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JAHRBUCH - Glowfish

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Einige Fälle vou Zwangsneurose. 599<br />

Ausdrucksweise der Hauptobsession. Der Gedanke, der<br />

am häufigsten auf andere übertragen wurde, war der Satz: Kiss my<br />

ass ! (Anus). Dies war natürlich stark überdeterminiert. Er stellt<br />

die folgenden Wünsche dar: 1. Den Wunsch, den Akt bei anderen<br />

vorzunehmen, wie er in seiner Jugend mit Bruder und Schwester<br />

getan. Wenn er mit der anderen Person gute Beziehungen hatte,<br />

besonders in Momenten großer Dankbarkeit, nahm die Obsession<br />

die Form an: „Ich will deinen Anus küssen". 2. Der Wunsch, daß der<br />

Akt an ihm vollzogen werde. Diese beiden Wünsche entsprachen männlichen<br />

und weiblichen Phantasien. 3. Den Ausdruck seiner Verachtung<br />

für andere und darum seiner Überlegenheit über sie. Der Ausdruck<br />

wird oft in diesem Sinne gebraucht, was er auch von seinem Vater<br />

gehört hatte. 4. Den sekundärautoerotischen Wunsch, den Akt an sich<br />

selbst zu vollziehen. Der vollständige Satz lautete: ,,Ich will meinen<br />

Anus küssen". Dies ist ein Beispiel des EUipsemechanismus, den<br />

Freud^) als typisch für die Bildmig von Zwangsvorstellungen nachgewiesen<br />

hat.<br />

Die Quelle der fraglichen Wünsche wurde oben gezeigt.<br />

Die Worte waren so gewählt, daß sie sich als Ausdruck für eine Menge<br />

verdrängten Materials eigneten. Küssen bezog sich auf seine Mimderotik;<br />

manchmal trat auch „lecken" an die Stelle von „küssen".<br />

In seinen Träumen kam es vor, daß er den Nabel oder Penis ( !) seiner<br />

Mutter küßte. Letzteres ist auch eine Klangassoziation zu „piss"^).<br />

Die Beziehung zum Analerotismus ist klar; die Wahl der Worte war<br />

durch den Ausdruck seiner Mutter beeinflußt, daß der Hintere des<br />

kleinen Jungen ,,rein genug zum Küssen sei". Der Ausdruck bezog<br />

sich auch auf seine Riech- und Flatuskomplexe und hieß zeitweise:<br />

„Rieche meinen A.". Die Verbindmig mit dem Flatuskomplex wird<br />

auch hergestellt durch die Klangassoziation Kiss-hiss (Gezische). Er<br />

konnte Zischlaute überhaupt nicht vertragen und wurde fast wahnsinnig<br />

bei dem Geräusche eines zischenden Teekessels in der Nähe seines<br />

Arbeitsplatzes; diese Idiosynkrasie hörte auf, als der Flatuskomplex<br />

gelöst war.<br />

Das Phänomen, daß einem von anderen die<br />

Gedanken gelesen<br />

werden, ist ein deutliches Beispiel für das, was Freud^) ,,eine endopsychische<br />

Wahrnehmung des Verdrängten" genannt hat. Als es dem<br />

Patienten besser ging, wagte er es sogar, die obsedierendenWorte zum<br />

1) Dieses Jahrbuch, 1909, S. 405, 406.<br />

2) Urinieren.<br />

3) Freud: Op. cit. S. 363.

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