Folter in der BRD - Social History portal
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ten Demokratie«, son<strong>der</strong>n auch den Wi<strong>der</strong>stand dagegen auf seiten <strong>der</strong><br />
Gefangenen wie ihrer Anwälte, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten den<br />
Kampf aufgenommen haben, aber nur dann nicht ohnmächtig bleiben,<br />
wenn es die l<strong>in</strong>ken und liberalen Kräfte <strong>in</strong>sgesamt nicht s<strong>in</strong>d. Zwar ist nicht<br />
die L<strong>in</strong>ke schlechth<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>t mit dem Exempel, das heute an den Politischen<br />
Gefangenen statuiert wird - <strong>der</strong> Staat könnte ihre Ausschaltung gar<br />
nicht verkraften -, aber an diesem Exempel wird gleichsam das Messer<br />
gewetzt, wird das repressive Instrumentarium <strong>der</strong> »freiheitlich demokratischen<br />
Grundordnung« erprobt. Es ist e<strong>in</strong> gefährliches Instrument: es will<br />
die nicht<strong>in</strong>tegrierbaren L<strong>in</strong>ken isolieren5 und riskiert dabei, daß sich im<br />
Gegenteil die ganze L<strong>in</strong>ke solidarisiert im Kampf für e<strong>in</strong>e gesellschaftliche<br />
Ordnung, die wirklich freiheitlich und demokratisch wäre.<br />
K.M.M.<br />
Anmerkungen<br />
1 OVG Lüneburg, DVBl. 1972, S. 961; zitiert nach U. K. Preuß, Legalität und Pluralismus,<br />
Frankfurt 1973, ed. suhrkamp 626, S. 9. Die folgenden Ausführungen stützen sich<br />
- notwendig vergröbernd - auf diese wichtige Untersuchung.<br />
2 Zitiert nach: Sozialistisches Anwaltskollektiv Westberl<strong>in</strong>, »Autoritäre Politisierung<br />
<strong>der</strong> Straf justiz«, Kritischejustiz, 1971/4, S. 403·<br />
3 Vgl.» Verfassungsschutz als E<strong>in</strong>stellungsbehörde. Zum Schieß-Erlaß«, Rote Robe,<br />
1973/r, S. 16 ff.<br />
4 L. Bendix, Zur Psychologie <strong>der</strong> Urteilstätigkeit von Berufsrichtern, Neuwied/Berl<strong>in</strong><br />
1968, S. 218.<br />
5 Das bestätigen die jüngsten Reaktionen <strong>der</strong>Behörden: Seit <strong>in</strong> <strong>der</strong> liberalen Offentlichkeit<br />
zunehmend Kritik laut wird an <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Politischen Gefangenen, wird<br />
durch gezielte Meldungen und Falschmeldungen über angebliche Befreiungsversuche,<br />
Waffenlager, Kommandounternehmen etc. die Gefährlichkeit des politischen Gegners<br />
hervorgekehrt, werden Gefängnisunruhen als von außen angezettelt bezeichnet, werden<br />
die Verteidiger <strong>der</strong> Politischen Gefangenen krim<strong>in</strong>alisiert (s. u. S. 78), werden die »Roten<br />
Hilfen« als Handlanger <strong>der</strong> RAF angeprangert, werden die Komitees, die die Offentlichkeit<br />
über die Isolationsfolter und Gefängnisse allgeme<strong>in</strong> aufzuklären versuchen, verdächtigt<br />
und diffamiert: es soll im Stil <strong>der</strong> »<strong>in</strong>neren Fe<strong>in</strong><strong>der</strong>klärung« e<strong>in</strong> Strich gezogen<br />
werden zwischen den »guten« L<strong>in</strong>ken o<strong>der</strong> Liberalen hier und den »RAF-Sympathisanten«,<br />
»Anarchisten«, »Chaoten« etc. dort. Für 1974/75 plant die Bundesanwaltschaft<br />
e<strong>in</strong>en Mammut-Schauprozeß, <strong>in</strong> dem nach dem Pr<strong>in</strong>zip des Gesamtvorsatzes alle Bombenanschläge<br />
des Jahres 1972 pauschal dem »<strong>in</strong>neren Kreis <strong>der</strong> RAF« angelastet werden<br />
sollen. Bis dah<strong>in</strong> muß allerd<strong>in</strong>gs das Fe<strong>in</strong>dbild zurechtgeschm<strong>in</strong>kt, die Verteidigung<br />
ausgeschaltet und möglichst auch die für die Offentlichkeit <strong>in</strong>teressanteste Angeklagte,<br />
Ulrike Me<strong>in</strong>hof, aus dem Prozeß-Verkehr gezogen se<strong>in</strong>; die Vorbereitungen dafür, sie<br />
zur Geistesgestörten zu stempeln, s<strong>in</strong>d angelaufen (s. u. S. 104 f.).<br />
T<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
Klaus Eschen, Jörg Lang,<br />
Jürgen Laubscher, Johannes Riemann<br />
<strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />
DOKUMENTATION ZUR LAGE DER POLITISCHEN GEFANGENEN<br />
ZUSAMMENGESTELLT VON VERTEIDIGERN IN POLITISCHEN STRAFSACHEN<br />
I<br />
EINLEITUNG<br />
FOLTER DURCH ISOLATION BEI POLITISCHEN<br />
GEFANGENEN<br />
Die Rechtsstaatsideologie <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />
Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz:<br />
»Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu<br />
schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.«<br />
Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz:<br />
»Je<strong>der</strong> hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die<br />
Freiheit <strong>der</strong> Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur<br />
aufgrund e<strong>in</strong>es Gesetzes e<strong>in</strong>gegriffen werden.«<br />
Art. 104 Abs. 1 Grundgesetz:<br />
»Die Freiheit <strong>der</strong> Person kann nur aufgrund e<strong>in</strong>es Gesetzes und<br />
unter Beachtung <strong>der</strong> dar<strong>in</strong> vorgeschriebenen Formen beschränkt<br />
werden. Festgehaltene Personen dürfen we<strong>der</strong> seelisch noch körperlich<br />
mißhandelt werden.«<br />
Art. 3 Menschenrechtskonvention:<br />
»Niemand darf <strong>der</strong> <strong>Folter</strong> o<strong>der</strong> unmenschlicher o<strong>der</strong> erniedrigen<strong>der</strong><br />
Strafe o<strong>der</strong> Behandlung unterworfen werden.«<br />
Art. 6 Abs. 2 Menschenrechtskonvention:<br />
»Bis zum gesetzlichen Nachweis se<strong>in</strong>er Schuld wird vermutet, daß<br />
<strong>der</strong> wegen e<strong>in</strong>er strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.«<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>es jeden Gefängnisses ist die Isolation <strong>der</strong> Gefangenen.<br />
Dabei spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, ob es sich um Untersuchungsgefängnisse o<strong>der</strong><br />
um Strafgefängnisse handelt. Diejenigen, die durch die entsprechenden<br />
staatlichen Instanzen ausgeson<strong>der</strong>t und e<strong>in</strong>gesperrt wurden, haben nur<br />
begrenzten o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong>en Kontakt nach außen.<br />
Dar<strong>in</strong>, daß sie alle durch Untersuchungsrichter, durch Haftrichter o<strong>der</strong><br />
durch e<strong>in</strong> verurteilendes Gericht selektiert wurden und h<strong>in</strong>ter Mauern<br />
sitzen - e<strong>in</strong>e Tatsache, die ihre jeweils <strong>in</strong>dividuelle Geschichte hat, e<strong>in</strong>en<br />
tatsächlichen o<strong>der</strong> vermuteten Bruch mit dem Recht -, und dar<strong>in</strong>, daß sie<br />
alle geme<strong>in</strong>sam von <strong>der</strong> <strong>Folter</strong>situation <strong>der</strong> Gefangenschaft betroffen s<strong>in</strong>d,<br />
zeigt sich die E<strong>in</strong>heit aller Gefangenen <strong>in</strong> den Untersuchungs- und Strafgefängnissen.<br />
10 Zu diesem Heft<br />
11 <strong>Folter</strong> durch Isolation bei Politischen Gefangenen