Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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Einen sehr konsequenten naturwissenschaftlichen Ansatz zur Betrachtung des<br />
Phänomens Leben hat MONOD (1971) gebracht, <strong>und</strong> eindeutig gezeigt, dass es<br />
sehr wohl die Möglichkeit gibt, die finalen Aspekte des Lebens in kausale<br />
überzuführen: der Gegensatz ist nur ein scheinbarer. Mir schein, dass der<br />
Unterschied im Wesentlichen in der Methode liegt, an eine Sache heranzugehen,<br />
<strong>und</strong> nicht in Prinzipien der Natur. So ist auch der naturwissenschaftliche Ansatz nur<br />
eine Möglichkeit, die durchaus nicht den Anspruch auf absolute Richtigkeit stellen<br />
sollte. Andere Betrachtungsweisen dürften durchaus ebenfalls geeignet sein, die<br />
Welt adäquat zu beschreiben, <strong>und</strong> sollten, wenn sie konsequent durchdacht werden,<br />
zu Ergebnissen führen, die denen der Naturwissenschaften ebenbürtig sind <strong>und</strong> auch<br />
in diese übersetzbar sind. auch die naturwissenschaftliche Methode bleibt ja nicht an<br />
dem Punkt stehen, wo die Kausalkette aufhört, linear zu sein, <strong>und</strong> auf sich selbst<br />
zurückwirkt, sondern geht dort über in den systemtheoretischen Ansatz, in die<br />
Kybernetik. Auch diese Überführung ist nicht neu. So haben etwa WATZLAWICK &<br />
Co. (1972) sehr überdeutlich plausibel gemacht, welche Vorteile die Kybernetik im<br />
Bereich der Kommunikationstheorie bringt <strong>und</strong> wir können ihre Anregungen zur<br />
Gänze in unser Konzept übernehmen:<br />
„Solange sich die Wissenschaft nur mit dem Studium linearer <strong>und</strong> progressiver<br />
Kausalitätsabläufe befasste, verblieben gewisse hochwertige Phänomene<br />
außerhalb des ungeheuren Gebiets, das die Wissenschaft während der letzten<br />
vier Jahrh<strong>und</strong>erte erschlossen hat.<br />
...der Streit zwischen Determinismus <strong>und</strong> Teleologie.<br />
Die Kybernetik hat hier eine entscheidende Änderung gebracht, indem sie<br />
zeigte, dass sich die beiden Prinzipien zwanglos in einem größer angelegten<br />
Begriffsrahmen einbauen lassen.“ (WATZLAWICK, BEAVIN, JACKSON 1972,<br />
p.31)<br />
Der Fehler der früheren naturwissenschaftlichen Betrachtungen war vor allem der,<br />
dass gewisse Wechselwirkungen, eben solche, die Rückkoppelungen beinhalten,<br />
<strong>und</strong> solche, die ein System in ein größeres einbetten, nicht berücksichtigt wurden.<br />
organische Systeme aber sind<br />
„offen, was bedeutet, dass sie mit der Umwelt Stoffe, Energie <strong>und</strong> Information<br />
austauschen.“ (ds., p.17).<br />
„Der Endzustand eines geschlossenen Systems ist durch seine<br />
Anfangszustände vollkommen determiniert, <strong>und</strong> diese Zustände gelten daher<br />
mit Recht als die beste Erklärung des Systems. In äquifinalen, offenen<br />
Systemen dagegen können die strukturellen Gegebenheiten der<br />
Systemorganisation unter Umständen sogar den Extremfall vollständiger<br />
Unabhängigkeit von den Anfangszuständen herbeiführen: Das System ist dann<br />
seine eigene beste Erklärung <strong>und</strong> die Untersuchung seiner gegenwärtigen<br />
Organisation die zutreffendste Methodik.“ (ds., p.124)<br />
Ob diese Organisation dann unter finalen oder kausalen Begriffen erklärt wird,<br />
scheint unwesentlich, weil Anfang <strong>und</strong> Ende äußerst irrelevante Größen werden.<br />
Wesentlich bleibt nur die Notwendigkeit, finale <strong>und</strong> kausale Begriffe strikte zu<br />
Stoffwechselenergie). – Der für die Biologie entscheidend wichtige Vorstellungsbereich des<br />
Ganzheitscharakters der Organismen <strong>und</strong> der Spontanität des ZNS ist also durch das funktionelle<br />
Denken von hemmenden Fesseln befreit worden: Die Kybernetik fördert dabei das biologische<br />
Denken. (HASSENSTEIN 1967, p.126)<br />
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