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JAHRBUCH - Glowfish

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Einige Fälle von Zwangsneurose. 605<br />

seine exhibitionistischen Neigungen und die sadistischen Wünsche,<br />

hervorragender und mächtiger zu sein als andere, sie mit seiner Überlegenheit<br />

zu übertreffen und ihre feindüchen Akte und Äußerungen<br />

zu verachten. Die Intensität seines ,,Wissenstriebes" begünstigte<br />

die Regression von Taten zu Gedanken^); er sexualisierte selbst den<br />

Denkprozeß und empfand Vergnügen und ein Gefühl von Macht beim<br />

bloßen Denken. Das Sjonptom war eine Kompensation für das innere<br />

Gefühl der Schwäche und Inferiorität^), ein Komplex, welcher mit<br />

ausgesprochenen homosexuellen-masochistisch (femininen) Tendenzen<br />

verbunden war. Er fand es leichter, in der Phantasie die Außenwelt<br />

zu ändern als in Wirkhchkeit (Flucht in die Neurose). Um dies imstande<br />

zu sein, mußte sein Gedanke jedoch ungewöhnhch mächtig sein,<br />

sozusagen ,,allmächtig" (Allmacht der Gedanken), eine Annahme,<br />

die dadurch erleichtert wurde, daß die fraglichen Obsessionen von<br />

Wünschen herrührten, die, obschon ihm selbst unbewußt, doch einen<br />

allmächtigen Einfluß auf sein bewußtes Geistesleben ausübten. Mit<br />

der Zeit erfuhr das Zwangsdenken und das Zwangshandeln eine Regression<br />

auf die infantil erotischen Betätigungsformen und zwar in so<br />

hohem Maße, daß bei der Analyse der Hauptsymptome autoerotisches,<br />

speziell analerotisches Material an den Tag kam. Kurz ausgedrückt<br />

könnte man sagen, daß, während die Motive der Symptome hauptsächlich<br />

heteroerotisch waren, das Material, woraus diesegebildet<br />

wurden, fast ausschließhch autoerotisch war. Zwei Züge besonders<br />

begünstigten die Regression. Erstens diente ein ausgesprochener<br />

Flatuskomplex als eine Art Mittelghed zwischen den beiden, indem er<br />

in merkwürdiger Weise autoerotische und heteroerotische Tendenzen<br />

verband. In zweiter Linie kam eine sehr ausgedehnte Entwicklung<br />

der sekundär autoerotischen Äußerungen, welche denselben Effekt<br />

hatte; dadurch wurde er ein wahrer Hermaphrodit, dem seine eigene<br />

Person genügte, für beinahe jede Komponente seines Sexuallebens.<br />

1) Freud: Op. cit. S. 418.<br />

») Obwohl ich viele solcher Inferioritätskomplexe untersucht habe und die<br />

Rolle sah, die die weibhchen Züge dabei spielen, stimmt meine Erfahrung keineswegs<br />

ganz mit den Adlerschen Anschauungen über die fundamentale Wichtigkeit<br />

des männlichen Protestes und des psychischen Hermaphroditismus überein.<br />

Ich finde, daß der Konflikt z\vischen männlichen und weiblichen Tendenzen nur<br />

einer (ein gewiß sehr wichtiger) der vielen Konfhkte ist, die in der Neurose wirksam<br />

sind, und daß er nach Zeit und Wichtigkeit erst nach anderen, tiefer gelegenen<br />

auftritt.

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