e<strong>in</strong> pr<strong>in</strong>zipieller<br />

ist, nur von Sozialisten lösbar, also liberales Engagement ke<strong>in</strong>eswegs<br />

zu fürchten, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> selbstbewußte sozialistische Politik funktionalisierbar<br />

ist, für beide Teile nützlich und notwendig. Das heißt, es geht<br />

darum, die von <strong>der</strong> Politik des imperialistischen Staats geteilte Bourgeoisie<br />

auch wirklich zu teilen, den e<strong>in</strong>en Teil zu Sozialisten zu machen, was auch<br />

für ihn e<strong>in</strong>e Notwendigkeit ist, weil im Imperialismus die Alternative ist:<br />

Faschist o<strong>der</strong> Antifaschist, Imperialist o<strong>der</strong> Sozialist.<br />

Die Funktion <strong>der</strong> Anwälte <strong>in</strong> dieser sozialistischen Politik - man braucht<br />

darüber nicht mehr zu reden, <strong>in</strong>sofern sie selbst darüber zu reden und<br />

danach zu handeln begonnen haben. Es ist s<strong>in</strong>nlos, sie dann anzugreifen,<br />

wenn sie ihre Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> <strong>Folter</strong> (also politische Haft, Verschärfung im<br />

Klassenkampf) gefunden haben, denn das ist ihre Def<strong>in</strong>ition und es ist ihre<br />

Funktion, dagegen zu kämpfen als Anwälte, die demokratische Sozialisten<br />

s<strong>in</strong>d. Daß es euch ärgert, daß die Anwälte diesen Platz gefunden haben,<br />

<strong>der</strong> ihrer bürgerlichen Struktur allerd<strong>in</strong>gs entgegenkommt - geschenkt,<br />

wer wird sich darüber schon aufregen. Wichtig kann nur se<strong>in</strong>, daß sie ihn<br />

auch wirklich e<strong>in</strong>nehmen. Außerdem, wenn ihr euch ärgert, heißt das nur,<br />

daß ihr überschätzt, was Anwälte tun können, jedenfalls solange sie<br />

Anwälte s<strong>in</strong>d, und sie s<strong>in</strong>d es so lange, wie man es nur richtig f<strong>in</strong>den kann,<br />

Anwälte zu haben. Dazu kommt, daß sie ja jetzt erst, <strong>in</strong>dem sie sich an<br />

den konkreten Ersche<strong>in</strong>ungen (<strong>Folter</strong>, Willkür etc.) des Wi<strong>der</strong>spruchs<br />

(zwischen bürgerlicher Ideologie und bürgerlicher Praxis) e<strong>in</strong>schalten und<br />

170 Dossier<br />

171 Berichte und Erklärungen von Gefangenen

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