01.11.2013 Aufrufe

Folter in der BRD - Social History portal

Folter in der BRD - Social History portal

Folter in der BRD - Social History portal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

(se<strong>in</strong> Los als Gefangener). Er behauptete, e<strong>in</strong> .Putzmacher< zu se<strong>in</strong>, und kannte nicht<br />

e<strong>in</strong>mal den Bunker. Se<strong>in</strong>e Behauptung, er hätte auch E<strong>in</strong>zelhaft, stand voll im Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zu <strong>der</strong> Realität se<strong>in</strong>er Haftbed<strong>in</strong>gungen (Fernsehen, E<strong>in</strong>zelhofgang mit mir<br />

plus Geme<strong>in</strong>schaftshofgang). Er erzählte mir von folgenden Vorteilen, die er<br />

während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Freistunde mit mir hätte: 2 x Hofgang, e<strong>in</strong> Besuch se<strong>in</strong>er Frau,<br />

Zusatze<strong>in</strong>kauf von DM 20,-, bevorzugte ärztliche Behandlung (Rotlichtbestrahlung),<br />

trotz angeordneter E<strong>in</strong>zelhaft Geme<strong>in</strong>schaftsfernsehen plus Geme<strong>in</strong>schaftshofgang,<br />

trotz Zellenradio e<strong>in</strong> eigenes Radio auf <strong>der</strong> Zelle.«<br />

Es muß nicht bei je<strong>der</strong> dieser Begleitpersonen so offen auf <strong>der</strong> Hand<br />

liegen, daß sie ihren eigenen Vorteil aus dieser Begleitung von politischen<br />

Häftl<strong>in</strong>gen zieht. Aber <strong>der</strong> tatsächliche ungeheure Druck, <strong>der</strong> auf jedem<br />

Häftl<strong>in</strong>g liegt, wird - solange e<strong>in</strong>e Politisierung die Gefangenen nicht solidarisch<br />

zusammenschweißt - jeden dieser Begleitmänner zu e<strong>in</strong>em virtuellen<br />

Spitzel machen. Daß dies nicht e<strong>in</strong>malige Praxis ist, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong><br />

Fällen angewandt wurde, wo das öffentliche Interesse beson<strong>der</strong>s an e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Rechtsfall h<strong>in</strong>g, zeigt, daß auch <strong>in</strong> dem Fall Vera Brühne es<br />

Mithäftl<strong>in</strong>ge waren, die zu e<strong>in</strong>er Verurteilung durch Falschaussagen mit<br />

beitrugen. Es ist e<strong>in</strong>leuchtend, daß sich je<strong>der</strong> nicht-politische Häftl<strong>in</strong>g<br />

Vorteile für se<strong>in</strong>e eigene Person aus e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Hofgang mit<br />

prom<strong>in</strong>enten Häftl<strong>in</strong>gen verspricht. Der oben angeführte Beschluß dient<br />

also objektiv <strong>der</strong> Produktion von Zeugen.<br />

Daß das Justiz- und Strafsystem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik nicht monolithisch<br />

ist, zeigt sich dar<strong>in</strong>, daß dieser wohl gezielte Beschluß des Bundesgerichtshofs<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Vollzugsanstalten durch die Haftanstaltsleitung von<br />

vornhere<strong>in</strong> sabotiert wurde: die Haftanstalt Zweibrücken teilte mit, daß<br />

sich ke<strong>in</strong> Mithäftl<strong>in</strong>g bereit fände, mit Politischen Gefangenen geme<strong>in</strong>sam<br />

Hofgang zu machen. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß dies se<strong>in</strong>e<br />

Ursache dar<strong>in</strong> hatte, daß denjenigen, die sich dazu bereit erklärt hatten,<br />

angedroht wurde, sie müßten sich <strong>in</strong> die gleiche totale Isolierung wie die<br />

Politischen Gefangenen begeben.<br />

Letztlich wollen Bundesrichter Knoblich mit Beigeherbeschluß und <strong>der</strong><br />

Leiter <strong>der</strong> Haftanstalt Zweibrücken Greus, <strong>der</strong> diesen Beschluß unterläuft,<br />

dasselbe: Son<strong>der</strong>behandlung <strong>der</strong> Politischen Gefangenen auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

e<strong>in</strong>er Ges<strong>in</strong>nungsjustiz.<br />

Die Politischen Gefangenen jedenfalls haben die Zuordnung e<strong>in</strong>er Begleitperson<br />

<strong>in</strong> ihrem Zweck erkannt und zurückgewiesen. Sie lehnen es ab, auf<br />

diesen Sche<strong>in</strong>kompromiß e<strong>in</strong>zugehen, <strong>der</strong> nicht nur dazu geeignet ist,<br />

Belastungszeugen zu produzieren, son<strong>der</strong>n auch dazu dient, e<strong>in</strong>e wirkliche<br />

Aufhebung <strong>der</strong> Isolation und damit e<strong>in</strong>e Gleichstellung <strong>der</strong> Politischen<br />

Gefangenen mit den an<strong>der</strong>en Häftl<strong>in</strong>gen für immer zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Daß es richtig ist, den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 5. 3. 1973 als<br />

Versuch zu werten, e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Status des Politischen Gefangenen<br />

mit reduzierten Rechten und beson<strong>der</strong>er politischer Behandlung auf Dauer<br />

e<strong>in</strong>zurichten, ergibt sich aus dem nachstehenden Beschluß des 3. Strafsenats<br />

des Bundesgerichtshofes vom 7. 5. 1973, <strong>der</strong> auf die Beschwerde <strong>der</strong> Gefangenen<br />

gegen den »Beigeher«-Beschluß ergangen ist.<br />

Bundesgerichtshof<br />

1 BJs 6/71<br />

StB 22/73<br />

Beschluß<br />

In dem Ermittlungsverfahren<br />

gegen<br />

1. Irmgard M ö I1e r [... ], zur Zeit <strong>in</strong> Untersuchungshaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vollzugsanstalt Karlsruhe<br />

- AußensteIle Rastatt-,<br />

2. Gerhard Müll e r [... ], zur Zeit <strong>in</strong> Untersuchungshaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> JJJstizvolizugsanstalt<br />

Köln,<br />

3. Jan-Carl Raspe [... ], zur Zeit <strong>in</strong> Untersuchungshaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt<br />

Köln,<br />

wegen<br />

Verdachts <strong>der</strong> Mitgliedschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er krim<strong>in</strong>ellen Vere<strong>in</strong>igung u. a.<br />

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts<br />

am 7. Mai 1973 beschlossen:<br />

Die Beschwerden <strong>der</strong> Beschuldigten gegen den Beschluß des Ermittlungsrichters<br />

des Bundesgerichtshofs vom 5. März 1973 - I1BGs 103/73 - werden verworfen.<br />

Gründe:<br />

Wie <strong>der</strong> Senat bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> auf Beschwerde <strong>der</strong> Beschuldigten Ulrike Me<strong>in</strong>hof<br />

erlassenen Entscheidung vom 9. April 1973 ausgeführt hat, geht <strong>der</strong> Ermittlungsrichter<br />

des Bundesgerichtshofs <strong>in</strong> dem angefochtenen Beschluß zu Recht davon<br />

aus, daß das bisherige Verhalten <strong>der</strong> <strong>in</strong>haftierten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Baa<strong>der</strong>-Me<strong>in</strong>hof­<br />

Gruppe zu <strong>der</strong> Befürchtung Anlaß gibt, sie könnten die Berührung mit an<strong>der</strong>en<br />

Gefangenen dazu mißbrauchen, diese im S<strong>in</strong>ne ihrer auf Beseitigung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland herrschenden freiheitlichen Ordnung gerichteten Ziele<br />

zu bee<strong>in</strong>flussen und damit die Ordnung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Haftanstalt zu stören. Deshalb f<strong>in</strong>det<br />

<strong>der</strong> angeordnete Ausschluß <strong>der</strong> Beschwerdeführer von Geme<strong>in</strong>schaftsveranstaltungen<br />

se<strong>in</strong>e gesetzliche Stütze <strong>in</strong> § 119 Abs. 3 StPO. Daß die Beschuldigten von dem<br />

ihnen <strong>in</strong> dem angefochtenen Beschluß e<strong>in</strong>geräumten Recht, täglich für e<strong>in</strong>e Stunde<br />

mit e<strong>in</strong>em jeweils vom Leiter <strong>der</strong> Jusitzvollzugsanstalt auszuwählenden Untersuchungsgefangenen<br />

zusammengeführt zu werden, ke<strong>in</strong>en Gebrauch machen wollen,<br />

liegt <strong>in</strong> ihrem Ermessen. Der Vortrag <strong>der</strong> Verteidigung, diese Maßnahme diene <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Bespitzelungssystems für politische Häftl<strong>in</strong>ge, entbehrt je<strong>der</strong><br />

Grundlage und enthält e<strong>in</strong>e durch nichts belegte Unterstellung.<br />

Auch das übrige - zum Teil unsachliche - Beschwerdevorbr<strong>in</strong>gen ist nicht geeignet,<br />

e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Beurteilung herbei~Jführen.<br />

(Scharpenseel) (Wiefels) (Neifer)<br />

I 16<br />

<strong>Folter</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />

i<br />

i<br />

I 17<br />

Beiläufer<br />

(,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!