Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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Zwischenzeit von 15 Sek<strong>und</strong>en, kommt der Effekt nur in 5 Teilstrichen zum<br />
Ausdruck. Bei einer Zwischenzeit von 20 Sek<strong>und</strong>en wird er gleich Null. Wir<br />
setzen den Versuch weiter fort. Bei einer Zwischenzeit von 30 Sek<strong>und</strong>en<br />
wieder ein Effekt von einigen Teilstrichen, 3 bis 5. Bei einer Zwischenzeit von<br />
40 Sek<strong>und</strong>en haben wir schon 15 bis 20 Teilstriche, bei einer Zwischenzeit von<br />
50 Sek<strong>und</strong>en 20 bis 25 Teilstriche <strong>und</strong> bei 60 Sek<strong>und</strong>en erneut einen vollen<br />
Effekt. Innerhalb der ganzen Zeit (in 60 Sek<strong>und</strong>en) <strong>und</strong> sogar noch einige Zeit<br />
später bleibt der Effekt bei Reizung an der primär erloschenen Stelle<br />
unverändert Null. Genau dieselbe Zahlenreihe ergibt sich für das primäre <strong>und</strong><br />
sek<strong>und</strong>äre erlöschen, wenn wir ein beliebig anderes Paar von Hautstellen<br />
nehmen, wenn sie nur ebenso weit voneinander entfernt sind. Wenn man<br />
zwischen den Punkten, die gereizt werden, einen geringeren Abstand nimmt,<br />
so läuft der Unterschied nur darauf hinaus, dass sich die Verminderung des<br />
Effekts <strong>und</strong> der volle Nullwert an der sek<strong>und</strong>är erlöschenden Stelle früher<br />
zeigen, der Nullwert sich länger hält <strong>und</strong> die Rückkehr zur normalen Größe<br />
später eintritt. Diese Versuche verlaufen, natürlich unter Einhaltung<br />
verschiedener Vorsichtsmaßnahmen, mit erstaunlicher Genauigkeit. Ich sah sie<br />
im Laufe eines Jahres an fünf verschiedenen H<strong>und</strong>en bei zwei<br />
Experimentatoren. Diese Tatsache versetzte mich durch ihre Stereotypie derart<br />
in Erstaunen, dass ich, ohne Übertreibung gesagt, lange Zeit meinen eigenen<br />
Augen nicht traute.“ (PAWLOW 1972, p. 56f)<br />
PAWLOW führt hier zur Erklärung das „Gesetz der Irradiation <strong>und</strong> Konzentration des<br />
Nervenprozesses“ ein. Dieses wird von ihm nicht hinterfragt. Wir erklären das Gesetz<br />
anhand des angeführten Beispiels: Zwei mechanische Reizungen an verschiedenen<br />
Hautstellen haben – gesehen in unserem Verarbeitungsknäuel (Bild 4) - einige<br />
Nervenleitungen gemeinsam, einige voneinander getrennt. Nach dem beschriebenen<br />
Versuchsaufbau sind die Leitungen, die gemeinsam waren, stark gebahnt, die<br />
lokalspezifischen dagegen wesentlich weniger stark. Wird eine Hautstelle solange<br />
gereizt (ohne die „erwartete“ Situationsänderung, auf die eine vorgebahnte Reaktion<br />
zur Verfügung steht), bis die Reaktion nicht mehr auftritt, so werden zunächst die<br />
weniger starken Leitungen, die lokalspezifischen, die Erregungsleitung verringern,<br />
solange, bis die durchgehende Erregung nicht mehr ausreicht, um die Reaktion<br />
auszulösen. Der Erregungspegel in Bezug auf die Reaktion ist dann knapp unter der<br />
auslösenden Schwelle. Wird jetzt eine andere Hautstelle gereizt, so ist klar, dass die<br />
zusätzliche Erregung der neu gereizten lokalspezifischen Leitungen ausreicht, um<br />
die Reaktion auszulösen. Beim weitern Versuchsablauf sind mehrere Faktoren zu<br />
berücksichtigen:<br />
Das Erregungspotential am efferenten Schenkel, wo die Reaktion ausgelöst wird,<br />
sinkt nach der Reizung wieder ab, sodass mit der Zeit immer mehr Impulse nötig<br />
sind, um eine Reaktion auszulösen.<br />
Je weiter eine Stelle entfernt ist von der ursprünglich gereizten <strong>und</strong> „inhibierten“,<br />
desto mehr Nervenleitungen hat sie unabhängig von der ersten, d.h. desto mehr<br />
Impulse ist sie in der Lage weiterzugeben, auch wenn die erste Stelle schon in ihrer<br />
Wirksamkeit unterbrochen ist.<br />
Der Prozess der Inhibition ist nur zum geringen teil dauerhaft, wie schon mehrmals<br />
erwähnt; die Hemmung geht nach einiger zeit wieder zurück, besonders bei den<br />
Leitungen, die die Hemmung nur teilweise erlitten haben. Für die Auslösung der<br />
Reaktion reicht aber das Überschreiten einer Schwelle aus, die dann wesentlich<br />
leichter erreicht werden kann.<br />
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