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JAHRBUCH - Glowfish

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Einige Fälle, von Zwangsneurose. 601<br />

Zweitens trug der Patient mit seiner Intelligenz und Bestimmtheit<br />

und dem aktiven Interesse, das er der Behandlung entgegenbrachte,<br />

viel dazu bei. Den größten Teil der Analyse machte der Patient selbst;<br />

er brachte mir oft bei seinem Besuche das Resultat einer<br />

Arbeit, die nie erfolglos und oft äußerst wertvoll war.<br />

dreitägigen<br />

Sein vergangenes<br />

Leben kam ihm vor wie von zwei Persönlichkeiten gelebt, von denen die<br />

eine — seine Phantasiewelt — nach und nach die andere überwuchert<br />

und fast absorbiert hatte. Seine Genesung empfand er hauptsächlich<br />

als Vereinigung (Unifikation) seiner Persönlichkeit, Er hatte erfahren,<br />

daß die verschiedenen Obsessionen und trügerischen Überzeugungen<br />

in Wirklichkeit Produkte seines zweiten verborgenen Selbst waren.<br />

Die Analyse bestand darin, daß diese Produkte wie Häute abgeschält<br />

wurden. Als der Patient zuerst in meine Beobachtung kam, konnte<br />

die unerschütterliche Fähigkeit, mit der er an seinem Wahne^) festhielt,<br />

wohl den Verdacht auf Dementia praecox erwecken. Die Tatsache,<br />

daß er,<br />

um seinen Glauben an Gott, dem er seit seiner Kindheit treu<br />

geblieben war, aufzugeben, nur halb so lang brauchte, wie imi den<br />

Glauben an seine Ideen aufzugeben, zeigt am besten, mit welcher Zähigkeit<br />

er an diesem festhielt. Unter diesen Umständen fragt es sich, ob<br />

irgend eine andere Methode als die Psychoanalyse den Patienten geheilt<br />

hätte. Ich kenne alle übrigen psychotherapeutischen Methoden sehr<br />

gut und bin überzeugt, daß keine derselben mit Erfolg in diesem Falle<br />

hätte angewandt werden können. In meiner Erfahrung haben sich<br />

,,Persuasion", Suggestion und Hypnotismus gegen solche fixierte<br />

Ideen gänzlich machtlos erwiesen.<br />

Als ich am letzten internationalen Kongreß für medizimsche Psychologie<br />

anläßlich eines Vortrages über Suggestion bemerkte, daß die<br />

Suggestivbehandlvmg beim Vergleiche mit der Psychoanalyse den kürzeren<br />

ziehe, wies mich der Präsident Dr. Vogt, mit folgenden Worten zurecht-)<br />

den angeblich viel bessern Heilerfolg der psychoanalytischen Heilmethode<br />

gegenüber anderen psychotherapeutischen Behandlungen. Ich<br />

muß auf Grund meiner Erfahrungen es entschieden zurückweisen, einerseits<br />

die psychoanalytischen Heilerfolge so herauszustreichen und die Wirkxmgen<br />

der übrigen Psychotherapie so herabzusetzen. Ich glaube, daß ich das Recht<br />

1) Obschon der Inhalt seines Wahnes in mancher Hinsicht dem Wahne<br />

der Dem. praec. glich (Elektrizitätserzeugung, Vibrationen, Übermittlung geheimer<br />

Einflüsse usw.), unterschied er sich doch beträchtlich von diesem. Z. B. affizierte<br />

er immer die anderen, sie verfolgten oder affizierten ihn nie. Ich brauche kaum<br />

zu sagen,<br />

daß sonst keine Ähnlichkeit mehr mit der Dem. praec. vorhanden war.<br />

*) Journal für Psychologie und Neurologie, Bd. 17, S. 432,

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