Folter in der BRD - Social History portal
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Der Leiter <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt 5 Köln 30 (Ossendorf), den 29. Dezember 1971<br />
An den<br />
Ermittlungsrichter<br />
des Bundesgerichtshofes<br />
<strong>in</strong> Karlsruhe<br />
Betrifft: Untersuchungsgefangene Dorothea Ri d <strong>der</strong> [... ]<br />
Unte rsuchu ngshaftanstalt<br />
Hamburg<br />
An den<br />
Bundesgerichtshof<br />
Karlsruhe<br />
Betr.: U-Gef. Manfred Grashof [... ]<br />
Hamburg, den 1. 8. 72<br />
Die anliegende Hausstrafanzeige übersende ich gemäß § 119 StPO <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit <strong>der</strong> Nr. 2,67 UVolizO mit <strong>der</strong> Bitte, gegen die Untersuchungsgefangene Dorothea<br />
Rid<strong>der</strong> als Hausstrafe den e<strong>in</strong>maligen Ausschluß von <strong>der</strong> Beschaffung von Zusatznahrungs-<br />
und Genußmitteln zu verhängen.<br />
Begründung:<br />
Die Gefangene hat am 27.12. vor <strong>der</strong> Freistunde versucht, mit <strong>der</strong> ebenfalls hier<br />
e<strong>in</strong>sitzenden Gefangenen Proll Verb<strong>in</strong>dung aufzunehmen. Sie weigerte sich, den Flur<br />
zu verlassen, bevor sie nicht die Mitgefangene Proll gesehen hätte. Sie mußte<br />
schließlich durch e<strong>in</strong>en männlichen Beamten vom Flur entfernt werden.<br />
Am 28.12.1971 hat sie sich sogar geweigert, am Spaziergang teilzunehmen, weil ihr<br />
nicht gestattet worden ist, durch die Tür die Gefangene Proll zu begrüßen.<br />
(Bücker)<br />
Ud. Regierungsdirektor<br />
E<strong>in</strong>e Hausstrafenanzeige <strong>der</strong> Vollzugsanstalt Köln-Ossendorf vom<br />
27.3.73 mit dem Antrag, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kaufssperre für die Dauer e<strong>in</strong>es Monats<br />
zu verhängen, wird wie folgt begründet:<br />
"Die U.-Gefangene Me<strong>in</strong>hof hat sich am 21. und 23.3.1973 nach Beendigung <strong>der</strong><br />
Freistunde mit dem Bemerken, sie verlange, beim E<strong>in</strong>- und Ausrücken <strong>der</strong> Freistunde<br />
an <strong>der</strong> Zelle <strong>der</strong> Mitgefangenen Proll vorbeigehen zu dürfen, geweigert, den<br />
Spazierhof zu verlassen. Am 23.3.1973 mußte sie mittels e<strong>in</strong>es Transportgriffes <strong>in</strong><br />
die Zelle gebracht werden. Dabei beschimpfte sie die Beamten mit den Worten:<br />
Faschisten, Dreckschwe<strong>in</strong>e, Dreckskerle u. a.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Zellenkontrolle am 24. 3. 1973 wurde festgestellt, daß die Gefangene den<br />
am Fenstergitter angebrachten Fliegendraht zur Hälfte entfernt hatte. Der Fliegendraht,<br />
durch den das Durchstecken von Kassibern verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden soll, wurde mit<br />
dortiger Zustimmung am Zellenfenster angebracht.<br />
Die Gefangene verstößt durch ihr wi<strong>der</strong>sätzliches Verhalten fast täglich gegen die<br />
Anstaltsordnung; sie hat schon wie<strong>der</strong>holt Anstaltseigentum beschädigt; nur durch<br />
Verhängung e<strong>in</strong>er Hausstrafe kann versucht werden, sie künftig zu e<strong>in</strong>em hausordnungsgemäßen<br />
Verhalten zu bewegen.«<br />
Im folgenden Hausstrafenantrag des» Vollzugsleiters BI« <strong>der</strong> Haftanstalt<br />
Hamburg wird »e<strong>in</strong>geräumt«, daß »diverse Sicherungsmaßnahmen das<br />
Verlangen des Beschuldigten nach Kontakten und Gesprächen weitgehend<br />
e<strong>in</strong>engen und verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n«. Dem Bestrafungsantrag ist <strong>der</strong> Ermittlungsrichter<br />
des Bundesgerichtshofes Bundesrichter Dr. Knoblich durch<br />
Beschluß vom 5.9. 1972 nachgekommen:<br />
108 Fo/ter <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong><br />
Wie aus dem anliegenden Vorgang ersichtlich ist, hat <strong>der</strong> U-Gefangene Grashof<br />
dadurch schuldhaft gegen die Ordnung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anstalt verstoßen, daß er sich am<br />
17.7.72 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit zwischen 9.00 und 9.15 Uhr vom Zellenfenster aus mit den auf<br />
Hof 4 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freistunde bef<strong>in</strong>dlichen Gefangenen ständig unterhalten hat.<br />
Bei <strong>der</strong> Vernehmung durch den zuständigen Abteilungsleiter hat G. den Sachverhalt<br />
<strong>in</strong> Abrede gestellt. Beim Strafrapport am 28.7.72 ließ er mir gegenüber durchblikken,<br />
daß die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hausstrafanzeige gemachten Angaben stimmen, daß er erhobene<br />
und ihm vorgehaltene Beschuldigungen grundsätzlich erst e<strong>in</strong>mal bestreite. Ferner<br />
hat G. auf se<strong>in</strong>e schwierige Situation (E<strong>in</strong>zelhaft, Ausschluß von geme<strong>in</strong>samen<br />
Veranstaltungen) h<strong>in</strong>gewiesen.<br />
Ich räume e<strong>in</strong>, daß diverse Sicherungsmaßnahmen das Verlangen des Beschuldigten<br />
nach Kontakten und Gesprächen weitgehend e<strong>in</strong>engen und verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. An<strong>der</strong>erseits<br />
mußte ich G. schon e<strong>in</strong>mal verwarnen, nachdem er am 29.6.72, zwischen<br />
19.45 und 19.50 Uhr über den Flur <strong>der</strong> Station B 11 (durch die geschlossenen Zeilentüren)<br />
mit dem Untersuchungsgefangenen Hoppe sich -lautstark - unterhalten hatte.<br />
[...]<br />
(Beier)<br />
Verwaltungsoberamtmann<br />
Alle Solidarisierungs- und Wi<strong>der</strong>standsversuche <strong>der</strong> Gefangenen sollen im<br />
Keim erstickt werden, wie <strong>der</strong> folgende drakonische Beschluß des Bundesrichters<br />
Buddenberg vom 30. 9. 1971 (I BJs 6/71 - BGs 620/71) zeigt:<br />
»[ ... ] gegen die Untersuchungsgefangene Asdonk (wird)<br />
e<strong>in</strong>e Arreststrafe von sieben Tagen verhängt, weil sie am 22. August 1971 kurz nach<br />
dem Mittagessen e<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nende Unruhe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frauenabteilung <strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt<br />
Essen durch lautes Schreien und durch Zurufe zu verstärken suchte.<br />
Dabei schrie sie mehrmals "Fesseln runter«.<br />
Ihr Verhalten muß dah<strong>in</strong> gewertet werden, daß sie versucht hat, ihre Mitgefangenen<br />
zum Aufruhr anzustiften. Sie hat dadurch schuldhaft gegen die Ordnung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Anstalt verstoßen. [... ]«<br />
Gerade die gegen die Gefangene Brigitte Asdonk immer wie<strong>der</strong> verhängten<br />
Hausstrafen zeigen jedoch mit aller Deutlichkeit, daß es <strong>der</strong> Justiz nicht<br />
gelungen ist, die Moral <strong>der</strong> Betroffenen zu brechen. Sie wurde u. a. mit folgenden<br />
weiteren Hausstrafen belegt:<br />
1. Am 12.8. 1971 durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes<br />
Bundesrichter Buddenberg zu 10 Tagen Bunker,<br />
"weil sie am 24. Juli 1971 die Zellenwände <strong>der</strong> Arrestzelle beschmiert, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frei-<br />
109 Hausstrafen