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Folter in der BRD - Social History portal

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die Absicht. Es besteht e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang mit <strong>der</strong> Verlegung von<br />

M. Ansche<strong>in</strong>end s<strong>in</strong>d wir die unbequemsten Streiker und sollen deshalb <strong>in</strong>s<br />

Irrenhaus abgeschoben werden. »Irrenhaus für Revolu tionäre«.<br />

31·5· »Arzt« kommt schon um 6 Uhr. Mit Schlauch und ohne Beschluß.<br />

Will »untersuchen«. Verweigert. Abends gabs diesen scheußlich süßen Tee<br />

wie<strong>der</strong>, abgelehnt.<br />

I. 6. Schwach. Kann mich nicht auf den Be<strong>in</strong>en halten. Mir wird sofort<br />

schwarz vor den Augen. Nachmittags kam Zwangsernährungsbeschluß<br />

von Strack (datiert auf 24. 5., war also ungewöhnlich lange »unterwegs« ­<br />

mit Absicht, die Büttel wollten mich bewußt so lange »zappeln« lassen).<br />

Abends zusammengebrochen, als ich Licht ausmachen wollte. G<strong>in</strong>g<br />

schlagartig. Denen muß klar se<strong>in</strong>, daß e<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> sonst von Brot und<br />

Eiern lebt, nicht e<strong>in</strong>en Monat streiken kann, ohne Schaden davon zu<br />

haben. (Ich fresse so wenig, weil mich das fette Fressen anekelt. Kommt<br />

mir die Kotze bei hoch.)<br />

3.6. Zum erstenmal am Schlauch. Unwahrsche<strong>in</strong>lich brutale Angelegenheit.<br />

Der Typ hat die Sache so brutal gemacht, daß <strong>der</strong> Schlauch nicht<br />

durch die Nase g<strong>in</strong>g. Hat den ganzen Vormittag leicht geblutet (die<br />

Schleimhäute verletzt). Anschließend mußte <strong>der</strong> Schlauch durch den<br />

Mund. G<strong>in</strong>g besser, ist aber auch nicht das Wahre. Brechreiz.<br />

4.6. »Arzt« kam um 9 Uhr. Hab mich »freiwillig« zwangsernähren<br />

lassen. Obwohl durch Terror von gestern die Nase noch wund war, wollte<br />

<strong>der</strong> »Arzt« den Schlauch unbed<strong>in</strong>gt durch die Nase stecken. Re<strong>in</strong>e Schikane.<br />

Ich fragte ihn, was leichter ist, durch Mund o<strong>der</strong> Nase. Er me<strong>in</strong>te<br />

Mund. Folglich wollte er mich bewußt tyrannisieren, um e<strong>in</strong>en Keil zu<br />

haben für e<strong>in</strong>en neuen Spaltversuch.<br />

5.6. »Arzt« kommt um 9 Uhr. Will wie<strong>der</strong> zwangs ernähren. Verweigert,<br />

erstens weil ich nichts brauche und zweitens weil ich die Sache wie<strong>der</strong><br />

auf den Höhepunkt treiben will wie vor zwei Wochen bei M., um zu chekken,<br />

was sie machen. Ich glaube, daß sie »<strong>in</strong>tensive Untersuchung« - also<br />

Irrenhaus - beabsichtigen. Gestern hat Sch. e<strong>in</strong>e gezielte Information an<br />

mich gegeben, die mich stutzig macht. Er me<strong>in</strong>te, daß sich <strong>der</strong> Pfarrer für<br />

uns e<strong>in</strong>gesetzt hat und daß sich bald was än<strong>der</strong>n soll. Aber was?<br />

VII.<br />

Wo <strong>Folter</strong> durch Isolation nicht durchgeführt werden kann, weil es zuviel<br />

politisch bewußte Gefangene und zu wenig Isolierzellen gibt, greifen die<br />

Bullen und Schlüsselknechte auf altbewährte faschistische Methoden<br />

zurück: Prügeln und Abspritzen für die, die sich am meisten wehren,<br />

Drohungen, E<strong>in</strong>schüchterungen, Kollektivbestrafung für die an<strong>der</strong>en.<br />

rI<br />

I<br />

~"<br />

Am 28. 4. 73 wurden im Frauenknast Lehrterstraße KZ-Methoden praktiziert:<br />

Es f<strong>in</strong>g damit an, daß die Genoss<strong>in</strong> I. V., weil sie starke Kreislaufbeschwerden<br />

und Anzeichen für e<strong>in</strong>en Kreislaufkollaps hatte, nach e<strong>in</strong>er<br />

Krankenschwester rief und verlangte, e<strong>in</strong> paar M<strong>in</strong>uten an die frische Luft<br />

zu gehen, weil das nach ihren Erfahrungen das beste Gegenmittel sei. Die<br />

Krankenschwester stellte zwar fest, daß es I. sehr schlecht g<strong>in</strong>g, ließ sie<br />

aber nicht raus, bot ihr stattdessen irgendwelche Pillen an, die I. natürlich<br />

ablehnte. M., e<strong>in</strong>e von den übelsten Schließer<strong>in</strong>nen, kam dazu und sagte,<br />

I. solle nicht so übertreiben, sie wolle bloß wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Aufstand machen.<br />

In dem Moment hatte I. e<strong>in</strong>en Schwächeanfall und kippte um. Die Schließer<strong>in</strong>nen<br />

schleppten sie <strong>in</strong> ihre Zelle. Als sie wie<strong>der</strong> zu sich kam, mußte sie<br />

kotzen und hatte starkes Nasenbluten. Aus Wut über die unverschämte<br />

Behandlung durch die Schwester und die Schließer<strong>in</strong> f<strong>in</strong>g sie an, ihre Zelle<br />

aufzuhauen und Klamotten aus dem Fenster zu schmeißen, hörte aber<br />

nach e<strong>in</strong>er Weile auf und legte sich aufs Bett. Als sie gerade am E<strong>in</strong>schlafen<br />

war, wurde sie von 4 bis 5 Anstaltsbullen, die zu diesem Zweck extra aus<br />

Moabit geholt worden waren, überfallen und mit angelegten Knebelketten<br />

<strong>in</strong> den Bunker geschleift. Die Bullen drehten die Ketten so fest zu, daß I.<br />

an Armen und Be<strong>in</strong>en verletzt wurde, außerdem haben ihr die Bullen <strong>in</strong><br />

den Unterleib und <strong>in</strong> die Nieren gehauen. In dem Bunker, e<strong>in</strong>em Loch<br />

ohne Fenster und mit e<strong>in</strong>er Temperatur von 30 Grad, wurde sie trotz des<br />

Kreislaufkollaps bis zum Morgen des übernächsten Tages, also Montag,<br />

ohne ärztliche Versorgung e<strong>in</strong>gesperrt.<br />

Die Genoss<strong>in</strong> K. H. hatte teilweise mitbekommen, was mit I. passiert war,<br />

und verlangte von den Schließer<strong>in</strong>nen, sie zu sehen. Das wurde ihr verweigert.<br />

Sie g<strong>in</strong>g zur Zelle von V. B., um mit ihr über die Sache zu sprechen,<br />

kam dann zu ihrer Zelle zurück und diskutierte mit den Schließer<strong>in</strong>nen,<br />

ohne daß es zu irgendwelchen Tätlichkeiten gekommen wäre. Plötzlich<br />

stürzte sich das Bullenkommando auf K., trat und prügelte sie, legte<br />

Knebelketten an Armen und Be<strong>in</strong>en an und zog sie fest zu. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

Bullen steckte ihr e<strong>in</strong>en nassen Lappen <strong>in</strong> den Mund, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er stülpte<br />

ihr e<strong>in</strong>e Decke über den Kopf, so daß sie be<strong>in</strong>ahe erstickt wäre. E<strong>in</strong>er rief<br />

nach e<strong>in</strong>er Spritze, und diese Spritze wurde ihr dann auch gewaltsam<br />

verpaßt, obwohl sie sich dagegen wehrte. Es war offenbar e<strong>in</strong> schweres<br />

Betäubungsmittel, denn K. wurde gleich darauf bewußtlos und wachte<br />

erst nach 4 o<strong>der</strong> 5 Stunden wie<strong>der</strong> auf. Sie hatte an Armen und Be<strong>in</strong>en<br />

Prellungen, blaue Flecken, e<strong>in</strong> geschwollenes Gesicht, Kopfschmerzen und<br />

mußte kotzen. Der l<strong>in</strong>ke Arm war von den Knebelketten völlig betäubt<br />

und ist es heute noch.<br />

V. B. hatte ebenfalls verlangt, I. zu sehen, was die Tanten ablehnten. V.<br />

hat dann angefangen, gegen die Tür zu hauen. Die Bullen vom Rollkom-<br />

I<br />

156 Dossier<br />

157 Berichte und Erklärungen von Gefangenen<br />

, ~.'

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