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Nervenzelle und Tiefenpsychologie

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denkt. Ein Reiz bewirkt durch diese „Durchschaltung“ eine Reaktion. Durch das<br />

Auftreten dieser „Durchschaltung“ wird ihre Wahrscheinlichkeit erhöht, was als<br />

einfachste Korrelat eines Lernvorgangs zu verstehen ist. Auch die Dechiffrierung<br />

eintreffender Reizkomplexe nach ihrer Struktur kann so „erlernt“ werden.<br />

Um eine „Lernfähigkeit“ direkt an einer Synapse postulieren zu können, ist es<br />

unbedingt nötig, eine direkte Rückwirkung einer Depolarisation der postsynaptischen<br />

Zelle auf die Freisetzung von Transmittersubstanz anzunehmen. Diese scheint über<br />

den Ca++-Ionenhaushalt realisiert zu sein: Bei Depolarisation einer <strong>Nervenzelle</strong>, d.h.<br />

wenn die Zelle feuert, vermutet man, dass Ca-Ionen an der Außenseite der<br />

Zellmembrangelöst werden (STÄMPFLI 1971, p. 54). Ca-Ionen im interzellulären<br />

Raum aber sind Voraussetzung <strong>und</strong> Unterstützung für die Freisetzung von<br />

Transmittersubstanz: bei Fehlen von Ca++-Ionen hört sie gänzlich auf, bei Erhöhung<br />

des CA++-Gehaltes über den normalen Wert kann sie um ein vielfaches erhöht<br />

werden. (ECCLES 1971, p. 122, SCHMIDT 1971, p. 87).<br />

Das heißt: Wenn die <strong>Nervenzelle</strong>, auf der eine feuernde Synapse endet, soweit<br />

depolarisiert ist, dass sie ebenfalls feuert, wird über CA++-Ionen zumindest die<br />

Transmitterfreisetzung in der Synapse forciert, was eine positive Rückkopplung<br />

darstellt. Diese Rückkopplung nun ermöglicht der Synapse, zu registrieren, ob ihre<br />

Aktivität „erfolgreich“ war oder nicht, d.h. ob die <strong>Nervenzelle</strong>, an der sie endet,<br />

während ihrer Aktivität einen Impuls abfeuert, oder nicht.<br />

• Veränderungen des RNS-Haushaltes im Zellplasma.<br />

Untersuchungen vieler Autoren (etwa GATTO 1963, DINGMANN & SPORN 1961,<br />

GROSSMANN 1967) weisen eindeutig darauf hin, dass jede Aktivität des<br />

Nervensystems zu einer Zunahme des RNS-Gehaltes der <strong>Nervenzelle</strong>n führt.<br />

HYDEN (1970) zeigte weiterhin, dass das Verhältnis der RNS-Anteile, die den Code<br />

ausmachen, bei aktiven Lernvorgängen ändert.<br />

Veränderungen der RNS-Menge in einer Zelle nach Lernvorgängen deuten eher auf<br />

einen Zusammenhang mit der Aktivierung hin. Spezifische Änderungen, wie<br />

Änderungen der Zusammensetzung der RNS, wie sie MORREL <strong>und</strong> PEVZNER<br />

(1966) nachgewiesen haben, können eher mit spezifischen Lernvorgängen in<br />

Zusammenhang gebracht werden. Die Deutung ist hier aber wesentlich schwieriger.<br />

Die RNS ist an der Dekodierung <strong>und</strong> Durchführung des genetischen Auftrags der<br />

DNS beteiligt <strong>und</strong> es könnte sein, dass sie hier auch an einer Dekodierung des<br />

Impulsmusters beteiligt ist. Sie könnte die Freisetzung von Überträgersubstanz je<br />

nach Impulsstruktur beeinflussen <strong>und</strong> damit eine Art Schaltung innerhalb der<br />

<strong>Nervenzelle</strong> ermöglichen. Tatsächlich hat HYDEN (1970) nach Lernvorgängen auch<br />

spezifische Proteine gef<strong>und</strong>en, wie sie an einer solchen Dekodierung beteiligt sein<br />

müssten. Auch diese Prozesse werden durch entsprechende Aktivierung der<br />

<strong>Nervenzelle</strong>n bewirkt.<br />

Es ist noch nicht geklärt, in welcher Form die Proteinveränderungen mit dem Lernen<br />

in Zusammenhang zu bringen sind. Es ist aber zu erwarten, dass auch hier<br />

Lernvorgang im beschriebenen Sinne stattfindet: „Benützung“ der Proteine fördert<br />

deren Bildung. Dann ließe sich diese Veränderung eventuell später, wenn mehr<br />

darüber bekannt ist, zwanglos in das vorliegende Modell einfügen.<br />

Neben den erregenden gibt es auch noch hemmende Synapsen, die sich in der<br />

Transmittersubstanz von den erregenden unterscheiden. Ein Impuls von einer<br />

hemmenden (inhibitorischen) Synapse bewirkt eine Senkung des Erregungsniveaus<br />

der nachfolgenden <strong>Nervenzelle</strong>. Die nachfolgende Zelle wird also in ihrer Aktivität<br />

„gebremst“.<br />

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