JAHRBUCH - Glowfish

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550 J. Nelken. seiner vermeintliclien Mutter und anderer Personen durchlebe — alle Verwandlungen, die sie in früheren Zeiten durchgemacht haben bis zu seinem Anfange sozusagen. Dann hörte er die Welten wie einen fortwährenden Entwicklungsstrom rauschen. Die Verwandlungen reihten sich aneinander bis in die große Vergangenheit zurück und dann wieder vorwärts. Sein Körper wurde wie von einer mächtigen Kraft heruntergedrückt, als ob die Wiederholimg eines früheren Angriffes stattfände. Dann kam ihm durch den Tränenkanal wie ein Tropfen in die Nase, ein ziemlich schwerer Tropfen ... Er habe zweimal Auswurf aus der Nase gehabt. — Die Stimme der Himmelskönigin wurde furchtbar ernst. Eine ganze Anzahl Himmelsköniginnen klagte ihm, daß ihre Körper unter furchtbaren Schmerzen ohne jede Freude oder Wollust von einem Wurm, einer Schlange, einem Ungeheuer durchfressen werden, wie sie dabei schön seien und immer mehr Genüsse und Geschlechtsteile entwickeln, die sie furchtbar mißgestalteten Teufeln abgeben müssen. Er habe sie aber erlöst: sie erzählten, wie sie durch ihr ganzes Leben und ihre Liebe zu ihm zu allen möglichen Genüssen gekommen seien und eine große Lust haben, ihm das Leben in jeder Beziehung zu verschönern. Schließlich hörte er wieder singen: ,,Paul Seemann ist unser Herrgott, unser Erlöser", er hatte das Gefühl, wie wenn es eine große Engelschaar wäre — (Patient weint dabei) — er spürte einen merkwürdigen Blumenduft — er wurde wieder in einen andern Zustand versetzt, er hörte wieder seine Kinder rufen. Der Inhalt des Anfalles selbst ist folgender : Seine Söhne, welche er mit der Himmelskönigin gezeugt hat, haben seine Mutter geschändet. Der R., die Wärter seien seine Söhne, sie sind nur wenige Monate alt und schon so groß und stark^). Die Himmelskönigin müsse furchtbar mit ihren Söhnen kämpfen. Sie habe Schmerzen in den Geschlechtsteilen, er spüre auch Schmerzen und ein Hinaufsteigen in den After, weil sie doch aus seinem Körper entstanden sei und mit demselben in Verbindung stehe. Man habe ihm einen Skorpion in den After gelegt. 35 Knaben seien gewarnt werden, sie sollen die Mutter nicht berühren. Sie haben sie trotzdem überfallen und haben sie viele, viele Male geschändet. Auf der Abteilung befinde sich ein Knabe Namens Paul, er benehme sich gegen den Vater frech, unanständig und spöttisch; mit der Mutter führe er einen Beischlaf aus. Er könne es mit den Söhnen nicht mehr aushalten. Er werde einem einen Faustschlag unter das Kinn oder auf die Nasenwurzel geben; er müsse einfach durch das Blut ein Zeichen zur Besiegelung dessen geben, daß dieser Kampf für die Erlösung von furchtbarer Wichtigkeit sei. Er habe alle seine ^) Das Aufwachsen in wenigen Stunden ist ein beliebtes Motiv vieler Märchen. Vgl. Aphanassjew, Russische Volksmärchen, deutsch von Anna Maj^er, Nr. 26, 28, zit. bei Riklin, 1. c.

Analytische Beobachtungen über Phantasien eines Schizophrenen. 551 Söhne verstoßen; wenn man ein Ehegemahl ist, lasse man sich doch von den Söhnen nicht gefallen, daß sie die Mutter schänden; die Frau sei doch das heilige Eigentum des Mannes. Um die Leidenschaft der Menschen zu der Schönheit der Himmelskönigin abzutöten, müsse er Urin und Kot in den Mund nehmen und seinen Körper damit einreiben und abtrocknen lassen, weil Urin und Kot auf den Körper verunstaltend wirke. Da die Himmelskönigin aus ihm herausgekommen sei, werde damit auch ihr Körper unschön gemacht. Nach der Schändung durch die Kinder habe die Himmelskönigin ihren Namen geändert, sie heiße jetzt Aline Amanda'). Nach jeder Schändung lasse die Himmelskönigin ihren Körper zerschmettern und zermalmen und die Lippen verbrennen, um für ihn wieder rein zu sein. Er spüre dann heftige Schmerzen und in der ganzen Atmosphäre einen Blutgeruch. Die Erlösung wurde trotz \deler Warnungen aufs Spiel gesetzt. Die Himmelskönigin sei während des Schlafes zu ihm gekommen, um mit ihm noch ein paarmal einen Beischlaf auszuführen, mit der Absicht, von ihm möglichst viel Samen zu bekommen, für den Fall, daß sie voneinander getrennt werden. In den Nachkommen dieses Samens wolle sie ein Andenken an seine Liebe haben. In diesem Anfall tritt die Himmelskönigin hauptsächlich in der Gestalt der Marie Peter auf. Sie kommt fast jede Nacht zu ihm, um ihm den Samen zu entziehen, und dann bekommt sie eine kolossale Kraft zum Huren. Von dem kolossalen ,,Zug" des Samens bekomme er einen heftigen Schnupfen. Sie habe zwar Reibesitzbäder gemacht, um sich zu reinigen, aber nachher zwei Eier zu sich genommen und Wein getrunken, habe dann einen kolossalen Reiz bekommen und darauf weiter gehurt. Sie hure nachts als Frau auf der Männerabteilung und als Mann auf der Frauenabteilung. Es sei furchtbar leichtsinnig gewesen von der Marie Peter, von seiner Schwester Mathilde und seiner Mutter, ihn zu verhuren, weil im Falle seines Unterganges auch die ganze Menschheit zugrunde gehen werde. Seine Mutter sei wieder neben ihm im Bett wie ein Gespenst erschienen; doch sei sie gestorben, und wenn sie wiederkomme, dann seien sicher ,, Sauereien" im Spiel. Es ist zwischen der Marie Peter und der Alice Negro zu einem Kampf um den Rang der Himmelskönigin gekommen. Marie Peter habe ihm aus Eifersucht auf die Alice schaden wollen. Sie habe die Geheimnisse von Alice geraubt und habe sie scliheßlich siebenmal mit einem Dolch ermordet. Alice habe sich aber nachher materialisieren können ^) ,,d. h. die zu Liebende".

550 J. Nelken.<br />

seiner vermeintliclien Mutter und anderer Personen durchlebe — alle<br />

Verwandlungen, die sie in früheren Zeiten durchgemacht haben bis zu<br />

seinem Anfange sozusagen. Dann hörte er die Welten wie einen fortwährenden<br />

Entwicklungsstrom rauschen. Die Verwandlungen reihten sich<br />

aneinander bis in die große Vergangenheit zurück und dann wieder vorwärts.<br />

Sein Körper wurde wie von einer mächtigen Kraft heruntergedrückt,<br />

als ob die Wiederholimg eines früheren Angriffes stattfände. Dann kam<br />

ihm durch den Tränenkanal wie ein Tropfen in die Nase, ein ziemlich<br />

schwerer Tropfen ... Er habe zweimal Auswurf aus der Nase gehabt. —<br />

Die Stimme der Himmelskönigin wurde furchtbar ernst. Eine ganze Anzahl<br />

Himmelsköniginnen klagte ihm, daß ihre Körper unter furchtbaren Schmerzen<br />

ohne jede Freude oder Wollust von einem Wurm, einer Schlange, einem<br />

Ungeheuer durchfressen werden, wie sie dabei schön seien und immer<br />

mehr Genüsse und Geschlechtsteile entwickeln, die sie furchtbar mißgestalteten<br />

Teufeln abgeben müssen. Er habe sie aber erlöst: sie erzählten,<br />

wie sie durch ihr ganzes Leben und ihre Liebe zu ihm zu allen<br />

möglichen Genüssen gekommen seien und eine große Lust haben, ihm das<br />

Leben in jeder Beziehung zu verschönern. Schließlich hörte er wieder<br />

singen: ,,Paul Seemann ist unser Herrgott, unser Erlöser", er hatte das<br />

Gefühl, wie wenn es eine große Engelschaar wäre — (Patient weint dabei) —<br />

er spürte einen merkwürdigen Blumenduft — er wurde wieder in einen<br />

andern Zustand versetzt, er hörte wieder seine Kinder rufen.<br />

Der Inhalt des Anfalles selbst ist folgender : Seine Söhne, welche<br />

er mit der Himmelskönigin gezeugt hat, haben seine Mutter geschändet.<br />

Der R., die Wärter seien seine Söhne, sie sind nur wenige Monate alt<br />

und schon so groß und stark^). Die Himmelskönigin müsse furchtbar<br />

mit ihren Söhnen kämpfen. Sie habe Schmerzen in den Geschlechtsteilen,<br />

er spüre auch Schmerzen und ein Hinaufsteigen in den After,<br />

weil sie doch aus seinem Körper entstanden sei und mit demselben<br />

in Verbindung stehe. Man habe ihm einen Skorpion in den After gelegt.<br />

35 Knaben seien gewarnt werden, sie sollen die Mutter nicht<br />

berühren. Sie haben sie trotzdem überfallen und haben sie viele, viele<br />

Male geschändet. Auf der Abteilung befinde sich ein Knabe Namens<br />

Paul, er benehme sich gegen den Vater frech, unanständig und spöttisch;<br />

mit der Mutter führe er einen Beischlaf aus.<br />

Er könne es mit den Söhnen<br />

nicht mehr aushalten. Er werde einem einen Faustschlag unter das<br />

Kinn oder auf die Nasenwurzel geben; er müsse einfach durch das<br />

Blut ein Zeichen zur Besiegelung dessen geben, daß dieser Kampf<br />

für die Erlösung von furchtbarer Wichtigkeit sei. Er habe alle seine<br />

^) Das Aufwachsen in wenigen Stunden ist ein beliebtes Motiv vieler Märchen.<br />

Vgl. Aphanassjew, Russische Volksmärchen, deutsch von Anna Maj^er, Nr. 26,<br />

28, zit. bei Riklin, 1. c.

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