01.11.2013 Aufrufe

JAHRBUCH - Glowfish

JAHRBUCH - Glowfish

JAHRBUCH - Glowfish

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Destruktion als Ursache des Werdens. 475<br />

Mit der Herabsetzung der Lust- und Unlustgefühle erlischt also<br />

das psychische Leben nicht in gleichem Maß, freilich erlischt das Bedürfnis<br />

nach Differenzierung und Realisieruug persönlicher Wünsche,<br />

es findet im Gegenteil die Assimilation (also Auflösung) der ichdifferenzierten<br />

Vorstellungen an die Vorstellungen statt,<br />

welche ganze<br />

Völker gebildet haben, also Verwandlung in typische uralte Artvorstellungen.<br />

Diese affelrtlosen Vorstellungen, welche ganze Völker<br />

gebildet haben, belehren uns über den Inhalt,<br />

der unsere Triebe begleitet.<br />

Die Ichpsyche kann nur Lustgefühle wünschen, aber die Axtpsyche<br />

belehrt uns darüber, was wir dabei wünschen, was uns positiv<br />

oder negativ gefühlsbetont ist, und da sehen wir, daß die in uns lebenden<br />

Artwünsche den Ichwünschen durchaus nicht entsprechen, daß die<br />

Artpsyche sich die rezente Ichpsyche assimilieren will, während das<br />

Ich, ja, jedes Teilchen des Ich das Bestreben nach Selbsterhaltung in<br />

der gegenwärtigen Form besitzt (Beharrungsvermögen). Die Artpsyche,<br />

welche das gegenwärtige Ich demnach verneint, schafft es aber geradezu<br />

durch diese Verneinung von neuem, denn das versunkene Ichteilchen<br />

taucht in neue Vorstellungen gekleidet reicher als je wieder empor.<br />

Dies sehen wir am schönsten an künstlerischen Produktionen. Freilich<br />

besteht die Regression innerhalb des Ich darin, daß man lustbetonte<br />

infantile Erlebnisse wiedererleben möchte, aber warum sind uns die<br />

infantilen Erlebnisse so lustbetont? Warum haben wir die ,,Freude am<br />

Wiedererkennen des Bekaimten?"^) Warum besteht die strenge Zensur,<br />

welche uns die<br />

wir die elterliche<br />

Erlebnisse zu modifizieren sucht, noch lange, nachdem<br />

Macht über uns nicht mehr spüren? Warum erleben<br />

wir nicht eher immer dasselbe und reproduzieren dasselbe^)?<br />

Es besteht<br />

also neben dem Beharrungswünsche ein Transformationswunsch in<br />

uns, welch letzterer bedeutet, daß ein individueller Vorstellungsinhalt<br />

in einem ihm ähnlichen, aus vergangenen Zeiten stammenden Material<br />

aufgelöst und so auf Kosten des Individuellen ein typischer, also Artwunsch<br />

werden soll, der vom Individuum als Kimstsverk nach außen<br />

projiziert wird. Man sucht das einem selber Ähnliche (die Eltern,<br />

Ahnen), in dem das eigene Ichpartikel sich auflösen kann, weil die<br />

Auflösung im Ähnlichen nicht brüsk zerstörend, sondern unbemerkt<br />

vor sich geht. Und doch, was bedeutet diese Auflösung für die Ich-<br />

*) Vgl. Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten.<br />

^) Warum malt der Künstler z. B. nicht stets das Bild seiner geliebten<br />

Mutter, sondern schafft eventuell ein Renaissancebild? Die ., Zensur'" verbietet<br />

uns ja nicht, die Mutter in „sublimierter" Form zu lieben.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!