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JAHRBUCH - Glowfish

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484 S. Spielrein,<br />

daß sie sich nur als ihn dulden konnte. Bei „Tristan und Isolde" sehen<br />

wir das gleiche.<br />

Tristan: „Tristan, du — nicht mehr Tristan Ich-Isolde"<br />

Isolde: „Isolde, du — nicht mehr Isolde Icli-Tristan" Auch das Kind<br />

ist autoerotisch,<br />

weil es den Eltern gegenüber eine passive Rolle spielt;<br />

es muß um die Liebe der Eltern ringen und daran denken, ihr Gefallen<br />

zu erregen: es muß sich vorstellen, wie es geliebt wird und sich demnach<br />

in die Rolle seiner Eltern versetzen. In späteren Jahren sieht das Mädchen<br />

in der Mutter ihre Rivalin, aber auch ihre ,,Wunschpersönlichkeit"<br />

die sie als solche liebt, ebenso der Knabe im Vater. Wenn das Kind<br />

von den Eltern geärgert wird, so wäre die normale Reaktion ein Rachealrt;<br />

dies darf das Kind nicht wagen, deshalb wird der Zorn entweder<br />

an irgend einem Gegenstande ausgelassen oder weiß das Kind in der<br />

ersten Wut nichts Gescheiteres zu tun als sich selbst z. B. bei den Haaren<br />

zu raufen, wobei es sich an die Stelle der ihn ärgernden Eltern versetzt.<br />

In Gogols ,,Revisor" z. B. wird ein Statthalter geschildert,<br />

der riesig eingebildet ist und seine Untertanen schamlos ausbeutet.<br />

Zum Schlüsse wird er jedoch selbst von einem jungen Hochstapler<br />

betrogen, den er für den erwarteten Revisor hält. Als der Hochstapler<br />

sich über alle, den Statthalter nicht ausgenommen, in einem Briefe,<br />

den alle zu lesen bekommen, lustig macht, wendet sich der Hohn des<br />

Statthalters gegen sich selbst:<br />

,,Seht den alten Narren" usw. ruft er.<br />

Auch in diesem Falle ruft die mißlungene Aggression die rückläufige<br />

Vorstellungsreihe, die Verwandhing in das höhnende Subjekt mit der<br />

Betätigung an sich selbst, als am Objekte, hervor. Entsprechend der<br />

im Sexualinstinkt enthaltenen destruktiven Komponente hat der mehr<br />

aktiv veranlagte Mann auch mehr sadistische Wünsche: er will die<br />

Geliebte zerstören, die Frau, welche sich mehr als Objekt der Liebe<br />

vorstellt, will destruiert werden. Natürlich läßt sich die Grenze nicht<br />

so scharf ziehen, weil jeder Mensch bisexuell ist, ferner, weil bei der<br />

Frau SubjektVorstellungen, wie beim Manne Objektvorstellungen<br />

ebenfalls vorhanden sind; deshalb ist die Frau sadistiscli, der Mann —<br />

auch masochistisch. Gewinnen durch das Sichhineinversetzen in das<br />

geliebte Individuum die Objektvorstellungen an Intensität,<br />

dann führt<br />

die gegen sich selbst gerichtete Liebe zu Selbstdestrulction, wie etwa<br />

Selbstkasteiung, Märtyrertum, ja, zur vollkommenen Vernichtung<br />

der eigenen Sexualität, wie bei der Kastration. Dies sind nur verschiedene<br />

Formen und Grade der Selbstvernichtung.<br />

Der Zeugungsakt selbst besteht in der Selbstvernichtung.<br />

Nietzsches Worte weisen darauf hin:

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