JAHRBUCH - Glowfish

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92 Otto Rank. mir schon früher voll Verzweiflung gedacht hatte, wie ich denn da hinUberkomnien sollte. Zum Dank habe ich ihn dann drüben leidenschaftlicli geküßt und spürte im Traum, wie er den Kuß erwiderte. Ich sage dann aber, dalJ ich zurück muß, weil K. auf mich wartet. Er sagt, das ist schwer; er habe nur drei Kronen bei sich, das Durchwaten koste aber 9; der Eildampfer gar 26 Kronen. Ich sage, ich habe auch noch einen Gulden und etliche Kreuzer bei mir, was er aber für zu wenig erklärt. Plötzlich habe ich ein Kind (von dem ich mir im Wachen dachte, es sei gewiß von dem Kuß gekommen). Er sagt, ein Mönch wird mich hinübertragen und sich das Kind vorn anbinden. Ich setze mich also dem Mönch auf den Rücken und Avic er ins Wasser hineingeht, wache ich auf. Ich gehe auf die Seite, habe aber kein so dringendes Verlangen, daß ich sagen könnte, es hätte mich geweckt." In diesem interessanten und für die Differentialdiagnose von vesikalen und Geburtsträumen so wertvollen Beispiel finden wir die gleiche Symbolik wie in allen bisher mitgeteilten Träumen. Aber nicht nur aus der Schlußbemerkung der Träumerin ergibt sich, daß hier der Harndrang in noch geringerem Maße als Ursache des Traumes anzusehen ist, sondern auch aus der Analyse, die den Traum als Geburtstraum entlarvt. Dazu wird einiges Material bereits genügen. Vor allem spricht die im Traum erfolgende Geburt des Kindes, das offenbar aus dem Wasser (Geburtsv/asser) kommt, diese Bedeutung des Traumes ziemlich unverhüllt aus. Die Zensur bedient sich aber dafür zur Verhüllung dieses anstößigen (peinlichen) Inhalts der Einkleidung in die infantile Sexual- Glocken zu läuten, von deren Lärm geweckt, sie bemerkt, daß sie das Läuten an der Woknungstüi' im Schlafe und im Traiune gestört hatte. Es ist spät morgens und sie geht wie gewölmlich vor dem Aufstehen auf die Seite, ohne besonderen Drang, der ja auch nicht das Wecken aus dem Traimie verursacht hatte. — Dagegen erinnert sie später einen früheren ersten Tramn derselben Nacht (sehr zeitlich am Morgen), wo sie mit einem verheirateten Mann ein Rendezvous am Wasser hat, dann mit ihm ins Hotel geht und dort „das erste war, daß sie vom Stubenmädchen Wasser für die beiden Rosen verlangte (eine rote mid eine weiße), die er mir überreicht hatte". Im Hotel wird sie von ihiem Bruder überrascht, der mit ihrem Begleiter Händel beginnt und an ilun zimi Mörder wird. Dami liegt sie mit der Mutter im Bette imd sieht die Polizei kommen, die den Bruder verhaften will. „Ich sage der Mutter, daß icii fortfahren möchte. Dann liege ich mit dem Bruder im Bette und sehe Blut (vgl. die rote Rose). Dann stehe ich auf und er legt sich zur Mutter ins Bett (wie sie selbst früher mit dem verheirateten Mann aus ihrer Heimat: dem Vater), wobei ich mir dachte: Nein, so was, der sclüäft bei der Mutter. Dann erwachte ich imd mußte auf die Seite." — Einige Stunden später wird sie durch das Läuten aus dem zuerst mitgeteilten Traum geweckt. Wir erkennen hier leicht lauter infantile Sexualphantasien (Inzest), die zuerst regressiv zum Harndrang imd Erwachen, dann in aktueller Einkleidimg zur Rettungsphantasie imd Pollution führen.

: Die Symbolschichtung im Wecktiaum usw. 93 theorie, die den Geschlechtsakt durch den Kuß ersetzt. An dieser Theorie hatte die Träumerin tatsächlich bis zu ihrem 15. Lebensjahre festgehalten und frischt die seither überwimdene infantile Anschauung zum Zwecke der TraumVerhüllung auf. "Weiß man, daß ihr am Vorabend der ihr imbekannte junge Mann des Traumes auf der Straße in auffälliger Weise nachgegangen war und daß sie zur selben Zeit auf ihren Verehrer K. wegen einer pekimiären Differenz schlecht zu sprechen war, so verstehen wir den Traum als eine Entführungsphantasie mit der sie sich dem neugewonnenen Verehrer zu- und von K. abzuwenden sucht. Diese Phantasie scheint außer dem Geschlechtsverkehr (auf seinem Rücken im Wasser reiten)^) und der daraus folgenden Geburt des Kindes (aus dem Wasser) auch in leiser Andeutmig auf die Hochzeit (Reise) anzuspielen (Mönch = Priester ; sie hat auch etwas Geld bei sich = Mitgift). Das böse, häßliche Tier, von dem sie der hilfreiche Entführer befreit, ist eine Darstellung des ihr zurzeit abstoßend erscheinenden K., der sie in den Abgrund stürzen will. Ihre erotische Neigung zu dem nur flüchtig auf der Straße gesehenen jungen Mann wird auch bestätigt durch ihre eigene spontane Deutung, das Durchs- Wasser-Tragen und -Waten besage vielleicht, daß sie sich gedacht habe der würde für mich durchs Feuer gehen (und mich nicht so schiecht wie K. behandeln), was eine hübsche auf die Enuresis (Zündeln) zurückweisende Darstellung durchs Gegenteil auf Grimd des anderweitig bereits bedingten Traummaterials (Geburtswasser) ist. Das Rettung s- s}Tnbol entspricht hier völlig im Freudschen Sinne dem Geburtskomplex wie im folgenden und letzten Beispiel, das wir gekürzt wiedergeben und das uns eine andere Differenzierungsform des Geburtstraumes vom Hamdrangtraum veranschaulichen soll. Traum Nr. 24, der aus derselben Zeit der Mißhelligkeiten mit K. stammt und die Abneigung gegen ihn, die sie sich nicht voll einzugestehen vermag, deutlich widerspiegelt. Es ist dies im ersten, von der Träumerin leider nicht notierten Teil des Traumes der Fall, der bloß ungern und flüchtig erzählt wurde und von dem ich mir nur gemerkt habe, daß er eine Pollution enthielt, die der Träumerin mit großer Nässe verbunden schien, sowie eine deutliche Abneigung gegen Herrn K. verriet. Der 1) Vgl. einen in vielen Details ähnlichen Traum bei Jung: Ein Beitrag zur Psychologie des Gerüchtes (Zentralblatt für Psa. I. Bd., 1911, S. 81 ff.).

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Die Symbolschichtung im Wecktiaum usw. 93<br />

theorie, die den Geschlechtsakt durch den Kuß ersetzt. An dieser Theorie<br />

hatte die Träumerin tatsächlich bis zu ihrem 15. Lebensjahre festgehalten<br />

und frischt die seither überwimdene infantile Anschauung<br />

zum Zwecke der TraumVerhüllung auf. "Weiß man, daß ihr am Vorabend<br />

der ihr imbekannte junge Mann des Traumes auf der Straße in<br />

auffälliger Weise nachgegangen war und daß sie zur selben Zeit auf<br />

ihren Verehrer K. wegen einer pekimiären Differenz schlecht zu sprechen<br />

war, so verstehen wir den Traum als eine Entführungsphantasie mit der<br />

sie sich dem neugewonnenen Verehrer zu- und von K. abzuwenden sucht.<br />

Diese Phantasie scheint außer dem Geschlechtsverkehr (auf seinem<br />

Rücken im Wasser reiten)^) und der daraus folgenden Geburt des<br />

Kindes (aus dem Wasser) auch in leiser Andeutmig auf die Hochzeit<br />

(Reise) anzuspielen (Mönch = Priester ; sie hat auch etwas Geld bei<br />

sich = Mitgift). Das böse, häßliche Tier, von dem sie der hilfreiche<br />

Entführer befreit, ist eine Darstellung des ihr zurzeit abstoßend erscheinenden<br />

K., der sie in den Abgrund stürzen will. Ihre erotische<br />

Neigung zu dem nur flüchtig auf der Straße gesehenen jungen Mann<br />

wird auch bestätigt durch ihre eigene spontane Deutung, das Durchs-<br />

Wasser-Tragen und -Waten besage vielleicht, daß sie sich gedacht habe<br />

der würde für mich durchs Feuer gehen (und mich nicht so schiecht<br />

wie K. behandeln), was eine hübsche auf die Enuresis (Zündeln) zurückweisende<br />

Darstellung durchs Gegenteil auf Grimd des anderweitig<br />

bereits bedingten Traummaterials (Geburtswasser) ist. Das Rettung s-<br />

s}Tnbol entspricht hier völlig im Freudschen Sinne dem Geburtskomplex<br />

wie im folgenden und letzten Beispiel, das wir gekürzt wiedergeben<br />

und das uns eine andere Differenzierungsform des Geburtstraumes<br />

vom Hamdrangtraum veranschaulichen soll.<br />

Traum Nr. 24,<br />

der aus derselben Zeit der Mißhelligkeiten mit K. stammt und die Abneigung<br />

gegen ihn, die sie sich nicht voll einzugestehen vermag, deutlich<br />

widerspiegelt. Es ist dies im ersten, von der Träumerin leider nicht<br />

notierten Teil des Traumes der Fall, der bloß ungern und flüchtig<br />

erzählt wurde und von dem ich mir nur gemerkt habe, daß er eine<br />

Pollution enthielt, die der Träumerin mit großer Nässe verbunden<br />

schien, sowie eine deutliche Abneigung gegen Herrn K. verriet. Der<br />

1) Vgl. einen in vielen Details ähnlichen Traum bei Jung: Ein Beitrag<br />

zur Psychologie des Gerüchtes (Zentralblatt für Psa. I. Bd., 1911, S. 81 ff.).

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