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Nervenzelle und Tiefenpsychologie

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diesen unspezifischen Reiz sich entwickeln kann, so werden genau die<br />

Nervenleitungen, die eine Verbindung darstellen zwischen der unspezifischen<br />

Reizstruktur <strong>und</strong> der aktiven Reaktionsbahn, die Erregung weiterleiten können, so<br />

dass unser Verstärkerprinzip genau für sie wirksam wird. Damit ist die Verstärkung<br />

genau dieser Leitungsbahnen gegeben, <strong>und</strong> nach Wiederholung entsteht der<br />

bedingte Reflex. Wir haben damit auch gleichzeitig die Notwendigkeit der zeitlichen<br />

Kontingenz gezeigt:<br />

Der bedingte Reflex kann nur entstehen, wenn der unbedingte Reiz eintrifft:<br />

nachdem der bedingte eingetroffen ist (sonst wird letzterer durch die laterale<br />

Hemmung abgeblockt)<br />

<strong>und</strong><br />

bevor dieser selbst eine Reaktion formiert hat (sonst hat dieser Vorrang, wenn nicht<br />

schon Verbindungen bestehen vom ersten Reiz zur zweiten Reaktion).<br />

Das Zeitverhältnis muss daher so sein, dass der unbedingte Reiz nicht vor <strong>und</strong> nicht<br />

zu lange nach dem bedingten Reiz eintrifft. Unsere Erklärung entspricht den<br />

Gedanken PAWLOWs, dem ja noch nicht so viel Information über die <strong>Nervenzelle</strong><br />

zur Verfügung stand:<br />

„Wenn der neue indifferente Reiz, nachdem er in die Großhirnhemisphären<br />

gelangt ist, im Nervensystem einen Herd starker Erregung findet, beginnt er<br />

sich zu konzentrieren, sich einen Weg zu diesem Herd <strong>und</strong> von diesem zu dem<br />

entsprechenden Organ zu bahnen <strong>und</strong> wird auf diese Weise zum Erreger des<br />

Organs.“ (PAWLOW 1972, p. 46)<br />

Tatsächlich wird der Weg „zum Organ“ nicht mehr viel Bahnung brauchen, weil ja<br />

gerade dieser es ist, der schon gut gebahnt ist, wenn er in Verbindung mit dem<br />

unbedingten Reiz schon vorhanden ist.<br />

PAWLOW beschreibt auch den Abbau einer solchen Verbindung (den Vorgang, den<br />

wir Inhibition nennen) in Zusammenhang mit der Frustration:<br />

„Reizt man wiederholt einen H<strong>und</strong> mit dem Anblick von Gegenständen, die auf<br />

Distanz eine Speichelsekretion hervorrufen, so wird die Reaktion der<br />

Speicheldrüsen immer schwächer; sie sinkt schließlich zum Nullpunkt ab.“<br />

(PAWLOW 1972, p. 38)<br />

Die Reaktion wird betrieben, führt nicht zu einer geeigneten Situationsveränderung,<br />

daher werden sich die für diesen reiz spezifischen Leitungsbahnen (als die am<br />

leichtesten unterbrechbaren) unterbrechen, die Reaktion kann nicht mehr ausgelöst<br />

werden.<br />

Der bedingte Reflex PAWLOWs ist nur ein Sonderfall von Verstärkung nach unserem<br />

Wiederholungsprinzip: Der „unbedingte“ Reiz hat starke Priorität vor dem<br />

„bedingten“. Dies ist Voraussetzung für die Ausbildung eines bedingten Reflexes.<br />

Wir bringen noch ein menschliches Beispiel, um Bezug zu gewinnen:<br />

Ein Kind, das schreit (ausgelöst durch z.B. Hunger), wird durch eine Ablenkung<br />

unterbrochen, etwa durch ein neues Spielzeug (die Orientierungsreaktion als<br />

Reaktion auf neuartige Reizstrukturen ist immer relativ stark). Nach mehrmaliger<br />

Wiederholung dieses Vorgangs wird das Kind, immer wenn es erregt wird (sei es<br />

durch Hunger), das neue Spielzeug erwarten. Natürlich ist es auch hier zur<br />

Aufrechterhaltung der Konditionierung nötig, dass der Mechanismus funktioniert:<br />

wenn es nicht weiterhin (auch nach der Lernphase mit den Eltern) die Möglichkeit<br />

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