Hans-Joachim Schmidt Richter am Landgericht i.R. geb. am 15.8 ...
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lers JVC dienen, für die der zuständige Gewerkschaftsführer der IG Metall Arno Hager<br />
den zu niedrigen Zoll für die aus Malaysia importierte Konkurrenzware in Höhe<br />
von lediglich 4,9 % verantwortlich macht, mit der weiteren Begründung, daß nach den<br />
Regeln ein Zollsatz von 14 % gelten müsse, für den das Berliner JVC-Werk die C<strong>am</strong>corder<br />
um 7,50 Euro je Stück billiger als die malaysische Konkurrenz produzieren<br />
könne; einen entsprechenden Zoll-Erhöhungsantrag an die EU <strong>geb</strong>e es bereits. Na,<br />
dann mal schnell! Immerhin scheint die EU jetzt nach entsprechenden Protesten Italiens,<br />
Portugals und Spaniens – offenbar nicht auch des in dieser Hinsicht bereits auf<br />
dem Totenbett liegenden, leidenden Deutschland – für Schuhe aus China und Vietn<strong>am</strong><br />
– sogar Schuhe der Marke Cardin werden in China hergestellt – die Einführung von<br />
Schutzzöllen zu prüfen. Denn inzwischen soll die Einfuhr von Lederschuhen seit März<br />
2005 aus China um 320 % auf 950 Millionen Paar und aus Vietn<strong>am</strong> um 700 % auf 120<br />
Millionen Paar gestiegen sein. Ob dieses Unternehmen auch hier wieder – ähnlich wie<br />
bei chinesischen Textilien – wie das Hornberger Schießen ausgeht, bleibt abzuwarten.<br />
Große Hoffnung mache jedenfalls ich mir nicht. Der Hauptverband der Deutschen<br />
Schuhindustrie, der offenbar im wesentlichen aus den im Ausland produzierenden und<br />
so noch existierenden Unternehmen bestehen dürfte, hat gegen etwaige Schutzzölle<br />
bereits mit den typisch egozentrischen kapitalistischen Argumenten protestiert, daß die<br />
Schuhe dann teurer würden und – selts<strong>am</strong>erweise – EU-weit Arbeitsplätze verlorengingen<br />
und nicht etwa – wie es logischer wäre – geschaffen werden würden.<br />
Warum der deutsche Staat auf seine und seines Bürgers Kosten dabei mitspielt, wenn<br />
Unternehmen einen beachtlichen Teil ihrer Arbeitnehmer auch auf Staatskosten in den<br />
Vorruhestand schicken, ist jedenfalls für mich unerfindlich. Könnte die Schaffung dieser<br />
gesetzlichen Möglichkeit vielleicht auch darauf beruhen, daß nicht wenige an der<br />
Gesetz<strong>geb</strong>ung beteiligte Bundestagsabgeordnete aus Unternehmerkreisen kommen<br />
oder auch handfeste Beziehungen zu Unternehmerkreisen haben, so z. B. auch dergestalt,<br />
daß sie von Unternehmen ohne wesentliche Arbeitsleistungen als Arbeitnehmer<br />
oder freie Mitarbeiter geführt und bezahlt werden?<br />
Einen gewichtigen und für den Staatsbürger nicht selten verhängnisvollen Teilaspekt<br />
der Globalisierung stellt in zunehmendem Umfang auch die Privatisierung staatlicher<br />
Aufgaben dar. Unter dem beschönigenden Stichwort „Verschlankung des Staates“<br />
werden auch solche staatlichen Unternehmen privatisiert, deren Aufgabe es früher<br />
war, dem Bürger eine existenzsichernde Grundversorgung zu bezahlbaren Preisen als<br />
sogenannte „Daseinsvorsorge“ zur Verfügung zu stellen, ohne daß etwa eine staatliche<br />
Gewinnerzielung im Vordergrund stand, so z. B. Bahn, Post, Telekommunikation, E-<br />
nergieversorgung. Als ich in den Jahren 1952 bis 1955 an der Freien Universität Berlin<br />
Jura studierte, war der Begriff der staatlichen Daseinsvorsorge, dem sich insbesondere<br />
der Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Ernst Forsthoff in seinen Arbeiten gewidmet<br />
hatte, in Lehre und Rechtsprechung als Element eines sozialen Staates wie der Bundesrepublik<br />
Deutschland durchaus anerkannt. Wenn die führenden Persönlichkeiten<br />
der Bundesrepublik sich dann später sang- und klanglos von diesem so segensreichen