Hans-Joachim Schmidt Richter am Landgericht i.R. geb. am 15.8 ...

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h.j.schmidt.redet.tacheles.de
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- 48 - Macht sich der geplagte deutsche Bürger trotz seiner finanziellen Misere auf, sich und seinen Lieben noch vor der für 2007 staatlicherseits besonders dankenswerterweise geplanten 3-prozentigen Mehrwertsteuererhöhung etwas Gutes zu tun und doch noch etwas einzukaufen, so kann er, wenn er noch ein Köpfchen und darin noch die Augen offen hat und wenn er will, feststellen, daß nicht wenige der auf dem deutschen Markt befindlichen Gegenstände irgendwo, häufig an versteckter Stelle, mit den Schildchen „made in China“, „made in Thailand“, „made in India“, „made in Korea“, „made in Hongkong“, „made in Taiwan“, „made in Malaysia“ oder „made in Mexico“ usw. versehen sind. Ich weiß nicht, ob die sich hieraus ergebenden Einbußen der deutschen Wirtschaft die deutschen Regierungen je bewegt haben oder möglicherweise jetzt die neue deutsche Regierung bewegen. Tatsache ist jedenfalls, daß die in diesem großen Umfang staatlicherseits erlaubte Einfuhr dieser Produkte, seien sie von ausländischen Firmen oder im Wege der Arbeitsplatzverlagerung von deutschen Firmen im Ausland hergestellt worden, in einem erheblichen Ausmaß die entsprechenden deutschen Wirtschaftsbranchen kaputt macht. In letzter Zeit hat vor allen Dingen die flutartige Einfuhr chinesischer Textilien und chinesischer und vietnamesischer Schuhe deutsche und weitgehend auch andere Textil- und Schuhproduzenten der aus den 15 Staaten bestehenden Originär-EU vielfach an den Bettelstab gebracht und zu einem nicht geringen Teil ausgelöscht, soweit sie sich nicht, wie zum Beispiel Adidas und Puma, weitgehend auf die Produktion in Billigländern verlegt haben. Die insbesondere von Deutschland gestattete Einfuhr dieser Erzeugnisse in dieser Menge, hergestellt von konkurrenzlos billigen chinesischen bzw. vietnamesischen Arbeitskräften, ist einfach sträflich und nicht zu begreifen. Dieser Flut hat sich der beim Elbe-Hochwasser so umtriebige Herr Schröder nicht entgegengestellt. Auch von dem Deichgrafen Platzeck hat man in dieser Hinsicht bisher nichts vernommen. Die vorübergehende Einschränkung der Textileinfuhr aus China in den vergangenen Monaten, die nach dem Protest Chinas und entsprechenden staatlichen Verhandlungen zwischen der EU und China über eine Kontingentbegrenzung teilweise wieder aufgehoben worden ist, hat hieran nicht viel geändert. Die in Deutschland noch übrig gebliebenen Textilerzeuger werden demnächst nach allem ihr Testament machen können und dann mit ihren restlichen Arbeitsplätzen alsbald in das von der EU und dem ihr hörigen Deutschland geschaffene Nirwana eingehen müssen. Um es klar zu sagen: Auch die einzelnen Märkte der zur EU gehörenden Staaten müssen, falls es erforderlich ist, gegen nicht zur EU gehörende Märkte abgeschottet werden. Für entsprechende Maßnahmen gab es früher angemessene Zölle. An ihren Einsatz sollte auch heute wieder verstärkt gedacht werden. Andernfalls wird es mit Deutschlands Wirtschaft und des deutschen Volkes Finanzen – einschließlich natürlich der Finanzen der deutschen Beamten und Richter – weiterhin bergab gehen. Insoweit werden die auf der Tagung der Welthandelsorganisation (WTO) im Dezember 2005 entfalteten Bemühungen um eine weltweite Senkung der Zölle mit Vorsicht zu genießen sein. Als ein trauriges Beispiel mag hier die an sich schon für den 31.1.2006 geplante, von der 225-köpfigen Belegschaft heftig bekämpfte Schließung der Berliner Camcorder-Produktion des japanischen Videogeräteherstel-

- 49 - lers JVC dienen, für die der zuständige Gewerkschaftsführer der IG Metall Arno Hager den zu niedrigen Zoll für die aus Malaysia importierte Konkurrenzware in Höhe von lediglich 4,9 % verantwortlich macht, mit der weiteren Begründung, daß nach den Regeln ein Zollsatz von 14 % gelten müsse, für den das Berliner JVC-Werk die Camcorder um 7,50 Euro je Stück billiger als die malaysische Konkurrenz produzieren könne; einen entsprechenden Zoll-Erhöhungsantrag an die EU gebe es bereits. Na, dann mal schnell! Immerhin scheint die EU jetzt nach entsprechenden Protesten Italiens, Portugals und Spaniens – offenbar nicht auch des in dieser Hinsicht bereits auf dem Totenbett liegenden, leidenden Deutschland – für Schuhe aus China und Vietnam – sogar Schuhe der Marke Cardin werden in China hergestellt – die Einführung von Schutzzöllen zu prüfen. Denn inzwischen soll die Einfuhr von Lederschuhen seit März 2005 aus China um 320 % auf 950 Millionen Paar und aus Vietnam um 700 % auf 120 Millionen Paar gestiegen sein. Ob dieses Unternehmen auch hier wieder – ähnlich wie bei chinesischen Textilien – wie das Hornberger Schießen ausgeht, bleibt abzuwarten. Große Hoffnung mache jedenfalls ich mir nicht. Der Hauptverband der Deutschen Schuhindustrie, der offenbar im wesentlichen aus den im Ausland produzierenden und so noch existierenden Unternehmen bestehen dürfte, hat gegen etwaige Schutzzölle bereits mit den typisch egozentrischen kapitalistischen Argumenten protestiert, daß die Schuhe dann teurer würden und – seltsamerweise – EU-weit Arbeitsplätze verlorengingen und nicht etwa – wie es logischer wäre – geschaffen werden würden. Warum der deutsche Staat auf seine und seines Bürgers Kosten dabei mitspielt, wenn Unternehmen einen beachtlichen Teil ihrer Arbeitnehmer auch auf Staatskosten in den Vorruhestand schicken, ist jedenfalls für mich unerfindlich. Könnte die Schaffung dieser gesetzlichen Möglichkeit vielleicht auch darauf beruhen, daß nicht wenige an der Gesetzgebung beteiligte Bundestagsabgeordnete aus Unternehmerkreisen kommen oder auch handfeste Beziehungen zu Unternehmerkreisen haben, so z. B. auch dergestalt, daß sie von Unternehmen ohne wesentliche Arbeitsleistungen als Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiter geführt und bezahlt werden? Einen gewichtigen und für den Staatsbürger nicht selten verhängnisvollen Teilaspekt der Globalisierung stellt in zunehmendem Umfang auch die Privatisierung staatlicher Aufgaben dar. Unter dem beschönigenden Stichwort „Verschlankung des Staates“ werden auch solche staatlichen Unternehmen privatisiert, deren Aufgabe es früher war, dem Bürger eine existenzsichernde Grundversorgung zu bezahlbaren Preisen als sogenannte „Daseinsvorsorge“ zur Verfügung zu stellen, ohne daß etwa eine staatliche Gewinnerzielung im Vordergrund stand, so z. B. Bahn, Post, Telekommunikation, E- nergieversorgung. Als ich in den Jahren 1952 bis 1955 an der Freien Universität Berlin Jura studierte, war der Begriff der staatlichen Daseinsvorsorge, dem sich insbesondere der Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Ernst Forsthoff in seinen Arbeiten gewidmet hatte, in Lehre und Rechtsprechung als Element eines sozialen Staates wie der Bundesrepublik Deutschland durchaus anerkannt. Wenn die führenden Persönlichkeiten der Bundesrepublik sich dann später sang- und klanglos von diesem so segensreichen

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Macht sich der geplagte deutsche Bürger trotz seiner finanziellen Misere auf, sich und<br />

seinen Lieben noch vor der für 2007 staatlicherseits besonders dankenswerterweise<br />

geplanten 3-prozentigen Mehrwertsteuererhöhung etwas Gutes zu tun und doch noch<br />

etwas einzukaufen, so kann er, wenn er noch ein Köpfchen und darin noch die Augen<br />

offen hat und wenn er will, feststellen, daß nicht wenige der auf dem deutschen Markt<br />

befindlichen Gegenstände irgendwo, häufig an versteckter Stelle, mit den Schildchen<br />

„made in China“, „made in Thailand“, „made in India“, „made in Korea“, „made in<br />

Hongkong“, „made in Taiwan“, „made in Malaysia“ oder „made in Mexico“ usw. versehen<br />

sind. Ich weiß nicht, ob die sich hieraus er<strong>geb</strong>enden Einbußen der deutschen<br />

Wirtschaft die deutschen Regierungen je bewegt haben oder möglicherweise jetzt die<br />

neue deutsche Regierung bewegen. Tatsache ist jedenfalls, daß die in diesem großen<br />

Umfang staatlicherseits erlaubte Einfuhr dieser Produkte, seien sie von ausländischen<br />

Firmen oder im Wege der Arbeitsplatzverlagerung von deutschen Firmen im Ausland<br />

hergestellt worden, in einem erheblichen Ausmaß die entsprechenden deutschen Wirtschaftsbranchen<br />

kaputt macht. In letzter Zeit hat vor allen Dingen die flutartige Einfuhr<br />

chinesischer Textilien und chinesischer und vietn<strong>am</strong>esischer Schuhe deutsche<br />

und weitgehend auch andere Textil- und Schuhproduzenten der aus den 15 Staaten bestehenden<br />

Originär-EU vielfach an den Bettelstab <strong>geb</strong>racht und zu einem nicht geringen<br />

Teil ausgelöscht, soweit sie sich nicht, wie zum Beispiel Adidas und Puma, weitgehend<br />

auf die Produktion in Billigländern verlegt haben. Die insbesondere von<br />

Deutschland gestattete Einfuhr dieser Erzeugnisse in dieser Menge, hergestellt von<br />

konkurrenzlos billigen chinesischen bzw. vietn<strong>am</strong>esischen Arbeitskräften, ist einfach<br />

sträflich und nicht zu begreifen. Dieser Flut hat sich der beim Elbe-Hochwasser so<br />

umtriebige Herr Schröder nicht entgegengestellt. Auch von dem Deichgrafen Platzeck<br />

hat man in dieser Hinsicht bisher nichts vernommen. Die vorübergehende Einschränkung<br />

der Textileinfuhr aus China in den vergangenen Monaten, die nach dem Protest<br />

Chinas und entsprechenden staatlichen Verhandlungen zwischen der EU und China<br />

über eine Kontingentbegrenzung teilweise wieder aufgehoben worden ist, hat hieran<br />

nicht viel geändert. Die in Deutschland noch übrig <strong>geb</strong>liebenen Textilerzeuger werden<br />

demnächst nach allem ihr Test<strong>am</strong>ent machen können und dann mit ihren restlichen<br />

Arbeitsplätzen alsbald in das von der EU und dem ihr hörigen Deutschland geschaffene<br />

Nirwana eingehen müssen. Um es klar zu sagen: Auch die einzelnen Märkte der zur<br />

EU gehörenden Staaten müssen, falls es erforderlich ist, gegen nicht zur EU gehörende<br />

Märkte abgeschottet werden. Für entsprechende Maßnahmen gab es früher angemessene<br />

Zölle. An ihren Einsatz sollte auch heute wieder verstärkt gedacht werden.<br />

Andernfalls wird es mit Deutschlands Wirtschaft und des deutschen Volkes Finanzen<br />

– einschließlich natürlich der Finanzen der deutschen Be<strong>am</strong>ten und <strong>Richter</strong> – weiterhin<br />

bergab gehen. Insoweit werden die auf der Tagung der Welthandelsorganisation<br />

(WTO) im Dezember 2005 entfalteten Bemühungen um eine weltweite Senkung der<br />

Zölle mit Vorsicht zu genießen sein. Als ein trauriges Beispiel mag hier die an sich<br />

schon für den 31.1.2006 geplante, von der 225-köpfigen Belegschaft heftig bekämpfte<br />

Schließung der Berliner C<strong>am</strong>corder-Produktion des japanischen Videogeräteherstel-

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