Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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Ein Bekannter klassischer Lösungsversuch für diese Schwierigkeiten ist die<br />
operationale Definition. Das berühmte Beispiel von der Intelligenz, die durch den Test<br />
definiert wird, der sie misst, zeigt, wohin man mit solchen Versuchen gelangen kann.<br />
Nun ist aber immerhin anzunehmen, dass es möglich sein muss, auf gleiche<br />
Schlüsse zu kommen, d. h. , gleiche Ergebnisse zu erlangen, wenn die Prämissen<br />
<strong>und</strong> die Art der erlaubten Schlussfolgerungen, d. h., die Logik allen Beteiligten<br />
gekannt ist. Da gerade die Sprache ein wesentlich individualgeschichtlich bedingtes<br />
Gerät ist, sollte daher ein Weg gef<strong>und</strong>en werden, sprachliche Begriffe zu hinterfragen<br />
bis auf eine Basis, so man einigermaßen sicher sein kann, dass Begriffe kaum mehr<br />
individualgeschichtlich bestimmt sind. Wissenschaftstheoretisch ausgedrückt würde<br />
das Heißen: Die Begriffe, die bisher in der klassischen Psychologie als Gr<strong>und</strong>begriffe<br />
gebraucht wurden, haben sich als ungeeignet erwiesen: es ist offensichtlich nicht<br />
vorauszusetzen, dass jeder sie glich versteht. Wir rekurrieren daher auf neue<br />
Gr<strong>und</strong>begriffe aus den Naturwissenschaften, bei denen wir erwarten, dass sie eher<br />
gleich verstanden werden. Wir versuchen dann, aus diesem neuen Begriffsinventar<br />
Begriffe der Psychologie wieder neu zu definieren. Damit steht ein<br />
psychophysiologisches Modell. (siehe etwa v. Savigny 1973).<br />
Wir zitieren Pawlow:<br />
„Bei unseren psychischen (vorläufig werden wir dieses Wort benützen)<br />
Versuchen ... bemühten wir uns zuerst gewissenhaft, uns eine phantastische<br />
Vorstellung zu machen vom subjektiven Zustand des Tieres <strong>und</strong> dadurch die<br />
erhaltenen Ergebnisse zu erklären. Dadurch wurde nichts erreicht als<br />
unfruchtbare Wortgefechte <strong>und</strong> persönliche, geteilte, untereinander nicht<br />
abstimmbare Meinungen. Somit blieb uns nichts anderes übrig, als die<br />
Forschung auf einer rein objektiven Gr<strong>und</strong>lage durchzuführen.“ (Pawlow 1972,<br />
p.18)<br />
Alle Naturwissenschaften haben versucht, diesen Weg zu gehen, <strong>und</strong> der Effekt war<br />
der, dass in weitesten Bereichen Einigung über Theorien gef<strong>und</strong>en werden konnte.<br />
Es ist klar, dass diese Methode zunächst auf ein sehr abstraktes Niveau führen muss<br />
(eben, um die Individualgeschichte auszuschalten), <strong>und</strong> dass damit der praktische<br />
Bezug zunächst preisgegeben wird. Es wird aber möglich sein, von dort wieder<br />
zurückzukehren zum persönlichen Bezug <strong>und</strong> damit zur Relevanz der<br />
Auseinandersetzung, wenn es auf diesem Wege gelungen ist, Begriffe mit<br />
Personbezug zurückzuführen auf Begriffe, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Emotionsferne <strong>und</strong><br />
Konkretheit von allen gemeinsam verstanden werden können.<br />
Das vorgestellte Modell soll – noch beliebig unvollständig – die Möglichkeit einer<br />
Einigung zulassen, idem aufgezeigt wird, wie weit die uns bekannten Begriffe<br />
tatsächlich lerngeschichtlich bedingt sind; <strong>und</strong> indem dabei auf eine Basis<br />
zurückgegriffen wird, auf derer kaum Missverständnisse auftreten können, weil die<br />
Prozesse außerhalb jeder erfahrungsgeschichtlichen Relevanz stehen. Eine solche<br />
Basis scheint die Neurophysiologie zu sein. Ich begründe die Zurückführung auf<br />
diese Basis mit zwei Postulaten:<br />
Postulat 1: Alle psychischen Phänomene haben ein physiologisches Korrelat.<br />
Postulat 2: Die Naturwissenschaften sind ein geschlossenes System.<br />
zu Postulat 1:<br />
Das dargestellte Modell ist kein Beweis, sondern ein Angebot. Es ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
nicht möglich, zu beweisen, dass die Psyche etwas naturwissenschaftlich Fassbares<br />
ist, da dieses Postulat Voraussetzung dafür ist, den Begriff „Psyche“<br />
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