Nervenzelle und Tiefenpsychologie
Nervenzelle und Tiefenpsychologie
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Die hemmenden Synapsen bzw. die entsprechenden <strong>Nervenzelle</strong>n befolgen<br />
dieselben Wachstumsgesetze wie die erregenden. Sie haben drei Möglichkeiten der<br />
Funktion:<br />
a) Sie kann auf fremde Leitungsstränge wirken (laterale Inhibition <strong>und</strong><br />
kompliziertere, aber prinzipiell ähnliche Funktionen): dann sorgt sie dafür,<br />
dass die Nervenleitung, von der sie angesteuert wird, bevorzugt arbeitet<br />
<strong>und</strong> andere Prozesse gebremst werden.<br />
b) Sie kann am eigenen Strang nach vorne wirken: damit kann sie<br />
Steuerfunktion ausführen, die komplex <strong>und</strong> schwer zu fassen sind. Diese<br />
sollen hier nicht besprochen werden.<br />
c) Sie kann am eigenen Strang nach hinten wirken: dann wird sie die<br />
Erregung der Nervenleitung, von der sie angesteuert wird, verringern,<br />
begrenzen oder stoppen (Bild 3).<br />
Funktion a) hat eine wesentliche Bedeutung darin, dass ein Erregungsprozess, der<br />
gerade im Ablauf begriffen ist, durch Bahnungen <strong>und</strong> die Inhibition umliegender<br />
Nervenbahnen, das Gros der unspezifischen Erregung für sich beanspruchen kann<br />
<strong>und</strong> außerdem schwer durch andere Nervenbahnen abgelöst werden kann.<br />
Eine geringfügige Erhöhung der Erregung eines Apparates wird durch diese „laterale<br />
Inhibition“ (HASSENSTEIN 1967, GUTTMANN 1972) zu einer deutlichen Absetzung<br />
des Apparates gegen die anderen, sodass Bahnungen zu anderen Apparaten<br />
minimalisiert werden, <strong>und</strong> dieser Apparat den größten Teil der vorhandenen<br />
Erregung für sich verwenden kann.<br />
Funktion c) ist eine Funktion, die uns im wesentlichen hier interessieren wird: die<br />
Rückkoppelung, die eine Erregungsbegrenzung bewirkt: Die „Durchlässigkeit“ einer<br />
synaptischen Verbindung steigt zunächst bei ununterbrochener Erregung. Durch die<br />
Rückkoppelung mit hemmenden <strong>Nervenzelle</strong>n wird diese Steigerung verringert bzw.<br />
gestoppt (GUTTMANN 1972, BEKESY 1970, FISCHEL 1972).<br />
Wir wollen uns jetzt noch einmal zusammenfassend mit den für das beschreibende<br />
Modell wesentlichen Veränderungen der <strong>Nervenzelle</strong> beschäftigen: Eine <strong>Nervenzelle</strong><br />
wird durch Beschickung mit Impulsen kurzfristig leichter erregbar. Die Synapse wird<br />
ebenfalls bei „Benützung“ kurzfristig intensiver reagieren (speziell dann, wenn die<br />
nachfolgende Zelle depolarisiert, d. h. den Reiz weiterleitet).<br />
Gleichzeitig mit diesen Prozessen findet eine dauernde Bahnung statt. Die<br />
„beschickte“ Verbindung ist dauerhaft leichter ansprechbar <strong>und</strong> reagiert intensiver.<br />
Wird die <strong>Nervenzelle</strong> lang genug beschickt, so kehrt sich die Veränderung nach<br />
einiger Zeit um: Die Weitergabe von Impulsen über die Synapsen lässt kurzfristig<br />
nach. Die Rückkoppelung der inhibitorischen Synapsen (die aufgr<strong>und</strong> des längeren<br />
Erregungsweges später aktiviert werden) tritt in Kraft <strong>und</strong> blockiert zusätzlich den<br />
Erregungsablauf in der <strong>Nervenzelle</strong>. Jetzt wird auch dieser Rückkopplungsweg<br />
gebahnt <strong>und</strong> neben der kurzfristigen Blockade bleibt eine dauerhafte höhere<br />
„Sensibilität“ der blockierenden Rückkopplung. Die beschriebene<br />
Erregungsweitergabe wird wieder ähnlich schwer ansprechbar wie nachher.<br />
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