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Nervenzelle und Tiefenpsychologie

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3. Das neurophysiologische Grungmaterial<br />

3.1. Todestrieb <strong>und</strong> Wiederholungszwang<br />

Welche emotionalen Gründe auch immer man ihm unterstellen mag, als<br />

wissenschaftliche Gründe zur Einführung des Todestriebes gibt Freud einige<br />

Phänomene an, die sich unter dem Begriff „Wiederholungszwang“ in einem weiteren<br />

Sinne zusammenfassen lassen; traumatische Neurosen, Kriegsneurosen,<br />

Kinderspiel, die Wiederholung in der Analysest<strong>und</strong>e. (cf. FREUD 1940 a).<br />

Es werden Reaktionen oder „Inhalte“ wiederholt, die keinen offensichtlichen<br />

lebenserhaltenden Sinn haben oder gar den Organismus direkt schädigen, <strong>und</strong> auch<br />

keinen Lustgewinn bringen. Diese Phänomene stehen demnach im offenen<br />

Gegensatz zum Lustprinzip wie auch zu jeder Form von Selbsterhaltungstrieb. Dass<br />

die bisherigen Erklärungsangebote (FREUD, CARUSO, FERENCZI, LORENZ etc.,<br />

etc.) unbefriedigt lassen, hat LANDOLDT (1974) gezeigt.<br />

Auch die Lerntheoretiker – bzw. deren Praktiker, die Verhaltenstherapeuten – haben<br />

ähnliche Schwierigkeiten in einem anderen Bereich: Aus bisher noch unbekannten<br />

Gründen ist zwar eine Belohnung, die für „richtiges“ Verhalten gegeben wird, gut<br />

geeignet, dieses Verhalten zu verstärken, Bestrafung für „schlechtes“ Verhalten führt<br />

hingegen nur schwer zu Unterlassung desselben, <strong>und</strong> Rückfälle nach einer<br />

„Aversionsbehandlung“ sind häufig (cf. EYSENCK 1973).<br />

Wenn der Gegensatz zwischen „Lustprinzip“ <strong>und</strong> „Todestrieb“ ein dialektischer sein<br />

sollte, so müsste eine Synthese, eine Zusammenführung in einer neuen Kategorie<br />

möglich sein, etwa so, dass<br />

„der Drang, etwas Eindrucksvolles psychisch zu verarbeiten, sich seiner voll zu<br />

bemächtigen, sich primär <strong>und</strong> unabhängig vom Lustprinzip äußern kann.“<br />

(FREUD 1940 a, p.14).<br />

Nun ist es, wenn auch vielleicht nicht augenfällig, aber doch offen zu sehen, dass<br />

das „Lustprinzip“ auch die Wiederholung beinhaltet, was FREUD scheinbar nicht<br />

ganz klar wurde, obwohl er doch nahe daran war (s.o.). Diese Gemeinsamkeit führt<br />

zur Synthese: Das „leitende Prinzip“ der Psyche ist nicht das Lustprinzip, sondern<br />

das Prinzip der Wiederholung.<br />

Ich will versuchen, dieses Prinzip aus der Neurophysiologie herzuleiten <strong>und</strong> zu<br />

beschreiben.<br />

3.2. Die <strong>Nervenzelle</strong> – Das Gr<strong>und</strong>element 4<br />

Die <strong>Nervenzelle</strong> besteht aus Zellkörper, Axon <strong>und</strong> Dentriten (Bild 2). Axon <strong>und</strong><br />

Dentriten haben die Aufgabe der Erregungsleitung: zum Zellkörper hin, wo die<br />

eintreffenden Erregungsimpulse integriert werden, <strong>und</strong> vom Zellkörper weg, wenn die<br />

Zelle selbst einen Erregungsimpuls abfeuert. Der Zellkörper integriert die<br />

einlaufenden Impulse. Wird die Zelle in ausreichend schneller Folge von genügend<br />

Impulsen erregt, so schießt sie selbst einen Impuls ab. Dieser gelangt durch die<br />

4 Die physiologischen Gr<strong>und</strong>lagen waren hier nur genau so weit dargestellt, als zur Beschreibung des<br />

Wiederholungsprinzips unumgänglich nötig ist. Genauere Information siehe etwa ECCLES (1971),<br />

FISCHEL (1972), GANONG (1972), GAUER, CRAMER, JUNG, (1971), GUTTMANN (1972), KATZ<br />

(1971), SCHMIDT (1972), SCHADE (1973).<br />

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