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JAHRBUCH - Glowfish

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Einige Fälle von Zwangsneurose. 565<br />

Kellnern, die behaupteten, sich beeinflußt zu fühlen. Er war sehr unglücklich,<br />

daß ich nicht dafür empfänglich war und wandte alle seine Überredungskunst<br />

auf, um mich von der Wirklichkeit der Vorfälle zu überzeugen. Jede<br />

Sitzung begann mit der Erzählung eines neuen Beweises, und, entmutigt<br />

durch den unerschütterlichen Gleichmut, mit dem ich zuhörte, pflegte<br />

er seufzend und widerwillig zur Analyse zurückzukehren, nach den Worten:<br />

„Es hat keinen Sinn, mit Ihnen zu streiten, wenn Sie es doch nicht sehen<br />

können, aber ich will nur sagen, daß an der Wahrheit dieser Dinge gar nicht<br />

zu zweifeln ist; so, die Sache ist erledigt, nun können wir zu einer andern<br />

Angelegenheit übergehen." Nachdem dieser Zustand« erhöhter Macht<br />

vorüber war, pflegte er sich matt, schwach und nachgiebig zu fühlen,war<br />

unfähig, andere zu beeinflussen mid gänzlich wehrlos gegen Spott und<br />

Quälereien. Die Stärke war von ihm gewichen und er mußte eine Menge<br />

nahrhafter Speisen essen, um sich wieder zu erholen. Manchmal war es<br />

eine nächtliche Pollution, die der starken Phase ein Ende machte, aber noch<br />

häufiger wurde dies herbeigeführt, durch ein halb absichtliches Sichgehenlassen<br />

in passiven masochistischen Phantasien, welche er den „weiblichen<br />

Zustand" nannte. In der schwachen Phase hatte er das Gefühl, von anderen<br />

anmaßend behandelt zu werden, wie wenn er im Unrecht wäre, also augenscheinlich<br />

ein Schuldgefühl. Die zwei Phasen entsprechen ganz einfach<br />

der männlichen und der weiblichen Seite seines Wesens und er war sich<br />

dessen auch ganz bewußt, da hetero- oder homosexuelle Phantasien jeweils<br />

in den respektiven Phasen vorherrschten. Er verband damit auch gewisse<br />

okkulte Ideen: die Schöpfung der Welt wäre eine zyklische Evolution,<br />

so daß mit jedem Zyklus eine höhere Lebensstufe erreicht würde usw.<br />

Die Analyse dieses Symptoms, welches nicht so sehr eine Reihe von<br />

Wahnideen als, um Freuds treffenden Ausdruck zu gebrauchen, eine<br />

Reihe von Delirien ausmachte, zeigte, daß sein gesamtes inneres Leben darin<br />

konzentriert und symbolisch ausgedrückt war. Wie wir gleich sehen werden,<br />

war fast jede seiner Komponenten auf sexuelle Wurzeln zurückzuführen.<br />

Andere weniger starke Obsessionen werde ich später erwähnen, auf zahlreiche<br />

unbedeutendere, wie z. B. Gedächtnisschwäche, die Manie, unnötigerweise<br />

alles zu zählen usw., gar nicht näher eingehen. Von der Lebensgeschichte<br />

des Patienten ist folgendes zu bemerken: Er wurde in England geboren<br />

und erzogen und kam erst vor fünf Jahren nach Canada, also unmittelbar<br />

vor dem Ausbruche der gegenwärtigen Symptome. Er war inmitten einer<br />

zahlreichen Familie aufgewachsen; seine Eltern und alle seine Geschwister<br />

sind noch am Leben. Als Kind bildete er sich stets ein, ihnen überlegen zu<br />

sein, meinte stets, daß sie ihn über alle möglichen Dinge um Rat fragten, und<br />

hielt sich fern von ihnen. Bis zu seinem 10. Jahre schlief er mit seiner<br />

Jüngern Schwester zusammen in einem Bette, dann noch zwei Jahre lang<br />

im selben Zimmer, aber in getrennten Betten. In den ersten Jahren stand<br />

das Bett im elterlichen Schlafzimmer. Die sexuellen Erfahrungen dieser<br />

Zeit werden später zur Sprache kommen. Im Alter von 12 Jahren hatte<br />

er mit einem andern Knaben dreimal einen Koitus bei zwei Mädchen ausgeübt,<br />

das einzige Mal in seinem Leben.<br />

Als er 15 Jahre alt war, versuchte<br />

er es mit einem andern Mädchen, welches sich aber weigerte. Seit dieser

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