JAHRBUCH - Glowfish
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478 S. Spielrein. Jede Vorstellung erreicht ihr Lebensmaximum, wenn sie am intensivsten auf ihre Umgestaltung zur Wirklichkeit wartet; mit der Realisierung wird sie zugleich vernichtet. Das will nicht heißen, daß mit der Realisierung eines mächtigen Komplexes das ganze psychische Leben still steht, denn ein Komplex ist ja nur ein verschwindend kleines Teilclien, das sich aus dem Urerlebnis herausdifferenziert. Dieses eigentliche Ereignis schafft immer neue Differenzierungsprodulcte, welche bald in Form des Abreagierens, bald als Kunstwerk psychisch transformiert werden. Es ist sehr wichtig zu betonen, daß alle Sublimierungsprodukte dem Inhalte nach keine Gegensätze zu dem der Wirklichkeit angepaßten Fortpflanzungswunsche sind. Sie scheinen nur etwas Entgegengesetztes zu sein, weil sie weniger der Gegenwart angepaßt, weniger differenziert sind. Sie sind mehr typisch in der Form, wie etwa Vorstellungen der ,,höheren" Liebe zur Natur oder zu Christus. Jung zeigt, daß man in der Sonne die eigene Libido, den in Einem wohnenden Vater verehrt^). Weil diese Vorstellungen nicht durch Aktivierung vernichtet werden, so bleiben sie in der Psyche bestehen als höchst gespannte Sehnsucht nach der Rückkehr zum Ursprünge, speziell nach Auflösung in den Erzeugern (was unten belegt werden soll). So erklärt es sich, warum die Religion als das Höchste so gern zum Svmbol des Niedersten, i. e. der Sexualbetätigung wird, wie z. B. bei dem von Pfister analysierten Grafen von Zinzendorf oder bei der von mir analysierten Frau M. Durch die vollständige Verneinung des außerhalb des Ich stehenden Liebesobjektes erreicht man nur, daß man selbst Objekt der eigenen Libido wird mit der daraus erfolgenden Selbstdestruktion. Stekel sagt in seinen ,, Beiträgen" zur Traumdeutung: ,, Gerade wie der Traum eine Verneinung im allgemeinen nicht kennt, kennt er auch keine Verneinung des Lebens. Sterben — bedeutet im Traume soviel als Leben und gerade die höchste Lebenslust drückt sich oft in einem Todeswmische aus. Ähnliche psychologische Gesichtspunkte gelten übrigens auch für den Selbstmord und auch die Wahl der Todesart wird von bestimmten erotischen Phantasien beeinflußt. Diese Gedanken wurden von Dichtern wiederholt ausgesprochen und auch die Philosophen haben diese Zusammenhänge zwischen Eros und Tantalos wiederholt beleuchtet. Selbst der Mord im Traume ist, wie so häufig im Leben, nur ein Lustmord und stellt oft nichts anderes als einen stark sadistisch gefärbten Sexualakt dar." Bis hierher kann ich mich Stekel anschließen. Nun meint er aber weiter: ^) Jung, Symbole und Wandlungen der Libido. Jahrbuch, III, I. Hälfte.
Die Destruktion als Ursache des Werdens. 479 ,,Ein typischer Traum junger Mädchen handelt davon, daß sie nackt auf der Straße stehen, daß sich ein großer Mann auf sie stürzt und ihnen ein Messer in den Bauch stößt. In diesem Falle dient der Mord zur Illustration einer Defloration durch Gewalt, es ist die Ehre, die unwiderbringlich umgebracht wird; es ist der Tod der Virginität, welcher wieder das Leben des Weibes bedeutet." Null sehe ich absolut keinen Anhaltspunkt, der uns in diesen Träumen den Tod als einen moralischen Tod aufzufassen erlaubte. Hat doch Stekel selbst sogar im wirklichen Tode einen bloß stark sadistisch gefärbten Sexualakt gesehen. Gemäß der Tatsache, daß die Frau beim Sexualakte durchbohrt wird, sieht sich das Mädchen, aber auch die Frau, im Traume als Opfer des sadistisch gefärbten Sexualaktes. Deshalb sind Kriegsereignisse für den Ausbruch der Neurose, welche ja ihren Grund in den Störungen des sexuellen Lebens hat, so geeignet. Der Kjieg ist es, welcher mit Vorstellungen der Destruktion einhergeht. Weil nun eine Vorstellung andere ihr verwandte hervorruft, so werden mit den Vorstellungen der Destruktion im Kriege die mit der destruierenden Komponente des Fortpflanzungsinstinktes verknüpften Vorstellungen angeregt. Letztere Vorstellungen können aucli dem Normalen das Dasein, als etwas durchaus Vergängliches und Zweckloses, verleiden und erst recht dem Neurotiker, bei welchem auch sonst die Vorstellungen der Destruktion die des Werdens überwiegen und der nur auf geeignete Symbole zur Darstellung dieser Destruktionsphantasie wartet. Jugendliche Individuen und besonders Mädchen haben oft im Traume Phantasien vom Liegen im Sarge. Freud lehrt, das Verweilen im Sarge sei ein Symbol des Verweilens im Mutterleibe (Sarg = Mutterleib). Stekel ergänzt die Lehre ganz richtig dahin, daß auch das Grab die gleiche Bedeutung wie Sarg hat, ,,wobei ,graben" eine unverkennbare Bedeutung hat, ähnlich wie bohren und geboren sein (graben und begraben). So wird das Grab zum Himmel, wie ja die Vorstellung der Menschen dahin geht, daß man aus dem Grabe (durch denTod) in denHimmel komme". Die kranke Frau M.^) hat eine umfangreiche Symbolik: Sie kommt zum neuen Leben dadurch, daß sie, wie es dem christlichen Glauben entspricht, in Christo stirbt. Ist der Tod als sexuelle Vereinigung gedacht, was Patientin übrigens durch zahlreiche sich auf Christus beziehende Phantasien beweist, so müßte sie sich, wie früher auseinandergesetzt, mit Christus (dem Geliebten) identifizieren, sich in Christus verwandeln. Sie wird auch zu Christus, liegt ') Vgl. meine oben zitierte Arbeit.
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das sich aus dem Urerlebnis herausdifferenziert. Dieses eigentliche<br />
Ereignis schafft immer neue Differenzierungsprodulcte, welche bald<br />
in Form des Abreagierens, bald als Kunstwerk psychisch transformiert<br />
werden. Es ist sehr wichtig zu betonen, daß alle Sublimierungsprodukte<br />
dem Inhalte nach keine Gegensätze zu dem der Wirklichkeit angepaßten<br />
Fortpflanzungswunsche sind. Sie scheinen nur etwas Entgegengesetztes<br />
zu sein, weil sie weniger der Gegenwart angepaßt, weniger<br />
differenziert sind. Sie sind mehr typisch in der Form, wie etwa Vorstellungen<br />
der ,,höheren" Liebe zur Natur oder zu Christus. Jung zeigt,<br />
daß man in der Sonne die eigene Libido, den in Einem wohnenden<br />
Vater verehrt^). Weil diese Vorstellungen nicht durch Aktivierung<br />
vernichtet werden, so bleiben sie in der Psyche bestehen als höchst<br />
gespannte Sehnsucht nach der Rückkehr zum Ursprünge, speziell<br />
nach Auflösung in den Erzeugern (was unten belegt werden soll). So<br />
erklärt es sich, warum die Religion als das Höchste so gern zum Svmbol<br />
des Niedersten, i. e. der Sexualbetätigung wird, wie z. B. bei dem von<br />
Pfister analysierten Grafen von Zinzendorf oder bei der von mir<br />
analysierten Frau M. Durch die vollständige Verneinung des außerhalb<br />
des Ich stehenden Liebesobjektes erreicht man nur, daß man selbst<br />
Objekt der eigenen Libido wird mit der daraus erfolgenden Selbstdestruktion.<br />
Stekel sagt in seinen ,, Beiträgen" zur Traumdeutung:<br />
,, Gerade wie der Traum eine Verneinung im allgemeinen nicht kennt,<br />
kennt er auch keine Verneinung des Lebens. Sterben — bedeutet im Traume<br />
soviel als Leben und gerade die höchste Lebenslust drückt sich oft in einem<br />
Todeswmische aus. Ähnliche psychologische Gesichtspunkte gelten übrigens<br />
auch für den Selbstmord und auch die Wahl der Todesart wird von bestimmten<br />
erotischen Phantasien beeinflußt. Diese Gedanken wurden von<br />
Dichtern wiederholt ausgesprochen und auch die Philosophen haben diese<br />
Zusammenhänge zwischen Eros und Tantalos wiederholt beleuchtet. Selbst<br />
der Mord im Traume ist, wie so häufig im Leben, nur ein Lustmord und stellt<br />
oft nichts anderes als einen stark sadistisch gefärbten Sexualakt dar."<br />
Bis hierher kann ich mich Stekel anschließen. Nun meint er<br />
aber weiter:<br />
^) Jung, Symbole und Wandlungen der Libido. Jahrbuch, III, I. Hälfte.