Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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mehrmaligem Auftreten der Kombination wird auf die erste Situation immer erst die<br />
erste Reaktion <strong>und</strong> dann die zweite folgen, auch wenn die zweite Situation nicht<br />
mehr auftritt. Durch Verstärkungseffekte kann sogar die zweite Reaktion die erste<br />
schon ablösen, bevor diese beendet ist, niemals aber kann ein Nicht-Reagieren die<br />
Folge sein. Bleiben wir noch einmal beim gleichen Beispiel: Wenn ich für den<br />
„Versuch de Kühlschrank zu öffnen“ eine Ohrfeige bekomme, würde von da an der<br />
Kühlschrank eine magische Anziehungskraft besitzen, der ich wegen de „Furcht vor<br />
der Ohrfeige“ aber nicht nachgeben kann. Es wird die Anziehungskraft des<br />
Kühlschranks erhöht, trotzdem werde ich mich ihm nur mehr bis auf eine bestimmte<br />
Entfernung nähern.<br />
Die Fälle a) <strong>und</strong> b) verursachen kein Kopfzerbrechen. Sie stellen das „Lustprinzip“<br />
FREUDs dar, oder die einfachen Lerngesetze. Fall c) hingegen wird uns noch lange<br />
beschäftigen. Hier sind Wiederholungszwang, Kinderspiel, Selbstzerstörung <strong>und</strong><br />
wahrscheinlich die meisten sonstigen pathologischen Phänomene zu finden, ebenso<br />
wie die Genese der Über-ich. Wir wollen also nocheinmal schauen, was im Fall c)<br />
geschieht:<br />
Die Reaktion auf eine bestimmte Reizkonstellation führt nicht zu einer<br />
Bedürfnisreduktion. Es entsteht eine neue, noch erregendere Situation, die eine<br />
andere Reaktion bewirkt: es wird eine neue Reaktionsbahn angesprochen <strong>und</strong> die<br />
alte entlastet. Die stattgef<strong>und</strong>ene Verstärkung (ich erinnere daran, dass die<br />
Verstärkung durch die Durchführung de Reaktion stattfindet, <strong>und</strong> nicht durch den<br />
Erfolg!) der ersten Reaktion bleibt wirksam, die Inhibition, die diese Verstärkung<br />
aufheben würde <strong>und</strong> erst zu einer Löschung führen würde, tritt nicht in Kraft. Als<br />
erstes also: eine inadäquate Reaktion wird verstärkt. Der zweite Effekt ist, dass sich<br />
an die Reaktion wegen des sofort nachfolgenden Auftretens der neuen Reizsituation<br />
die zweite Reaktion koppelt, d.h. assoziiert, die ebenfalls nicht geeignet ist, die<br />
ursprüngliche Erregungssituation abzubauen, sondern nur die neue Reizsituation<br />
bearbeitet, so dass nach Durchführung der zweiten gegebenenfalls sofort wieder die<br />
erste angesprochen werden kann. In unserem Beispiel vom Kühlschrank wäre die<br />
neue Reizsituation die der „Ohrfeige“, auf die mit „Flucht“ reagiert wird: Es wird mich<br />
dann zum Kühlschrank ziehen, uns sobald ich Nahe genug daran bin, wird die<br />
Fluchtreaktion ausgelöst, ich entferne mich vom Kühlschrank. Bin ich weit genug<br />
entfernt, so tritt der Hunger wieder als Reaktionslöser in Kraft: der Kühlschrank<br />
fasziniert mich wieder. Dies führt aber wieder zur zweiten etc. etc.<br />
4.2. Frustration <strong>und</strong> Verstärkung<br />
Nach meinen bisherigen Ausführungen wird sich eine Reaktionstendenz immer dann<br />
einschleifen, wenn sie zu einer ausreichenden Situationsänderung führt. Es ist<br />
notwendig, dass die unspezifische Erregung, die durch Bahnung auf eine bestimmte<br />
Aktivität konzentriert ist, die ihren steuernden Einfluss von einem bestimmten<br />
Spektrum der Reizstruktur bezieht, auf eine andere Reaktionsbahn umgelenkt wird.<br />
Die primäre Aktivität hat also eine gewisse Priorität die nur unter bestimmten<br />
Umständen durchbrochen wird.<br />
Bedingungen, die eine solche Umlenkung unterstützen sind:<br />
geringe Bahnung der primären Reaktion: eine Ablenkung wird leichter möglich sein,<br />
wenn der Apparat , der für die primäre Reaktion zur Verfügung steht, schwer<br />
durchlässig ist.<br />
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