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JAHRBUCH - Glowfish

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Die Destruktion als Ursache des Werdens. 477<br />

von anderen nie verstanden werden und es wundert uns nicht, wenn<br />

Nietzsche, ein Mensch mit einem mächtigen Ichbewnßtsein, zu dem<br />

Schlüsse kommt: Die Sprache sei dazu da, um sich und andere zu<br />

verwirren. Und doch empfinden wir eine Erleichterung beim Aussprechen,<br />

wenn wir auf Kosten unserer Ich Vorstellung eine Artvorstellung<br />

bilden, und auch der Künstler hat Freude an seinen ,, Sublimationsprodukten",<br />

wenn er statt des Individuellen das Typische schafft.<br />

Jede Vorstellung sucht gleichsam ein nicht identisches, sondern ähnliches<br />

Material, darin sie aufgelöst und transformiert werden kann. Dieses<br />

ähnliche Material ist das auf gleichen Vorstellungsinhalten beruhende<br />

Verständnis, mit welchem die andere Person unsere Vorstellungen<br />

empfängt. Dieses Verständnis ruft in uns ein Sympathiegefühl hervor,<br />

was nichts anderes bedeutet, als daß man noch mehr von sich geben<br />

möchte, bis die Zuneigung, zumal wenn man es mit Individuen verschiedenen<br />

Geschlechtes zu tun hat, sich so weit steigert, daß man sich<br />

im Ganzen (das ganze Ich) hingeben möchte. Diese für das Ich gefährlichste<br />

Phase des Fortpflanzungs- (Transformations-) Triebes geht<br />

aber mit Wonnegefühlen einher, weil die Auflösung im ähnlichen<br />

Geliebten (= in der Liebe) stattfindet.<br />

Weil man im Geliebten die einem ähnlichen Eltern liebt, so ist<br />

es begreiflich, daß man dabei auch in Wirklichkeit das Schicksal der<br />

Vorfahren, speziell der Eltern, zu erleben sucht^) (vgl. Jung, Bedeutung<br />

des Vaters für das Schicksal des Einzelnen). Der Zufall spielt nur insofern<br />

eine Rolle im Leben, als das in der Psyche bereits prädestinierte<br />

sexuelle Erlebnis aktiviert wird oder als Erlebnismögliclikeit in der<br />

Psyche fortbesteht. Im ersten Falle ist der Komplex befriedigt, im<br />

andern FaUe dagegen ist das spannungerregende Element nicht beseitigt<br />

und muß sich beständig durch Abfließenlassen der immer von<br />

neuem ergänzten analogen Vorstellungsinhalte befreien. Für das<br />

psychische Leben hat demnach die Aktivierung des Erlebnisses nur eine<br />

negative, den Vorstellungsinhalt samt der zugehörigen Spannung<br />

beseitigende Bedeutung. Nehmen wir z. B. an, man hätte die ersehnte<br />

Vereinigung mit dem Liebesobjekt erreicht; sobald die Wirklichkeit<br />

in ihre Rechte tritt, sobald das Wort zur Tat wird, löst sich die entsprechende<br />

Vorstellungsgruppe, beglückendes Entspannungsgefühl erzeugend,<br />

auf ; in diesemMomente ist man psych iscli gänzlich unproduktiv.<br />

*) Wir erleben ja oder vielmehr wir beachten nur und nennen erleben nur das,<br />

was wir in unseren Ahnen bereits erlebten.

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