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Nervenzelle und Tiefenpsychologie

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6. Resumee<br />

Es ist, glaube ich, für jeden Menschen eine etwas traurige Sache, sich von einer<br />

Arbeit zu verabschieden, die er ernst genommen hat. Ich habe ein kleines Büchlein<br />

geschrieben, viele Gedanken nur andeutungsweise ausgeführt, wenig bewiesen, <strong>und</strong><br />

hatte doch das Bedürfnis etwas aus zusagen. Der Wissenschaftstheoretiker weiß,<br />

dass es mit dem Beweisen ein schwierige Sache ist man muss so viel voraussetzen,<br />

um irgendetwas beweisen zu können, dass der Beweis meist schon dadurch wieder<br />

fragwürdig ist. So ist mein Ziel auch nicht, zu beweisen, nicht, die zu überzeugen, die<br />

dagegen sind, sondern denen, die nach neuen Denkanstößen suchen, einen Ansatz<br />

zu zeigen, der mir brauchbar zu sein scheint.<br />

Ich sehe auch nicht die Aufgabe dieser Arbeit darin, fehlerfrei <strong>und</strong> endgültig eine<br />

Psychophysiologie vollkommen darzustellen <strong>und</strong> abzuleiten. Mein Anliegen ist, einen<br />

Denkansatz, den systemtheoretischen, dem Leser näher zu bringen; zu zeigen, was<br />

hinterfragen von Voraussetzungen heißt, <strong>und</strong> was es heißt, sich Antworten aus dem<br />

zu erarbeiten, was wir wissen statt aus dem, was wir phantasieren.<br />

Ich habe wenig direkt auf systemtheoretische Sätze <strong>und</strong> systemtheoretische Literatur<br />

zurückgegriffen, um mir nicht selbst alle Ausführungen überflüssig zu machen. Wer<br />

die kybernetische Denkweise, ein wenig Logik <strong>und</strong> die einfachsten Daten aus der<br />

Neurophysiologie kennt, kann all das, was ich geschrieben hab, selbst ableiten. In<br />

diesem Sinne habe ich nur Selbstverständliches geschrieben. Aber vielleicht müssen<br />

wir einmal anfangen, auch das Selbstverständliche ernst zunehmen, bevor wir das<br />

nicht Selbstverständliche erfinden.<br />

Ja, der Kybernetiker kann wohl noch wesentlich mehr <strong>und</strong> genaueres<br />

„Selbstverständliches“ ableiten - ich habe nur die Entschuldigung, dass ich nicht alles<br />

geschrieben habe, was ich gedacht habe <strong>und</strong>, dass es auch so schon einige Zeit<br />

gekostet hat.<br />

Um aber die Weiterarbeit an diesem Modell zu unterstützen, möchte ich versuchen,<br />

zu rekapitulieren, welche Gesetze <strong>und</strong> Voraussetzungen hinter dieser Arbeit stehen.<br />

Voraus gingen die Eigenschaften der <strong>Nervenzelle</strong>, wie sie eingangs besprochen<br />

wurden. Es handelt sich um variable, d.h., zeitlich veränderbare,<br />

Rückkoppelungssysteme. Diese Systeme mögen bestimmte Ordnungen haben,<br />

bestimmten von uns erf<strong>und</strong>enen Kategorien entsprechen. Da wir aber darüber sehr<br />

wenig wissen, kann man den versuch machen, alle Kategorien, die sich einwandfrei<br />

begründen lassen, sind die von Appetenz <strong>und</strong> Aversion, 17 sowie alle<br />

Zusammenfassungen anatomischer Daten des menschlichen Organismus (so etwa<br />

die Kategorie „Greifen“). Im ganzen übrigen Bereich wurde ohne postulierte<br />

Kategorien gearbeitet, es wurden stattdessen allgemeine Gesetze über Systeme<br />

angewandt: 18 )<br />

17 Sie ergeben sich aus wissenschaftstheoretischen Überlegungen (siehe Kap. 4.6.)<br />

18 Zur Einführung der Kybernetik in organismisches Denken siehe etwa ASHBY<br />

(1958), GOTTWALD (1971), HASSENSTEIN (1967), LANGE (1966), PFLÜGER<br />

(1877), WEISS (1970), WATZLAWICK, BEAVIN, JACKSON (1972).<br />

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