JAHRBUCH - Glowfish

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556 J. Nelken. Von seinem Heilmagnetiseur, dem „Geheimrat" Prof. X., erzählt der Patient folgendes: Der Heilmagnetiseur X. war blind und hinfällig. Er habe unter seinem Einflüsse gestanden, aber von seiner Behandlung keinen Nutzen gehabt. Ev las nachher in einer Zeitung, der X. habe sich in einem Anfalle von Geisteskrankheit aus einem Fenster gestürzt : durch Hurerei sei er in einen solchen Zustand gekommen. Die Himmelskönigin sagt, er sei der Teufel und wolle Jesum Christum, den Herrn, vernichten. Durch die Lösung des Urins wird jetzt der Teufel verbrannt und vernichtet. — Dieses Bild steht in engem Zusammenhange mit der Angst vor dem Libidotod, welche den ersten katatonischen Anfall erfüllt. Beim zweiten katatonischen Anfall, meistens in der Zeit der Erwartung der Himmelskönigin, treten wieder Bilder auf, welche der damaligen Stimmung des Patienten entsprachen: Er habe vor sich Bilder von Landschaften gesehen, die unheimlich leer waren : ganz steile Abhänge, Schneefelder, Wasserwüsten, Flüsse, dann wieder Eis. Er sah dort keine Tiere oder Menschen imd es schien ihm, daß alle diese Steine, Steinkohlen, Baumstämme usw. verwandelte Menschen waren. Unterdessen kamen die Landschaften dicht an seinen Körper heran. Er sah sich selbst und die Fee auf einem Felsabhange, sie streckte ihm die rechte Hand entgegen, er ihr die linke; es verging längere Zeit, bis er den Eindruck bekommen hat, daß sie den Boden berührt hatte. Da sah er sie und sich beieinander wie auf der Erde liegen. Die Hände beider waren verschlungen, wie wenn sie schließlich vereinigt wären. Dann sah er wieder etwas wie einen Grabhügel mit zwei weißen spitzigen Grabsteinen und rings umher waren Wälder und Wiesen. Von diesen Bildern lenkt eins insbesondere unsere Aufmerksamkeit auf sich. Patient berichtet folgendes: Zur Zeit der ersten Kreuzigung^) mußte ich einsteigen in eine Art von Kamin oder Wasserleitung, in einen engen Raum, immer aufwärts gegen den Himmel hinauf. Schließlich kam ich durch diesen Kamin auf eine Erdebene, w^o gar nichts anderes als die Sonne war. Auf einer Seite der Ebene befand sich ein Meer und darauf ein Dampfschiff. Ich sank aber herunter, um den Kampf wieder aufzunehmen, um wieder zu steigen. Aus der Traumdeutung Freuds^) ist es bekannt, daß das Steigen in einem engen Raum oder das Verweilen im Wasser eine Phantasie vom Intrauterinleben ist. Die Erde — (Erdebene) — ist ein bekanntes mythologisches Symbol für die Mutter (yrj Ttajuju/jxsiQa, Terra mater). Patient versetzt sich also in dieser Phantasie in den Mutterleib, wo nur die Sonne — der Vater^) — leuchtet. Die Bedeutung des Meeres gibt Patient folgender- 1) Die Kreuzigung hat bei Patienten 2 Bedeutungen, 1. das auf dem Kreuzliegen, 2. die Wiedergeburt. 2) Vgl. Freud, Traumdeutung, II. Aufl., S. 198 und Stekel, Die Sprache des Traumes, Kap. XXVI bis XXVII. ') Vgl. Freud, Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia, dieses Jahrbuch B. III.

Analytische Beobachtungen über Phantasien eines Schizophrenen. 557 maßen an: ,,Das Meer ist die Scheide des Weibes, ein Raum, wohin der männliche Samen (auch ein Tierchen) hineinkommt. Tier = Papa". Die Deutung des Dampfschiffes macht keine Schwierigkeiten. Das Ganze ist eine Kombination von Geburt und Mutterleibsphantasie und läßt sich wohl folgendermaßen deuten: Der Patient steigt in den Schoß seiner Mutter, um dort die Sonne = Libido zu finden^). Die Übersicht der Träume des Patienten fangen wir mit einem Traum an, den der Patient noch vor seiner Internierung hatte. Er bezieht sich auf seine Mutter: Er saß in der Küche auf dem Herd. Eine Katze drückte er von der linken Seite liebkosend an sich. Eine zweite ebenso große Katze befand sich hinter seinem Rücken mit einem ledernen schlangenförmigen Gürtel umschlungen. Als er den Traum seiner Mutter erzählte, habe sie ihm gesagt: ,,Sind etwa nicht Sund und ich diese beiden Katzen?" Sein Freund und Nachbar Sund habe nämlich mit seiner Mutter Unaufrichtigkeiten getrieben. Die Mutter habe sich gegen ihn (den Patienten) wie ein Teufel verhalten. Der Traum von der Himmelskönigin: Er bekam von der Himmelskönigin das Bild eines etwa zweijährigen Mädchens. Das war das Bild von ihr selbst; ein zweijähriges Mädchen kann sich nämlich nicht wehren und muß von seinem Vater alles erdulden, was auch derselbe mit ihm treiben möge (schlagen, mißhandeln, töten). Er könne mit ihr machen, was er wolle: sie werde sich aus Liebe zu ihm zerstampfen und zerquetschen lassen. Noch zwei Träume aus dem katatonischen Stadium: In der Nacht hat er einen Traum von einem großen Hund und einem Rind gehabt. Er sah sich wie tot daliegen und den Hund über ihm stehen. Von dem Rind erinnert er sich nur des Namens. Der Hund bedeute Treue oder Gefahr, das Rind — Nutzen oder Schaden. Wenn er bei der Wahrheit bleibt, wird alles für ihn ein gutes Ende nehmen, im andern Fall wird er dagegen zugrunde gehen. Übergang zur Kuh (Nutzen) oder zum Stier (Gefahr). Das Rind bedeute den 2. Sein Kopf war zwischen lebendigen Stierköpfen eingeklemmt. Der Stier sei nämlich das Geschlechtliche, die höchste Potenz. Er sei immer ein Hauptfeind von ihm gewesen. Er sah auch einmal einen Stier auf einer Wiese liegen wie tot, es waren viele Leute um ihn herum. Dann habe er den Eindruck bekommen, als ob der Stier wieder lebendig werden könnte. ^) Jung, Wandlungen und Symbole der Libido.

Analytische Beobachtungen über Phantasien eines Schizophrenen. 557<br />

maßen an: ,,Das Meer ist die Scheide des Weibes, ein Raum, wohin der<br />

männliche Samen (auch ein Tierchen) hineinkommt. Tier = Papa".<br />

Die Deutung des Dampfschiffes macht keine Schwierigkeiten. Das Ganze<br />

ist eine Kombination von Geburt und Mutterleibsphantasie und läßt<br />

sich wohl folgendermaßen deuten: Der Patient steigt in den Schoß<br />

seiner Mutter, um dort die<br />

Sonne = Libido zu finden^).<br />

Die Übersicht der Träume des Patienten fangen wir mit einem<br />

Traum an, den der Patient noch vor seiner Internierung hatte. Er<br />

bezieht sich<br />

auf seine Mutter:<br />

Er saß in der Küche auf dem Herd. Eine Katze drückte er von<br />

der linken Seite liebkosend an sich. Eine zweite ebenso große Katze<br />

befand sich hinter seinem Rücken mit einem ledernen schlangenförmigen<br />

Gürtel umschlungen. Als er den Traum seiner Mutter erzählte,<br />

habe sie ihm gesagt: ,,Sind etwa nicht Sund und ich diese beiden<br />

Katzen?" Sein Freund und Nachbar Sund habe nämlich mit seiner<br />

Mutter Unaufrichtigkeiten getrieben. Die Mutter habe sich gegen ihn<br />

(den Patienten) wie ein Teufel verhalten.<br />

Der Traum von der<br />

Himmelskönigin:<br />

Er bekam von der Himmelskönigin das Bild eines etwa zweijährigen<br />

Mädchens. Das war das Bild von ihr selbst;<br />

ein zweijähriges<br />

Mädchen kann sich nämlich nicht wehren und muß von seinem<br />

Vater alles erdulden, was auch derselbe mit ihm treiben möge (schlagen,<br />

mißhandeln, töten).<br />

Er könne mit ihr machen, was er wolle: sie werde<br />

sich aus Liebe zu ihm zerstampfen und zerquetschen lassen.<br />

Noch zwei Träume aus dem katatonischen Stadium:<br />

In der Nacht hat er einen Traum von einem großen Hund und einem<br />

Rind gehabt. Er sah sich wie tot daliegen und den Hund über ihm stehen.<br />

Von dem Rind erinnert er sich nur des Namens. Der Hund bedeute<br />

Treue oder Gefahr, das Rind — Nutzen oder Schaden. Wenn er bei<br />

der Wahrheit bleibt, wird alles für ihn ein gutes Ende nehmen, im<br />

andern Fall wird er dagegen zugrunde gehen.<br />

Übergang zur Kuh (Nutzen) oder zum Stier (Gefahr).<br />

Das Rind bedeute den<br />

2. Sein Kopf war zwischen lebendigen Stierköpfen eingeklemmt.<br />

Der Stier sei nämlich das Geschlechtliche, die höchste Potenz. Er sei<br />

immer ein Hauptfeind von ihm gewesen. Er sah auch einmal einen Stier<br />

auf einer Wiese liegen wie tot, es waren viele Leute um ihn herum.<br />

Dann habe er den Eindruck bekommen, als ob der Stier wieder lebendig<br />

werden könnte.<br />

^) Jung, Wandlungen und Symbole der Libido.

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