JAHRBUCH - Glowfish

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82 Otto Rank. Hervorhebung verdient noch die häufig wiederkehrende funktionale Darstelhingstechnik dieser Weckträume, die liier besonders deutlich ausgeprägt ist. Das „Aussteigen" aus dem Fahrzeug nimmt im Sinne der Bequemlichkeitstendenz das notwendige Aussteigen aus dem Bett vorweg, das unangenehme Aufstehen wird durch die Unannehmlichkeiten der Seereise symbolisiert. Doch ist zu erwähnen, daß die typischen Seereisen einerseits einer eindrucksvollen Erinnerung an eine solche, anderseits dem Wunsche nach Wiederholung derselben Ausdruck geben und daß sie erst seit dem mächtigen Eindruck des Meeres in den vesikalcn Träumen des Mädchens diese Rolle spielen. Doch kommt der Schiffsreise vor allem sprachsymbolische Bedeutung zu, da hierzulande für das Urinieren der Ausdruck ,, schiffen" gebräuchlich ist, dessen Sinn die Träumerin kennt und der diese in der Sprache festgehaltene Symbolisierung als allgemeines Gebilde kennzeichnet. Auch die typische Regensymbolik, besonders des beginnenden Regens, für den fühlbar werdenden Harndrang, ist sprachlich darin angedeutet, daß der Ausdruck ,, schiffen", besonders in der Studentensprache, auch auf heftigen Regen angewendet wird. Die erste deutliche Verschmelzung (Identifizierung) des lustbetonten Urinierens nach entsprechender Retention mit dem Sexualgenuß zeigt der folgende Pollutionstraum. Traum Nr. 17. Sie spielt zuerst im Zimmer mit einem Hund, der sich unanständig benimmt, indem er ihr auf den Rücken kriechen will. Dann liegt sie mit dem Hund im Bett und hat eine Pollution, worüber sie furchtbar zornig ist und den Hund hinausjagt; im Bett bemerkt sie, daß es naß ist. In der Küche, wohin sie den Hund gejagt hat, sieht sie bei ihrer Tür eine Lache, in die dann der Hund auch noch hineinwischerlt, so daß sie noch größer wird (vgl. dazu die später besprochene Zeichnung). Dienstmädchen und Herr schlagen deswegen Lärm, sie wacht davon auf und muß auf die kleine Seite gehen. Tags vorher hatte sie tatsächhch in der Küche vor ihrer Tür eine von vergossenem Wasser herrührende Lache gesehen, was — im Gegensatz zum Traum — den Herrn, der daran achtlos vorbeiging, sowie auch das Dienstmädchen, die sie den ganzen Tag über nicht wegputzte, ziemlich kalt ließ, die Träumerin aber unmäßig geärgert hatte, so daß sie wegen dieser Schlamperei Lärm schlug. Ist uns schon diese affektive Reaktion aus dem infantilen Schuldbewußtsein verständlich (man könnte glauben, sie habe es gemacht), so weist der Hund,

Die Symbolscliichtung im "Wecktraum usw. 83 der die Lache vergrößert (i. e. eigentlich macht), deutlich darauf hin, daß die Träumerin sie in diesem genanten (von genieren) Sinn aufgefaßt hatte. Daß der Hund das außerhalb ihres Zimmers macht, demonstriert den Stolz auf ihre eigene Zimmerreinheit, wobei natürhchdiewirldiche Lache eine entsprechende Anknüpfung für die Lokalisation geboten hat. Die Nässe im Bett verbindet das Bettnässen und das sexuelle Naß (Pollution), wie in einem bei Freud mitgeteilten ,, Stiegentraum" (Traumdeutung, 3. Aufl., S. 219), und weist damit auf die tiefer wurzelnde Analogisierung der beiden lustvollen Vorgänge hin^). Nur tritt hier im Gegensatz zu früher besprochenen Träumen nicht zuerst der Harndrang und dann die sexuelle Phantasie auf, sondern offenbar ist hier der sexuelle Reiz so heftig, daß er sich zunächst ohne den Umweg über die frühinfantile Regression zu befriedigen sucht. Es gilt jedoch für alle diese Fälle die mir auch von Prof. Freud bestätigte Erfahrung, daß die Träumer sich häufig in der Lokalisierimg der Pollution täuschen. Eine Pollution in Verbindung mit dem Harnreiz zeigt auch der Traum Nr. 18. „Es war ein Häuschen am Meer und vis ä vis ein Ankunftshaus. Es hat geregnet und ich bin mit einem Herrn und seinen Kindern bei Nacht dort hineiugeflüchtet, wo wir auch geschlafen haben. Der Herr ist dann aufgestanden mid hat sich mit dem einen kleinen Kind, das wie das andre im Hemd war, zum Wasser hinuntergestellt. Ich bin dann auch aufgewacht imd der Herr sagt, wir sollen schon aufstehen, ich mid das andere Kind. Wie ich in die Höhe schaue, sehe ich dort einen jungen Mann, der herumgesucht hat, mid ich wollte aufstehen und ihn fragen, was er hier sucht und ob er nicht Herr W. sei. Ich wollte erst nicht aufstehen, weil es mir unbequem war, bemerke aber dann, daß der Boden in unserem Häuschen wie in einem Schweinestall ganz naß war. Ich will also doch wirkUch aufstehen, greife das Kind an und bemerke, daß es ein ganz nasses Hemd hat und kotig ist, sich also angemacht hat. Ich wollte aber noch immer nicht aufstehen; da hat das Kind gesagt, es muß schon auf die Seite gehen und ich habe gesagt, es soll ein bißchen warten. Es hat aber nicht gewartet, sondern ist davongelaufen in die Ankunftshalle. (Häuschen!) Ich bin dann aufgestanden, habe mich durch die Leute durchgedrängt und bin das Kind suchen gegangen. Ich komme auf einen Hof, wo mir ein Misthaufen auffällt und eine Frau die Hühner gefüttert hat; ich frage sie, ob sie nicht ein kleines Kind laufen gesehen hat. Sie sagt: Ja, es ist nach rückwärts 1) Auch in ihrem „Tr.amn. der sich selbst deutet" (Jahrbuch II), tritt die Pollution nach einer Reihe infantiler Kind, lulu usw.) auf. Urinreminiszenzen (Hund, Freundin, kleines 6*

82 Otto Rank.<br />

Hervorhebung verdient noch die häufig wiederkehrende funktionale<br />

Darstelhingstechnik dieser Weckträume, die liier besonders<br />

deutlich ausgeprägt ist. Das „Aussteigen" aus dem Fahrzeug nimmt<br />

im Sinne der Bequemlichkeitstendenz das notwendige Aussteigen aus<br />

dem Bett vorweg, das unangenehme Aufstehen wird durch die Unannehmlichkeiten<br />

der Seereise symbolisiert. Doch ist zu erwähnen,<br />

daß die typischen Seereisen einerseits einer eindrucksvollen Erinnerung<br />

an eine solche, anderseits dem Wunsche nach Wiederholung<br />

derselben Ausdruck geben und daß sie erst seit dem mächtigen Eindruck<br />

des Meeres in den vesikalcn Träumen des Mädchens diese Rolle<br />

spielen. Doch kommt der Schiffsreise vor allem sprachsymbolische<br />

Bedeutung zu, da hierzulande für das Urinieren der Ausdruck ,, schiffen"<br />

gebräuchlich ist, dessen Sinn die Träumerin kennt und der diese in<br />

der Sprache festgehaltene Symbolisierung als allgemeines Gebilde<br />

kennzeichnet. Auch die typische Regensymbolik, besonders des beginnenden<br />

Regens, für den fühlbar werdenden Harndrang, ist sprachlich<br />

darin angedeutet, daß der Ausdruck ,, schiffen", besonders in der Studentensprache,<br />

auch auf heftigen Regen angewendet wird.<br />

Die erste deutliche Verschmelzung (Identifizierung) des lustbetonten<br />

Urinierens nach entsprechender Retention mit dem Sexualgenuß<br />

zeigt der folgende Pollutionstraum.<br />

Traum Nr. 17.<br />

Sie spielt zuerst im Zimmer mit einem Hund, der sich unanständig<br />

benimmt, indem er ihr auf den Rücken kriechen will. Dann liegt sie mit<br />

dem Hund im Bett und hat eine Pollution, worüber sie furchtbar zornig<br />

ist und den Hund hinausjagt; im Bett bemerkt sie, daß es naß ist. In<br />

der Küche, wohin sie den Hund gejagt hat, sieht sie bei ihrer Tür eine<br />

Lache, in die dann der Hund auch noch hineinwischerlt, so daß sie<br />

noch größer wird (vgl. dazu die später besprochene Zeichnung). Dienstmädchen<br />

und Herr schlagen deswegen Lärm, sie wacht davon auf und<br />

muß auf die kleine Seite gehen.<br />

Tags vorher hatte sie tatsächhch in der Küche vor ihrer Tür<br />

eine von vergossenem Wasser herrührende Lache gesehen, was — im<br />

Gegensatz zum Traum — den Herrn, der daran achtlos vorbeiging,<br />

sowie auch das Dienstmädchen, die sie den ganzen Tag über nicht<br />

wegputzte, ziemlich kalt ließ, die Träumerin aber unmäßig geärgert<br />

hatte, so daß sie wegen dieser Schlamperei Lärm schlug. Ist uns schon<br />

diese affektive Reaktion aus dem infantilen Schuldbewußtsein verständlich<br />

(man könnte glauben, sie habe es gemacht), so weist der Hund,

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